TE OGH 1973/4/4 1Ob50/73

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Veröffentlicht am 04.04.1973
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Norm

ABGB §932
ABGB §1295
ABGB §1346

Kopf

SZ 46/39

Spruch

Der Veräußerer haftet in der Regel nur für jenen Schaden, der nicht entstanden wäre, wenn der Erwerber den Mangel gekannt hätte (negatives Vertragsinteresse); das, was der Erwerber hätte, wenn die Sache mängelfrei gewesen wäre (das positive Erfüllungsinteresse) hat der Veräußerer nur zu ersetzen, wenn er für eine bestimmte Eigenschaft der Sache garantierte

Der Garantievertrag ist ein (in der Regel einseitiger) Vertrag, durch den sich jemand einem anderen gegenüber verpflichtet, für den Erfolg eines Unternehmens einzustehen oder für den Schaden, der durch ein Unternehmen entsteht, aufzukommen

OGH 4. April 1973, 1 Ob 50/73 (OLG Wien 5 R 171/72; LGZ Wien 4 Cg 266/70)

Text

Der Kläger ein Kraftfahrzeughändler lernte den Beklagten, einen Taxiunternehmer, im Mai 1970 in einem Espresso in G kennen; der Beklagte erzählte, einen Traktor sei seinem PKW Mercedes 200 Diesel, Baujahr 1967 aufgefahren; der Wagen habe eine Fahrstrecke von 80.000 km ohne Havarie zurückgelegt, die Reparaturkosten seien auf 20000 S geschätzt. Am 2i. Mai 1970 besichtigte der Kläger den havarierten PKW in Wien und stellte einen Kilometerstand von 68.000 fest. Der Beklagte versicherte ihm, daß der Kilometerstand stimme und er für diesen schriftlich garantierte. Die Parteien vereinbarten, daß der Kläger dem Beklagten für den havarierten Wagen 40.000 S bezahle und der Beklagte beim Kläger einen neuen PKW um zirka 118.000 S kaufe; nur aus steuerlichen Gründen sollten der Neuwagenpreis und der Preis für den alten Wagen formell um je 9000 S reduziert werden. Der Beklagte zedierte ferner dem Kläger seine Ansprüche aus dem Unfall mit dem Traktor gegenüber der B-Versicherung, bei der sowohl der Beklagte kaskoversichert als auch der Halter des Traktors haftpflichtversichert waren. Am 26. Mai 1970 bezahlte der Kläger dem Beklagten 31.000 S für den alten Wagen und zahlte ihm gleichzeitig ein Darlehen von 20.000 S und 6000 S zu. Die Parteien vereinbarten, das Darlehen von 20.000 S mit zufriedenstellender Instandsetzungszahlung der B-Versicherung zu verrechnen", wogegen das Darlehen von 6000 S bis längstens 30. Juni 1970 zurückgezahlt werden sollte. In den Verhandlungen des Klägers mit der Versicherung wurden die Reparaturkosten mit rund 18.000 S geschatzt; eine Zahlung aus der Haftpflichtversicherung wurde abgelehnt, weil der Lenker den gegen Wegnahme nicht abgesicherten Traktor gestohlen hatte. Unter Berücksichtigung einer Amortisationsquote wurden dem Kläger aus der Kaskoversicherung 15.408 S ausbezahlt. Entgegen der Zusage des Beklagten hatte das havarierte Fahrzeug bereits eine Fahrstrecke von rund 168.000 km zurückgelegt und 15 Vorschäden. Für die daraus sich ergebende Wertdifferenz bezahlte der Beklagte dem Kläger 5000 S, zur Begleichung der Darlehensschuld 5250 S.

Der Kläger behauptete in der Klage, die Wertdifferenz betrage nicht 5000 S sondern 20.000 S, so daß der Beklagte ihm noch 15.000 S schulde. Auf das Darlehen von 26.000 S fehle darüber hinaus unter Berücksichtigung der Zahlungen der Versicherung und des Beklagten ein Betrag von 5342 S; der Kläger begehrt daher die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 20.342 S samt Anhang. Diesen Anspruch stutzte er später auch noch darauf der Angaben des Beklagten mit Zahlungen der Versicherungen von 33.000 S rechnen hatte können. Weiters wurde das Klagebegehren ,gestutzt auf die Differenz der Verkaufswerte zwischen einem Fahrzeug mit 68.000 km im reparierten Zustand und einem Fahrzeuge von 168.000 km und 16 Vorschaden ebenfalls im reparierten Zustand".

