TE UVS Wien 1995/11/30 02/31/116/93

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Veröffentlicht am 30.11.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Schnizer-Blaschka über die Beschwerde des Herrn Dr Johannes H, vertreten durch Rechtsanwalt, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nach § 67c AVG (Abhaltung der Schlußbesprechung im Finanzamt vom 24.11.1993 sowie Vorladung zu dieser) wie folgt entschieden:

Gemäß § 67c Abs 4 AVG wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Begründung:

1. In seiner auf § 67c AVG gestützten Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer, die Vorladung zu der am 24.11.1993 in den Amtsräumen des Finanzamtes im Zuge der Betriebsprüfung vorgenommenen Besprechung als auch die Besprechung selbst (samt dort vorgenommener Niederschrift) für rechtswidrig zu erklären und ihm gemäß § 79a AVG die Kosten des Verfahrens zuzusprechen. Begründend führt er im wesentlichen aus, die Betriebsprüfungsabteilung des Finanzamtes in Wien führe bezüglich des Beschwerdeführers unter anderem auch zu St-Nrn 61 und 86 (ABNr 10, 14) eine abgabenbehördliche Prüfung gemäß §§ 147 ff BAO durch. In dem gemäß § 148 Abs 1 BAO erlassenen Prüfungsauftrag dafür scheine als Prüferin Frau Amtssekretär G auf.

Am 24.11.1993 habe die angefochtene Besprechung stattgefunden. Als Leiter der Amtshandlung habe Herr Oberrat Mag St fungiert, Herr Amtssekretär P habe als Gruppenleiter der Betriebsprüfung und Frau Amtssekretär G als Betriebsprüferin daran teilgenommen. Zu dieser Besprechung sei der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers, die Kanzlei D, vertreten durch deren Geschäftsführer Herrn Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Dr Peter Sch, geladen worden, Dr Sch habe an dieser Besprechung (samt Niederschrift) für den Abgabepflichtigen, den Beschwerdeführer Dr Johannes H, teilgenommen.

In dem gemäß § 148 Abs 1 BAO ausgefertigten Prüfungsauftrag schienen Oberrat Mag St und Amtssekretär P nicht als mit der Vornahme von Buch- und Betriebsprüfungen beauftragte Organe auf; es sei dort lediglich Frau Amtssekretär G als Prüferin genannt. Dies entgegen der Vorschrift des § 148 Abs 1 BAO (die im Plural von beauftragten Organen spreche) und auch entgegen der Vorschrift des Abschnittes 3.1.2. der Dienstanweisung Betriebsprüfung - DBP (AÖF 280/91), welche in ihrem Absatz 1 vorschreibe, daß der Prüfungsauftrag über die Bestimmungen des § 148 BAO hinaus ua die Namen aller mit der Vornahme der Betriebsprüfung beauftragten Prüfungsorgane (einschließlich in Einarbeitung befindlicher Betriebsprüfer, Systemprüfer) zu enthalten habe.

Auch die Besprechung im Zuge einer Betriebsprüfung und die darüber aufgenommene Niederschrift gehöre zur Vornahme der Betriebsprüfung und der Amtshandlung im Sinne der vorhin genannten Normen. Durch die Vornahme der Amtshandlung durch zwei nicht im Prüfungsauftrag enthaltene Organe erscheine die vorgenommene Prüfung rechtswidrig und sei der Beschwerdeführer in Form seines steuerlichen Vertreters von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt betroffen worden.

2. Die belangte Behörde legte die maßgeblichen Aktenteile vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

3. Aus den Parteienvorbringen geht in Übereinstimmung mit den vorgelegten Verwaltungsakten folgender Sachverhalt hervor:

Das Finanzamt (Betriebsprüfungsabteilung Gruppe 1) erteilte am 28.1.1992 zur Steuernummer 61 (Bp Nr 10) und am 12.5.1992 zur Steuernummer 86 (Bp Nr 14) jeweils einen Prüfungs- und Nachschauauftrag. Im erstgenannten Auftrag wurde Frau Amtssekretär

G beauftragt, bei der H-KG, Wien, J-gasse, eine Buch- und Betriebsprüfung gemäß § 147 Abs 1 BAO sowie eine Nachschau gemäß § 144 Abs 1 BAO vorzunehmen (Gegenstand der Prüfung: Umsatzsteuer, Gewinnfeststellung und Betriebsvermögen im Zeitraum 1988 bis 1990; Gegenstand der Nachschau: Umsatzsteuer 1/91 bis 11/91). Im zweitgenannten Auftrag wurden Frau Amtssekretär G und Revident E angewiesen, bei Dr Johannes H, Kurhotel M, Wien, J-gasse, eine Buch- und Betriebsprüfung gemäß § 147 Abs 1 BAO (Gegenstand: Gewerbesteuer, Betriebsvermögen 1988 bis 1990) vorzunehmen. Am 24.11.1993 fand im Finanzamt die Schlußbesprechung statt, an der der Leiter der Betriebsprüfungsabteilung Oberrat Mag St, der Leiter der Gruppe 1 Amtssekretär P, die Betriebsprüferin Amtssekretärin G sowie Dr Sch als Vertreter des Beschwerdeführers teilnahmen.

