TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/30 98/08/0233

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Veröffentlicht am 30.01.2002
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §24 Abs1;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §36a Abs5 Z1 idF 1995/297;
AlVG 1977 §36a Abs5 Z1 idF 1996/411;
AlVG 1977 §36c Abs5;
AlVG 1977 §50;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Ing. A in L, vertreten durch Dr. Manfred Harrer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Museumstraße 9, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 16. Juni 1998, Zl. 4/1288/Nr.0334/0335/98-12, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 5. Februar 1996, nach Beendigung seiner letzten Beschäftigung und dem Bezug von Krankengeld bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Linz die Gewährung von Arbeitslosengeld. Er gab an, nicht selbstständig erwerbstätig zu sein und kein eigenes Einkommen zu beziehen. Ab 5. Februar 1996 wurde dem Beschwerdeführer Arbeitslosengeld in der Höhe von S 417,80,-- täglich ausbezahlt.

Am 4. November 1996 gab der Beschwerdeführer bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice bekannt, dass er seit 16. September 1996 beim Berufsförderungsinstitut (BFI) Oberösterreich als Lehrer auf Werkvertragsbasis tätig sei. Das monatliche Einkommen habe im Zeitraum vom 16. bis 30. September 1996 S 600,-- und im folgenden S 1.200,-- betragen.

Mit 28. März 1997 beantragte der Beschwerdeführer die Zuerkennung von Notstandshilfe. Er verfüge über ein eigenes Einkommen in Form einer Firmenpension in Höhe von S 3.947,33,-- monatlich; eine selbstständige Tätigkeit übe er nicht aus.

Am 4. April 1997 beantragte er die Zuerkennung von Sonderunterstützung und verneinte die Fragen nach einer selbstständigen Tätigkeit und nach einem eigenen Einkommen.

Am 11. November 1997 legte der Beschwerdeführer über Aufforderung des Arbeitsmarktservice den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1996 vor, der Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von S 45.934,-- ausweist.

Der Beschwerdeführer gab am 3. Dezember 1997 bei der regionalen Geschäftsstelle Linz bekannt, dass er bereits seit 1980 als Vortragender am BFI tätig gewesen sei. Die Verträge seien jeweils für ein Schuljahr abgeschlossen worden. Bei Antragstellung habe er vergessen, dies anzugeben. Ein Werkvertrag sei in diesem Zeitraum aufrecht gewesen. Seine Tätigkeit werde nach Stunden abgerechnet, für die Kursleitung und Abschlusstests würde er Pauschalhonorare erhalten. 1996 habe er aber nur als Vortragender gearbeitet. Im Zeitraum vom 18. September 1995 bis 4. Juli 1996 seien die Einkünfte über der Geringfügigkeitsgrenze gelegen. Für das Schuljahr 1997/98 habe er keinen weiteren Werkvertrag abgeschlossen.

Mit Bescheid vom 11. Dezember 1997 wurde der Bezug von Sonderunterstützung für den Zeitraum 5. April bis 31. Oktober 1997 widerrufen und der Beschwerdeführer zum Rückersatz von S 25.556,-- aufgefordert. Mit Bescheid vom 16. Dezember 1997 widerrief die regionale Geschäftsstelle auch den Bezug von Arbeitslosengeld für den Zeitraum 5. Februar bis 4. Juli 1996 und forderte einen Betrag von S 54.145,-- zurück.

Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer keine Berufung, ersuchte aber in einem Schreiben an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales um Überprüfung des Falles, da es ihm ungerecht erschien, dass sein Einkommen auf Grund des letzten Einkommensteuerbescheids ermittelt werde, wo es im Jahre 1996 doch unter der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze gelegen sei.

Mit zwei Bescheiden vom 5. März 1998 widerrief die regionale Geschäftsstelle schließlich den Bezug von Arbeitslosengeld für die Zeiträume 5. Juli bis 23. Oktober 1996, 8. bis 14. November 1996, 28. November bis 25. Dezember 1996 und 20. Jänner bis 14. Februar 1997, sowie den Bezug von Notstandshilfe für die Zeit vom 28. März bis 4. April 1997. Der Beschwerdeführer wurde zur Rückzahlung von insgesamt S 73.898,-- verpflichtet.

In der Berufung gegen diese Bescheide brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass sein Einkommen für die Zeit vom 16. September 1996 bis 3. Juli 1997 unter der Geringfügigkeitsgrenze gelegen gewesen sei.

Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid den erhobenen Berufungen nicht Folge und führte in dessen Begründung unter anderem aus, die Beurteilung der Arbeitslosigkeit für den gegenständlichen Zeitraum sei mit Hilfe der (nach der Aktenlage) vorgelegten bzw. von Amts wegen beigeschafften Einkommensteuerbescheide aus den Wirtschaftsjahren 1994 und 1995 erfolgt, die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit in der Höhe von S 76.533,-- und S 66.642,-- ausweisen würden. Auf Grund der Übersteigung der Geringfügigkeitsgrenze wäre Arbeitslosigkeit ausgeschlossen. Es bestehe bis zur Beendigung der selbstständigen Tätigkeit (14. Februar 1997) mangels Arbeitslosigkeit kein Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der Beschwerdeführer habe im Antragsformular vom 5. Februar 1996 seine selbstständige Tätigkeit verschwiegen. Bei Angabe seiner Tätigkeit beim BFI am 4. November 1996 habe er erklärt, dass noch keine Einkommensteuerbescheide vorlägen. Aus diesem Grund sei von der regionalen Geschäftsstelle Linz angenommen worden, er habe mit der selbstständigen Tätigkeit erst am 16. September 1996 begonnen, und sei aufgefordert worden, sein laufendes Einkommen bekannt zu geben. Die Verschweigung der selbstständigen Erwerbstätigkeit im Antrag und des Vorliegens von Einkommensteuerbescheiden aus den Vorjahren stelle eine Verschweigung maßgebender Tatsachen im Sinne des § 25 Abs. 1 AlVG dar. Hätte der Beschwerdeführer diese Angaben bereits im Antrag gemacht, so wäre diesem Antrag mangels Arbeitslosigkeit unter Zugrundelegung der Einkommensteuerbescheide aus den Vorjahren keine Folge gegeben worden. Durch die Verschweigung von maßgebenden Tatsachen habe er den zu widerrufenden Leistungsbezug herbeigeführt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde zunächst geltend, dass die erstinstanzliche Behörde über den Widerruf des Arbeitslosengeldes bereits mit Bescheid vom 16. Dezember 1997 entschieden habe. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen, es läge im Hinblick auf den nunmehr angefochtenen Bescheid entschiedene Sache vor.

Dem ist zu entgegnen, dass "Sache" einer rechtskräftigen Entscheidung der im Bescheid enthaltene Ausspruch über die verwaltungsrechtliche Angelegenheit (§ 59 Abs. 1 AVG), die durch den Bescheid ihre Erledigung gefunden hat, ist und zwar auf Grund der Sachlage, wie sie in dem von der Behörde angenommenen maßgebenden Sachverhalt zum Ausdruck kommt, und der Rechtslage, auf die sich die Behörde bei der Erlassung des Bescheides gestützt hat (vgl. das Erkenntnis vom 8. Februar 1994, Zl. 93/08/0166). Der Widerruf und die Rückforderung des Arbeitslosengeldes durch den Bescheid vom 16. Dezember 1997 betraf den Zeitraum 5. Februar bis 4. Juli 1996. Die Bescheide vom 5. März 1998 beziehen sich auf jeweils andere Zeiträume. Inhaltliche Identität der "Sache", über die mit dem rechtskräftigen Bescheid einerseits und den Bescheiden vom 5. März 1998 andererseits abgesprochen worden ist, liegt sohin nicht vor.

Weiter meint der Beschwerdeführer, die Bestimmung des § 36a AlVG, auf der der bekämpfte Bescheid basiere und nach der das "Einkommen bei Personen, die zur Einkommensteuer veranlagt werden, durch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides - über das zuletzt veranlagte Kalenderjahr - nachzuweisen" sei, sei mit Kundmachung vom 7. April 1998 (BGBl. I Nr. 56/1998) außer Kraft getreten und nicht mehr anzuwenden. Insbesondere bei Vortragenden, Honorarlehrern, Lehrgangsleitern, die jeweils in einem befristeten Vertragsverhältnis stünden, sei die Anwendung des Einkommensteuerbescheides über das zuletzt veranlagte Kalenderjahr nicht gerechtfertigt gewesen. Durch die schwankende Anzahl von Vortragsstunden und durch die jeweils gesondert abgeschlossenen befristeten Verträge führe dies zu einer ständigen Änderung der wirtschaftlichen Situation des Leistungsbeziehers. Im Fall des Beschwerdeführers sei die Zugrundelegung des Einkommensteuerbescheides aus dem Vorjahr ohne Berücksichtigung, dass sein Einkommen unter der Geringfügigkeitsgrenze gelegen sei, nicht zulässig gewesen.

