TE UVS Burgenland 1996/07/04 13/02/96049

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Veröffentlicht am 04.07.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied

Mag Grauszer über die am 28 05 1996 von Herrn          (auch     )

(BF), geboren am           , aufhältig im PGH Schwechat, vertreten

durch Rechtsanwalt                          , eingebrachte

Beschwerde

wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Zwangsgewalt

durch die Einbehaltung des Geldbetrages von US$ 900,-- anläßlich der

Inschubhaftnahme am 15 05 1996 durch Organe der

Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf (belangte Behörde) zu Recht

erkannt:

 

Gemäß § 67c Abs 4 AVG wird der Beschwerde Folge gegeben und die Einbehaltung des Geldbetrages für rechtswidrig erklärt. Gemäß § 79a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl Nr 855/1995, hat der Bund (Bundesminister für Inneres) dem Beschwerdeführer den Schriftsatzaufwand von S 8 400,-- und Bundesstempelmarken von S 150,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

1.1. Die mit 28 05 1996 datierte Beschwerde richtet sich gegen die am

15 05 1996 durch Organe der Bezirkshauptmannschaft erfolgte Einbehaltung eines Geldbetrages in der Höhe von US$ 900,-- aus dem Besitz des BF anläßlich seiner Inschubhaftnahme nach Umgehung der Grenzkontrolle und illegaler Einreise nach Österreich. Mit Bescheiden

vom selben Tag sei der BF ausgewiesen und über ihn die Schubhaft verhängt worden. Die Bezirkshauptmannschaft habe von seinen Barmitteln den genannten Geldbetrag einbehalten und ihm hierüber eine

schriftliche Bestätigung, datierend vom selben Tag, Zahl

,

ausgefolgt. Diese Bestätigung sei nicht als Bescheid bezeichnet, gleichwohl sei dagegen aus Gründen rechtlicher Vorsicht Berufung erhoben worden. Bei dieser Bestätigung handle es sich allenfalls um einen Kostenbescheid oder um die bescheidmäßige Verfügung zum Erlag eines Kostenersatz-Vorschusses. Da bisher weder Kosten entstanden noch mit Bescheid konkret vorgeschrieben worden seien, stünde dem BF dagegen jedenfalls ein Beschwerderecht zu, zumal eine bloß verfahrensrechtliche Anordnung mit Berufung nicht bekämpfbar sei. Durch die Einbehaltung sei dem BF die Verfügungsbefugnis über diesen Geldbetrag entzogen worden. Ein Titelbescheid und die Vorschreibung eines ziffernmäßigen Kostenbetrages fehle, weshalb eine Maßnahme unmittelbarer Zwangsgewalt vorliege. Den Geldbetrag habe der BF der belangten Behörde unter Zwang überlassen müssen, nachdem er ihm im Zuge seiner Freiheitsentziehung abgenommen worden wäre. Die Vorschreibung von allenfalls zukünftig erwachsenden Kosten sei jedenfalls unzulässig. Ein Anspruch auf Kostenersatz für Verfahrens- und Vollzugshandlungen erwachse einer Behörde erst aus einer durchsetzbaren bescheidmäßigen Vorschreibung. Ein Kostenersatz-Vorschuß gemäß § 76 Abs 4 AVG sei zudem ausschließlich gegenüber Parteien, die um die Amtshandlung angesucht hätten, zulässig. Die vorliegende Einbehaltung des Geldbetrages entbehre jeder gesetzlichen Grundlage und verletze den BF in seinem Grundrecht

auf Schutz seines Eigentums nach Art 5 StGG.

