TE UVS Wien 2007/01/18 02/46/322/2007

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.01.2007
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Spruch

I.)

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag. Schmied über die auf Art. 129a Abs 1 Z 2 B-VG gestützte Maßnahmenbeschwerde des Herrn Dschemali G., vertreten durch Solicitor Edward D., eingebracht per Telefax am 12.1.2007, mit welcher die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Freiheitsbeschränkung durch die Justizwache durch die Verbringung des Beschwerdeführers in den geschlossenen Teil der Justizanstalt J. nach seiner Entlassung aus der Gerichtshaft begehrt wird, entschieden:

Die Beschwerde wird gemäß § 67c Abs 3 AVG als unzulässig

zurückgewiesen.

II.)

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag. Schmied über die Schubhaftbeschwerde des Herrn Dschemali G., vertreten durch Solicitor Edward D., eingebracht per Telefax am 12.1.2007, mit welcher der Bescheid der BPD Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, vom 4.1.2006, Zl. III- 1.234.368/FrB/07, sowie die Anhaltung des Herrn Dschemali G. in Schubhaft seit 5.1.2007 bekämpft werden, entschieden:

Die Beschwerde wird gemäß § 83 Abs 4 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 157/2005, in Verbindung mit § 67c Abs 3 AVG als unbegründet abgewiesen und die Fortsetzung der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft für rechtmäßig erklärt. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Inneres) gemäß § 83 Abs 2 FPG iVm § 79a AVG und § 1 der UVS?Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003, Aufwendungen in der Höhe von 271,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Beschwerden:

Am 12.1.2007 langten per Telefax bei der Bundespolizeidirektion Wien zwei Beschwerden des anwaltlich vertretenen Herrn Dschemali G. I.) gemäß Art. 129a Abs 1 Z 2 B-VG (Maßnahmenbeschwerde; belangte Behörde: Republik Österreich, Justizwache, Justizanstalt J.) und II.) gemäß § 72 FrG (Schubhaftbeschwerde) ein.

Das Beschwerdevorbringen lautet:

?A. Sachverhalt und Beschwerdegründe

1) Am 22.11.2006 um 4.15 Uhr wurde ich in Wien, N-Straße von Exekutivbediensteten des LKA Wien unter dem Verdacht, einen Einbruchsdiebstahl begangen zu haben, verhaftet. Mit Beschluss des Journalrichters beim LGStr Wien vom 25.11.2006 wurde über mich Untersuchungshaft verhängt (spätere AZ: 211 Ur 283/06z), aus welcher ich mit in der Haftverhandlung am 5.1.2007 gegen

14.15 Uhr verkündetem Beschluss der Untersuchungsrichterin, Frau Mag. Patricia GU., gegen Weisung, mich ab 8.1.2007 jeden zweiten Montag bei Gericht zu melden, enthaftet wurde.

2) Zu der Haftverhandlung wurde ich von zwei Justizwachebediensteten vorgeführt. Unmittelbar nachdem mir die Frau Untersuchungsrichter eröffnete, dass ich enthaftet und frei sei, wollte ich den Haftverhandlungsraum in der JA J. (Zimmer E059) gemeinsam mit meinem Vertreter durch die Türe zum offenen Bereich verlassen. Dran wurde ich durch die Justizwache gehindert, indem ich an beiden Armen festgehalten und gegen meinen Willen (trotz auch des Protestes meines Vertreters) in den geschlossenen Bereich der Justizanstalt rückgebracht wurde.

3) a) Ich wurde späterhin nicht enthaftet, sondern in das PAZ Wien überstellt und dort aufgrund des Bescheides des Fremdenpolizeilichen Büros der BPD Wien vom 4.12.2006 in Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassdung einer Ausweisung bzw. zur Abschiebung genommen.

b) Ich wusste von einem Schubhaftbescheid nichts, zwar wurde ich im Schubhaftverfahren von der Polizeiabteilung bei der Sta Wien am 28.11.2006 einvernommen, den Bescheid vom 4.12.2006 habe ich jedoch nicht erhalten.

c) Auch wäre die Erlassung einer Ausweisung bzw. meine Abschiebung nach Georgien zum gegenwärtigen Zeitpunkt unzulässig. Gemäß Art. 6 Abs 1 MRK habe ich als Ausdruck meines Rechts auf ein faires Verfahren Anspruch darauf, dass über die mir vorgeworfenen Straftaten (Mittäterschaft in mehreren Einbruchsdiebstählen) von einem unabhängigen und unparteiischen Gericht innerhalb einer angemessenen Frist geurteilt wird. Würde ich in Vollzug einer Ausweisung aus Österreich nach Georgien abgeschoben werden, wäre mir dieses Recht genommen, auch eine eventuelle Delegation der Strafsache an die georgischen Justiz würde ein unparteiische Entscheidung vor einem unabhängigen Gericht nicht gewährleisten, weil georgische Gerichte nicht jene Qualität an Unabhängigkeit aufweisen, die für ein MRK-konformes Verfahren notwendig sind.

