TE UVS Steiermark 1995/12/04 30.15-120/94

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Veröffentlicht am 04.12.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Einzelmitglied Dr. Renate Merl über die Berufung des Herrn J.S., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 5.5.1994, GZ.: 15.1 1994/1001, wie folgt entschieden:

Die Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) dem Grunde nach abgewiesen.

Hinsichtlich der verhängten Strafe wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, daß über den Berufungswerber gemäß § 19 VStG eine Strafe von S 500,--, im Uneinbringlichkeitsfall 1 Tag Ersatzarrest, welche binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten ist, verhängt wird.

Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf den Betrag von S 50,--; dieser ist binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Die Strafnorm wird dahingehend präzisiert, daß sie lautet:

§ 24 Abs 1 Z 1 a ArbIG 1993 i.d.g.F.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber eine Übertretung des § 4 Abs 1 ArbIG 1993 zur Last gelegt, da er anläßlich einer am 25.11.1993 durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Leoben durchgeführten Betriebsinspektion das Kontrollorgan mit den Worten die Beamten sind Parasiten und sie sollen sich aus dem Betrieb putzen daran gehindert habe, daß dieses Betriebsstätten und Arbeitsstellen des gegenständlichen Gewerbebetriebes, sowie die von ihm als Arbeitgeber den Arbeitnehmern zur Verfügung stehenden Wohnräume und Unterkünfte,

sowie Wohlfahrtseinrichtungen betreten und besichtigen konnte, sohin als Arbeitgeber nicht dafür gesorgt habe, daß dem Arbeitsinspektionsorgan die vorangeführten Räumlichkeiten und Stellen in einer Weise zugänglich waren, durch die eine wirksame Überwachung möglich war. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von S 5.000,-- verhängt.

In seiner rechtzeitig eingebrachten Berufung vom 17.5.1994 bestritt der Berufungswerber, den Beamten des Arbeitsinspektorates daran gehindert zu haben, seine Betriebsstätte zu betreten und zu besichtigen. Er sei jedoch am 25.11.1993 wegen dringender Terminarbeiten unter großem Zeitdruck gestanden und habe sich, da sein Betrieb bereits vorher einige Male vom Unfallverhütungsdienst, dem Ölalarmdienst und der Volkanwaltschaft überprüft worden sei, schikaniert gefühlt, weshalb es zu dieser Unmutsäußerung

gekommen sei.

In der mündlichen Berufungsverhandlung vom 4.12.1995 brachte der Berufungswerber unter Hinweis auf den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 9.10.1995, GZ: UVS 30.9-22/95-9 vor, er sehe nicht ein, weshalb er wegen derselben Sache ein zweites Mal bestraft werden solle.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark

hat erwogen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde,

sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Am 4.12.1995 fand in den Amtsräumlichkeiten der Bezirkshauptmannschaft Judenburg eine öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung statt, in welcher neben dem Berufungswerber die beiden Meldungsleger, Herr Ing. G.R. vom Arbeitsinspektorat Leoben und Frau DI E.P., Baubezirksleitung Judenburg, einvernommen wurden. Der ebenfalls geladene Sohn des Berufungswerbers, J.S. jun., entschlug sich seiner Zeugenaussage.

Nach dem Ergebnis dieser Verhandlung wird nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Am 25.11.1993 beabsichtigte das Organ des Arbeitsinspektorates Leoben, Herr Ing. G.R., gemeinsam mit Frau DI E.P. von der Baubezirksleitung Judenburg den Betrieb des Berufungswerbers zu besichtigen. Zweck der Erhebung war es, den Betriebsanlagengenehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 29.10.1987,