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 12.342 S samt Anhang und wies das Mehrbegehren ab. Es stellte fest: Der Ankaufswert des havarierten PKWs habe 33.000 S betragen; bei einem Kilometerstand von 68.000 S ohne Vorschäden wäre er um 5000 S höher gewesen. In letzterem Fall hätte der Kläger nach der Marktlage einen Weiterverkaufspreis von 67.000 S erzielen können, bei einem Kilometerstand von 168.000 km und 15 Vorschäden um 14.000 S weniger. Tatsächlich habe der Kläger das reparierte Fahrzeug um 40.000 S in bar und Inzahlungnahme eines alten VW, Baujahr 1955, veräußert; er sei davon ausgegangen, daß er nach Verkauf des VWs auf einen Erlös von rund 55.000 S kommen werde. Rechtlich legte das Erstgericht dar:

Für den Mangel, daß der dem Kläger verkaufte PKW nicht, wie zugesagt, nur 68.000 km havariefrei gefahren sei, müsse der Beklagte einstehen. Bei der Preisminderung sei nach der relativen Berechnungsmethode vorzu- Sehen und die Leistung des Klägers nach dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsabschlusses der Wert der mängelfreien Sache zum Wert der mangelhaften Sache gestanden wäre. Daraus ergebe sich ein Entgeltsminderungsanspruch da der Beklagte hierauf schon 5000 S bezahlt habe, stunden dem Kläger aus dem Titel der Gewährleistung nur mehr 300 S zu. Die Stützung des Klagebegehrens auf die Differenz der Verkaufswerte könne als darüber hinausgehende Schadenersatzforderung verstanden werden. Da der Beklagte durch seine Zusage, das Fahrzeug habe ohne Havarie 68.000 km zurückgelegt, nicht vorhandene Eigenschaften behauptet habe, habe er schuldhaft gehandelt. Als Kaufmann sei dem Kläger ohne Rücksicht auf den Grad des Verschuldens der entgangene Gewinn zu ersetzen. Er habe einen Gesamtaufwand von 40.000 S zuzüglich 18.000 S Reparaturkosten gehabt, hätte aber einen Erlös von 67.000 S erzielen können. Dies ergebe einen Gewinnentgang von rund 9000 S, der sich jedoch um den tatsächlich erzielten Gewinn vermindere. Dieser betrage rund 2300 S (Kaufpreis 40.000 S abzüglich Entgeltsminderung 5300 S zuzüglich Reparaturkosten von 18.000 S = 52.700 S, dem ein erzielter Erlös von rund 55.000 S gegenüberstehe). Der Schadenersatzanspruch betrage sohin 6700 S. Die Vereinbarung, daß das dem Beklagten gewährte Darlehen "mit zufriedenstellender Instandsetzungszahlung der B-Versicherung zu verrechnen ist", könne nur als Zession zahlungshalber verstanden werden. Bei einer solchen Zession leiste der Zedent keine Gewähr. Der Beklagte habe daher zwar den Darlehensrest von 5342 S, aber nicht mehr zu bezahlen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und änderte über Berufung des Beklagten das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es den Beklagten nur schuldig erkannte, dem Kläger 5642 S samt Anhang zu bezahlen, wogegen es das Mehrbegehren abwies. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes mit Ausnahme der Feststellungen zur Begründung des Schadenersatzanspruches, den es aus rechtlichen Gründen ablehnte. Die Bestimmung des § 932 Abs. 1 letzter Satz ABGB wolle nur einen aus der allgemeinen Regel des § 1295 ABGB ableitbaren Anspruch vorbehalten. Der Schadenersatzanspruch nach § 932 Abs. 1 letzter Satz ABGB setze daher ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des Veräußerers voraus. Das Verschulden des Beklagten liege nun aber nicht in der Lieferung des mangelhaften Fahrzeuges, sondern in der diesbezüglichen unrichtigen Zusage. Dadurch sei aber nicht der Nachteil am Fahrzeug selbst verursacht worden, denn das Fahrzeug wäre ja auch ohne Zusage nicht besser oder schlechter, sondern der allfällige "Folgeschaden", also der Nachteil, den der Erwerber durch seine Unkenntnis vom Mangel erleidet. Ein Anspruch auf Ersatz des Minderwertes zwischen einer mängelfreien und einer mangelhaften Sache stehe aber dem Käufer nur bei ausdrücklicher Garantie zu, d.

h. dann, wenn der Verkäufer die Verpflichtung übernommen habe, bei Fehlen der behaupteten Eigenschaft das Interesse des Verkäufers an diesen zu vergüten. Der Kläger wolle so gestellt werden, wie wenn ihm der Beklagte ein mängelfreies Fahrzeug geliefert hätte. Der Beklagte habe zwar ausdrücklich den Kilometerstand garantiert, aber nicht versprochen, dem Kläger für den Fall der Unrichtigkeit dieser Zusage das Erfüllungsinteresse zu vergüten. Das Schadenersatzbegehren sei daher abzuweisen. Im übrigen trat das Berufungsgericht dem Erstgericht bei.

