TE Vwgh Erkenntnis 2005/1/28 2000/15/0045

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Veröffentlicht am 28.01.2005
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Index

32 Steuerrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
33 Bewertungsrecht;

Norm

EStG 1988 §18 Abs1 Z1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z4;
EStG 1988 §29 Z1;
SteuerreformG 2000;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz LL.M., über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Hella Ranner, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Herrengasse 19/II, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 7. Dezember 1999, GZ. RV- 013.95/1-8/95, betreffend Einkommensteuer 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer schloss am 7. Dezember 1988 mit Ernestine U, der Cousine seiner Mutter, einen "Übergabsvertrag" über den Erwerb einer Liegenschaft (mit einem Wohn- und Geschäftshaus) in S gegen die Einräumung eines Wohnrechtes zu Gunsten der Übergeberin sowie einer jährlichen Leibrente in Höhe von S 100.000,--.

Der Beschwerdeführer machte in der Einkommensteuererklärung 1989 die Zahlung der Leibrente von S 100.000,-- an Ernestine U als "Versorgungsrente" als Sonderausgaben geltend.

In Beantwortung eines Vorhalts legte der Beschwerdeführer ein mit 14. März 1991 datiertes Gutachten des Ing. Z vor, worin der Verkehrswert der Liegenschaft zum Erhebungsstichtag 9. März 1991 mit rd. S 4 Mio bewertet wurde.

Anlässlich einer bei Ernestine U stattgefundenen Betriebsprüfung wurde die Rentenzahlung aus dem genannten Übergabsvertrag als Kaufpreisrente beurteilt.

Mit Einkommensteuerbescheid 1989 wurde beim Beschwerdeführer u. a. die als Sonderausgabe geltend gemachte Leibrentenzahlung nicht anerkannt. In der Begründung führte das Finanzamt u.a. aus, Rentenzahlungen für die Übertragung von Wirtschaftsgütern seien nur insoweit abzugsfähig, als die Summe der gezahlten Beträge den auf den Zeitpunkt der Übertragung kapitalisierten Wert der Rentenverpflichtung übersteige. Im Beschwerdefall sei weder der Versorgungsgedanke im Vordergrund gestanden noch bestehe ein nahes Verwandtschaftsverhältnis.

In seiner Berufung nannte der Beschwerdeführer als Zweck des "Übergabsvertrages" die Sicherung der Versorgung der Übergeberin, deren Gewerbepension zusammen mit den Pachteinnahmen aus der Liegenschaft keinen sorgenfreien Lebensabend gewährleistet habe. Er habe aus Familiensinn zur Wahrung der Familientradition auf Erhaltung des Vermögens im Verwandtenkreis ohne eigenes wirtschaftliches Interesse den "Übergabsvertrag" geschlossen. Die Kriterien für eine außerbetriebliche Versorgungsrente seien erfüllt und durch das ungleichgewichtige Leistungsverhältnis dokumentiert.

In der (aus hier nicht interessierenden Gründen teilweise stattgebenden) Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt aus, das behauptete Versorgungsmotiv des Beschwerdeführers habe nicht glaubhaft gemacht werden können. Ernestine U habe im Zuge ihres Betriebsprüfungsverfahrens auch zu erkennen gegeben, dass sie sich durch den Beschwerdeführer übervorteilt fühle. Sie bzw. ihr nunmehriger Steuerberater habe auch der Beurteilung der Leibrente als Kaufpreisrente zugestimmt.

Im Vorlageantrag entgegnete der Beschwerdeführer, eine Beurteilung als Kaufpreisrente stelle Ernestine U gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen wesentlich besser, weil die Steuerpflicht im Falle einer Kaufpreisrente später eintrete.

Auf ein Auskunftsersuchen des Finanzamtes antwortete Ernestine U, sie habe das Bestreben gehabt, die Liegenschaft in S zur Altersvorsorge so gut wie möglich zu verwerten, und legte ein von Dipl. Ing. W in ihrem Auftrag verfasstes Gutachten vor, dass einen Verkehrswert der Liegenschaft in Höhe von rd. S 1,9 Mio auswies.