 

Der Beschwerde wurde die obenstehende Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft vom 15 05 1996 angeschlossen, die auf Kopfpapier ausgestellt wurde, die erwähnte Geschäftszahl trägt, im Betreff das Wort Kostenersatz führt und die Genehmigungsklausel Der Bezirkshauptmann unter Beifügung des Namens des Genehmigenden sowie eine im Auftrag geleistete eigenhändige Unterschrift desselben aufweist. Nach der Wiedergabe des Wortlauts des § 79 Abs 1 FrG, wonach Kosten, die der Behörde oder dem Bund bei der Durchsetzung des

Aufenthaltsverbots oder der Ausweisung sowie der Vollziehung der Schubhaft entstehen, vom Fremden zu ersetzen sind, enthält dieses Schriftstück den Hinweis, daß gegen den BF die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung sowie ein Ausweisungsbescheid erlassen worden seien, weshalb Kosten entstanden seien, die vom Fremden zu tragen seien. Der BF besitze derzeit Barmittel in der Höhe von DM 100,--, Pfund 150,--, $ 920,--; davon werden seitens der Behörde $ 900,-- zur Abdeckung der Kosten einbehalten.

 

1.2. In der Gegenschrift vom 04 06 1996 führt die belangte Behörde aus, der BF sei bescheidmäßig ausgewiesen worden und habe die Bezirkshauptmannschaft im dritten Absatz des Spruchs des Ausweisungsbescheides vom 15 05 1996 ausgedrückt: Die Kosten des Ausweisungsverfahrens, der Durchsetzung der Ausweisung, sowie die Kosten der Vollziehung einer allfälligen Schubhaft sind von Ihnen zu ersetzen (§ 76 Abs 1 und 2 AVG, § 79 Abs 1 FrG). Dadurch habe die Bezirkshauptmannschaft eine Verpflichtung zum Kostenersatz dem Grunde

nach ausgesprochen. Da zum fraglichen Zeitpunkt die vom BF zu ersetzenden Kosten betragsmäßig nicht bekannt waren, sei eine bescheidmäßige Vorschreibung der Höhe nach unmöglich gewesen. Eine solche sei auch nicht erforderlich, da § 79 Abs 1 FrG nur davon spreche, daß bestimmte, näher bezeichnete Kosten von einem Fremden zu

ersetzen seien; für die Notwendigkeit einer bescheidmäßigen Vorschreibung finde sich - zum Unterschied von § 79 Abs 2 FrG - im Gesetz kein Hinweis. Die Einbehaltung von Barmitteln des BF finde daher jedenfalls im § 79 Abs 1 FrG ihre Deckung. Zusätzlich zu dieser unmittelbar heranziehbaren gesetzlichen Grundlage liege aber ein Bescheid, nämlich der Ausweisungsbescheid vom 15 05 1996 vor. Insoweit sei die angefochtene Einbehaltung in Durchsetzung dieses Bescheides erfolgt, sodaß keine Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vorliege, weshalb auch gegenständliche Maßnahmenbeschwerde unzulässig sei.

 

2. Hierüber wurde erwogen:

 

2.1. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ist das Beschwerdevorbringen durch die Aktenlage gedeckt und wird dagegen von der Bezirkshauptmannschaft auch nichts vorgebracht. Deshalb geht der Verwaltungssenat davon aus, daß Organe der belangten Behörde dem BF, der anläßlich seiner Festnahme durch Grenzüberwachungsorgane nach seinem illegalen Grenzübertritt und seiner Inschubhaftnahme durch die

Behörde perlustriert wurde, wobei seine Barmittel vorgefunden wurden,

den Betrag von US$ 900,-- abgenommen haben, sodaß ihm seither die Verfügungsbefugnis darüber entzogen ist. Dies war unstrittigerweise am 15 05 1996 laut der erwähnten Bestätigung, wonach ein Teil (von US$ 900,--) der Barmittel aus dem Besitz des BF zur Abdeckung der Kosten einbehalten wurde. Nur im Ausweisungsbescheid findet sich der oberwähnte Hinweis auf vom BF zu ersetzende Kosten. Ein anderer Bescheid hinsichtlich Kosten oder deren ziffernmäßiger Betrag ist nicht aktenkundig.

 

2.2. Dies ergibt in rechtlicher Hinsicht:

 

2.2.1. Die Beschwerde ist zulässig im Sinne des Art. 129a Abs 1 Z 2 B-VG, da dem BF von Organen der Bezirkshauptmannschaft ohne bescheidmäßige Verfügung und ohne Verfahren eigene Barmittel tatsächlich abgenommen wurden. Dies zum Zwecke der Abdeckung von ziffernmäßig nicht bestimmten Kosten eines fremdenpolizeilichen Verfahrens. Damit wurde unmittelbar verwaltungsbehördliche Zwangsgewalt ausgeübt.