Im Jahr 2004 wurde durch eine eilig durchgeführte Verfassungsänderung dem Staatspräsidenten das Recht erteilt, Richter zu bestellen und zu entlassen. Dadurch wurde der Einfluss des Staatspräsidenten auf die Justiz, der es bereits zuvor an Unabhängigkeit mangelte, noch weiter vergrößert. (siehe: Georgia and the European Neighbourhood Policy, Human Rights Watch Briefing Paper, June 15, 2005, Seite 6 = http://hrw.org/backgrounder/eca/georgia0605/2.htm#_Toc110402266 bzw. Operational Guidance Note Georgia, UK Home Office, vom 4.12.2006, Pkt.2.4=http://www.ecoi.net/file_upload/432_1165410518 georgiaogn.pdf).

Meiner Ausweisung und deren Vollzug durch Abschiebung nach Georgien steht demnach Art 6 MRK entgegen. In ein anderes Land könnte ich nicht ausreisen und nicht abgeschoben werden.

d) Gemäß § 77 Abs 1 FPG hat die Behörde gegenüber Minderjährige gelinderte Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann. Die BPD Wien hat nicht begründet, aus welchen konkreten Gründen sie annimmt, dass der Zweck der Schubhaft (Verfahrenssicherung, eine spätere Zulässigkeit meiner Abschiebung) nicht in einem allfälligen Vollzug des gelinderen Mittels nicht erreicht werden kann.

Das Fremdenverfahren selbst ist durch meinen Vertreter hinreichend gesichert. Durch die 14tägige Meldepflicht bei Gericht, einer zusätzlich von der BPD Wien anordbaren Meldepflicht und einer für mich möglichen Aufnahme in eine Unterbringungsstätte der Wiener Jugendwohlfahrt (?D?, Wien, W-gasse) würde die Anordnung des gelinderen Mittels auch den beschriebenen späteren Zweck hinreichend erfüllen.

B. Anträge

Ich stelle daher den Antrag, der Unabhängige Verwaltungssenat möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Rechtswidrigkeit der Freiheitsbeschränkung durch die Justizwache durch meine Verbringung in den geschlossenen Teil der Justizanstalt J. nach Entlassung aus der Gerichtshaft sowie die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und die Rechtswidrigkeit meiner Anhaltung in Schubhaft ab Beginn feststellen.

Unter einem möge der Unabhängige Verwaltungssenat auch erkennen, dass zum Zeitpunk seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Unter Hinweis auf § 79a AVG beantrage weiters ich die Erstattung der Stempelgebühren und den pauschalierten Schriftsatzaufwand, gegebenenfalls auch den pauschalierten Verhandlungsaufwand für zwei Beschwerden.?

Stellungnahme der belangten Behörde:

Am 15.1.2007 übermittelte die Bundespolizeidirektion Wien den über den Beschwerdeführer angelegten Fremdenakt zur Zahl III- 1.234.368/FrB/07 und erstattete zu den Beschwerden folgende Stellungnahme:

?Der Beschwerdeführer (BF) befindet sich seit 05.01.2007 in Schubhaft.

Der BF reiste am 19.11.2006 illegal aus einem unbekannten Land nach Österreich ein und stellte bis dato noch keinen Asylantrag.

Am 22.11.2006, um 04.15 Uhr, wurde der BF durch Beamte der KD 1, wegen des Verdachtes eines Einbruchsdiebstahles festgenommen (4Kr/370.403/2006) und am 25.11.2006, um 15.00 Uhr, wurde gegen ihn gemäß § 180/2/1 stopp die Untersuchungshaft verhängt (211 Ur 283/06z).

Am 04.12.2006 wurde durch das ho. Büro ein Schubhaftbescheid gemäß § 76 erlassen und die Justizanstalt J. mit der Vollziehung beauftrag.