Mit dem zuletzt genannten Argument der Unzulässigkeit der Heranziehung des Einkommensteuerbescheides "aus dem Vorjahr" zeigt der Beschwerdeführer eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, die sich allerdings aus anderen als aus den von ihm heran gezogenen Gründen ergibt:

Gemäß § 36a Abs. 5 Z 1 AlVG in der Fassung BGBl. Nr. 297/1995, war das Einkommen bei Personen, die zur Einkommensteuer veranlagt werden, durch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides über das zuletzt veranlagte Kalenderjahr nachzuweisen. Diese Bestimmung wurde durch die Novelle BGBl. Nr. 411/1996 um eine Vorschrift für den Fall ergänzt, dass "noch kein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid" vorliege; in einem solchen Fall war das Einkommen "auf Grund einer Erklärung des selbstständig Erwerbstätigen und geeigneter Nachweise festzustellen" (§ 36a Abs. 5 Z 1 zweiter Halbsatz AlVG idF des insoweit am 1. August 1996 in Kraft getretenen SRÄG 1996).

Die Rechtmäßigkeit der Verpflichtung zum Rückersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe ist - entsprechend der grundsätzlichen Zeitraumbezogenheit von Rückforderungsansprüchen von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung - nach der im Zeitraum der Rückforderung geltenden Rechtslage zu prüfen (vgl. das Erkenntnis vom 22. Dezember 1999, Zl. 97/08/0565). Nach der für den im Beschwerdefall in Frage stehenden Zeitraum geltenden Rechtslage ist bei der Ermittlung des Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit der Einkommensteuerbescheid "über das zuletzt veranlagte Kalenderjahr" zu Grunde zu legen (vgl. § 36a Abs. 5 Z 1 AlVG in der zitierten Fassung). Zwar hat der Verfassungsgerichtshof diese Wendung mit Erkenntnis vom 5. März 1998, Slg. Nr. 15.117, als verfassungswidrig aufgehoben und frühere Bestimmungen wieder in Kraft gesetzt; der Verfassungsgerichtshof hat aber nicht angeordnet, dass die verfassungswidrige Norm auch auf vor ihrem Außerkrafttreten verwirklichte Tatbestände nicht mehr anzuwenden sei, weshalb - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - die aufgehobene Bestimmung bis zur Kundmachung der Aufhebung am 7. April 1998, demnach auch auf den Beschwerdefall, Anwendung findet (vgl. das Erkenntnis vom 7. Juni 2000, Zl. 99/03/0324).

Ausgehend von der Geltung des § 36a Abs. 5 Z 1 AlVG in der genannten Fassung sind für den Beschwerdefall noch folgende auszugsweise wiedergegebenen Bestimmungen des AlVG von Bedeutung:

§ 24. (1) Wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt, ist es einzustellen; wenn sich eine für das Ausmaß des Arbeitslosengeldes maßgebende Voraussetzung ändert, ist es neu zu bemessen.

(2) Wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt, ist die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen.

§ 25. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.... Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich auf Grund seines bzw. seines Angehörigen nachträglich vorgelegten Einkommen- bzw. Umsatzsteuerbescheides ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Ebenso ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn nachträglich festgestellt wird, dass der Empfänger nicht arbeitslos im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. g war.

§ 36c. (5) Personen, deren Einkommen oder Umsatz aus selbstständiger Erwerbstätigkeit für die Beurteilung des Anspruches auf eine Leistung nach diesem Bundesgesetz herangezogen wurde, sind verpflichtet, den Einkommen- bzw. den Umsatzsteuerbescheid für das Kalenderjahr, in dem die Leistung bezogen wurde, binnen zwei Wochen nach dessen Erlassung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle vorzulegen.

Daneben trifft Bezieher von Leistungen gemäß § 50 AlVG eine Meldepflicht. Diese Bestimmung lautete in der bis 30. April 1996 geltenden Fassung des BGBl. Nr. 314/1994, wie folgt:

"Anzeigen

§ 50. (1) Wer Arbeitslosengeld bezieht, ist verpflichtet, den Eintritt in ein Arbeitsverhältnis, jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß seines Anspruches maßgebende Änderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse sowie jede Wohnungsänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen. Bei Bezug von Arbeitslosengeld gemäß § 18 Abs. 5 trifft die Anzeigepflicht auch den Träger der Einrichtung.

(2) Die regionale Geschäftsstelle ist berechtigt, das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch zweckdienliche Erhebungen zu überprüfen."

