TE OGH 1979/9/10 13Os127/79

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Veröffentlicht am 10.09.1979
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Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Horak und Dr. Friedrich als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Plischnack als Schriftführers in der Strafsache gegen Günter A und Peter B wegen des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 2 StGB mit Zustimmung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengerichtes vom 30. Mai 1979, GZ 8 Vr 864/78-20, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Günter A wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil - gemäß dem § 290 Abs 1 StPO auch in Ansehung des Angeklagten Peter B - aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen. Mit ihren Berufungen - Peter B auch mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde - werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der Vertreter Günter A und der Hilfsarbeiter Peter B des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Inhaltlich der für diesen Schuldspruch wesentlichen Urteilsfeststellungen hatten der für die Firma C und Co, Baugesellschaft m.b.H., ein Spezialunternehmen für Fassadenverputze, als Vertreter tätige Günter A und der diesen bei seiner Tätigkeit unterstützende Peter B am 27. Mai 1978 in Deutsch-Minihof (Burgenland) im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter die Eheleute Martin und Irene D durch die mündliche Vorspiegelung, die Kosten für die Erneuerung der Fassade ihres Einfamilienhauses würden (wohl: bis auf einen Teilbetrag von 9.000 S /-siehe S 105/-) vom Bundesdenkmalamt getragen, zur Unterfertigung eines Auftrages zur Herstellung eines neuen Fassadenputzes an die genannte Baufirma verleitet. Erst nachdem sie sein Anwesen verlassen hatten bemerkte Martin D, daß nach den schriftlichen Auftragsunterlagen mündliche Abmachungen keine Gültigkeit hätten.

Nach Beratung mit dem ehemaligen Gemeindesekretär, der ihn nach Durchsicht der Unterlagen darüber aufklärte, daß darin vom Bundesdenkmalamt keine Rede sei, er die vereinbarten Renovierungskosten daher zur Gänze selbst zu bezahlen haben werde, stornierte Martin D den Auftrag.

Hierauf wurde ihm von der erwähnten Baufirma eine Stornogebühr von 15.288 S vorgeschrieben, welche der - nach den Urteilsannahmen (neben seiner Ehefrau) hiedurch insoweit betrügerisch geschädigte - Martin D nach Aufnahme eines Darlehens unverzüglich am 9. Juni 1978 noch vor der am selben Tag erfolgten Anzeigeerstattung bezahlte. Ausgehend von diesen tatsächlichen Feststellungen maß das Erstgericht der Verantwortung der Angeklagten, insoweit diese (auch) ein Handeln zum Schaden der Eheleute D mit Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz bestritten, keine Bedeutung bei und erkannte sie im eingangs erwähnten Sinn für schuldig.

Rechtliche Beurteilung

Den sie betreffenden Schuldspruch fechten die Angeklagten mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden an. Der Angeklagte A macht hiezu ziffernmäßig den Nichtigkeitsgrund der Z 5 und den der Z 9 lit. a, der Angeklagte B lediglich den der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO geltend.

Schon die (unter anderem) mit dem Schadenseintritt erkennbar auch einen Schädigungsvorsatz bestreitende Rechtsrüge des Angeklagten A erweist sich als stichhältig.

Ausgehend von der rechtsirrigen Ansicht, daß der 'Gegenstand des Verfahrens allein die Täuschung der Eheleute Martin und Irene D über die kostenlose Herstellung eines neuen Fassadenputzes' sei (S 106), hat sich das Erstgericht mit der (zur Herstellung des Tatbestandes des Betruges nach dem § 146 StGB unter anderem geforderten) Schädigung der Eheleute D (in objektiver Hinsicht) und dem auf eine solche Schädigung und ihre (oder eines anderen) Bereicherung gerichteten Vorsatz der Täter nicht hinreichend befaßt. Denn bei Stornierung des Auftrages war zwar grundsätzlich ein Schadenseintritt möglich, weil ja der Zahlung der Stornogebühr durch die Eheleute D keine Gegenleistung gegenübersteht; jedoch reicht die Konstatierung des Ersturteiles, daß die Angeklagten diesfalls 'auf Grund der vom Zeugen D geäußerten Bedenken über seine finanzielle Leistungsfähigkeit zumindest in Kauf nahmen, daß dieser durch die Bezahlung der Stornogebühr an seinem Vermögen ein(en) Schaden erleiden würde '(S 107), zur Annahme des Schädigungsvorsatzes nicht aus, weil die - für den vom Erstgericht erkennbar herangezogenen bedingten Vorsatz notwendige - Komponente des 'Sichabfindens' (§ 5 Abs 1, zweiter Halbsatz, StGB) in der wiedergegebenen Formulierung nicht zweifelsfrei zum Ausdruck kommt.

