TE OGH 1973/2/28 5Ob34/73

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Veröffentlicht am 28.02.1973
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Norm

ABGB §608
ABGB §613
EO §87

Kopf

SZ 46/28

Spruch

Zur Hereinbringung einer Nachlaßschuld kann ein Zwangspfandrecht an einer durch eine fideikommissarische Substitution belastete Nachlaßliegenschaft begrundet werden, wenn der Exekutionstitel aus der Zeit vor der Einantwortung stammt, also noch gegen den Erblasser oder die Verlassenschaft erwirkt worden ist. Die Exekutionsführung auf Grund eines erst gegenüber dem Vorerben erworbenen Titels setzt hingegen die - nach § 9 EO nachzuweisende oder im Prozeßweg zu erzwingende - Zustimmung des Nacherben voraus

OGH 28. Feber 1973, 5 Ob 34/73 (LG Innsbruck 4 R 329/72; BG Rattenberg TZ 1212/72)

Text

Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ X mit der Beschränkung der fideikommissarischen Substitution im Sinne des Testamentes vom 9. September 1964 zugunsten des Johann B, geboren 9. März 1929, und des Nikolaus B ist Gertraud B. Von ihr als Rechtsnachfolgerin nach seinem am 17. März 1966 verstorbenen Vater Johann B sen. begehrte Johann B jun. am 24. Jänner 1969 zu Cr 27/71 des Arbeitsgerichtes Kufstein 973.758.05 samt Anhang als Entlohnung für seine ab 1947 verrichtete Arbeit im vaterlichen Fleischhauereibetrieb. Die Streitteile haben am 7. September 1972 einen Vergleich abgeschlossen, wonach die Forderung des Johann B jun. mit pauschalierten 600000 S von Gertraud B anerkannt wurde. Diese erklärte auch ihre Einwilligung, daß die Forderung von 600.000 S samt gesetzlichen Zinsen auf Grund der schon eingetretenen Fälligkeit auf ihrer Liegenschaft EZ X hypothekarisch sichergestellt werde.

Auf dieser Grundlage beantragte Johann B geboren 9. März 1969, unter Hinweis darauf, daß es sich um eine Nachlaßschuld handle, die Bewilligung der Einverleibung des Pfandrechtes für den Betrag von 600.000 S samt 4% Zinsen seit 8. September 1972 zu seinen Gunsten.

Das Erstgericht bewilligte antragsgemäß.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des zweiten Nacherben, Nikolaus B, Folge und änderte diesen Beschluß im Sinne der Abweisung des Antrages ab. Das Eigentumsrecht der Gertraud B sei durch die eingetragene fideikommissarische Substitution derart eingeschränkt, daß ihr nur die Rechte einer Fruchtnießerin zukämen und sie daher ohne Zustimmung der Nacherben die Liegenschaft auch nicht belasten könne. Mangels einer solchen Zustimmung des Nikolaus B sei die von ihr im Vergleich getroffene dingliche Verfügung absolut unwirksam.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Johann B jun. nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Gemäß § 613 ABGB kommt dem Vorerben bei einer fideikommissarischen Substitution das eingeschränkte Eigentumsrecht mit den Rechten und Verbindlichkeiten eines Fruchtnießers zu. Es sind daher grundsätzlich alle dinglichen Verfügungen des Vorerben, welche die Rechte des Nacherben beeinträchtigen und ohne Genehmigung der Substitutionsbehörde erfolgen, nichtig (vgl. Weiß in Klang[2] III 408; SZ 38/58 = EvBl. 1966/53). Die im Grundbuch eingetragene Beschränkung durch eine fideikommissarische Substitution steht auch einer Einverleibung eines Pfandrechtes ohne Zustimmung des Nacherben entgegen, und zwar sowohl hinsichtlich eines vertraglichen Pfandrechtes als auch einer zwangsweisen Pfandrechtsbegründung (SZ 41/97 = NZ 1969, 40).

Im vorliegenden Fall ist nun zu entscheiden, ob der behauptete Umstand, daß die dem Pfandrecht zugrunde liegende Verbindlichkeit der Liegenschaftseigentümerin aus einer Forderung gegen ihren verstorbenen Gatten und Rechtsvorgänger entstanden sei, die dargelegten Beschränkungen aus der eingetragenen fideikommissarischen Substition zu durchbrechen geeignet sein kann. Der OGH hat dies im Zusammenhang mit der Zulässigerklärung der Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung an einer mit dem Substitutionsband behafteten Realität zur Hereinbringung einer Nachlaßschuld bejaht (GlUNF 622 = ZBl. XVII/510); dies deshalb, weil aus dem Titelurteil unzweifelhaft hervorgegangen sei, daß die exequierte Forderung eine Schuld des verstorbenen Liegenschaftseigentümers gewesen sei, dessen Realität, auf welche die Exekution geführt werden sollte, Bestandteil seines Nachlasses gewesen sei und der Anspruch des Nacherben auf diese Realität lediglich auf einer letztwilligen Verfügung des Voreigentümers beruhte, somit keineswegs geeignet erschien, die Heranziehung dieser Realität als eines Gegenstandes der Verlassenschaft des Schuldners zur Befriedigung jener Forderung, welche sich als eine Nachlaßschuld darstellte, auszuschließen Soweit Weiß in Klang[2] III. 409, und auch schon Stubenrauch, Komm. z. ABGB[8] I 815 die Auffassung vertreten] haben, eine Veräußerung bzw. Verpfändung des Substitutionsgutes sei zulässig, wenn sie zur Deckung von Nachlaßschulden erfolge, in einem solchen Fall könne die Verbindlichkeit auch durch eine Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden, wird von ihnen auf die obgenannte Entscheidung des OGH verwiesen; es sei dies damit gerechtfertigt, daß durch eine solche Veräußerung das reine Erbschaftsvermögen, der alleinige Gegenstand des Rechtes des Nacherben, nicht vermindert werde.

