TE UVS Tirol 2006/10/16 2006/26/2183-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.10.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Franz Schett über die Berufung des Herrn I. H., XY-Straße 186, M., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 13.06.2006, Zahl SB-27-2006-HAM, betreffend eine Übertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 13.06.2006, Zahl SB-27-2006-HAM, wurde Herrn I. H., XY-Straße 186, M., nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Herr I. H., geboren am XY, hat es als Inhaber des Tischlereibetriebes im Standort M., XY-Gasse 67, zu verantworten, dass diese gewerbliche Betriebsanlage jedenfalls ab Eintritt der Rechtskraft des gewerberechtlichen Genehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 20.12.1990, Zahl 4086/2h-90, das ist mit Ablauf des 25.01.1991, betrieben worden ist, wobei die Auflage I./6. des zitierten Genehmigungsbescheides nicht erfüllt worden ist, weil

jedenfalls bis zum heutigen Tage keine Bestätigung, die jünger als 1 Jahr ist, vorgelegt worden ist, aus der entnommen werden kann, dass die Feuerungsanlage samt etwaiger Entstaubungseinrichtungen durch einen befugten Sachverständigen gemäß § 7 Abs 2 Luftreinhaltegesetz für Kesselanlage (LRG-K) in der Fassung des nunmehr geltenden Emissionsschutzgesetz - Kesselanlagen (EG-K) überprüft und für in Ordnung befunden worden ist, obwohl die Feuerungsanlage samt etwaiger Entstaubungseinrichtungen 1 x jährlich durch einen befugten Sachverständigen gemäß § 7 Abs 2 Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen, BGBl Nr 380/1988 (LRG-K) überprüfen zu lassen ist, wobei die Parameter, die Aufschluss über die Güte der Verbrennung geben, wie CO2, O2, EO-Gehalt und Abgastemperatur zu messen sind. Die Überprüfungsprotokolle sind im Betrieb aufzubewahren und auf Verlangen der Behörde vorzuweisen.?

 

Dadurch habe der Beschuldigte gegen § 367 Z 25 GewO 1994 iVm Auflage I./6. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 20.12.1990, Z l 4086/2h-90, verstoßen. Über diesen wurde daher gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 eine Geldstrafe von Euro 250,00, Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage und 12 Stunden, verhängt. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wurden gemäß § 64 VStG Kosten mit 10 Prozent der verhängten Geldstrafe bestimmt.

 

Gegen diesen Strafbescheid hat Herr I. H. per E-mail fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin begründend ausgeführt wie folgt:

 

?1) Wir haben Herrn Rauchfangkehrermeister R. H. den Auftrag erteilt, sämtliche notwendigen Messungen und Gutachten nach Angaben der Bezirkshauptmannschaft Schwaz zu erstellen.

2) Es wurden daraufhin von Herrn Rauchfangkehrermeister R. H., nach Rücksprache mit Herrn M. und Herrn D., die gewünschten Gutachten nach deren Angaben erstellt.

3) Nach Rückfrage bei erfolgter Abgabe und Durchsicht der Gutachten, wurde nichts vom Fehlen einzelner Punkte gesagt.

Eine Stellungsnahme von Herrn Rauchfankehrermeister R. H. folgt gesondert.?

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

A) Rechtsgrundlagen:

Im gegenständlichen Fall sind die folgenden gesetzlichen

Bestimmungen beachtlich:

 

?1. Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994, in der Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 15/2006:

 

§ 77

(1) Die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die nach dem ersten Satz vorzuschreibenden Auflagen haben erforderlichenfalls auch Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und der Auflassung der Anlage zu umfassen; die Behörde kann weiters zulassen, dass bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen bestehen.

....

 

§ 81

(1) Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

....

 

§ 367

Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu Euro 2.180,00

zu bestrafen ist, begeht, wer

....

25. Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs 1 oder § 84d Abs 7 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält;

....

 

2. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 117/2002:

 

§ 44a

Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1.

die als erwiesen angenommene Tat;

2.

die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3.

die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4.

den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5.

im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

 

§ 45

(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

....?