4. Unter Zugrundelegung dieses Sachverhaltes ergibt sich rechtlich folgendes:

Der Beschwerdeführer bekämpft die Vorladung zu der am 24.11.1993 durchgeführten Schlußbesprechung sowie die Besprechung selbst (samt Niederschrift) als Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Die Rechtswidrigkeit dieser Akte erblickt der Beschwerdeführer - zusammengefaßt - darin, daß an dieser Schlußbesprechung Organe des Finanzamtes teilnahmen, die im vorangegangenen Prüfungs- und Nachschauauftrag nicht angeführt sind (nämlich Oberrat Mag St und Amtssekretär P).

Zunächst ist die Frage zu klären, ob es sich bei den bekämpften Akten um Akte in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt handelt:

Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 iVm § 67c AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Darunter ist nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts eine solche Amtshandlung zu verstehen, die ein behördliches Handeln im Rahmen der der Behörde zustehenden Befehls- und Zwangsgewalt darstellt, der in irgendeiner Form eine rechtsfeststellende oder rechtserzeugende Wirkung beigemessen werden kann und bei der es sich um einen gegen eine individuell bestimmte Person gerichteten Verwaltungsakt und somit um eine Amtshandlung individuellen normativen Inhaltes handelt (vgl etwa VfSlg 7346). Darüber hinaus muß es sich um einen verwaltungsbehördlichen Befehl mit unverzüglichem Befolgungsanspruch an den Beschwerdeführer handeln, der erforderlichenfalls mit sofortigem Zwang durchgesetzt worden wäre (VfSlg 8327; vgl auch zB VwSlg 9439 A oder Beschluß des VwGH vom 30.9.1986, Zlen. 86/04/0144-0149).

Diese Voraussetzungen liegen im Beschwerdefall nicht vor:

Gemäß § 149 Abs 1 BAO ist nach Beendigung der Buch- und Betriebsprüfung über deren Ergebnis eine Besprechung abzuhalten (Schlußbesprechung). Zu dieser sind der Abgabepflichtige und, wenn bei der Abgabenbehörde ein bevollmächtigter Vertreter ausgewiesen ist, auch dieser unter Setzung einer angemessenen Frist vorzuladen. Über die Schlußbesprechung ist eine Niederschrift aufzunehmen.

Gemäß Abs 2 dieser Bestimmung kann die Schlußbesprechung entfallen, wenn sich nach dem Prüfungsergebnis entweder keine Änderung der ergangenen Bescheide oder keine Abweichungen gegenüber den eingereichten Erklärungen ergibt oder wenn der Abgabepflichtige oder sein Vertreter in einer eigenhändig unterfertigten Erklärung auf die Schlußbesprechung verzichtet oder wenn trotz Vorladung weder der Abgabepflichtige noch dessen Vertreter zur Schlußbesprechung erscheint.

Zwar hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12.10.1993, V 63/93, ausgesprochen, daß jede Betriebsprüfung als solche potentiell Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt, deren Duldung oder Befolgung gegebenenfalls erzwungen wird, anzusehen ist. Dies gilt allerdings nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien nicht (mehr) für die Schlußbesprechung:

Diese wird nämlich erst nach Beendigung der Buch- und Betriebsprüfung vorgenommen und es steht dem Abgabepflichtigen frei, daran teilzunehmen. Die Schlußbesprechung dient dazu, dem Grundsatz des Parteiengehörs in erhöhtem Maße Rechnung tragen zu können. (vgl Stoll, BAO, 1994, 1659). Weder das Erscheinen zu dieser Besprechung noch die Teilnahme daran werden gegebenenfalls mit behördlichem Zwang durchgesetzt.

Angesichts dieser Eigenart der Besprechung mangelt es sowohl der Vorladung zu dieser Besprechung als auch ihr selbst (oder gar einer Niederschrift über diese) an sämtlichen nach der bisherigen Rechtsprechung geforderten Merkmalen für die Qualifikation als Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, insbesondere an jenen der normativen Wirkung und des sofortigen Befolgungsanspruches.

Die Beschwerde war daher schon aus diesem Grund spruchgemäß zurückzuweisen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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