Dieser Schubbescheid wurde dem BF am 11.12.2006, um 09.35 Uhr, zugestellt (gegen eigenhändiger Unterfertigung).

Am 05.01.2007, um 14.25 Uhr, wurde der BF aus der U-Haft entlassen und um 14.35 Uhr in Schubhaft genommen.

Von der Anordnung des gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG wurde zum Zeitpunkt der Schubhaft Abstand genommen, da die Behörde von einer Verweigerung der Ausreiseverpflichtung ausgehen musste. Aufgrund der Aktenlage waren weder berufliche noch soziale Verankerung im Inland bekannt. Der BF war im Inland behördlich nicht gemeldet. Der BF war nicht im Besitze eines gültigen Reisedokumentes und irgendwelcher Barmittel. Der BF wurde bei der Begehung eines Strafdeliktes auf frischer Tat betreten (§ 129 StGB).

Da der BF das Bundesgebiet nicht freiwillig verließ, konnte nicht davon ausgegangen werden, dass er sich an die behördlichen Anweisungen im Rahmen des gelinderen Mittels halten würde.

Die Ausreise kann nach ho. Sicht nur durch die Verhängung der Schubhaft gesichert werden.

Von der beabsichtigten Erlassung einer Ausweisung wurde der BF (Rechtsvertreter) am 09.01.2007 verständigt.

Es wird daher beantragt, der Unabhängige Verwaltungssenat Wien möge

1.

die Beschwerde als unbegründet abweisen,

2.

gemäß § 82 Abs 1 FPG feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen,

 3. den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten verzeichneten Kosten verpflichten.

An Kosten werden gemäß § 83 Abs 2 FPG iVm § 79a AVG iVm § 1 der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalisierung über die Aufwandersätze für den Schriftsatz-, Verhandlungs- und Verhandlungsaufwand im Verfahren vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (UVS-Aufwandersatzverodnung), BGBl. II Nr. 334/2003, verzeichnet:

Ersatz für den Vorlageaufwand der belangten Behörde ? 51,50 Eratz für den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde ? 220,30 Summe: ?271,80?

Die am 12.1.2007 bei der Bundespolizeidirektion Wien, eingeholte Auskunft ergab, dass der Beschwerdeführer noch in Schubhaft angehalten wird.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Ad I.)

Gemäß Art. 129a Abs 1 Z 2 B-VG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein.

Gemäß § 67c Abs 3 AVG ist der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder als unbegründet abzuweisen ist. Gemäß § 67d Abs 2 Z 3 AVG kann die Verhandlung entfallen, wenn die Beschwerde zurückzuweisen ist.

Nach Lehre und Judikatur liegt ein Akt unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dann nicht vor, wenn es sich um einen Akt handelt, der im Rahmen eines anhängigen Vollstreckungsverfahrens, etwa nach dem VVG gesetzt wird, oder wenn es sich um einen Akt handelt, der als spezialgesetzlich geregelte Form einer zwangsweisen Durchsetzung aufgrund eines rechtskräftigen individuellen Rechtstitels anzusehen ist (siehe Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht, Wien 1998, RZ 1022 f und die dort zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung). Ein solcher Fall liegt gegenständlich vor. Dem Fremdenakt ist auf Blatt 17 das Ersuchen der Bundespolizeidirektion Wien an die polizeiliche Abteilung bei der Staatsanwaltschaft Wien um nachweisliche Zustellung des Schubhaftbescheides vom 4.12.2006 sowie um Veranlassung der Überstellung des Beschwerdeführers in das Polizeianhaltezentrum Wien nach seiner Entlassung aus der Gerichtshaft zu entnehmen. Wie sich aus dem von der Bundespolizeidirektion Wien vorgelegten Fremdenakt unzweifelhaft ergibt, wurde dem Beschwerdeführer am 11.12.2006 der Schubhaftbescheid vom 4.12.2006, Zl. III-1234368/frB/06, tatsächlich zugestellt.