 

Nach der Ansicht beider Parteien dieses Beschwerdeverfahrens stellt das Schriftstück vom 15 05 1996 lediglich eine Bestätigung über die Einbehaltung des Geldbetrages dar und kann auch der Verwaltungssenat mangels normativen Gehalts und im Hinblick auf die zeitliche Abfolge,

wonach dieses Schriftstück dem BF nach der Geldabnahme ausgefolgt wurde, was er und der Dolmetscher durch ihre Unterschriftsleistung auf diesem Dokument offenbar bestätigt haben, keinen Bescheid darin erkennen. Aus dieser Bestätigung ergibt sich jedenfalls nicht eindeutig ein Bescheidwille dergestalt, daß der Geldbetrag zu Verwahrungszwecken beschlagnahmt oder der BF verpflichtet wurde, einen Kostenvorschuß zu leisten. Die Pflicht zum Ersatz von Kosten in

ziffernmäßig bestimmter Höhe (also eine Geldleistung) wird dadurch jedenfalls nicht ausgesprochen. Auch ein Auftrag zum Erlag dieses Betrages als Sicherheit (etwa nach § 37 VStG) ergibt sich daraus nicht. Er wäre auch nur im Strafverfahren zulässig. Ein Kostenersatz- Vorschuß nach § 76 Abs 4 AVG kommt nicht in Betracht, da kein Antragsverfahren vorliegt. Im Anlaßfall liegt eine beschlagnahmeähnliche Geldabnahme zum Zwecke der Sicherung (Abdeckung) des im § 79 Abs 1 FrG vorgesehenen Kostenersatzes vor, die bescheidmäßig nicht gedeckt ist.

 

2.2.2. Die Beschwerde ist begründet, da die Einbehaltung des Geldbetrages jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt.

 

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde im 3 Absatz des Ausweisungsbescheides vom 15 05 1996 ergibt sich aus § 79 Abs 1 FrG nicht, daß die Kosten eines Ausweisungsverfahrens, worauf auch die Bestätigung vom 15 05 1996 verweist, vom Fremden der Behörde zu ersetzen sind. Die Pflicht zum Kostenersatz bezieht sich nach dem Wortlaut des § 79 Abs 1 FrG nur auf die Kosten der DURCHSETZUNG eines

Aufenthaltsverbots oder einer Ausweisung, also die Kosten der Abschiebung, sowie auf die Kosten der Vollziehung der Schubhaft. Diese gesetzliche Regelung des Ersatzes von Vollzugskosten ermächtigt eine Fremdenbehörde, dem betroffenen Fremden den Ersatz von Vollzugskosten aufzuerlegen. Diese Vollzugskosten stellen keine Barauslagen dar. Sie fallen erst nach Verfahrensabschluß (Bescheiderlassung) mit dem Vollzug der Schubhaft an. Eine Anwendung des § 76 Abs 1 und 2 AVG ist überdies ausgeschlossen, da diese Abschiebekosten und Schubhaftkosten weder über Antrag noch aus Verschulden des Fremden, sondern aufgrund einer amtswegigen Verfügung

anfallen. Ohne diese gesetzliche Sonderregelung im § 79 Abs 1 FrG wäre eine Kostenersatzvorschreibung unzulässig (siehe § 75 Abs 1 und 2 AVG).

 

Die Bestimmungen über die Kostentragung (§ 59 Abs. 1 iVm § 74 AVG) lassen eine Feststellung der Kostentragungspflicht lediglich dem Grunde nach nicht zu, da hiefür die erforderliche gesetzliche Grundlage fehlt (vgl die besondere Kostenregelung im VStG und VVG). Ein Bescheid, in dem die ziffernmäßige Bestimmung der Kosten einem gesonderten Bescheid vorbehalten wird, ist rechtswidrig (VwGH vom 20 01 1994, 90/06/0193). Daraus ergibt sich zwingend, daß Kosten betragsmäßig mit Bescheid vorzuschreiben sind. Die Erlassung von Zwischenbescheiden (analog § 393 ZPO) ist unzulässig (siehe Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, Manz-Verlag, 6 Auflage, RZ 416). Dies muß auch für den Kostenersatz gelten, der schon begrifflich voraussetzt, daß Kosten, die von der Behörde zu bestreiten sind, betragsmäßig feststehen.