GZ: 4.1 SA 10-83 auf Einhaltung der für den Arbeitnehmerschutz relevanten Punkte zu überprüfen. Als die beiden Erhebungsorgane das Unternehmen des Berufungswerbers betraten, stellten sie sich bei diesem vor und teilten ihm den Zweck der Amtshandlung mit, worauf dieser sofort in die Luft ging und begann, allgemein über die Beamten zu schimpfen sowie weiters meinte, die beiden Erhebungsorgane sollten sich aus dem Betrieb putzen. Für die beiden Erhebungsorgane war damit klar, daß zumindest an diesem Tag eine Betriebsüberprüfung nicht realisierbar war und begaben sich die beiden, um die Situation nicht noch weiter eskalieren zu lassen, zurück zu ihrem auf dem Vorplatz des Betriebsgeländes abgestellten Wagen. Dort wollte Frau DI Pigl noch einen Aktenvermerk über die gescheiterte Amtshandlung auf Tonband sprechen, als ihnen der Berufungswerber zum Wagen folgte und weiter auf die Beamten einschimpfte. Der Berufungswerber wurde vom Organ des Arbeitsinspektorates Leoben nicht auf die Rechtsfolgen seines Handelns hingewiesen.

In weiterer Folge wurde unter anderem auch im Beisein von Frau DI Pigl noch eine kommissionelle Überprüfung des Betriebes durchgeführt, anläßlich derer sich der Berufungswerber bei der Genannten in höflicher Form für seine Entgleisung vom 25.11.1993 entschuldigte. Als Begründung für sein damaliges Verhalten führte er an, er sei damals allein mit seinem Sohn J.S. jun. im Betrieb gewesen und wäre wegen dringender Terminarbeiten

sehr unter Zeitdruck gestanden. Außerdem habe er sich wegen zahlreicher vorangegangener Kontrollen und Beschwerden von den Behörden allgemein und insbesondere von den Organen des Arbeitsinspektorates Leoben schikaniert gefühlt.

Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen gründen sich auf die glaubwürdigen und übereinstimmenden Aussagen der beiden Meldungsleger, welche sich im übrigen großteils mit den Angaben des Berufungswerbers decken. Die Zeugin Frau

DI P. wurde im übrigen auch im Parallelverfahren, GZ: UVS 30.9-22/95 einvernommen und machte dort im wesentlichen gleichlautende Angaben.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 4 Abs 1 ArbIG 1993 sind die Organe der Arbeitsinspektion zur Durchführung ihrer Aufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Arbeitsstellen sowie die von Arbeitgebern den Arbeitnehmern zur Verfügung gestellten Wohnräume und Unterkünfte sowie Wohlfahrtseinrichtungen jederzeit zu betreten und zu besichtigen. Dies gilt auch dann, wenn im Zeitpunkt der Besichtigung in der Betriebsstätte oder auf der Arbeitsstelle keine Arbeitnehmer beschäftigt werden. Gemäß § 24 Abs 1 ist diese Tat als Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von S 500,-- bis S 50.000,--, im Wiederholungsfall von S 1.000,-- bis S 50.000,-- zu bestrafen.

Der Schutzzweck dieser Bestimmung besteht darin, den Organen der Arbeitsinspektion den zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Zugang zu Betriebsstätten und Arbeitsstellen zu gewährleisten. Der Berufungswerber hat durch sein Verhalten am 25.11.1993, welches de facto einem Hinauswurf gleichkam, zweifelsfrei gegen den Schutzzweck dieser Norm verstoßen, wobei es

nichts zu seiner Rechtfertigung beiträgt, daß zum Kontrollzeitpunkt der ebenfalls anwesende Sohn des Berufungswerbers dessen einziger Arbeitnehmer war.

Gemäß § 4 Abs 1 letzter Satz besteht die Kontrollbefugnis nämlich unabhängig davon, ob auf der Betriebsstätte oder auf der Arbeitsstelle Arbeitnehmer beschäftigt sind oder nicht.