Die Zustellung erfolgte durch persönliche Übernahme seitens des Beschwerdeführers am 11.12.2006 um 9.35 Uhr und wurde von ihm durch seine eigenhändige Unterschrift auf der auf Blatt 18 und 19 des Fremdenaktes aufliegenden Bescheidkopie bestätigt. Die mit keinerlei Beweisanträgen oder Beweisanboten verbundene Bestreitung des Zustellvorganges im nunmehrigen Beschwerdeschriftsatz vermag daher keine Zweifel an der Rechtswirksamkeit der Zustellung des Schubhaftbescheides an den Beschwerdeführer am 11.12.2006 zu wecken. In diesem Zusammenhang kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, dass die Unterschrift des Beschwerdeführers auf der als Zustellnachweis dienenden Bescheidkopie den anderen aktenkundigen Unterschriften des Beschwerdeführers, u.a. auch jener auf der von seinem Vertreter vorgelegten Vollmacht haarscharf gleicht. Dass die gegenständlich in Beschwerde gezogene Amtshandlung der beiden Justizwacheorgane vom 5.1.2007 einem anderen Zweck als der Inschubhaftnahme des Beschwerdeführers gedient hätte, wurde in der Beschwerde nicht behauptet.

Somit steht fest, dass es sich bei der am 5.1.2007 um 14.35 Uhr durch Justizwacheorgane der Justizanstalt J. erfolgten (faktischen) Inschubhaftnahme des Beschwerdeführers, die in unmittelbarem Anschluss an seine am selben Tag um 14.25 Uhr erfolgte Entlassung aus der Untersuchungshaft (Gerichtshaft) vorgenommen wurde, um einen Akt zur Verwirklichung einer entsprechenden bescheidmäßigen Verfügung, in concreto des dem Beschwerdeführer am 11.12.2006 rechtswirksam zugestellten Schubhaftbescheides vom 4.12.2006 handelt. Ein solcher auf einem bescheidmäßigen Rechtstitel beruhender Vollstreckungsakt ist jedoch, wie eingangs unter Hinweis auf Lehre und Judikatur dargelegt wurde, einer Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 129a Abs 1 Z 2 B-VG nicht zugänglich.

Die Beschwerde war deswegen spruchgemäß zurückzuweisen. Da somit der Beschwerde kein Erfolg beschieden war, konnte auch dem Begehren des Beschwerdeführers auf Erstattung des pauschalierten Schriftsatzaufwandes und Erstattung der Stempelgebühren nicht entsprochen werden. Die belangte Behörde hat hinsichtlich der Maßnahmenbeschwerde kein separates Kostenbegehren gestellt, sodass diesbezüglich auch ihr keine Kosten zuzusprechen waren.

Ad II.)

Maßgebliche Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 76 Abs 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

Gemäß § 77 Abs 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann. Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Gemäß § 80 Abs 2 FPG darf die Schubhaft so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen der Abs 3 und 4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat, wer nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder wenn gegen ihn die Schubhaft verhängt wurde, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen.

Gemäß § 83 Abs 1 FPG ist zur Entscheidung über die Beschwerde der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde.

Gemäß § 83 Abs 2 FPG entscheidet über die Beschwerde der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im Übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

