TE OGH 1981/6/16 9Os32/81

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Veröffentlicht am 16.06.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Juni 1981 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie der Richteramtsanwärterin Dr. Reissig als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian A und andere wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z. 2 StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Christian A, Walter B und Franz C gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 22.Dezember 1980, GZ. 1 a Vr 282/80-26, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Gürtler, Dr. Häller und Dr. Oehlzand sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Den Nichtigkeitsbeschwerden wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem Ausspruch, daß die Angeklagten Christian A, Walter B und Franz C die Tat in verabredeter Verbindung begangen haben, und demgemäß auch in der rechtlichen Beurteilung der Tat als Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z. 2 StGB. sowie im gesamten Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z. 3 StPO. im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Christian A, Walter B und Franz C haben durch das ihnen nach dem aufrecht bleibenden Teil des Schuldspruchs zur Last fallende Verhalten das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB. begangen und werden hiefür nach dieser Gesetzesstelle, Christian A unter Anwendung des § 11 JGG., zu Freiheitsstrafen verurteilt, und zwar Christian A zu 1 (einer) Woche, Walter B zu 3 (drei) Wochen, und Franz C, dieser unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB. auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 23.Oktober 1980, AZ. 1 e E Vr 8015/80, zu 6 (sechs) Wochen als Zusatzstrafe. Gemäß § 43 Abs 1 StGB. wird die über Christian A und Walter B verhängte Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von je drei Jahren bedingt nachgesehen.

Mit ihren Berufungen gegen den Strafausspruch werden Christian A, Walter B und Franz C auf die getroffene Entscheidung verwiesen. Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden verworfen. Der Berufung des Angeklagten Christian A gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO. fallen allen drei Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 18.Jänner 1962 geborene - zur Tatzeit noch jugendliche - Hilfsarbeiter Christian A, der am 23. April 1961

geborene Hilfsarbeiter Walter B und der am 15.Mai 1946 geborene beschäftigungslose Franz C des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z. 2 StGB. schuldig erkannt. Ihnen liegt zur Last, am 6.Oktober 1979 in Bruck an der Leitha in verabredeter Verbindung den Anton D vorsätzlich am Körper verletzt zu haben, indem sie ihm Faustschläge und Fußtritte versetzten, wodurch der Genannte einen Rippenbruch mit leichter Fragmentverschiebung - nach dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen eine noch als leicht anzusehende Verletzung - erlitt.

Diesen Schuldspruch bekämpfen die Angeklagten mit Nichtigkeitsbeschwerden, wobei Christian A die Nichtigkeitsgründe der Z. 5, 9 lit b und 10, Walter B die der Z. 5, 9 lit a, 9 lit b und 10 und Franz C jene der Z. 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO geltend macht.

Rechtliche Beurteilung

Den Nichtigkeitsbeschwerden kommt, soweit sie sich insbesondere unter Berufung auf den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z. 10 StPO. gegen die rechtliche Beurteilung der Tat als Vergehen der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 2 Z. 2 StGB. wenden und - Walter B allerdings nicht ausdrücklich - die Unterstellung ihres Verhaltens bloß unter § 83 Abs 1 StGB. begehren, Berechtigung zu. Das Erstgericht stellt - kurz zusammengefaßt - fest, daß sich die Angeklagten und der Zeuge D, die allesamt mehr oder minder alkoholisiert waren, in den späten Abendstunden des 6.Oktober 1979 in einem Kaffeehaus in Bruck an der Leitha aufhielten. Dort kam es zu einem Streit, in dessen Verlauf D auf den Angeklagten C einschlug, der sich zur Wehr setzte. Nachdem sie über Aufforderung der Kellnerin das Lokal verlassen hatten, setzten D und C vor dem Kaffeehaus ihren Raufhandel fort, in den sich über Aufforderung des C auf Seiten des letzteren der Angeklagte B einmengte. C und B schlugen D nieder und entfernten sich hierauf mit dem Angeklagten A. Nach ca. 100 Metern wurden sie von D eingeholt, der C und B von hinten anrempelte, wodurch alle drei zu Boden fielen. In die daraus entstehende neuerliche Rauferei, bei der dem bis dahin nicht oder kaum verletzten D mehrfache Verletzungen zugefügt wurden, griff schließlich auch der Angeklagte A ein, indem er D, als dieser bereits am Boden lag, mit dem Fuß noch einen Stoß in den Bereich des Brustkorbes versetzte. Durch die Tätlichkeiten erlitt D im Gesicht und am Hals zahlreiche Kratzwunden, eine Blutunterlaufung der rechten Augenlider und - nur diese Verletzung ist in die Anklage und im Schuldspruch erwähnt - einen Bruch der neunten Rippe rechts mit geringfügiger Verschiebung der Bruchstellen, welch letztere Verletzung allein und im Zusammenwirken mit den übrigen Beschädigungen noch als leicht angesehen werden kann (S. 108, 109). In rechtlicher Beziehung führt das Schöffengericht aus, die Angeklagten hätten sich zwar nicht abgesprochen, den Zeugen D aber doch in (konkludent) verabredeter Verbindung mißhandelt, 'um es ihm endlich einmal zu zeigen' und 'seinen dauernden Anpäbelungen und Angriffen einen Riegel vorzuschieben' (S. 112).

