Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Franz Schett über die Berufung des Herrn N. W., D-Oechsen, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Torsten G., D-36269 Philippsthal, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 11.04.2003, Zl VK-20556-2002, betreffend Übertretungen der VO (EWG) Nr 3820/85 und der StVO 1960, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:
I.
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung gegen Spruchpunkt 1. und 2. des angefochtenen Straferkenntnisses mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es im Spruch bei den als erwiesen angenommenen Taten (§ 44a Z 1 VStG) und den durch die Taten verletzten Verwaltungsvorschriften (§ 44a Z 2 VStG) wie folgt zu lauten hat:
"1. Sie haben, wie anhand der bei einer am 24.10.2002 um ca 02:00 Uhr auf der A12 bei km 36 (Autobahnparkplatz Münster) durchgeführten Verkehrskontrolle dem Kontrollorgan ausgehändigten Schaublätter festgestellt werden konnte, das Sattelkraftfahrzeug mit den Kennzeichen SON-XXXX (Sattelzugfahrzeug) und SON-YYYY (Sattelanhänger), welches der Güterbeförderung dient und dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, zwischen 20.10.2002, 22:12 Uhr, und 21.10.2002, 20:10 Uhr, insgesamt 15 Stunden und 20 Minuten gelenkt, wobei die längste zusammenhängende Ruhezeit lediglich 1 Stunde 40 Minuten betragen hat, obwohl gemäß Art 6 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 die Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit 9 Stunden und zweimal pro Woche 10 Stunden nicht überschreiten darf.
Sie haben dadurch folgende Verwaltungsvorschriften verletzt:
Art 6 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl. Nr L 370 vom 31. Dezember 1985, S1, idF der Berichtigung ABl. Nr L 206 vom 30. Juli 1986, S 36.
2. Sie haben, wie anhand der bei einer am 24.10.2002 um ca 02:00 Uhr auf der A12 bei km 36 (Autobahnparkplatz Münster) durchgeführten Verkehrskontrolle dem Kontrollorgan ausgehändigten Schaublätter festgestellt werden konnte, das Sattelkraftfahrzeug mit den Kennzeichen SONXXXX (Sattelzugfahrzeug) und SON-YYYY (Sattelanhänger), welches der Güterbeförderung dient und dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, vom 20.10.2002, 22:12 Uhr, bis 21.10.2002, 02:45 Uhr, sohin 4 Stunden und 33 Minuten, ohne Unterbrechung gelenkt, obwohl gemäß Art 7 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 nach einer Lenkzeit von 4 1/2 Stunden eine Unterbrechung von mindestens 45 Minuten einzulegen ist, wobei diese Unterbrechung auch durch Unterbrechungen von jeweils mindestens 15 Minuten ersetzt werden kann, die dabei in die Lenkzeit oder unmittelbar nach dieser so einzufügen sind, dass Abs 1 eingehalten wird.
Sie haben dadurch folgende Verwaltungsvorschriften verletzt:
Art 7 Abs 1 und Abs 2 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl. Nr L 370 vom 31. Dezember 1985, S1, idF der Berichtigung ABl. Nr L 206 vom 30. Juli 1986, S 36."
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber aufgrund der Berufung gegen Spruchpunkt 1. und 2. des angefochtenen Straferkenntnisses einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20vH der jeweils verhängten Geldstrafen, d.s. jeweils Euro 21,80, gesamt sohin Euro 43,60, zu bezahlen.
II.
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung gegen Spruchpunkt 3. und 4. des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis insoweit behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 11.04.2003, Zl VK-20556-2002, wurde Herrn N. W., D-36404 Oechsen, folgender Sachverhalt zur Last gelegt:
"Tatzeit: 23.10.2002 um 02.00 Uhr
Tatort: Münster, A 12 bei km 36,00 (Autobahnparkplatz Münster) in Richtung Kufstein
Fahrzeug: Sattel-KFZ, SON-XXXX / SON-YYYY (D)
1. Sie haben als Lenker des angeführten KFZ, welches der Güterbeförderung dient und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, die Tageslenkzeit von höchstens 9 Stunden bzw zweimal wöchentlich 10 Stunden zwischen zwei täglichen Ruhezeiten an folgendem Tag überschritten:
Die Lenkzeit betrug vom 20.10.2002, 22.00 Uhr bis 21.10.2002, 20.00 Uhr 15 Stunden und 6 Minuten.