 1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und

 2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 83 Abs 4 FPG jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Aufgrund des vorgelegten Fremdenaktes sowie des Beschwerdevorbringens wird folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Der Beschwerdeführer reiste zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt (nach seinen Angaben zuletzt am 19. oder am 22.11.2006), ohne im Besitz eines Reisepasses zu sein, illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Die Einreiseroute lässt sich nicht feststellen. Der Beschwerdeführer ist nicht im Besitz eines Reisepasses, ledig, kinderlos und es bestehen keine familiären oder berufliche Bindungen in Österreich. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht gemeldet und hat auch keine österreichische Wohnadresse angegeben. Er verfügt über keinerlei Barmittel. Der Beschwerdeführer ist laut seinen Angaben am 3.1.1990 geboren und daher minderjährig. Er ist georgischer Staatsangehöriger. Am 22.11.2006 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verdachtes eines in gemeinsamem Zusammenwirken und gewerbsmäßig in arbeitsteiligem Vorgehen unter Zuhilfenahme des PKW eines Mitbeschuldigten verübten Einbruchsdiebstahles in eine Tabaktrafik in Wien festgenommen. Im PKW fanden sich mehrere Gegenstände, die bei anderen in Wien verübten Einbruchsdiebstählen entwendet worden waren. Am 25.11.2006 wurde über den Beschwerdeführer die Untersuchungshaft verhängt und wurde er in der Justizanstalt J. festgehalten. Am 28.11.2006 wurde mit ihm eine fremdenpolizeiliche Niederschrift aufgenommen. Ihm wurde zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt sei, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen und ihn in Schubhaft zu nehmen. Der Beschwerdeführer gab zu Protokoll, er sei zuletzt aus einem ihm unbekannten Land nach Österreich eingereist und habe nicht um Asyl angesucht, da er wieder nach Georgien zurück wolle. Sollte er in seine Heimat abgeschoben werden, so habe er weder mit strafrechtlichen noch mit politischen Problemen zu rechnen. Diese Feststellungen gründen sich auf den Akteninhalt und blieben seitens des Beschwerdeführers unbestritten. Am 4.12.2004 wurde der gegenständlich in Beschwerde gezogene Schubhaftbescheid erstellt. Mit diesem auf § 76 FPG gegründeten Bescheid wird die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, einer Ausweisung und der Abschiebung angeordnet. Begründend wird ausgeführt, der Beschwerdeführer sei illegal nach Österreich eingereist und nicht im Besitz eines Reisepasses. Er sei ledig, habe keine Sorgepflichten und keine familiären oder beruflichen Bindungen zu Österreich. Er sei hier auch nicht aufrecht gemeldet oder sozialversichert und verfüge über keine Barmittel. Sein Verhalten lasse klar erkennen, dass er nicht gewillt sei, österreichische Rechtsvorschriften einzuhalten. Nach Abwägung der maßgeblichen öffentlichen Interessen gegen seine Privatinteressen fielen erstere erheblich schwerer ins Gewicht. Die Anordnung gelinderer Mittel komme trotz seines Status als Minderjähriger nicht in Betracht, da die Behörde keinen Grund zu der Annahme habe, dass der Zweck der Schubhaft auch durch Anwendung solcher Mittel erreicht werden könne.

Der Schubhaftbescheid wurde in Folge mit dem Ersuchen um nachweisliche Zustellung an die polizeiliche Abteilung bei der Staatsanwaltschaft Wien übermittelt. Zugleich wurde um die Veranlassung der Überstellung des Beschwerdeführers in das Polizeianhaltezentrum Wien nach seiner Entlassung aus der Gerichtshaft ersucht.

Am 11.12.2006 um 9.35 Uhr hat der Beschwerdeführer den Schubhaftbescheid persönlich übernommen und dies mit seiner eigenhändigen Unterschrift dokumentiert. Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde vorbringt, er habe zum Zeitpunkt seiner tatsächlichen Inschubhaftnahme am 5.1.2007 von diesem, von ihm laut Aktenlage bereits am 11.12.2006 persönlich übernommenen Schubhaftbescheid nichts gewusst, erweist sich dieses Vorbringen als unglaubwürdig. In diesem Zusammenhang wird unter Hinweis auf die Ausführungen zu Punkt I.) nochmals betont, dass die persönliche Übernahme des Schubhaftbescheides vom Beschwerdeführer mit seiner eigenhändigen Unterschrift (in kyrillischen Buchstaben) bestätigt wurde und vor diesem Hintergrund die mit keinerlei Beweisanträgen oder Beweisanboten verbundene Bestreitung des Zustellvorganges im nunmehrigen Beschwerdeschriftsatz keine Zweifel an der Rechtswirksamkeit der Zustellung des Schubhaftbescheides an den Beschwerdeführer am 11.12.2006 zu begründen vermag, wobei auch dem Umstand Bedeutung zukommt, dass die Unterschrift des Beschwerdeführers, mit welcher er die persönliche Übernahme des Schubhaftbescheides bestätigt hat, den anderen aktenkundigen Unterschriften des Beschwerdeführers gleicht.

Es wird somit, ohne dass es hiezu weiterer Ermittlungen oder der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bedürfte, aufgrund der eindeutigen Aktenlage und entgegen dem diesbezüglich unsubstantiiert gebliebenen Beschwerdevorbringen als erwiesen festgestellt, dass dem Beschwerdeführer der Schubhaftbescheid vom 4.12.2006 am 11.12.2006 rechtswirksam zugestellt wurde.