 

B) Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 44a Z 1 VStG ist im Spruch des Strafbescheides die als erweisen angenommene Tat anzuführen. Dieser Bestimmung wird nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann entsprochen, wenn die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau umschrieben ist, dass

1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und

2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Was den Punkt 1. anlangt, sind entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragrafenmäßige Zitierung von Gebots- und Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2. anlangt, muss a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen werden, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit ausreicht (vgl verst. Senat VwSlg 11.894 A/1985 uva).

 

Dem Berufungswerber wird im angefochtenen Straferkenntnis angelastet, er habe die Auflage I./6. des gewerberechtlichen Genehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 20.12.1990, Zl 4086/2h-90, dadurch nicht erfüllt, weil ?jedenfalls bis zum heutigen Tage keine Bestätigung, die jünger als 1 Jahr ist, vorgelegt worden ist, der entnommen werden kann, dass die Feuerungsanlage samt etwaiger Entstaubungseinrichtungen durch einen befugten Sachverständigen gemäß § 7 Abs 2 Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen (LRG-K) in der Fassung des nunmehr geltenden Emissionsschutzgesetz-Kesselanlagen (EG-K) überprüft und für in Ordnung befunden worden ist.?

Die betreffende Auflage lautet wie folgt:

?6) Die Feuerungsanlage samt etwaiger Entstaubungseinrichtungen ist einmal jährlich durch einen befugten Sachverständigen gem. § 7 (2) Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen, BGBl Nr 380/1988 (LRG-K), überprüfen zu lassen, wobei die Parameter, die Aufschluß über die Güte der Verbrennung geben, wie CO2, O2, CO-Gehalt und Abgastemperatur zu messen sind. Die Überprüfungsprotokolle sind im Betrieb aufzubewahren und auf Verlangen der Behörde vorzuweisen.?

Nach dieser Dauervorschreibung besteht also die Verpflichtung des Anlageninhabers, die betreffende Feuerungsanlage samt etwaigen Entstaubungseinrichtungen einmal im Jahr durch einen Fachkundigen überprüfen zu lassen. Aus den weiteren Anordnungen ist zu entnehmen, dass sich der Anlageninhaber vom Fachkundigen ein Protokoll über die erfolgte Überprüfung ausstellen lassen muss. Die jeweiligen Überprüfungsprotokolle sind vom Anlageninhaber aufzubewahren und der Behörde auf deren Verlangen vorzulegen. Die Verpflichtung zur Vorlage der Protokolle besteht nach dieser Auflage also nur aufgrund einer entsprechenden behördlichen Aufforderung.

Ein korrekter Tatvorwurf müsste deshalb zunächst angeben, welcher - im Spruch zu individualisierenden - Aufforderung der Behörde der Anlagenbetreiber nicht nachgekommen ist. Weiters wäre anzuführen, für welchen Prüfzeitraum der Behörde trotz deren Verlangens das Überprüfungsprotokoll nicht vorgelegt worden ist.

Im angefochtenen Bescheid fehlen diese wesentlichen Sachverhaltselemente. Im Spruch findet sich kein Hinweis, welche behördliche Aufforderung der Berufungswerber missachtet hat. Ebenfalls wurde nicht präzisiert, für welchen Überprüfungszeitraum das Überprüfungsprotokoll trotz behördlicher Aufforderung nicht vorgelegt worden ist. Der Vorhalt, ?bis zum heutigen Tage? (gemeint offenbar das Datum des Straferkenntnisses, di der 13.06.2006) kein Überprüfungsprotokoll vorgelegt zu haben, ?das jünger als ein Jahr ist?, also im Zeitraum 14.06.2005 bis 13.06.2006 erstellt wurde, stellt nach Ansicht der Berufungsbehörde keine korrekte Tatumschreibung dar. Der Prüfzeitraum wurde in der Auflage mit ?einmal jährlich? festgelegt, was mangels anderer Anhaltspunkte wohl dahingehend zu verstehen ist, dass die Überprüfung einmal im Kalenderjahr zu erfolgen hat. Im Spruch ist klarzustellen, für welchen Prüfzeitraum trotz behördlichem Verlangen kein Protokoll vorgelegt worden ist. Der Zeitpunkt der Erstellung des Überprüfungsprotokolls sagt nichts darüber aus, für welchen Prüfzeitraum dieses ausgestellt worden ist. Ein Prüfprotokoll. ?welches jünger als ein Jahr ist?, könnte sich also auf verschiedene Prüfzeiträume beziehen. Die Tatumschreibung bringt sohin nicht klar zum Ausdruck, für welchen Prüfzeitraum der Anlageninhaber auflagenwidrig kein Prüfprotokoll vorgelegt hat.