2. Sie haben als Lenker des angeführten KFZ, welches der Güterbeförderung dient und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen:
Es wurde festgestellt, dass Sie nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden keine Unterbrechung der Lenkzeit von mindestens 45 Minuten eingelegt haben, obwohl eine solche einzulegen ist, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt. Nach einer Lenkzeit vom 20.10.2002, 22.10 Uhr bis 21.10.2002, 02.45 Uhr wurde keine Lenkpause eingelegt.
3. Sie haben das KFZ gelenkt, obwohl das Fahren mit einem LKW mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t in der Zeit von 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr verboten ist. Ausgenommen von diesem Fahrverbot sind Fahrten mit lärmarmen Kraftfahrzeugen, bei denen eine Bestätigung nach § 8b Abs 4 KDV 1967 mitgeführt wird. Eine solche Bestätigung wurde von Ihnen nicht mitgeführt.
4. Sie haben die für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 Tonnen in der Zeit von 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 20 km/h überschritten."
Dadurch habe der Beschuldigte gegen § 102 Abs 1 KFG iVm Art 6 Abs 1 EG-VO 3820/85 (Spruchpunkt 1.), § 102 Abs 1 KFG iVm Art 7 Abs 1 EG-VO 3820/85 (Spruchpunkt 2.), § 42 Abs 6 StVO (Spruchpunkt 3.) und § 42 Abs 8 StVO (Spruchpunkt 4.) verstoßen. Über diesen wurde daher zu Spruchpunkt 1. und 2. gemäß § 134 Abs 1 KFG jeweils eine Geldstrafe von Euro 109,00, Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden, zu Spruchpunkt 3. gemäß § 99 Abs 2a StVO eine Geldstrafe von Euro 218,00, Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden, und zu Spruchpunkt 4. ebenfalls gemäß § 99 Abs 2a StVO eine Geldstrafe von Euro 109,00, Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden, verhängt.
Dagegen hat der Beschuldigte Berufung erhoben und darin die ihm unter Spruchpunkt 1., 2. und 4 des angefochtenen Straferkenntnisses angelasteten Übertretungen mangels Vorliegens ausreichender Beweise bestritten. Zu Spruchpunkt 3. hat der Beschuldigte im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei dem von ihm gelenkten Sattelkraftfahrzeug um ein lärmarmes Fahrzeug handle. In Deutschland sei es nicht erforderlich, eine Bestätigung über die Lärmkategorie in schriftlicher Form mitzuführen. Die großen Lkw-Hersteller Mercedes oder MAN würden Fahrzeuge mit der Tafel L bzw G ausliefern, ohne dass zusätzlich eine Bescheinigung über das Vorliegen dieser Kategorie erstellt werde. Es sei unzulässig, ihm das Nichtmitführen einer vom Herstellerwerk nicht erstellten Bestätigung vorzuwerfen. Hier fehle es jedenfalls an einem Verschulden.
Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:
Vorweg wird festgehalten, dass ein schriftlicher Nachweis über die Zustellung des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses im erstinstanzlichen Akt nicht enthalten ist. Nachdem allerdings Berufung erhoben wurde, ist von einer ordnungsgemäßen Zustellung an den Rechtsvertreter des Berufungswerbers auszugehen. Da das Straferkenntnis mit 11.04.2003 datiert und die Berufung bereits am 28.04.2003 bei der Bezirkshauptmannschaft Kufstein eingegangen ist, ist im Hinblick auf den bei Zustellungen in Deutschland anzusetzenden, mehrtätigen Postlauf im Zweifel zugunsten des Berufungswerbers von der fristgerechten Einbringung der Berufung auszugehen.
Zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses:
Nach Art 6 Abs 1 der VO (EWG) Nr 3820/85 darf die nachstehend "Tageslenkzeit" genannte Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf zweimal pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden.
Gemäß Art 8 Abs 1 leg cit hat der Fahrer innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden einzulegen, die höchstens dreimal pro Woche auf nicht weniger als 9 zusammenhängende Stunden verkürzt werden darf, sofern bis zum Ende der folgenden Woche eine entsprechende Ruhezeit zum Ausgleich gewährt wird. Die Ruhezeit kann an den Tagen, an denen sie nicht nach Unterabsatz 1 verkürzt wird, innerhalb von 24 Stunden in zwei oder drei Zeitabschnitten genommen werden, von denen einer mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. In diesem Falle erhöht sich die Mindestruhezeit auf 12 Stunden.
Nach § 134 Abs 1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl. Nr L 370 vom 31. Dezember 1985, S 1, sowie der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, ABl. Nr L 370 vom 31. Dezember 1985, S 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr 3572/90, ABl. Nr L 353 vom 17. Dezember 1990, S 12, zuwiderhandelt.
Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von folgendem Sachverhalt ausgegangen:
"Herr N. W. hat das Sattelkraftfahrzeug mit den Kennzeichen SON-XXXX (Sattelzugfahrzeug) und SON-YYYY (Sattelanhänger) sowie einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t am 20.10.2002 um 22.12 Uhr in Betrieb genommen. In der Folge hat er das betreffende Sattelkraftfahrzeug bis 21.10.2002, 20.10 Uhr, gelenkt, wobei die Gesamtlenkzeit in diesem Zeitraum 15 Stunden und 20 Minuten, die längste Ruhepause aber lediglich 1 Stunde und 40 Minuten betragen hat."
Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich auf Grund der Anzeige der Autobahngendarmerie Wiesing, Verkehrsabteilung - Außenstelle Wiesing, vom 24.10.2002, Zl A1/4603/2002, den Angaben des Meldungslegers bei seiner Einvernahme als Zeuge in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 06.08.2003 sowie einer Auswertung des bei der Amtshandlung am 24.10.2002 beschlagnahmten Schaublattes für den 20.10./21.10.2002. Die Auswertung wurde durch einen kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen des Amtes der Tiroler Landesregierung mittels KIENZLE-Auswertgerät TYP 1612-50 sowie Lupe und Okular vorgenommen. Dabei wurde eine Fehlergrenze von +/- 2 Minuten pro Tag berücksichtigt. Für die Berufungsbehörde ergeben sich keine Zweifel an der Richtigkeit dieser gutachterlichen Auswertung. Den betreffenden Feststellungen ist im Übrigen auch der Berufungswerber nicht entgegengetreten.
Damit steht fest, dass der Beschuldigte die ihm angelastete Übertretung des Art 6 Abs 1 VO (EWG) Nr 3820/85 zu verantworten hat. Die Gesamtlenkzeit zwischen 20.10.2002, 22.12 Uhr, und 21.10.2002,
20.10 Uhr, hat insgesamt 15 Stunden und 20 Minuten betragen. Innerhalb dieses Zeitraumes hat der Berufungswerber zwar mehrere Ruhezeiten eingelegt, wobei allerdings die längste Ruhezeit lediglich 1 Stunde und 40 Minuten betragen hat, woraus folgt, dass es sich bei den vorgenommenen Fahrtunterbrechungen um keine Ruhepausen iSd Art 8 leg cit gehandelt hat. Die erhobene Lenkzeit von 15 Stunden und 20 Minuten ist daher als Tageslenkzeit iSd Art 6 Abs 1 anzusehen. Diese darf allerdings nach der vorzitierten Bestimmung lediglich 9 Stunden bzw zweimal wöchentlich 10 Stunden betragen.
Bei der betreffenden Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein sog. "Ungehorsamsdelikt". Für derartige Delikte sieht § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG vor, dass Fahrlässigkeit anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. "Glaubhaftmachung" bedeutet, dass die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich gemacht wird. Der Beschuldigte hat daher initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und entsprechende Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen. Bloßes Leugnen reicht für eine "Glaubhaftmachung" nicht aus (VwGH 24.05.1989, 89/02/0017 ua). Der Berufungswerber hat sich in seinem Vorbringen indes auf die bloße Bestreitung der Tatbegehung beschränkt, also keine konkreten Umstände vorgebracht, die ein Verschulden ausschließen könnten. Damit hat er jedenfalls fahrlässige Tatbegehung zu verantworten.
Die Bestrafung ist daher dem Grunde nach zu Recht erfolgt.
Auch gegen die Strafbemessung ergeben sich keine Bedenken. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Abs 2 sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der Unrechtsgehalt der betreffenden Übertretung ist erheblich, stellt doch die Einhaltung der Bestimmungen über die Lenkzeiten eine wesentliche Voraussetzung für die Sicherheit im Straßenverkehr dar. Überlange Lenkzeiten führen zwangsläufig zu Ermüdungserscheinungen beim Fahrzeuglenker und erhöhen damit das Unfallsrisiko beträchtlich.
Hinsichtlich des Verschuldens ist zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen.