Hinsichtlich des vom Berufungswerber vorgebrachten Einwandes der unzulässigen Doppelbestrafung ist zum Verhältnis zwischen § 4 Abs 1 ArbIG und § 338 Abs 1 und 2 GewO Nachstehendes auszuführen:

Gemäß § 338 Abs 1 GewO sind die Organe der zur Vollziehung dieser Vorschriften zuständigen Behörden sowie die von diesen Behörden herangezogenen Sachverständigen berechtigt, Betriebe sowie deren Lagerräume während der Betriebszeiten zu betreten und zu besichtigen und Kontrollen des Lagerbestandes vorzunehmen. Gemäß Abs 2 leg cit hat der Betriebsinhaber oder dessen Stellvertreter den Organen der im Abs 1 genannten Behörden sowie den von diesen Behörden herangezogenen Sachverständigen das Betreten und die Besichtigung des Betriebes und der Lagerräume zu ermöglichen, sowie den Anordnungen dieser Organe zur Inbetriebnahme oder Außerbetriebsetzung und über die Betriebsweise von Maschinen und Einrichtungen und zur Vornahme betrieblicher Verrichtungen zu entsprechen. Weiters hat er den in Abs 1 genannten Behörden die notwendigen Auskünfte zu geben, notwendige Unterlagen vorzulegen und erforderlichenfalls Einblick in die Aufzeichnungen über den Lagerbestand sowie über die Warenein- und Ausgänge zu gewähren.

Gemäß Abs 6 leg cit werden die Bestimmungen des ArbIG durch dieses Bundesgesetz nicht berührt.

Der Schutzzweck der Bestimmungen des § 338 Abs 1 und 2 GewO ist ähnlich dem des § 4 ArbIG. In beiden Fällen soll den zuständigen Behördenorganen - hier der Gewerbebehörde, dort des Arbeitsinspektorates - der zur Vornahme von Betriebsüberprüfungen erforderliche ungehinderte Zugang zu den Betriebs- bzw. Arbeitsstätten gewährleistet werden. Aus der Bestimmung des § 338 Abs 6 sowie dem Umstand, daß die einschlägigen Strafnormen des § 367 Z 27 GewO und § 24 ArbIG keine Subsidiaritätsklausel enthalten, folgt jedoch, daß diese beiden Übertretungen gesondert strafbar sind, und zwar auch dann, wenn wie im Anlaßfall, die Organe der beiden Behörden, aus welchem Grund auch immer, eine gemeinsame Kontrolle durchführen. Mit dem vom Unabhängigen Verwaltungssenat bestätigten Spruch des Straferkenntnisses vom 29.12.1994 wurde dem Berufungswerber ja auch nur die Verweigerung des Zutrittes für den Amtssachverständigen der Bezirkshauptmannschaft Judenburg, nicht jedoch auch die verhinderte Amtshandlung durch das Organ des Arbeitsinspektorates Leoben zur Last gelegt.

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis dem Grunde nach zu bestätigen.

Hinsichtlich der Strafbemessung wurde Nachstehendes

erwogen:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß

anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Im Bereich des Verschuldens ist zugunsten des Berufungswerbers zu berücksichtigen, daß dieser wegen Übertretung der Bestimmung des § 338 Abs 1 und 2

GewO, welche wie schon dargestellt, einen vergleichbaren Schutzzweck wie jener des § 4 ArbIG aufweist, mit S 2.000,-- rechtskräftig bestraft wurde. Da darüberhinaus als Milderungsgrund die absolute Unbescholtenheit und als erschwerend nichts zu werten ist, konnte im Hinblick auf die bereits im Parallelverfahren aus Anlaß desselben Vorfalles verhängte Strafe von S 2.000,-- nunmehr mit der Verhängung der Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden, zumal auch die Einkommens- und Vermögenshältnisse - S 7.000,-- monatlich an

Entnahmen aus dem Betrieb bei Sorgepflichten für eine Tochter und die Mutter - als eher bescheiden zu qualifizieren sind.

Schlagworte
Arbeitgeber Betriebsüberprüfung Kumulation
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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