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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
EStG 1972 §3 Z28;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der S AG in W, vertreten durch Dr. Ferdinand R. Graf, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Oppolzergasse 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 11. Juli 1997, Zl. GA 8 - 1738/96, betreffend Haftung für Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und Säumniszuschlag für die "Prüfungszeiträume vom 1. Jänner 1989 bis 31. Dezember 1993 und Mai 1994", zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Zuge einer im Jahr 1995 durchgeführten Lohnsteuerprüfung stellte der Prüfer u.a. fest, dass die Beschwerdeführerin für ihre etwa 1.000 Arbeiter und Angestellten ab 1991 die Dotierungen an den Betriebsratsfonds wesentlich erhöht habe. Diese Gelder seien von den Betriebsräten (gemeint wohl: vom Betriebsratsfonds) unter der Bezeichnung "Bildungszulage" zweckungebunden in gleich hohen Beträgen (1991/1992: 7.000 S und 1993/1994: 10.000 S) an alle Dienstnehmer ausbezahlt worden.
Mit Bescheiden vom 25. Juli 1995 "über den Prüfungszeitraum vom 1.1.1989 bis 31.12.1993" und "für den Kalendermonat 5/94" zog das Finanzamt die Beschwerdeführerin zur Haftung für Lohnsteuer heran und setzte den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen, den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und - mit dem Bescheid "über den Prüfungszeitraum vom 1.1.1989 bis 31.12.1993" - einen Säumniszuschlag fest. In der Begründung verwies das Finanzamt jeweils auf den Prüfbericht.
In der dagegen erhobenen Berufung wandte die Beschwerdeführerin ein, dass die in Rede stehenden Beträge dem Betriebsratsfonds zugeflossen und von diesem dann verwendet worden seien, weshalb es sich notwendigerweise um die Erbringung von Leistungen aus dem Betriebsratsfonds handle. Somit seien die Gelder den Dienstnehmern nicht vom Dienstgeber, sondern von einem Dritten zugekommen, weshalb sie im Veranlagungsweg beim Dienstnehmer zu erfassen wären.
Das Finanzamt gab der Berufung mit Berufungsvorentscheidung teilweise - nämlich lediglich hinsichtlich des ebenfalls bekämpften Steuersatzes - statt. An die Dienstnehmer der Beschwerdeführerin seien bis 1990 Prämien ausbezahlt und "lohnversteuert" worden. Ab 1991 habe die Beschwerdeführerin den Zuschuss an den Betriebsratsfonds um die "Bildungszulagen" erhöht, die Auszahlung habe ab diesem Zeitpunkt der Betriebsratsfonds übernommen. Der Betriebsratsfonds sei also nur zwischengeschaltet worden.
Im dagegen erhobenen Vorlageantrag führte die Beschwerdeführerin aus, aus den vorgelegten Unternehmensbeschlüssen ergebe sich, dass sie lediglich in den Jahren 1989 und 1990 an die Angestellten und 1989 an die Arbeiter einmalige Erfolgsprämien bzw. Überbrückungsprämien bezahlt habe. Aus einem vorgelegten arbeitsrechtlichen Gutachten entnehme die Beschwerdeführerin, dass diese Prämienzahlungen keinen Folgeanspruch der Dienstnehmer auf Lohnzahlungen haben entstehen lassen. Im Gefolge einer im Jahr 1989 abgewickelten Übernahme eines Aktienpakets habe der neue "(nahezu) Alleineigner" der Beschwerdeführerin seiner "Konzernphilosophie" folgend die ohne konkrete Leistungsparameter festgelegten Einmalprämien nicht mehr gewährt, jedoch akzeptiert, Beträge als freiwilligen Sozialaufwand zugunsten