Angaben über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse hat der Berufungswerber nicht gemacht. Die vorgelegten Gewinnberechnungen beziehen sich auf die Jahre 2001 und 2002. Entscheidend ist aber die aktuelle Einkommenssituation im Zeitpunkt der Fällung der Berufungsentscheidung (vgl VwGH v. 19.03.1986, Zl 85/03/0164). Es war daher eine Einschätzung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse vorzunehmen (vgl VwGH v. 14.01.1981, Zl 3033/80 ua), wobei mangels gegenteiliger Anhaltspunkte jedenfalls von einem durchschnittlichen Einkommen bzw Vermögen ausgegangen werden konnte.
In einer Zusammenschau aller Strafzumessungskriterien kann nun aber eine Geldstrafe in Höhe von Euro 109,00, durch die der gesetzliche nur zu 5 % ausgeschöpft worden ist, keinesfalls als überhöht angesehen werden. Eine Geldstrafe in dieser Höhe wäre nach Ansicht der Berufungsbehörde selbst unter Zugrundelegung unterdurchschnittlicher Einkommensverhältnisse erforderlich, um den Täter künftig von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.
Zu Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses:
Gemäß Art 7 Abs 1 der VO (EWG) Nr 3820/85 ist nach einer Lenkzeit von 4 1/2 Stunden eine Unterbrechung von mindestens 45 Minuten einzulegen, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt. Nach Abs 2 kann diese Unterbrechung durch Unterbrechungen von jeweils mindestens 15 Minuten ersetzt werden, die an die Lenkzeit oder unmittelbar nach dieser so einzufügen sind, dass Abs 1 eingehalten wird.
Die Behörde ist bei ihrer Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichem Sachverhalt ausgegangen:
"Der Berufungswerber hat das betreffende Sattelkraftfahrzeug am 20.10.2002 um 22.12 Uhr in Betrieb genommen und anschließend bis 21.10.2002, 02.45 Uhr, sohin über einen Zeitraum von 4 Stunden und 33 Minuten, durchgehend gelenkt. Anschließend hat der Beschuldigte von 02.45 Uhr bis 03.24 Uhr eine Ruhezeit von lediglich 39 Minuten eingelegt. Sodann hat er das betreffende Sattelkraftfahrzeug von 03.24 Uhr bis 05.55 Uhr, sohin durchgehend 2 Stunden und 31 Minuten, gelenkt und erst um 05.55 Uhr wiederum eine Pause von 17 Minuten eingelegt."
Diese Feststellungen ergeben sich ebenfalls aufgrund der Anzeige der Autobahngendarmerie Wiesing, Verkehrsabteilung - Außenstelle Wiesing, vom 24.10.2002, Zl A1/4603/2002, den Angaben des Meldungslegers bei seiner Einvernahme als Zeuge in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 06.08.2003 sowie auf Grund der Auswertung des Schaublattes für den 20.10.2002/21.10.2002 durch einen kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen des Amtes der Tiroler Landesregierung. Auch diesen Feststellungen ist der Berufungswerber nicht entgegengetreten.
Damit steht fest, dass der Beschuldigte den objektiven Tatbestand der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht hat.
Bezüglich der inneren Tatseite ist wiederum festzuhalten, dass es sich bei der betreffenden Übertretung um ein "Ungehorsamsdelikt" handelt. Im Einzelnen wird auf die vorstehenden Ausführungen zu Spruchpunkt 1. verwiesen. Die "Glaubhaftmachung" fehlenden Verschuldens ist dem Berufungswerber nicht gelungen, zumal sich dieser in seinem Vorbringen auch hinsichtlich dieser Übertretung auf eine bloße Bestreitung des Tatvorwurfes beschränkt hat. Es ist daher zumindest von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.
Die Bestrafung ist daher dem Grunde nach zu Recht erfolgt. Verfehlt ist dabei das vom Berufungswerber im erstinstanzlichen Verfahren erstattete Vorbringen, wonach eine Bestrafung wegen Übertretung des Art 6 Abs 1 VO (EWG) 3820/85 eine gleichzeitige Bestrafung wegen Verstoßes gegen Art 7 Abs 1 und 2 leg cit ausschließe, weil dies zu einer unzulässigen Doppelbestrafung führen würde. Hier ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Strafnorm in § 134 KFG 1967 die gleichzeitige Bestrafung wegen Übertretung beider Normen nicht ausschließt. Außerdem liegt - entgegen der offenkundigen Rechtsansicht des Berufungswerbers - hier auch kein Fall der Konsumtion vor. Konsumtion bedeutet, dass ein Deliktstatbestand regelmäßig nicht anders als auf die Weise verwirklicht werden kann, dass gleichzeitig auch gegen eine andere Strafdrohung verstoßen wird. In diesem Fall erfasst der erste Deliktstatbestand auch das im zweiten Deliktstatbestand typisierte Unrecht. Bei den Verhaltenspflichten gemäß Art 6 Abs 1 VO (EWG) Nr 3820/85 und Art 7 Abs 1 und 2 leg cit trifft dies allerdings nicht zu. Es ist nämlich durchaus möglich, dass die Tageslenkzeit überschritten wird, die Lenkpausen gemäß Art 7 Abs 1 und 2 leg cit aber vorschriftsgemäß konsumiert werden. Auch die umgekehrte Fallkonstellation ist ohne weiteres denkbar.