Einer solchen Formulierung ist nämlich Aussagekraft nur dahin zuzubilligen, daß sich der Betreffende der (nahen) Möglichkeit eines Schadenseintrittes bewußt war.

Dies reicht aber zur Bejahung vorsätzlichen Handelns nicht aus. Denn der Umstand, daß der Täter die Möglichkeit der Verwirklichung des Tatbildes ernst nimmt (= als naheliegend ansieht), kann gleichermaßen Ausgangspunkt für (bedingt) vorsätzliches wie für (bewußt) fahrlässiges Handeln sein. Diese beiden Schuldformen unterscheiden sich erst in der Fortsetzung des Willensbildungsprozesses dadurch, daß der Täter im einen Fall sich dennoch zur Tat entschließt, weil er einen das Tatbild verwirklichenden Ablauf der Ereignisse hinzunehmen gewillt ist, im anderen Fall aber im - wenn auch leichtfertigen - Vertrauen darauf handelt, den verpönten Erfolg nicht herbeizuführen (ÖJZ-LSK 1975/48 u.a.).

Somit hat das Erstgericht in subjektiver Hinsicht nur unzureichende Feststellungen getroffen, die die Subsumtion der den Angeklagten angelasteten Tat unter den Tatbestand des § 146 StGB nicht zu decken vermögen. Dieser Feststellungsmangel macht das Urteil nichtig im Sinne des § 281 Abs 1 Z 9 lit. a StPO

Teils in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A und teils - nämlich in Ansehung des Angeklagten B - gemäß dem § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen war daher das angefochtene Urteil im Schuldspruch sowie in den beide Angeklagten betreffenden Aussprüchen über die Strafe und den Privatbeteiligtenzuspruch gemäß dem § 369 Abs 1 StPO gemäß dem § 285 e StPO mit Zustimmung der Generalprokuratur schon bei der nichtöffentlichen Beratung aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung in die erste Instanz zurückzuverweisen, ohne daß es erforderlich wäre, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Mit ihren Berufungen - der Angeklagte B auch mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde - waren beide Angeklagten auf diese Entscheidung zu verweisen.

Im erneuerten Verfahren wird das Erstgericht im Falle eines neuerlichen Schuldspruches im Sinne des § 146 StGB in eingehender Auseinandersetzung mit der Aussage des Zeugen Martin D (schon angesichts des Widerspruches:

er habe die Brille genommen und den Vertrag durchgelesen /-S 96/-; er könne nur ungarisch, nicht deutsch lesen /-S 98/-) mängelfrei begründete Feststellungen über dessen Täuschung und Irreführung, ferner auch über den auf eine Schädigung durch ein (nicht von den Angeklagten, sondern von Martin D ausgehendes) Storno im Zusammenhang mit der (nicht von den Angeklagten, sondern von der Baugesellschaft C und Co) geforderten Stornogebühr und über den Bereicherungsvorsatz der Täter, diesen insbesondere im Hinblick darauf zu treffen haben, daß ihnen nach den bisherigen Verfahrensergebnissen im Falle der Stornierung eines Auftrages gar keine Provisionsansprüche zustehen (S 104, 106). Sollte aber ein Handeln mit Bereicherungsvorsatz nicht angenommen werden, wäre der festgestellte Sachverhalt allenfalls auch in Richtung auf eine Verwirklichung des Tatbestandes der Täuschung nach dem § 108 StGB zu prüfen (siehe S 31 und 98).

Anmerkung

E02174

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0130OS00127.79.0910.000

Dokumentnummer

JJT_19790910_OGH0002_0130OS00127_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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