TE OGH 1979/5/22 9Os52/79

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Veröffentlicht am 22.05.1979
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Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Mai 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Friedrich, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Maukner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerold A wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB über die vom Angeklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde, soweit sie nicht bereits mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 24.April 1979, GZ 9 Os 52/79-5, in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen wurde, und Berufung gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 6. Februar 1979, GZ 27 Vr 2258/78-46, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Scherer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde, soweit ihre Erledigung dem Gerichtstag vorbehalten wurde, wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des (weiteren) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gerold A gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem er des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB

schuldig erkannt, nach dieser Gesetzesstelle zu zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt und gemäß § 21 Abs 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen wurde, ist vom Obersten Gerichtshof, soweit sie auf § 281 Abs 1 Z 4 und Z 5 StPO gestützt wurde, bereits mit dem vorerwähnten Beschluß, dem der Sachverhalt zu entnehmen ist, zurückgewiesen worden.

Rechtliche Beurteilung

Gegenstand des Gerichtstages waren daher nur mehr der auf Z 10 (inhaltlich Z 11) des § 281 Abs 1 StPO gegründete Teil der Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten. Die gegen seine Anstaltseinweisung gerichtete Rechtsrüge des Beschwerdeführers geht fehl.

Zur Annahme einer geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades im Sinn des § 21 Abs 2 StGB ist zwar, worauf der Angeklagte zutreffend Bezug nimmt, ein eindeutig außerhalb der Variationsbreite des noch Normalen liegender und so ausgeprägter Zustand des Täters vorauszusetzen, daß er dessen Willensbildung wesentlich beeinflussen kann, doch genügt es, wenn diese für die Anlaßtat zumindest mitursächliche (vgl. ÖJZ-LSK. 1979/1) Intensität der Abartigkeit immerhin periodisch oder unter bestimmten, auch für die Prognose aktuellen äußeren Bedingungen, wie etwa nach Alkoholgenuß, zutage tritt (vgl. die Erl.Bem. zur RV. des StGB, 30 d.Beil. zu den sten.Prot. des NR., XIII. GP., S. 105). Die in der Beschwerde vertretene Auffassung, daß bei der graduellen Einstufung des Krankheitsbildes derart aktuelle exogene Einflüsse außer Betracht zu bleiben hätten, findet weder im Wortlaut noch im Sinn des Gesetzes eine Stütze.

Dementsprechend stellt die Bekundung des Sachverständigen Dr. B, die (im Zusammenwirken eine Abartigkeit begründende) Psychopathie und Debilität des Angeklagten würde dessen Willensbildung zur Tatzeit ohne seine Alkoholisierung nicht wesentlich beeinflußt haben (S. 45/II), die Rechtsrichtigkeit der durch das Gutachten dieses Sachverständigen (S. 43/II i.V.m. S. 235/I) gedeckten - unrichtigerweise in den Urteilsspruch aufgenommenen - Annahme des Schöffengerichtes, jener habe die Anlaßtat (nichtsdestoweniger) unter dem Einfluß einer geistigen und seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer Kombination von Debilität und Psychopathie begangen (S. 65/II, vgl. auch S. 82/II), der Beschwerdeauffassung zuwider nicht in Frage, sodaß Feststellungen darüber entbehrlich waren. Der weitere Beschwerdeeinwand aber, die Voraussetzungen des § 21 Abs 2

StGB seien deshalb nicht gegeben, weil nach dem Sachverständigengutachten die Gefahr einer (einweisungsrelevanten) neuerlichen Straffälligkeit des Angeklagten nicht eminent, sondern bloß nicht gering sei, betrifft die Gefährlichkeitsprognose und ist daher der Sache nach als Teil der Berufung zu behandeln (vgl. EvBl. 1977/8).

Der Nichtigkeitsbeschwerde konnte daher auch in ihrem der Erledigung im Gerichtstag vorbehaltenen Teil ein Erfolg nicht beschieden sein. Desgleichen versagt die Berufung sowohl gegen die Strafhöhe als auch gegen die Anstaltseinweisung.

Bei der Strafzumessung wertete das Schöffengericht zutreffend den hohen Schaden als erschwerend und das bisher tadelsfreie Vorleben des Angeklagten, sein Alter unter 21 Jahren sowie seine verminderte Zurechnungsfähigkeit als mildernd. Auf die geistige Abnormität des Berufungswerbers nahm es folglich durch die Berücksichtigung seiner verminderten Zurechnungsfähigkeit ohnedies Bedacht. Die Dauer der verhängten Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren wird der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten (§ 32 StGB) durchaus gerecht.

Zur Annahme einer Befürchtung im Sinn des § 21 Abs 2 StGB aber genügt es - dem zuletzt erwähnten Beschwerdeeinwand des Berufungswerbers zuwider - durchaus, daß die Wahrscheinlichkeit einer einweisungsrelevanten neuerlichen Straffälligkeit des Täters zumindest nicht bloß geringen Grades ist (vgl. Erl.Bem., a.a.O., S. 104). Insoweit ist die bekämpfte Gefährlichkeitsprognose (S. 82/II) durch das Sachverständigengutachten (S. 45/II, 237/I) vollauf gedeckt.

Sohin war wie im Spruch zu erkennen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02016

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00052.79.0522.000

Dokumentnummer

JJT_19790522_OGH0002_0090OS00052_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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