Schlussendlich ergeben sich auch gegen die Strafhöhe keine Bedenken, wobei im Einzelnen auf die vorstehenden Ausführungen zur Berufung gegen Spruchpunkt 1. verwiesen werden kann, die auch hier vollinhaltlich Geltung haben.
Im Ergebnis war daher die Berufung gegen Spruchpunkt 1. und 2. des angefochtenen Straferkenntnisses als unbegründet abzuweisen. Dabei war allerdings aufgrund der im Berufungsverfahren veranlassten Auswertung des Schaublattes eine geringfügige Berichtigung des Schuldspruches hinsichtlich der Lenkzeiten vorzunehmen. Ebenfalls war klarzustellen, dass es sich bei den vom Berufungswerber übertretenen Verwaltungsvorschriften ausschließlich um die - unmittelbar geltenden - Bestimmungen in Art 6 bzw Art 7 der VO (EWG) Nr 3820/85 handelt, die Anführung des § 102 Abs 1 KFG also fälschlich erfolgt ist. Durch die in Rede stehenden Änderungen ist keine Auswechslung der als erwiesen angenommenen Tat erfolgt, da sämtliche im berichtigten Schuldvorwurf enthaltenen Tatbestandsmerkmale auch bereits im angefochtenen Straferkenntnis aufscheinen bzw die geringfügige Modifikation der Lenkzeiten eine im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zulässige Spezifierung des Tatvorwurfes darstellt (vgl VwGH v. 31.03.2000, Zl 99/02/0101). Die Befugnis der Berufungsbehörde zur Neufassung des Schuldspruches bzw zur Richtigstellung der übertretenen Verwaltungsvorschriften ergibt sich im Übrigen aus dem gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 66 Abs 4 AVG.
Zu Spruchpunkt 3. des angefochtenen Straferkenntnisses:
Nach § 42 Abs 6 StVO 1960 ist ab 01. Jänner 1995 das Fahren mit Lastkraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t in der Zeit von 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr verboten. Ausgenommen von diesem Fahrverbot sind Fahrten
a)
mit Fahrzeugen des Straßendienstes,
b)
mit Fahrzeugen des Bundesheeres, die zur Aufrechterhaltung des militärischen Dienstbetriebes unumgänglich sind und
c) mit lärmarmen Kraftfahrzeugen, bei denen eine Bestätigung nach § 8b Abs 4 KDV 1967 mitgeführt wird.
In Spruchpunkt 3. des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Beschuldigten zur Last gelegt, er habe gegen die vorzitierte Bestimmung verstoßen, wobei als Tatzeitpunkt der 23.10.2002, 02.00 Uhr, angegeben worden ist.
Dieser Tatzeitpunkt wurde aus der Anzeige der Autobahngendarmerie, Verkehrsabteilung - Außenstelle Wiesing, vom 24.10.2002, Zl A1/4603/01/2002, entnommen. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 15.04.2003 hat die Autobahngendarmerie allerdings mitgeteilt, dass es sich beim Übertretungsdatum nicht um den 23.10.2002, sondern richtig um den 24.10.2003 (gemeint wohl: 24.10.2002) gehandelt hat. Auch bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme durch die Berufungsbehörde hat der Meldungsleger bestätigt, dass es sich beim Übertretungsdatum tatsächlich um den 24.10.2002 gehandelt hat.