Laut Entlassungsbestätigung der Justizanstalt Wien J. wurde der Beschwerdeführer am 5.1.2007 um 14.25 Uhr aus der Untersuchungshaft entlassen. Um 14.35 Uhr desselben Tages, also nur 10 Minuten später wurde der Beschwerdeführer noch in der Justizanstalt Wien J. von Justizwacheorganen in Schubhaft genommen. Am 9.1.2007 wurde mit dem in Schubhaft angehaltenen Beschwerdeführer eine weitere fremdenpolizeiliche Niederschrift aufgenommen. Befragt, ob er weiterhin bereit sei, Österreich freiwillig zu verlassen, verneinte dies der Beschwerdeführer und gab im Beisein eines Dolmetschers für die georgische Sprache an, trotz fehlenden Reisepasses und fehlender Aufenthaltsgenehmigung in Österreich bleiben zu wollen. Er sei auch nicht bereit, das Formblatt zur Erlangung eines Heimreisezertifikats auszufüllen. Die Angaben zu seiner Identität vom 28.11.2006 würden stimmen, weitere Angaben wolle er nicht machen. Nach Österreich sei er am 19.11.2006 illegal eingereist. Er besitze kein Geld und habe in Wien keine Unterkunft genommen. Der Beschwerdeführer brachte zudem vor, auf einen gesetzlichen Vertreter (Jugendwohlfahrtsträger) und auf eine Vertrauensperson zu verzichten, da er bereits einen Rechtsanwalt als seinen Vertreter eingeschaltet habe. Am selben Tag nahm eine vom anwaltlichen Vertreter des Beschwerdeführers dazu ermächtigte Person Akteneinsicht. Die vom Beschwerdeführer seinem Vertreter ausgestellte Vertretungsvollmacht datiert vom 12.12.2005.

Diesen, sich auf die Aktenlage gründenden Feststellungen ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten. Der Sachverhalt konnte somit als geklärt angesehen werden, weswegen auch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs 2 Z 1 FPG trotz eines diesbezüglichen Antrages in der Beschwerde entfallen konnte.

Am 12.1.2007, somit nach Einbringung der gegenständlichen Beschwerde ersuchte die belangte Behörde die Sanitätsstelle im Polizeiärztlichen Zentrum, Befund und Gutachten über das tatsächliche Lebensalter des Beschwerdeführers durch den Amtsarzt zu erstellen, da der Beschwerdeführer den Eindruck erwecke, bereits volljährig zu sein.

Da noch kein Ergebnis dieser Untersuchung vorliegt, geht der erkennende Senat hinsichtlich des Lebensalters des Beschwerdeführers in Ermangelung hinreichend fundierter gegenteiliger Beweisergebnisse von dessen eigenen Angaben und somit von seiner Minderjährigkeit aus.

Zuständigkeit:

Da der Beschwerdeführer in Wien festgenommen und über ihn anschließend die Schubhaft verhängt worden ist, ist die Zuständigkeit des erkennenden Senates zur Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde gegeben.

Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheides sowie der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft:

Der angefochtene Bescheid wurde aufgrund eines behördlichen Ermittlungsverfahrens erlassen und gründet sich auf die unbestritten gebliebene Aktenlage sowie die vom Beschwerdeführer selbst im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 28.11.2006 erstatteten Angaben.

Dass der Beschwerdeführer illegal nach Österreich eingereist ist und schon kurze Zeit später wegen des Verdachtes eines in gemeinsamem Zusammenwirken und gewerbsmäßig in arbeitsteiligem Vorgehen unter Zuhilfenahme des PKW eines Mitbeschuldigten verübten Einbruchsdiebstahles in eine Tabaktrafik in Wien festgenommen und in Untersuchungshaft verbracht worden war, blieb ebenso unbestritten wie der Umstand, dass der Beschwerdeführer mittellos und in Österreich ohne Unterkunft und ohne familiären oder beruflichen Anschluss ist. Die Verhängung der Schubhaft war schon aus diesen Gründen notwendig, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw. einer Ausweisung zu sichern. Die Frage, ob seine spätere Abschiebung nach Georgien aufgrund der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Mangelhaftigkeit des dortigen Rechtssystems in Betracht kommt, ist in den betreffenden fremdenrechtlichen Verfahren, deren Sicherung die Schubhaft dient, nicht jedoch im Zuge der gegenständlichen Schubhaftbeschwerde zu prüfen. Die gesetzlichen Voraussetzungen des § 76 Abs 1 FPG für die Verhängung der Schubhaft waren daher zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlich in Beschwerde gezogenen Schubhaftbescheides gegeben.