Der Oberste Gerichtshof änderte die berufungsgerichtliche Entscheidung insofern ab, als er den Beklagten auch noch zur Bezahlung eines weiteren Betrages von 6200 S samt Anhang verurteilte.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Was den Schadenersatzanspruch des Klägers an Verdienstentgang betrifft, so sollte gerade die neue Formulierung des § 932 ABGB durch die Ill. Teilnovelle in seinem nunmehrigen Abs. 1 letzter Satz klarstellen, daß neben dem Gewährleistungsanspruch auch Anspruch auf Schadenersatz bestehe, wenn der Schaden vom Übergeber verschuldet ist (Amtliche Begründung zur Kaiserlichen Verordnung über die III. Teilnovelle bei Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 545 und Ehrenzweig[2] II/1, 225; in diesem Sinne auch SZ 40/31 u. a.). Der Schlußsatz des ersten Absatzes des § 932 ABGB will dem Erwerber nicht einen Schadenersatzanspruch gewähren, sondern nun einen bereits aus der allgemeinen Regel des § 1295 ABGB sich ergebenden und an die allgemeinen Voraussetzungen einer Schadenersatzpflicht gebundenen Schadenersaztanspruch neben den Gewährleistungsansprüchen vorbehalten; er setzt also ein rechtswidriges schuldhaftes Verhalten des Veräußerers voraus (SZ 29/76 u. a., Gschnitzer IV/1); dieser handelt rechtswidrig, wenn er nicht vorhandene Eigenschaften behauptet; er handelt schuldhaft, wenn ihm das Nichtvorhandensein der behaupteten Eigenschaften bekannt ist oder bei gehöriger Aufmerksamkeit bekannt sein kann. Ist das Geschäft ein Handelsgeschäft, ist auch der entgangene Gewinn zu ersetzen (Art. 8 Nr. 2 EVHGB). Auszugleichen ist der Nachteil, den der Erwerber durch seine Unkenntnis vom Mangel erlitten hat, d. h. der Schaden, der durch das Vorhandensein des Mangels entstanden ist, aber nicht entstanden wäre, wenn der Erwerber den Mangel gekannt hätte (HS 1848; Gschnitzer IV/1 546). Es kann kein Zweifel bestehen, daß der Beklagte die Unrichtigkeit seiner Erklärung wußte oder zumindest bei gehöriger Aufmerksamkeit leicht wissen hätte können. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes hätte der Kläger für den vom Beklagten gekauften PKW, wenn dessen Angaben über Havariefreiheit und einen Kilometerstand von nur 68.000 der Wahrheit entsprochen hätten, statt eines Verkaufspreises von 55.000 S einen solchen von 67.000 S erzielt nach Auffassung des Erstgerichtes hat der Kläger damit einen Schaden von 12.000 S oder unter Berücksichtigung der anerkannten Preisminderung von 5300 S einen darüber hinausgehenden Schaden von 6700 S erlitten.