Der Beschwerdeführer führte zum Gutachten des Dipl. Ing. W aus, eine Stellungnahme obliege seinem Sachverständigen. Für jeden Fremden sei der Erwerb dieses Objektes unter den damaligen Verhältnissen undenkbar gewesen (keine freie Wohnung, Geschäft verpachtet, geringe Pacht, Sanierungsbedarf am Gebäude).

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung im Ausmaß der Berufungsvorentscheidung keine Folge gegeben. Die belangte Behörde führte begründend aus, für die Verfolgung wirtschaftlicher Interessen als maßgeblicher Anreiz für das Eingehen der Rentenverpflichtung sprächen die zeitnah zur Übergabe geführten Planungsgespräche mit dem Architekten, das zügige Einbringen des Baubewilligungsansuchens im November 1989 sowie die tatsächliche Nutzung des Objektes, die mit der Schaffung neuer Mietwohnungen und von Geschäftsräumen für eine Zahnarztpraxis und eine Filiale der Firma S über die Versorgung von Ernestine U hinausginge. Eine Verwertung der Liegenschaft um etwa die Zahlung der Rente zu sichern, erscheine unglaubwürdig, weil aus der Vermietung und Verpachtung bisweilen überwiegend Verluste erklärt worden seien.

Entscheidend für den Versorgungscharakter einer Zuwendung sei, dass der Rentenwert in einem auffallenden Missverhältnis zum Wert der übertragenen Güter stehe und nur der Versorgungszweck Motiv für die Ausmessung von Leistung und Gegenleistung sein könne. Das Überwiegen eines Versorgungscharakters werde bei einer Differenz von mehr als 25 % zwischen dem Wert der übergebenen Wirtschaftseinheit und dem nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ermittelten Barwert der Rente - und zwar im Abweichungsfall in beide Richtungen - angenommen. Der Beschwerdeführer habe ein Schätzungsgutachten (Ing. Z) vorgelegt, in dem der Verkehrswert mit rund S 4 Mio inklusive Grund und Boden angegeben worden sei. Laut Schätzungsgutachten des Dipl. Ing. W, das Ernestine U vorgelegt habe, sei der Verkehrswert zum Übergangszeitpunkt mit rund S 1,9 Mio beziffert worden. Ausgehend von den beiden Schätzgutachten biete sich die Heranziehung eines Mittelwertes aus den beiden Gutachten an, wodurch den aus den unterschiedlichen Bewertungsstichtagen und einer unterschiedlichen Interessenlage der Auftraggeber "miterklärbaren" Gutachtendifferenzen ebenfalls Rechnung getragen werden könne. Nach einer eingehenden Darstellung ihrer Berechnungen ermittelte die belangte Behörde zum Übergabezeitpunkt einen "Mittelwert" in Höhe von rd. S 2,121.000,--.

Zur Ermittlung der Gegenleistung seien der Rentenbarwert und der Wert des Wohnrechtes zum Übergabezeitpunkt zu kapitalisieren. Ernestine U sei zum Zeitpunkt der Übergabe 57 Jahre alt gewesen. Die ausbedungene Rente sei wertgesichert vereinbart worden. Der Kapitalisierungsfaktor von Leibrenten im 57. Lebensjahr bei einem durchschnittlichen Zinssatz von 4,5 % habe 14,9307 betragen, woraus sich bei einem Reduktionsfaktor von 0,3819 für die vorschüssig vierteljährliche Leibrentenzahlung ein Faktor von 14,5488 ergebe. Der kapitalisierte Rentenwert belaufe sich daher auf S 1,454.880,--. Dazu komme der Wert des Wohnrechtes von jährlich S 36.000,--, der kapitalisiert mit S 523.756,-- zu beziffern sei. Als Gegenleistung sei somit ein Betrag in Höhe von S 1,978.636,-- anzusehen.