Damit sind aber die Grenzen der Berücksichtigung von Nachlaßverbindlichkeiten im Zusammenhang mit der angeordneten fideikommissarischen Substitution schon abgesteckt und aufgezeigt. Liegt, wie im erörterten Fall, offenbar eine bereits urteilsmäßig festgestellte Forderung zumindest gegen die Verlassenschaft vor, so ist das Nachlaßvermögen schon in diesem Zeitpunkt vermindert. Stammt der Titel aus der Zeit vor der Einantwortung, so ist dementsprechend auch die Statthaftigkeit der Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung dargetan (Heller - Berger - Stix, Komm. z. EO[4] II. 907). Nicht aber kann es als zulässig erscheinen, daß die Grundlage für eine derartige pfandrechtliche Besicherung erst durch die Geltendmachung einer Forderung allein gegenüber dem Vorerben bewirkt wird, wobei es den Prozeßparteien und ihrem Gutdünken anheimgestellt wäre, zum Schaden des nicht beigezogenen Nacherben ein das Substitutionsgut beeinträchtigendes Pfandrecht zu schaffen. Mag auch der Grund für derartige Verbindlichkeiten in den rechtlichen Beziehungen zum Erblasser gelegen gewesen sein, so können die vom Gläubiger mit dem Vorerben festgelegten Verbindlichkeiten doch nicht als Nachlaßschulden angesehen werden, zu deren Deckung bzw. Besicherung die Veräußerung oder Belastung des Substitutionsvermögens ohne Zustimmung des Nacherben zulässig wäre. Dementsprechend ist beim Erwerb eines diesbezüglichen Titels gegenüber dem Vorerben außerdem im Prozeßweg vom Nacherben die Duldung der Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung auf der von der Substitution betroffenen Liegenschaft zu verlangen, wenn nicht die Zustimmung des Nacherben gemäß § 9 EO nachgewiesen werden kann (Heller - Berger - Stix., 908).

Der Antragsteller, der erst Jahre nach dem Tode seines Vaters und der (nach seinem Revisionsrekursvorbringen am 1. Dezember 1967 erfolgten) Einantwortung der Vorerbin seine Arbeitsentgeltansprüche dieser gegenüber geltend gemacht hat, ist sohin nicht wie ein Verlassenschaftsgläubiger anzusehen, der dadurch schlechter gestellt würde, daß der Erblasser für die Aufteilung seiner Erbschaft einen Vor- und einen Nacherben einsetzt, und der deshalb verlangen könnte, daß seine Forderung ohne Berücksichtigung der verfügten fideikommissarischen Substitution auf der Nachlaßliegenschaft besichert wird. Entgegen der Auffassung des Revisionsrekurswerbers ist die Rechtslage im gegenständlichen Fall nicht der im Zusammenhang mit der Geltendmachung einer Pflichtteilsforderung im Sinne des § 764 ABGB gleichzuhalten, weil es sich dabei um einen Anspruch auf einen verhältnismäßigen Teil des Nachlaßwertes in Geld handelt, der dem Noterben gemäß § 774 ABGB frei zukommen muß, wobei ausdrücklich die einschränkende Bedingung oder Belastung, damit also auch die Einschränkung durch eine fideikommissarische Substitution, für ungültig erklärt wird (vgl. E 8 und 8 a zu § 774 ABGB MGA[29]).

Da das Rekursgericht sohin zutreffend zur Abweisung des Grundbuchgesuches um Einverleibung des Pfandrechtes gelangt ist, muß dem Revisionsrekurs ein Erfolg versagt werden.

Anmerkung

Z46028

Schlagworte

Exekutionsführung, Vorerbe, Fideikommissarische Substitution, Nachlaßschuld, Zwangspfandrecht, Nachlaßschuld, fideikommissarische Substitution, Zwangspfandrecht, Vorerbe, Exekutionsführung, Zwangspfandrecht, fideikommissarische Substitution, Nachlaßschuld

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1973:0050OB00034.73.0228.000

Dokumentnummer

JJT_19730228_OGH0002_0050OB00034_7300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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