Was die Anwendung eines gelinderen Mittels betrifft, war darauf Bedacht zu nehmen, dass gemäß § 77 Abs 1 zweiter Satz FPG die Schubhaft bei Minderjährigen stets nur als ultima ratio in Betracht kommt, das heißt nur dann verhängt werden darf, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass anders als durch die Verhängung der Schubhaft der gesetzliche Sicherungszweck nicht erreicht werden kann. Eine solche Fallkonstellation liegt in Ansehung des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes gegenständlich vor. So erweist sich die Gefahr, dass der Beschwerdeführer, sofern er nicht in Schubhaft angehalten wird, sich einem ihm drohenden fremdenrechtlichen Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung bzw. eines Aufenthaltsverbotes entziehen und erneut in das Milieu georgischer Banden mit kriminellem Hintergrund abgleiten könnte, als derart stark manifestiert, dass ein gelinderes Mittel als die Verhängung der Schubhaft nicht geeignet erscheint, den gesetzlich intendierten Sicherungszweck zu erreichen. Auch die Unterbringung des Beschwerdeführers bei einer staatlichen Jugendwohlfahrtseinrichtung, die ihm zumindest Unterkunft und die Sicherung elementarer Lebensbedürfnisse gewähren könnte, erweist sich diesbezüglich nicht als hinreichend sicher, kann doch der Beschwerdeführer dann jederzeit wieder Kontakt zur organisierten Kriminalität aufnehmen. Dass der Beschwerdeführer vor seiner Inhaftierung bereits Kontakt zur organisierten Kriminalität hatte, der Banden aus Georgien, die sich auf Einbruchsdiebstähle in Mittel- und Westeuropa spezialisiert haben, bekannter Maßen zuzurechnen sind, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass im Fahrzeug eines Mitverdächtigen, das im Zuge der Festnahme des Beschwerdeführers sichergestellt worden war, nicht nur Gegenstände aus einem bestimmten, sondern gleich aus mehreren Einbruchsdiebstählen vorgefunden wurden. Vor diesem Hintergrund erweisen sich sowohl der in Beschwerde gezogene Schubhaftbescheid vom 4.12.2006 als auch die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 5.1.2007 als rechtmäßig. Was die Dauer der Schubhaft betrifft, ist zu betonen, dass der Berufungswerber im Zuge seiner niederschriftlich festgehaltenen Befragung am 9.1.2007 deutlich hat erkennen lassen, dass er nicht bereit ist, an der Erlangung eines Reisedokumentes bzw. eines Heimreisezertifikates mitzuwirken, zusätzliche Fragen betreffend seine Identität zu beantworten oder gar freiwillig nach Georgien auszureisen. Er hat es sich somit in erster Linie selbst zuzuschreiben, wenn er noch immer in Schubhaft angehalten wird.

Fortsetzung der Schubhaft:

Gerade im Zusammenhang mit der fehlenden Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers, seiner Mittellosigkeit, der fehlenden familiären und beruflichen Bindungen zu Österreich, seinem anhängigen Gerichtsverfahren wegen des Verdachtes der Mitwirkung an einem bandenmäßig organisierten Einbruchsdiebstahl und der Gefahr der Rückkehr in das Milieu der organisierten Kriminalität erweist sich nicht nur die bisherige Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft als rechtmäßig, sondern ergeben sich auch keine Alternativen für die nähere Zukunft, sodass gemäß § 83 Abs 4 FPG auszusprechen war, dass die für Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Kosten:

Die Kostenersatzpflicht des Beschwerdeführers für den Vorlage und Schriftsatzaufwand der belangten Behörde besteht auf Grund der Bestimmung des § 79a AVG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 18.7.2003, BGBl. II Nr. 334/2003, (UVS-Aufwandersatzverordnung 2003).

Gemäß § 79a Abs 1 AVG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Gemäß § 79a Abs 3 AVG ist dann, wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat zurückgezogen wird, die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Gemäß der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 sind der Vorlageaufwand der belangten Behörde mit Euro 51,50 und der Schriftsatzaufwand der belangten Behörde mit Euro 220,30 pauschal festgelegt.

Da gegenständlich die Schubhaftbeschwerde als unbegründet abgewiesen wurde, ist die Bundespolizeidirektion Wien die obsiegende Partei. Ihr gebührt daher für die Vorlage des erforderlichen Fremdenaktes und für die erstattete schriftliche Stellungnahme der Ersatz des entsprechenden pauschalierten Aufwandes, der insgesamt 271,80 Euro beträgt.

Schlagworte
Minderjähriger Kriminaltourist
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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