Leistung und Gegenleistung stünden bei Gegenüberstellung des oben angenommenen Mittelwertes von rd. S 2,121.000,-- und des kapitalisierten Rentenbarwertes von rd. S 1,978.000,-- in einer angemessenen Relation (Differenz 6,74 %), weshalb das gegenständliche Rechtsgeschäft im Gesamtbild eine entgeltliche Vermögensübertragung darstelle. Die Abzugsfähigkeit der Rentenzahlungen als Sonderausgaben sei für 1989 daher zu verneinen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall wurde im außerbetrieblichen Bereich ein Wirtschaftsgut gegen Leibrente übertragen. Der Beschwerdeführer vertritt den Standpunkt, die belangte Behörde habe zu Unrecht das Vorliegen einer Versorgungsrente verneint und macht dabei sein Versorgungsmotiv und das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung geltend. Demgegenüber verneint die belangte Behörde das Versorgungsmotiv des Beschwerdeführers und schließt von einer Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung auf das Vorliegen einer Gegenleistungsrente. Ihrer Feststellung, wonach der kapitalisierte Wert der Rentenverpflichtung rund S 1,454.880,-- betrage, trat der Beschwerdeführer nicht entgegen. Diesem Wert stehen im Streitjahr 1989 erstmals Rentenzahlungen des Beschwerdeführers an Ernestine U von insgesamt S 100.000,-- gegenüber. Durch diese Rentenzahlungen ist somit der kapitalisierte Wert der Rentenverpflichtung 1989 nicht überschritten worden, sodass bei Annahme des Vorliegens einer Gegenleistungsrente 1989 aus diesem Titel keine Sonderausgaben anzuerkennen wären.

Aber auch unter der - vom Beschwerdeführer angestrebten - Annahme einer Versorgungsrente müsste der Leibrentenzahlung die steuerliche Anerkennung als Sonderausgaben versagt werden.

In der Vergangenheit sind zwar die einkommensteuerrechtlichen Regelungen über die Behandlung außerbetrieblicher Renten vielfach so interpretiert worden, dass Rentenzahlungen unter dem Titel Sonderausgaben als abzugsfähig beurteilt worden sind, weil die Praxis zwischen den im Gesetz vorgesehenen Typen der Kaufpreisrenten und Unterhaltsrenten einen Zwischenbereich zu erkennen glaubte und mit diesem - ungeachtet der gesetzlichen Lage, die lediglich die beiden genannten Alternativen vorsieht - eigene steuerliche Rechtsfolgen verbunden hat (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. März 2004, B 181/03). Der Verwaltungsgerichtshof hat demgegenüber in seinem Erkenntnis vom 26. Jänner 1999, 98/14/0045, zu Recht erkannt:

"Wird ein Wirtschaftsgut gegen Rente übertragen, die als angemessene Gegenleistung angesehen werden kann, dann liegt eine Gegenleistungsrente vor. Wird hingegen ein Wirtschaftsgut gegen eine Rente übertragen, die nicht als angemessene Gegenleistung qualifiziert werden kann, muss von einer freiwilligen Zuwendung bzw. einer Unterhaltsrente im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 ausgegangen werden. Im Bereich der Übertragung von Wirtschaftsgütern gegen Rente ist für eine weitere Rentenkategorie kein Raum."

In dieser ersten einschlägigen Entscheidung zum EStG 1988 hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtslage vor dem Steuerreformgesetz 2000 somit so interpretiert, dass er die Rententypen auf die im Gesetz vorgesehenen Alternativen reduzierte und die Abzugsfähigkeit von sog. außerbetrieblichen Versorgungsrenten als Sonderausgaben daher verneinte. Wie der Verfassungsgerichtshof in dem bereits erwähnten Erkenntnis vom 12. März 2004, B 181/03, festgestellt hat, kann in dieser Interpretation des Verwaltungsgerichtshofes eine verfassungswidrige Vertrauensverletzung nicht gesehen werden.

Durch das rückwirkend ab der Veranlagung 1984 anzuwendende Steuerreformgesetz 2000, BGBl. I Nr. 106/1999, ist in diesem Zusammenhang keine Änderung eingetreten. Der Typus der sog. Versorgungsrente wurde ausdrücklich nur für den Bereich der Betriebsübertragung gesetzlich verankert. Werden Einzelwirtschaftsgüter gegen Rente übertragen, kann daher nur entweder eine Gegenleistungs- oder eine Unterhaltsrente vorliegen.

Aus den genannten Gründen erübrigt es sich auch, auf die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften einzugehen, weil auch bei Vorliegen solcher Verfahrensmängel nicht erkennbar ist, inwiefern die belangte Behörde bei deren Vermeidung zu einem anders lautenden Bescheid hätte gelangen können.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. Jänner 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2000150045.X00

Im RIS seit

11.03.2005

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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