der gesamten Belegschaft bereitzustellen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise - im Umfang der Berufungsvorentscheidung - statt. Den in Rede stehenden, in den Jahren 1991 bis 1994 erfolgten Dotierungen an den Betriebsratsfonds seien Vereinbarungen zwischen der Beschwerdeführerin und dem Angestellten- bzw. dem Arbeiterbetriebsrat zugrunde gelegen, in denen sich die Beschwerdeführerin verpflichtet habe, einen bestimmten Prozentsatz (2,5 %, 2,2 % und 1,6 %) der Lohn- und Gehaltssumme dem Betriebsratsfonds zu dessen freier Verfügung zuzuwenden. Dementsprechend seien zu den im Einzelnen angeführten Zeitpunkten Dotierungen erfolgt. Allen Arbeitnehmern der Beschwerdeführerin sei in den Jahren 1991 und 1992 vom Betriebsratsfonds ein Betrag von jeweils 7.000 S und in den Jahren 1993 und 1994 jeweils 10.000 S bzw. bei späterem Eintritt des Dienstnehmers ein jeweils aliquoter Teil als "Bildungszuschuss" ausbezahlt worden. Die Auszahlung an die Arbeitnehmer sei zeitlich unmittelbar im Anschluss an die von der Beschwerdeführerin geleisteten Dotierungen an den Betriebsratsfonds erfolgt. Da die Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin "Bildungszulagen" in jeweils gleicher Höhe (7.000 S und 10.000 S) und zeitlich unmittelbar nach der jeweiligen Dotierung des Betriebsratsfonds durch die Beschwerdeführerin ausbezahlt erhalten hätten, wobei sich die insgesamt den Arbeitnehmern ausbezahlten Zulagen betragsmäßig im Nahebereich der dem Betriebsratsfonds gewährten Dotierungen bewegten, sei es offensichtlich, dass diese Zulagen vom Arbeitgeber von vornherein berechenbare Teilbeträge darstellten und demnach von der Leistung steuerpflichtiger Arbeitslöhne seitens des Arbeitgebers an die Arbeitnehmer gesprochen werden müsse.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 1 Z 16 EStG 1988 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Stammfassung sind von der Einkommensteuer befreit:
"Freiwillige soziale Zuwendungen des Arbeitgebers an alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen seiner Arbeitnehmer oder an den Betriebsratsfonds; Zuwendungen an individuell bezeichnete Arbeitnehmer sind steuerpflichtiger Arbeitslohn."
Der zweite Halbsatz der wiedergegebenen Gesetzesstelle, wonach Zuwendungen an individuell bezeichnete Arbeitnehmer steuerpflichtiger Arbeitslohn sind, betrifft alle im ersten Halbsatz genannten Formen freiwilliger sozialer Zuwendungen. Der Ausschluss der Zuwendungen an individuell bezeichnete Arbeitnehmer von der Steuerbefreiung für Arbeitgeberzuwendungen an den Betriebsratsfonds zielt erkennbar darauf ab, einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbare Arbeitgeberzuwendungen nicht schon deshalb steuerfrei zu stellen, weil sie über den Umweg des Betriebsratsfonds erbracht werden. Der Gesetzgeber will verhindern, dass Teile des Arbeitslohnes, die durch willkürliche Gestaltung über den Betriebsratsfonds ausgezahlt würden, dadurch aus der Besteuerung herausfielen. Ein Umweg der eben genannten Art liegt auch dann vor, wenn der Arbeitgeber dem Betriebsratfonds, und sei es auch ohne ausdrückliche Zweckbindung, Mittel zur Verfügung stellt, die im Wege des Betriebsratsfonds dann unmittelbar bestimmten oder bestimmbaren Arbeitnehmern des Arbeitgebers zugewendet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2001, 98/15/0151, mwN).