Im erstinstanzlichen Verfahren wurde dem Berufungswerber eine Übertretung des § 42 Abs 6 StVO 1960 lediglich für den Tatzeitpunkt 23.10.2002, 02.00 Uhr, zur Last gelegt. Sache des Berufungsverfahrens ist jene Angelegenheit, die Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde bildet. Wechselt die Berufungsbehörde die von der Erstbehörde angenommene Tat aus, so nimmt sie damit eine ihr nicht zustehende Befugnis in Anspruch und führt dies zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit des Berufungsbescheides. Dies hat insbesondere auch für die von der Erstbehörde spruchmäßig bezeichnete Tatzeit zu gelten (vgl VwGH v. 18.12.1991, Zl 91/01/0111). Lediglich im Falle offenkundiger Unrichtigkeiten hat der Verwaltungsgerichtshof eine Richtigstellung des Tatzeitpunktes verschiedentlich für zulässig erachtet (vgl zB: VwGH v. 21.04.1994, Zl 93/09/0423). Ebenfalls werden - wie erwähnt - geringfügige Korrekturen der Tatzeit als zulässige Spezifizierungen angesehen (VwGH 06.09.2001, Zl 2001/03/0189).
Diese Voraussetzungen für eine Richtigstellung der Tatzeit liegen aber gegenständlich nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht vor. Bei einer Auswechslung des Tattages kann zunächst nicht von einer geringfügigen Änderung der Tatzeit gesprochen werden. Auch hat gegenständlich keine für den Berufungswerber offenkundige Unrichtigkeit vorgelegen. Dies wäre etwa dann der Fall gewesen, wenn gegenüber dem Berufungswerber andere Verfolgungshandlungen mit Angabe der richtigen Tatzeit gesetzt worden wären. Dies war aber gegenständlich nicht der Fall. Insbesondere hat auch die dem Straferkenntnis vorangegangene Strafverfügung nicht die korrekte Tatzeit enthalten, sondern wurde hier - völlig verfehlt - der 20.10.2002, 22:00 Uhr, also der Zeitpunkt des Fahrtbeginns als Tatzeitpunkt ua für den Verstoß gegen § 42 Abs 6 StVO 1960 angeführt.
Im Ergebnis vertritt die Berufungsbehörde daher die Ansicht, dass eine Änderung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses hinsichtlich der Tatzeit zu einer unzulässigen Auswechslung der Tat führen würde. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist mithin die dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis angelastete Übertretung des § 42 Abs 6 StVO 1960 am 23.10.2002, um 02:00 Uhr. Dass der Beschuldigte diese ihm angelastete Übertretung begangen hat, ist aber nicht erweisbar.
Gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.
Es war daher der Berufung gegen Spruchpunkt 3. Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis insofern zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Zu Spruchpunkt 4. des angefochtenen Straferkenntnisses:
Nach § 42 Abs 8 StVO 1960 dürfen ab 01. Jänner 1995 Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t in der Zeit von 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr nicht schneller als 60 km/h fahren. Die Behörde hat für bestimmte Gebiete, Straßen oder Straßenstrecken durch Verordnung diese erlaubte Geschwindigkeit zu erhöhen, sofern dadurch nicht der Schutz der Bevölkerung vor Lärm beeinträchtigt wird.
Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten zur Last gelegt, er habe am 23.10.2002, 02.00 Uhr, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 20 km/h überschritten.
Dieser Tatzeitpunkt wurde wiederum aus der Anzeige der Autobahngendarmerie, Verkehrsabteilung - Außenstelle Wiesing vom 24.10.2002, Zl A1/4603/01/2002, entnommen. Erst in einer ergänzenden Stellungnahme vom 15.04.2003, also nach Verfassung des Straferkenntnisses, hat die Autobahngendarmerie - wie erwähnt - mitgeteilt, dass es sich beim Übertretungsdatum nicht um den 23.10.2002, sondern um den 24.10.2003 (gemeint wohl: 24.10.2002) gehandelt hat. Dies hat auch der Meldungsleger bei seiner Einvernahme durch die Berufungsbehörde nochmals ausdrücklich bestätigt. Abgesehen vom Datum der Übertretung wurde aber offenkundig auch der Übertretungszeitpunkt falsch angegeben. Aus dem Schaublatt vom 23./24.10.2002 ist nämlich, wie die Auswertung durch den kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen ergeben hat, zu entnehmen, dass der Berufungswerber die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h am 24.10.2002 in der Zeit von 01:20 Uhr und 01:30 Uhr sowie von 01:35 Uhr bis 01:45 Uhr übertreten hat.
Nachdem nun allerdings dem Berufungswerber eine Übertretung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit am 23.10.2002 um 02:00 Uhr vorgeworfen wurde, ein Richtigstellung des Tatzeitpunktes aus den zuvor dargelegten Erwägungen wiederum eine unzulässigen Auswechslung der Tat bedeuten würde und der im Straferkenntnis enthaltene Schuldvorwurf nicht erwiesen werden kann, war der Berufung auch hinsichtlich Spruchpunkt 4. Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis insofern zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.