Das Berufungsgericht lehnt den Schadenersatzanspruch des Klägers unter Berufung auf die ständige Judikatur sowie auf Gschnitzer IV/1, 546 und Pisko, Lehrbuch des Handelsrechtes 201 ab. Gschnitzer IV/1 lehrt, daß durch das rechtswidrige schuldhafte Verhalten des Veräußerers nur der Nachteil verursacht wurde, den der Erwerber durch die Unkenntnis vom Mangel erlitten hat, d. h. der Schaden, der durch das Vorhandensein des Mangels entstanden ist, aber nicht entstanden wäre, wenn der Erwerber den Mangel gekannt hätte. Nicht durch das schuldhafte Verhalten des Veräußerers verursacht sei dagegen der Nachteil, den der Erwerber schon durch das Vorhandensein des Nachteils erleide; dem Erwerber, der die Aufhebung des Vertrages erwirkt habe, stehe also kein Anspruch auf Ersatz des Interesses zu, das er an dem Behalten der Sache gehabt hätte; es fehle hier an der Kausalität (IV/3 547). Diese Rechtssätze scheinen auch in zahlreichen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes auf (z. B. JBl. 1972, 149; EvBl. 1971/262; EvBl. 1967/322; HS 6393, 249/75, 1848; EvBl. 1960/138). Was gemeint ist, verdeutlicht Gschnitzer in seinem Lehrbuch Schuldrecht Allgemeiner Teil 84: "Zu ersetzen ist der Schaden (aber auch nur derÜ), den das Verhalten des Veräußerers verursacht hat. Er verschuldete aber nicht das Vorhandensein des Mangels (Fehlen der Eigenschaft), sondern die Unkenntnis des Mangels. Zu ersetzen ist also nicht, was der Erwerber hätte, wenn die Sache mängelfrei gewesen wäre, sondern der Schaden, der nicht entstanden wäre, wenn der Erwerber den Mangel gekannt hätte." Wird also z. B. ein Grundstück mit der falschen Zusicherung verkauft, daß eine neue Straße vorbeiführen werde, kann der Käufer als Schadenersatz nicht Aufzahlung bis zum Wert verlangen, den das Grundstück hätte, wenn die Straße vorbeiführte, sondern Preisnachlaß bis zum geringeren Wert, den das Grundstück ohne vorbeiführende Straße hat. Diese Auffassung entspricht auch der Lehre von Pisko, Lehrbuch des österreichischen Handelsrechtes 201 und in Gewährleistungs-, Nichterfüllungs- und Irrtumsfolgen bei Lieferung mangelhafter Ware 22. Danach sei der Nachteil zu ersetzen, den der Erwerber dadurch erleidet, daß er die mangelhafte Sache für mängelfrei gehalten hat, das sogenannte Anzeigeinteresse (negative Vertragsinteresse), nicht der Nachteil, den der Käufer dadurch erleidet, daß die Sache statt mängelfrei mangelhaft war (das sogenannte positive Erfüllungsinteresse, das im Unterschied zwischen dem Wert der mängelfreien und der mangelhaften Sache besteht); die Sache wäre ja nicht besser gewesen, wenn der Verkäufer bei Vertragsabschluß keine nicht vorhandene Eigenschaft behauptet hätte. Das bedeutet für den vorliegenden Fall, daß der Kläger nicht ohne weiteres die Differenz zwischen dem tatsächlich erzielten Erlös und dem Erlös verlangen kann, den er für den PKW erzielen hätte können, wenn er die ihm zugesagten Eigenschaften gehabt hätte, aber doch den Ersatz des Nachteiles, den er dadurch erlitten hat, daß er dem Beklagten wegen der behaupteten Eigenschaften mehr geboten hat, als er es getan hätte, hätte er die Wahrheit gewußt; mehr allerdings entgegen der Auffassung der Revision auch dann nicht, wenn der Beklagte arglistig gehandelt hätte (Gschnitzer IV/1, 547). Nach den Feststellungen des Erstgerichtes hätte der Kläger, wären die Angaben des Beklagten wahr gewesen, voraussichtlich einen Gewinn von 9000 S erzielt, da er zum Kaufpreis von 40.000 S noch 18.000 S an Reparaturkosten hätte aufwenden müssen und sodann einen Wiederverkaufspreis von 67.000 S erzielt hätte. Es ist nun aber wohl auszuschließen, daß der Kläger, hätte er die Wahrheit gewußt und daher nur mit einem Erlös für den reparierten PKW von 55.000 S, also nach den Feststellungen des Erstgerichtes um 12.000 S weniger, gerechnet, für den PKW 34.700 (40.000 S abzüglich der festgestellten Wertminderung von 5300 S) geboten und 18.000 S an Reparaturkosten aufgewendet, also sich mit einem Gewinn von nur 2300 S zufriedengegeben hätte. Er hätte vielmehr entweder das Geschäft mit dem Beklagten überhaupt abgelehnt oder jedenfalls so wenig geboten, daß er dennoch auf einen Gewinn von 9000 S oder zumindest einen solchen gekommen wäre, der in einem entsprechenden Verhältnis zum tatsächlich erwarteten Gewinn von 9000 S gestanden wäre. Das Ergebnis, zu dem das Berufungsgericht gelangte, kann daher schon unter der Annahme, der Kläger könne nur den Ersatz seines negativen Vertragsinteresses verlangen, nicht richtig sein.