Im Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin in den Jahren 1989 und 1990 auf Grund von Vereinbarungen mit dem Angestellten- und mit dem Arbeiterbetriebsrat - unbeschadet weiter vereinbarter prozentueller Lohnerhöhungen - Prämien unmittelbar an alle Dienstnehmer geleistet. In den den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen weiteren Vereinbarungen mit dem Angestellten- und mit dem Arbeiterbetriebsrat verpflichtete sich die Beschwerdeführerin, im 1. Quartal 1991, im 3. Quartal 1992, im Dezember 1993 und im Mai 1994 einen bestimmten Prozentsatz der Lohn- und Gehaltssumme dem Betriebsratsfonds "zu dessen freien Verfügung" zuzuwenden. Mit der jeweiligen in den Verhandlungen zwischen der Beschwerdeführerin und den Betriebsräten getroffenen "Gesamtregelung" sollte einerseits der Zeitraum 1. Jänner 1991 bis 30. Juni 1992, weiters der Zeitraum 1. Juli 1992 bis 31. Dezember 1993 und schließlich der Zeitraum "bis 30.6.1995" abgedeckt werden.
Angesichts dieser Sachlage und der in der Beschwerde unwidersprochenen Feststellung der belangten Behörde, dass der Betriebsratsfonds die in Rede stehenden Beträge zeitlich unmittelbar nach der jeweiligen Dotierung des Betriebsratsfonds durch die Beschwerdeführerin ausbezahlt hat, kann der von der belangten Behörde gezogene Schluss für nicht rechtswidrig befunden werden, dass die an die Arbeitnehmer ausbezahlten Beträge von vornherein berechenbar und den Dienstnehmern von der Beschwerdeführerin über den Umweg des Betriebsratsfonds zugewendet worden sind. Die Rechtsrüge der Beschwerdeführerin, es handle sich um Zuwendungen des Betriebsratsfonds an Dienstnehmer, welche im Wege der Veranlagung für Dienstnehmer zu erfassen seien, verfängt nicht.
Dass die Vorgangsweise des Dienstgebers, Einmalzuwendungen künftig nicht mehr zu gewähren, jedoch die Dotierungen des Betriebsratsfonds zu erhöhen, nach Ansicht der Beschwerdeführerin arbeitsrechtlich keine Lohnzahlungen mit daraus erfließenden Ansprüchen der Dienstnehmer bewirken könne, ist für die steuerliche Betrachtung unmaßgeblich, weil die steuerliche Beurteilung des Vorliegens von Arbeitslohn an eine arbeitsrechtliche Verpflichtung nicht anknüpft.
Die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe die Befragung vertretungsbefugter Personen des Arbeiter- und Angestelltenbetriebsrates unterlassen, wie die entsprechenden Zuwendungen zustande gekommen seien, in welcher Art und Weise die Zuwendungen erfolgt seien und ob es irgendwelche Individualisierungen seitens des Dienstgebers gegeben habe, geht schon deshalb ins Leere, weil ein solcher Beweisantrag im Verwaltungsverfahren nicht gestellt worden ist.
Wenn sich die Beschwerdeführerin die Frage stellt, welchen Sinn die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z 16 EStG 1988 haben soll, ist sie auf das Erkenntnis vom 30. Juni 1981, 81/14/0055, zu verweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof zu § 3 Z 28 EStG 1972, der wortgleichen Vorgängerbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 16 EStG 1988, ausgesprochen hat, dass dieser Bestimmung nur eingeschränkte Bedeutung zukommt, was darin liege, dass der Gesetzgeber schon in den vorhergehenden Ziffern des § 3 soziale Zuwendungen des Arbeitgebers in weitem Maße von der Einkommen(Lohn-)Steuer befreit hat, sodass der angesprochenen Bestimmung nur noch der Charakter einer subsidiären Generalklausel zukommt. Völlig inhaltsleer erschien dem Gerichtshof diese Bestimmung jedoch nicht, sie werde beispielsweise für generelle Arbeitnehmerbegünstigungen bei Veranstaltungen anzuwenden sein, die keine Betriebsveranstaltungen sind.
Die Beschwerde erweist sich sohin insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 29. Jänner 2003
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 ArbeitslohnEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:1997130172.X00Im RIS seit
02.05.2003