TE Vwgh Erkenntnis 2003/10/28 2002/11/0181

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Veröffentlicht am 28.10.2003
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Index

90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §26 Abs1 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des H in H, vertreten durch Dr. Arnold Trojer, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Eisengasse 21, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 4. Juli 2002, Zl. Ib-277-150/2001, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 27. November 2001 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 2. Juni 2001 gegen 19.00 Uhr in L. auf der B 203 von D. kommend an einer näher bezeichneten Stelle einen nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, wobei der Test am geeichten Alkomatgerät einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,79 mg/l ergeben habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 99 Abs. 1a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO 1960 verletzt. Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg mit Bescheid vom 27. Mai 2002 abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis (in diesem Punkt) bestätigt.

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 4. Juli 2002 entzog der Landeshauptmann von Vorarlberg dem Beschwerdeführer (u.a.) die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, F und G für die Dauer von 5 Monaten, gerechnet ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheins (2. Juni 2001). Als Rechtsgrundlage wurde § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 7 und § 24 Abs. 1 und 3 FSG angegeben. Begründend führte der Landeshauptmann von Vorarlberg aus, aus dem vorliegenden Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 27. Mai 2002 ergebe sich, dass der Beschwerdeführer am 2. Juni 2001 gegen 19.00 Uhr in L. auf der B 203 von D. kommend an einer näher bezeichneten Stelle ein Kraftfahrzeug gelenkt habe. Bei dieser Fahrt habe sich der Beschwerdeführer in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden, wobei der Alkoholgehalt der Atemluft 0,79 mg/l betragen habe. An dieses Erkenntnis sei die Führerscheinbehörde gebunden. Außerdem habe der Beschwerdeführer bei diesem Vorfall einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verschuldet. Im Bereich eines Kreisverkehrs sei er über die Verkehrsinsel gefahren, dabei sei eine Verkehrstafel beschädigt worden. Der Beschwerdeführer sei erheblich alkoholisiert gewesen, sein Verhalten, in diesem Zustand ein Kraftfahrzeug zu lenken, sei besonders verwerflich. Alkoholdelikte zählten zu den schwerst wiegenden Verkehrsdelikten, weshalb der Gesetzgeber in § 99 StVO 1960 erhebliche Strafsätze vorgesehen habe. Die Berufungsbehörde vertrete in Übereinstimmung mit der Erstbehörde die Auffassung, dass zur Wiederherstellung der Verkehrszuverlässigkeit ein Zeitraum von 5 Monaten erforderlich gewesen sei. Schließlich habe beim Beschwerdeführer eine schwere Alkoholisierung bestanden, wobei er in diesem Zustand einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht habe. Außerdem sei zu berücksichtigen gewesen, dass mit Bescheid der Erstbehörde vom 8. Mai 1998 gegenüber dem Beschwerdeführer die Entziehung der Lenkberechtigung angedroht worden sei, weil er am 18. April 1998 auf der G-Straße in L. ein Kraftfahrzeug gelenkt habe, obwohl der Alkoholgehalt der Atemluft 0,34 mg/l betragen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich der vorliegende Bescheid. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid nur in seinem subjektiven Recht, dass ihm beim gegebenen Sachverhalt die Lenkberechtigung nicht entzogen werde, verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1.1. Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (seine Zustellung erfolgte am 17. Juli 2002) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof das FSG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 32/2002 maßgeblich.

Die einschlägigen Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise):

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

...

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz-SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

...

(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

...

Pflichten des Kraftfahrzeuglenkers

§ 14.

...

(8) Ein Kraftfahrzeug darf nur in Betrieb genommen oder gelenkt werden, wenn beim Lenker der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 mg/l (0,5 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l beträgt. Bestimmungen, die für den betreffenden Lenker geringere Alkoholgrenzwerte festsetzen, bleiben unberührt.

...

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit,

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

...

Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

...

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

Sonderfälle der Entziehung

§ 26. (1) Wird beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen, so ist, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt, die Lenkberechtigung für die Dauer von vier Wochen zu entziehen. Wenn jedoch

...

3. der Alkoholgehalt des Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille), oder der Alkoholgehalt der Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, oder weniger als 0,8 mg/l, beträgt, so hat die Entziehungsdauer mindestens drei Monate zu betragen.

..."

1.2. § 99 Abs. 1a StVO 1960 lautet (auszugsweise):

"§ 99: Strafbestimmungen

...

(1a) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit ... zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

..."

2. Unstrittig ist im Beschwerdefall die rechtskräftige Bestrafung des Beschwerdeführers wegen eines am 2. Juni 2001 begangenen Alkoholdelikts gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960. Auch der von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegte Grad der Alkoholisierung (0,79 mg/l Alkoholgehalt der Atemluft) wird in der Beschwerde nicht bestritten. Der Beschwerdeführer lässt schließlich auch die Feststellung der belangten Behörde (die mit der Aktenlage im Einklang steht) unbestritten, er habe bereits am 18. April 1998 ein Kraftfahrzeug gelenkt, obwohl der Alkoholgehalt der Atemluft - entgegen § 14 Abs. 8 FSG - 0,34 mg/l betragen habe.

Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen erweist sich der angefochtene Bescheid im Ergebnis nicht als rechtswidrig.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Kraftfahrbehörden an die rechtskräftigen Bestrafungen durch die Strafbehörden gebunden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2002, Zl. 2001/11/0408 mwN). Hinsichtlich der Tatsache der Begehung eines Alkoholdelikts mit einem 0,6 mg/l Alkoholgehalt der Atemluft überschreitenden Alkoholisierungsgrad bestand für die belangte Behörde daher Bindungswirkung.

Damit lagen im Falle des Beschwerdeführers aber die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Z. 3 FSG vor, weil der Beschwerdeführer ein Fahrzeug gelenkt hat, obwohl der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l (im Falle des Beschwerdeführers 0,79 mg/l) betragen hat. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Bestrafung des Beschwerdeführers wegen einer Übertretung nach § 99 Abs. 1a StVO 1960 erfolgte, weil der in § 26 Abs. 1 Z. 3 umschriebene Fall des "mittelschweren" Alkoholdelikts nunmehr (seit der Novelle BGBl. I Nr. 92/1998) im § 99 Abs. 1a StVO 1960 seine Entsprechung hat.

Lagen aber die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Z. 3 FSG im Falle des Beschwerdeführers vor, so hatte die belangte Behörde zwingend eine Entziehung der Lenkberechtigung für wenigstens drei Monate vorzunehmen.

Im Hinblick auf die (unbestritten) wiederholte Begehung eines Alkoholdeliktes kann schließlich die Annahme der belangten Behörde, die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers bestehe über das Mindestmaß von drei Monaten hinaus für insgesamt fünf Monate, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 28. Oktober 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002110181.X00

Im RIS seit

25.11.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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