 

Abgesehen davon, fehlt ein bescheidmäßiger Ausspruch über den ziffernmäßig bestimmten Ersatz von Vollzugskosten im dritten Absatz des Spruches des Ausweisungsbescheides vom 15 05 1996 und wird dadurch der BF als Adressat dieses Bescheides nicht in vollstreckbarer Weise zu einer bestimmten (dh betragsmäßig festgelegten) Geldleistung verpflichtet. Dieser Bescheidausspruch ist

wirkungslos. Der enthaltene Hinweis auf § 76 Abs 1 und 2 FrG ist irreführend. Eine bescheidmäßige Deckung für die Einbehaltung des Geldbetrages fehlt. Sohin kann die Durchsetzung des Ausweisungsbescheides, wie die belangte Behörde meint, überhaupt nicht vorliegen.

 

Entgegen den Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde ergibt sich auch nicht unmittelbar (ohne daß ein Bescheid erforderlich wäre) aus § 79 Abs 1 FrG die gesetzliche Deckung ihrer Vorgangsweise. Schon sein Wortlaut verbietet diese Auslegung. Auch logischerweise kann ein Kostenersatz nur in Betracht kommen, wenn Kosten tatsächlich angefallen sind, also betragsmäßig feststehen.

Der

§ 79 Abs 4 FrG bestimmt, daß die Kosten von der Behörde, die die Amtshandlung vorgenommen hat, einzuheben sind. Unter einheben im Sinne dieser Vorschrift wird analog zu § 77 Abs 4 und 78 Abs 4 AVG das FESTSETZEN DURCH DIE ENTSCHEIDENDE BEHÖRDE verstanden. Die Erledigung der Kostenfrage ist grundsätzlich gemäß § 59 Abs 1 AVG in den Bescheidspruch über die Hauptsache aufzunehmen, sonst einem eigenen Kostenbescheid vorbehalten. Diese Festsetzung erfordert in sachverhaltsmäßiger Hinsicht, daß die zunächst von der Behörde zu bestreitenden Vollzugskosten ziffernmäßig feststehen, was im Anlaßfall natürlich nicht der Fall war (wie die Bezirkshauptmannschaft selbst zugibt), da die Schubhaft am 15 05 1996

erst begonnen hatte und eine Abschiebung noch nicht durchgeführt worden war. In formeller Hinsicht wird die Erlassung eines Kostenbescheides, wodurch der nach § 79 Abs 1 FrG grundsätzlich zum Ersatz der Kosten verpflichtete Fremde konkret zur Leistung eines ziffernmäßig bestimmten Geldbetrages verpflichtet wird, wogegen ihm ein Rechtsmittel zusteht, verlangt (siehe auch Walter-Mayer, aaO, RZ 676).

 

Nach der von der belangten Behörde in grober Verkennung dieser Rechtslage dargelegten Auffassung wäre dem BF jeder Rechtsschutz genommen und hätte es die Behörde in der Hand, Geldbeträge, die von in Schubhaft zu nehmenden Fremden mitgeführt werden, einfach (ohne jedes Verfahren und in beliebiger Höhe) einzubehalten und später - offenbar nach Bekanntsein der tatsächlichen Kosten - abzurechnen.

Für

diese Vorgangsweise mögen praktische Überlegungen sprechen, eine gesetzliche Deckung besteht hiefür jedoch nicht. Eine Sicherung von zukünftigen Kosten, die voraussichtlich anfallen, deren Höhe im Zeitpunkt der Einbehaltung aber noch nicht bekannt ist, was die belangte Behörde offenbar im Sinn hatte, sehen das Fremdengesetz und auch das AVG jedenfalls nicht vor.

 

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 79a AVG, die Aufwandersatzverordnung UVS und den Antrag des BF.

Schlagworte
Ersatz von Schubhaftkosten, Kostenbescheid, Maßnahmenbeschwerde
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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