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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §260 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des K D in W, vertreten durch Dr. Christian Haas, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rosengasse 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 26. März 1996, Zl. GA 7 - 643/7/97, betreffend Haftung für Abgabenschulden, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 5. Februar 1992 wurde der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der D GesmbH für aushaftende Abgabenschuldigkeiten (Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer für 1988 und 1989, Lohnsteuer 1990 und Umsatzsteuer für Juni 1991 im Gesamtbetrag von 291.871 S) zur Haftung herangezogen und aufgefordert, diesen Betrag zu entrichten.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, die D GesmbH sei erheblich überschuldet und er sei als Geschäftsführer wirtschaftlich gehindert gewesen, alle Steuerzahlungen zu leisten. Der Beweis dafür könne durch Vorlage der Buchhaltung erbracht werden. Er beantragte eine mündliche Verhandlung.
Mit Vorhalt vom 23. April 1993 forderte das Finanzamt den Beschwerdeführer auf, eine jahresweise Aufstellung vorzulegen, in welchem Ausmaß die D GesmbH in den Jahren 1988 bis 1990 tatsächlich Einnahmen erzielt habe und welcher Anteil hiezu jeweils auf Abgabenverbindlichkeiten bzw. andere Firmenverbindlichkeiten verrechnet worden sei. Mit Schriftsatz vom 28. Mai 1993 legte der Beschwerdeführer als Antwort auf das Ersuchen des Finanzamtes Ablichtungen der "Kundenkonten, Lieferantenkonten, Bestandskonten, Erfolgskonten" für 1988 und für 1989 sowie der "Debitoren und Kreditoren" für 1990 und den Jahresabschluss 1990 vor.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 11. März 1994, 5 S 102/92-42, wurde der mit Beschluss vom 7. Oktober 1992 über das Vermögen des Beschwerdeführers eröffnete Konkurs nach rechtskräftiger Bestätigung des am 7. September 1993 angenommenen Zwangsausgleiches aufgehoben.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 5. Oktober 1994 gab das Finanzamt der Berufung des Beschwerdeführers teilweise statt und schränkte die Haftung für Umsatzsteuer 1991 von 10.000 S auf 5.510 S ein. Der Beschwerdeführer habe keinerlei Unterlagen vorgelegt, aus denen sich die Richtigkeit seiner Behauptung ersehen ließe, es sei ihm infolge Überschuldung der Hauptschuldnerin mangels vorhandener Mittel im maßgeblichen Zeitraum unmöglich gewesen, die strittigen Haftungsverbindlichkeiten zu erfüllen. Auch in den Abgabenakten hätten sich solche Anhaltspunkte nicht finden lassen.
Im darauf eingebrachten Vorlageantrag führte der Beschwerdeführer aus, dass durch eine abgabenbehördliche Prüfung festgestellt werden könne, dass die D GesmbH erheblich überschuldet gewesen sei. Die Abgabenbehörde sei verpflichtet, die behaupteten Verhältnisse bis an die Grenzen der Zumutbarkeit zu prüfen.
Mit Vorladung vom 17. Februar 1995 ersuchte das Finanzamt den Beschwerdeführer, am 16. März 1995 zur "Abklärung offener Fragen im Zusammenhang mit ihrem Berufungsantrag vom 10.11.1994" vorzusprechen. Der Ladung kam der Beschwerdeführer nicht nach.
Mit dem angefochtenen Bescheid schränkte die belangte Behörde die Haftung auf 46.572,40 S ein; im Übrigen wies sie die Berufung als unbegründet ab. Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 10. September 1993 sei der Konkurs über das Vermögen der D GesmbH mangels Kostendeckung aufgehoben worden. Die GesmbH sei mit 13. Juli 1994 im Firmenbuch gelöscht worden. Die Abgaben, für welche der Beschwerdeführer zur Haftung herangezogen wurde, seien daher bei der GesmbH uneinbringlich.
Die vom Beschwerdeführer als Antwort auf den Vorhalt des Finanzamtes vom 23. April 1993 vorgelegten Unterlagen seien nicht geeignet, die im erwähnten Vorhalt "zum Ausdruck gebrachten Feststellungen zu treffen", zumal diese Unterlagen lediglich über die Vermögenslage zum jeweiligen Bilanzstichtag Auskunft gäben. Der Vorladung des Finanzamtes vom 17. Februar 1995 sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Die mit der Berufungsvorentscheidung vorgenommene Einschränkung der Haftung für Umsatzsteuer 6/1991 sei zu Unrecht erfolgt.
Die vereinbarte Ausgleichsquote des am 7. September 1993 angenommenen Zwangsausgleiches im Insolvenzverfahren den Beschwerdeführer betreffend habe 20 % betragen. Die Haftung sei daher auf die der Zwangsausgleichsquote entsprechende Höhe einzuschränken und ein dem Beschwerdeführer in einem anderen Verfahren vom Verwaltungsgerichtshof zuerkannter Aufwandersatz sei mit den haftungsgegenständlichen Verbindlichkeiten aufzurechnen gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Der Beschwerdeführer war im in Rede stehenden Zeitraum unbestritten Geschäftsführer der D GesmbH.
Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen haben nach § 80 BAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf (vgl. jüngst etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2002, 97/13/0009).
Der Beschwerdeführer behauptete im Berufungsverfahren, er sei wegen Überschuldung der D GesmbH "wirtschaftlich gehindert" gewesen, alle Steuerzahlungen zu leisten.
Die im § 80 BAO dem Vertreter auferlegten Pflichten umfassen auch die rechtzeitige Entrichtung der für die Gesellschaft anfallenden Abgaben. Es hat nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Reichen die flüssigen Mittel zur Begleichung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht aus, so hat der Vertreter nachzuweisen, dass die vorhandenen Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Unterbleibt der Nachweis, kann die Behörde von einer schuldhaften Pflichtverletzung ausgehen (vgl. in ständiger Rechtsprechung für viele etwa die hg. Erkenntnisse vom 28. Mai 2002, 99/14/0233 und 99/14/0332).
Der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde sei ihrer in § 113 BAO auferlegten Anleitungspflicht nicht nachgekommen. Die belangte Behörde habe den Beschwerdeführer weder angeleitet noch belehrt, dass er mit einer Unterlassung der Vorlage weiterer als der in Beantwortung des Vorhaltes überreichten Unterlagen seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkäme und daher mit einer abweislichen Erledigung seines Rechtsmittels zu rechnen habe. Weiters habe der Beschwerdeführer in Unkenntnis der Verfahrensbestimmungen davon ausgehen können, dass die belangte Behörde eine mündliche Verhandlung anberaumen und ihm Gelegenheit einräumen werde, die von ihm angebotenen Beweise zu führen.
Gemäß § 113 BAO hat die Abgabenbehörde den Parteien, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, auf Verlangen die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben und sie über die mit ihren Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren.
Weder behauptet der Beschwerdeführer, dass er ein solches Verlangen im Verwaltungsverfahren gestellt habe, noch ist den vorgelegten Verwaltungsakten ein solches Verlangen zu entnehmen. Bereits deshalb erweist sich die Verfahrensrüge als unbegründet, die belangte Behörde sei ihrer Anleitungspflicht nicht nachgekommen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2000, 95/14/0090).
Aus der Begründung der Berufungsvorentscheidung, der Beschwerdeführer habe keine Unterlagen vorgelegt, aus denen sich die Richtigkeit seiner Behauptung über den Mangel vorhandener Mittel zur Abgabenentrichtung ersehen ließe, musste der Beschwerdeführer erkennen, dass er mit der Vorlage der von ihm überreichten Buchhaltungsunterlagen der in der Berufungsvorentscheidung - welcher die Wirkung eines Vorhaltes zukommt (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2002) - genannten Nachweispflicht nicht entsprochen habe. Der in der Berufung gestellte Antrag auf eine mündliche Verhandlung (§ 284 BAO), welche jedoch nur im Verfahren vor dem Berufungssenat vorgesehen ist und daher im Beschwerdefall nicht stattzufinden hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 2002, 96/13/0069), zwang die belangte Behörde nicht, davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den verlangten Nachweis in der von ihm "erwarteten" mündlichen Verhandlung erbringen werde, zumal er im Vorlageantrag keinerlei Hinweis darauf anbrachte. Soweit der Beschwerdeführer eine abgabenbehördliche Ermittlungspflicht verletzt sieht, ist er auf die oben angeführte hg. Rechtsprechung zu verweisen, wonach es dem Geschäftsführer obliegt, initiativ das Fehlen von Mitteln zu behaupten und nachzuweisen.
Im Übrigen gelingt es dem Beschwerdeführer auch nicht, die Relevanz des von ihm behaupteten Verfahrensfehlers der belangten Behörde aufzuzeigen. Der Beschwerdeführer legt auch in der Beschwerde nicht dar, worin der Nachweis gelegen wäre, dass er als Geschäftsführer der D GesmbH nicht über ausreichende Mittel zur Abgabenentrichtung verfügt habe bzw. in welchem Umfang er eine anteilige Befriedigung der Gläubiger vorgenommen habe. Indem er auf die "amtsbekannten" Insolvenzverfahren verweist, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, dass über das Vermögen der D GesmbH der Konkurs vor der Fälligkeit der Abgaben eröffnet worden wäre, für welche der Beschwerdeführer zur Haftung herangezogen wurde.
Soweit der Beschwerdeführer vorträgt, dass die belangte Behörde nach der Aktenlage von der Uneinbringlichkeit der geltend gemachten Verbindlichkeiten beim Beschwerdeführer ausgehen könne, weshalb die Heranziehung zur Haftung in Ausübung des Ermessens nicht zweckmäßig sei, ist er darauf hinzuweisen, dass die allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit nicht ausschließt, dass künftig neu hervorgekommenes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können.
Dem Einwurf des Beschwerdeführers, es sei unbillig, ihn nachträglich - nach Erfüllung des Zwangsausgleiches - zur Haftung heranzuziehen, ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde den Umstand des Zwangsausgleiches dadurch berücksichtigt hat, dass sie die Haftung auf die im Zwangsausgleich bestätigte Quote beschränkt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1997, 95/15/0173, VwSlg 7158/F).
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 28. November 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1997130177.X00Im RIS seit
18.03.2003