Seit 1. Mai 1996 hatte diese Bestimmung aufgrund der mit BGBl. Nr. 201/1996 vorgenommenen Änderungen folgenden Wortlaut:

"Anzeigen

§ 50. (1) Wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, ist verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen. Darüber hinaus ist jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen sowie jede Wohnungsänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen. Bei Bezug von Arbeitslosengeld gemäß § 18 Abs. 5 trifft die Anzeigepflicht auch den Träger der Einrichtung.

(2) Die regionale Geschäftsstelle ist berechtigt, das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch zweckdienliche Erhebungen zu überprüfen."

Aus diesen Bestimmungen in ihrem Zusammenhalt ergibt sich zunächst, dass in jenen Fällen, in denen das Vorliegen von Arbeitslosigkeit fraglich ist und der Anspruch auf Arbeitslosengeld von der Höhe des Einkommens aus einer einkommensteuerpflichtigen Beschäftigung im Sinne des § 12 Abs. 3 AlVG abhängt, der Anspruch auf Arbeitslosengeld zunächst von jenem Einkommen abhängt, welches sich aus dem zur Beurteilung durch das AMS zeitnächsten (über das "zuletzt veranlagte Kalenderjahr" ergangenen) Einkommensteuerbescheid ergibt. Ist aber eine Zuerkennung erfolgt, so wird der Anspruch auf Arbeitslosengeld endgültig erst anhand jenes Einkommensteuerbescheides überprüft, zu dessen Vorlage § 36c Abs. 5 AlVG den Arbeitslosen verpflichtet, nämlich den "für das Kalenderjahr, in dem die Leistung bezogen wurde". Nur auf diese Vorlageverpflichtung bezieht sich offenbar auch § 25 Abs. 1 vorletzter Satz AlVG und sieht für den Fall eines Überbezuges einen (in dieser hier anzuwendenden Fassung: unbedingten) Rückforderungsanspruch vor. Andere Verpflichtungen zur Vorlage zwischenzeitig ergehender, zeitnaher Einkommensteuerbescheide sieht das Gesetz weder in § 50 AlVG noch an anderer Stelle vor. Daraus ergibt sich aber, dass dann, wenn und solange keine weitere oder keine andere (gem. § 50 AlVG jederzeit meldepflichtige) Beschäftigung im Sinne des § 12 Abs. 3 AlVG aufgenommen wurde, die Höhe der Leistung vom Zeitpunkt der Zuerkennung bis zur Vorlage des letztlich maßgebenden periodengleichen Einkommensteuerbescheides nur von jenem Einkommensteuerbescheid abhängt, der zum Zeitpunkt der Zuerkennung (in einem über die Zuerkennung geführten Rechtsmittelverfahren im Zeitpunkt der Entscheidung über die Berufung) als zeitnächster bereits vorgelegen ist, nicht aber auch von weiteren, nach Zuerkennung allenfalls ergehenden Einkommensteuerbescheiden, ausgenommen jenem Einkommensteuerbescheid, der für das Jahr des Leistungsbezuges maßgebend ist: anhand des letztgenannten Bescheides ist jedenfalls die endgültige Feststellung des Leistungsanspruches für das betreffende Kalenderjahr vorzunehmen und eine allfällige Nachzahlung zu gewähren bzw. ein Überbezug zurückzufordern.

Aus diesen Überlegungen ergibt sich die Konsequenz, dass die Behörde im Falle der Gewährung von Arbeitslosengeld unter Anwendung des § 36a Abs. 5 Z 1 AlVG idF BGBl. Nr. 297/1995 einen Widerruf und eine Rückforderung der (allenfalls auch formlos) zuerkannten Leistung erst nach Vorliegen des endgültigen Einkommensteuerbescheides für das Jahr der Zuerkennung vornehmen darf.