Damit entspricht der Tatvorwurf aber nicht dem § 44a Z 1 VStG. Der angefochtene Bescheid erweist sich sohin als rechtswidrig.

 

Eine Richtigstellung des Tatvorwurfes durch die Berufungsbehörde war ebenfalls nicht möglich. Nach § 66 Abs 4 AVG (diese Vorschrift findet zufolge des § 24 VStG im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung) hat die Berufungsbehörde nämlich, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. ?Sache? im Sinne dieser Gesetzesstelle ist, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat (vgl VwGH v 24.06.1948 in Slg NF Nr 460/A, vom 23.06.1975 in Slg NF Nr 8855/A, und v 27.06.1975 in Slg NF Nr 8864/A), immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat. Demnach darf aber die Berufungsbehörde ohne Überschreitung ihrer Befugnis nur die Frage prüfen, ob der Beschuldigte die ihm von der Erstbehörde angelastete Tat begangen hat oder nicht. Hingegen fehlt der Berufungsbehörde die Sachbefugnis zur Wahrnehmung einer dem Beschuldigten von der Erstbehörde nicht vorgeworfenen bzw von dieser nicht als erwiesen angenommenen Tat.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage würde daher, wenn dem Berufungswerber seitens der Berufungsbehörde entgegen dem Wortlaut des angefochtenen Straferkenntnisses erst im Berufungsbescheid vorgeworfen wird, dass er der Behörde über ein genau zu bezeichnendes Verlangen kein Überprüfungsprotokoll für einen ebenfalls konkret zu benennenden Prüfzeitraum vorgelegt hat, nicht bloß eine (unter Wahrung der Identität der Tat) zulässige Modifizierung der Tatumschreibung, sondern eine unzulässige Auswechslung der Tat erfolgen (vgl zu den vorstehenden Ausführungen insbesondere VwGH 23.10.1995, Zl 94/04/0080).

 

Im Ergebnis ist sohin festzuhalten, dass der im angefochtenen Straferkenntnis erhobene Tatvorwurf in der vorliegenden ? durch die Berufungsbehörde nicht verbesserbaren - Form nicht der von der Erstinstanz angezogenen Verwaltungsvorschrift, nämlich der Auflage I./6. gewerberechtlichen Genehmigungsbescheides vom 20.12.1990, Zl 4086/2h-90, zuordenbar ist, weil ? wie erwähnt ? wesentliche Tatbestandsmerkmale fehlen.

 

Folgerichtig war daher der Berufung bereits aus diesem Grund Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren, was den im angefochtenen Straferkenntnis erhobenen Tatvorwurf anlangt, gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Nach, dieser, Dauervorschreibung, besteht, die, Verpflichtung, des, Anlageninhabers, die, betreffende, Feuerungsanlage, samt, etwaigen, Entstaubungseinrichtungen, einmal, im, Jahr, durch, einen, Fachkundigen, überprüfen, zu, lassen, Aus, den, weiteren, Anordnungen, ist, zu, entnehmen, dass, sich, der, Anlageninhaber, vom, Fachkundigen, ein, Protokoll, über, die, erfolgte, Überprüfung, ausstellen, lassen, muss, Ein, korrekter, Tatvorwurf, müsste, deshalb, zunächst, angeben, welcher, Aufforderung, der, Behörde, der, Anlagenbetreiber, nicht, nachgekommen, ist
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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