Der Kläger ließ sich vom Beklagten zudem aber auch noch die Erklärung abgeben, daß er den Kilometerstand von 68.000 schriftlich garantiere. Was dann gilt, sagt Pisko in seinem Lehrbuch: "Nur dann steht dem Käufer ein Anspruch auf Ersatz seines (positiven) Interesses an dem Vorhandensein der fehlenden Eigenschaft zu, wenn der Verkäufer für diese garantiert hat, das heißt für den Fall des Abhandenseins der behaupteten Eigenschaft das Interesse des Verkäufers an dieser zu vergüten versprochen hat." Mit der Garantieerklärung tritt also der assertorischen Behauptung eine promissorische Behauptung hinzu (Pisko Gewährleistung, 23). Unter Garantievertrag versteht man demgemäß auch ganz allgemein einen Vertrag, durch den sich jemand einem anderen gegenüber (beschränkt oder unbeschränkt) verpflichtet, für den Erfolg eines Unternehmens einzustehen oder für den Schaden, der durch ein Unternehmen entsteht, aufzukommen; der Garantievertrag ist in der Regel ein einseitiger Vertrag und verpflichtet nur den Gewährsübernehmer, der im Zweifel für den ganzen Ausfall oder Schaden einzutreten hat (Ohmeyer - Klang in Klang[2] VI, 203; vgl. auch Ehrenzweig[2] II/1, 113; Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 222 und in Schuldrecht Allgemeiner Teil 143). Das bedeutet aber für den vorliegenden Fall, daß der Beklagte mit der Übernahme der Garantie für den Kilometerstand von 68.000 schon aus dem Wesen der Garantieerklärung heraus auch bereit war, für die nachteiligen Folgen einzustehen. Soweit die Garantieerklärung abgegeben wurde, hat der Kläger damit entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes auch ohne ausdrückliche zusätzliche Erklärung des Beklagten, für den Fall der Unrichtigkeit seiner Zusage das Erfüllungsinteresse vergüten zu wollen, Anspruch auf Ersatz des positiven Schadens. Der Beklagte muß also insoweit dafür einstehen, daß der Kläger zwar mit einem Gewinn von 9000 S rechnete, tatsächlich aber nur einen solchen von 2300 S erzielte.

Eine Einschränkung ergibt sich allerdings dadurch, daß der Beklagte zwar für den Kilometerstand (und damit für den bei einem solchen Kilometerstand erzielbaren Erlös), nicht aber für die Havariefreiheit garantierte. Es bedarf im vorliegenden Fall also einer Zweiteilung der Schadensberechnung; was den Kilometerstand betrifft, kann der Kläger das positive Erfüllungsinteresse, was die Havariefreiheit betrifft, hingegen nur das negative Vertragsinteresse ersetzt begehren. Die genaue ziffernmäßige Feststellung des dem Kläger unter Berücksichtigung dieser Grundsätze zustehenden Schadenersatzanspruches ist praktisch nicht möglich; der Beweis des zu ersetzenden Schadens wäre jedenfalls nur mit unverhaltnismäßigen Schwierigkeiten zu erbringen, so daß dieser Betrag nach freier Überzeugung des Gerichtes festgesetzt werden kann (§ 273 Abs 1 Hiebei ist zu berücksichtigen, daß dem Kläger unter Umständen sogar der volle offene Betrag von 6700 S zukommen könnte, wenn ein Beweisverfahren ergäbe, daß der Kläger, wäre er über den wahren Zustand des gekauften Kraftfahrzeuges informiert gewesen, wahrscheinlich einen um 12.000 S niedrigeren Kaufpreis, also nur 28.000 S geboten hätte. Eher ist allerdings anzunehmen, daß er bei Erwartung eines niedrigeren Erlöses von nur 55.000 S auch seine erwartete Gewinnspanne von 9000 S etwas niedriger angesetzt hätte, aber doch nicht wesentlich. Unter Anwendung des den Gerichten im § 273 ZPO eingeräumten Ermessens nimmt der Oberste Gerichtshof an, daß der Kläger seine Gewinnspanne um etwa 500 S niedriger angesetzt hätte. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes steht dem Kläger damit aber ein Schadenersatzanspruch in der Höhe von 6200 S zu.

Anmerkung

Z46039

Schlagworte

Garantievertrag, Haftung, negatives Vertragsinteresse, - des Veräußerers, Haftung, positives Vertragsinteresse, - des Veräußerers, Negatives Vertragsinteresse, Haftung des Veräußerers, Positives Vertragsinteresse, Haftung des Veräußerers

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1973:0010OB00050.73.0404.000

Dokumentnummer

JJT_19730404_OGH0002_0010OB00050_7300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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