Unabhängig von der dargestellten Rückforderungsmöglichkeit erst nach Vorliegen des kongruenten Einkommensteuerbescheides, die die Bekanntgabe eines (selbstständigen) Einkommens bei Stellung des Antrages auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld voraussetzt und damit auch die Verpflichtung zur Vorlage des zeitgleichen Einkommensteuerbescheides gemäß § 36c Abs. 5 AlVG nach sich zieht, ist eine Rückforderung des Arbeitslosengeldes auch dann statthaft, wenn ein solcher Bescheid zwar noch nicht vorliegt, aber die selbstständige Erwerbstätigkeit nicht gemeldet und daher § 36a Abs. 5 Z 1 AlVG bei der Gewährung des Arbeitslosengeldes nicht angewendet wurde. Im Falle der diesfalls vorliegenden Herbeiführung eines Bezuges durch Verschweigung maßgeblicher Tatsachen ist der Arbeitslose schon deshalb zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen verpflichtet. Die Unterlassung der Angabe eines (selbstständigen) Einkommens anlässlich der Stellung eines Antrages auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld - wie im Fall des Beschwerdeführers - erfüllt den genannten Rückforderungstatbestand (vgl. das Erkenntnis vom 15. Jänner 1987, Zl. 86/08/0006). Liegt im Zeitpunkt des Widerrufs der dem Widerrufs- bzw. Rückforderungszeitraum entsprechende Einkommensteuerbescheid noch nicht vor, ist zur Ermittlung des Einkommens gemäß der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des § 36a Abs. 5 Z 1 AlVG der Einkommensteuerbescheid über das zuletzt veranlagte Kalenderjahr heranzuziehen.

Soweit der angefochtene Bescheid den Beschwerdeführer zum Ersatz von Leistungen aus Zeiträumen im Jahre 1996 verpflichtet, wäre der Einkommensteuerbescheid für dieses Jahr schon gemäß § 25 Abs. 1 Satz 3 AlVG heranzuziehen gewesen, weil nach dieser Bestimmung der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz auch zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten ist, wenn sich auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommenbzw. Umsatzsteuerbescheides ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Zur Vorlage des Einkommen- bzw. Umsatzsteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem die Leistung bezogen wurde, wäre der Beschwerdeführer binnen zwei Wochen nach dessen Erlassung verpflichtet gewesen (§ 36c Abs. 5 AlVG). Da sich die Rückforderung im vorliegenden Fall auch für das Jahr 1997 auf § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG stützen konnte, hätte die belangte Behörde für diesen Zeitraum den zuletzt ergangenen und bereits vorliegenden Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1996 zu berücksichtigten gehabt.

Indem die belangte Behörde ihrem Widerruf bzw. ihrer Rückforderung für die Jahre 1996 und 1997 an Stelle des für das Kalenderjahr 1996 bereits vorhandenen - und somit teilweise zeitgleichen - Bescheides jene für das Jahr 1995 bzw. 1994 zu Grunde gelegt hat, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Dieser war demnach gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde zutreffend von einer durchgehenden selbstständigen Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers während des Widerrufszeitraumes ausgegangen ist und nicht davon gesprochen werden kann, dass die Beschäftigung durch die Ferienzeit unterbrochen und dann in geänderter Form fortgesetzt wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dieser Frage im Erkenntnis vom 14. September 2001, Zl. 2000/19/0139, darauf hingewiesen, dass ein Kursvortragender jedenfalls dann als selbstständiger Erwerbstätiger anzusehen sei, wenn ihm werkvertraglich das Recht zugesichert sei, anstatt der persönlichen Erbringung der Vortragsleistung einen Vertreter entsenden zu dürfen. Als Zeitraum der Ausübung der selbstständigen Erwerbstätigkeit sei der gesamte Zeitraum, während dessen die selbstständige Tätigkeit durch das entgeltliche Anbieten von Dienstleistungen ausgeübt werde, anzusehen (so auch schon die Erkenntnisse vom 9. Februar 1993, Zl. 92/08/0265, und vom 31. Mai 2000, Zl. 96/08/0244). Die Regelmäßigkeit der selbstständigen Tätigkeit eines Kursvortragenden - so der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 14. September 2001 weiter - werde nicht dadurch beeinträchtigt, dass dieser in den Ferienmonaten, in denen von seinem Auftraggeber typischerweise keine Kurse veranstaltet werden, eine Vortragstätigkeit nicht entfaltet werde, weil es für das Berufsbild eines solchen Kursvortragenden geradezu typisch sei, in Ermangelung diesbezüglicher Aufträge während der Sommerferien keine Kurse abzuhalten.

Im Hinblick auf die langjährige regelmäßige Tätigkeit des Beschwerdeführers als Vortragender beim BFI ist von einer durchgehenden selbstständigen Erwerbstätigkeit auszugehen. Dabei schadet es nicht, dass die einzelnen Verträge für das neue Schuljahr jeweils erst im September abgeschlossen worden sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Umrechnung der entrichteten Stempelgebühren gründet sich auf § 3 Abs. 2 Z 2 Eurogesetz BGBl. I Nr. 72/2000.

Wien, am 30. Jänner 2002

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1998080233.X00

Im RIS seit

03.06.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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