Der Rechtsansicht des Schöffengerichtes, die Angeklagten hätten in verabredeter Verbindung gehandelt, kann jedoch nicht gefolgt werden. Die Qualifikation nach § 84 Abs 2 Z. 2 StGB. setzt eine verabredete Verbindung von mindestens drei Tätern voraus; diese kann zwar auch konkludent zustandekommen, erfordert aber eine im Regelfall vor der Tatbegehung erfolgte (ernstliche) Willenseinigung der Täter über die geplante Tatausführung, mithin einen gemeinsamen Tatentschluß, zufolge dessen die zur Tatbegehung entschlossenen Personen am Tatort als Einheit auftreten, wodurch sie sich von der (schlichten) Mittäterschaft unterscheidet (vgl. ÖJZ-LSK 1979/102 = EvBl. 1979/146; 1980/37).

Bloß zufälliges - sich aus einer bestimmten Situation ergebendes - Zusammenwirken ohne vorherigen Tatplan oder vorangegangene Willenseinigung genügt für den Begriff der verabredeten Verbindung nicht (Leukauf-Steininger, Kommentar2 § 84 RN. 13). An einer solchen, vor der Tat verabredeten Verbindung mindestens dreier Täter fehlt es aber nach den Feststellungen des Schöffengerichtes. Denn darnach schlugen zunächst nur C und D aufeinander ein, sodann half im Zuge der folgenden Auseinandersetzung vor dem Kaffeehaus B dem C, und erst als die Genannten neuerlich von D angegriffen worden waren, mengte sich schließlich auch der Angeklagte A ein und versetzte dem D zuletzt noch einen Fußtritt. Daß sich die drei Angeklagten von vornherein oder jedenfalls in der letzten Phase des Geschehens, in der die inkriminierte (leichte) Verletzung des D erfolgte, ausdrücklich oder auch nur konkludent zu gemeinsamen Tätlichkeiten gegen D verabredet haben, hat das Schöffengericht nicht festgestellt. Nach den erstgerichtlichen Urteilsannahmen hat vielmehr der Angeklagte A spontan und bloß zufällig in die bis dahin lediglich von C und B gegen D gesetzten Tätlichkeiten eingegriffen, was aber zur Annahme einer Tatbegehung von mindestens drei Personen in verabredeter Verbindung nicht ausreicht.

Wohl aber ist das vom Erstgericht festgestellte Verhalten der Angeklagten als eine in Reaktion auf den letzten Angriff des D ad hoc zustandegekommene Beteiligung (§ 12 StGB.) im Sinne einer Mittäterschaft zu beurteilen. Sämtliche Angeklagten haben an Anton D Hand angelegt, wobei sie, wie sich schon nach Art ihrer Handlungsweise klar erkennen läßt, von gemeinsamem Verletzungsvorsatz geleitet waren. Auch wenn sich nicht sicher feststellen läßt, durch wessen Einwirkung dem Zeugen D der allein unter Anklage gestellte Rippenbruch unmittelbar zugefügt worden ist, so haften doch alle drei Angeklagten für diese Verletzung, welche keineswegs über den Rahmen dessen hinausging, was jeder von ihnen als Folge solchen Handelns zumindest ernstlich erwogen und womit er sich abgefunden hatte (Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB.2, § 84 RN. 12; § 12 RN. 10). Damit ist aber die Tat der Angeklagten rechtlich nicht als Vergehen der schweren Körperverletzung in verabredeter Verbindung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z. 2

StGB. zu beurteilen, sondern als dem Anton D von den Angeklagten im bewußt gewollten Zusammenwirken zugefügte Körperverletzung im Sinne des § 83 Abs 1 StGB.

Im übrigen sind die Nichtigkeitsbeschwerden jedoch unbegründet. Die vom Angeklagten A unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z. 9 lit b StPO.

reklamierte Anwendung des § 42 StGB. kommt schon deshalb nicht in Frage, weil es zumindest an einer der im § 42 Abs 1 Z. 1 - 3 StGB. normierten Voraussetzungen für die Annahme mangelnder Strafwürdigkeit der Tat fehlt, die aber insgesamt vorliegen müssen, um ein Vorgehen nach § 42 Abs 1 StGB. zu ermöglichen: Die Folgen der Tat sind nämlich keinesfalls als unbedeutend anzusehen (§ 42 Abs 1 Z. 2 StGB.), hat doch der Zeuge D einen Rippenbruch erlitten, der gerade noch als leichte Verletzung zu beurteilen war.

Der Angeklagte B macht - ebenfalls in Richtung des § 281 Abs 1 Z. 9 lit b StPO. - geltend, ihm komme der Rechtfertigungsgrund der Notwehr, allenfalls zugunsten des Angeklagten C (Nothilfe) zugute, übersieht jedoch, daß im Fall eines Raufhandels, der aus wechselseitigen Angriffs- und Verteidigungshandlungen besteht, Notwehr oder Nothilfe nur ausnahmsweise in Betracht kommt, etwa wenn die Auseinandersetzung von einer Seite unangemessen (z.B. durch Gebrauch von Waffen) eskaliert wird oder nach Einstellung der Tätlichkeiten durch einen Streitteil die Angriffshandlungen vom anderen fortgesetzt werden (Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB.2, § 3 RN. 84).

Den Urteilsfeststellungen zufolge lag jedoch kein derartiger Fall vor. Vielmehr haben die Angeklagten im letzten Stadium des Tatgeschehens, in welchem Anton D die in Rede stehende Verletzung zugefügt worden ist, den Genannten niedergeschlagen, getreten und (sonst) mißhandelt, um dessen Anpäbelungen und Angriffen einen Riegel vorzuschieben und 'es ihm endlich einmal zu zeigen' (S. 112). Worin der Angeklagte B den von ihm weiters zitierten Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. erblickt, ist dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen.

Als unzutreffend erweist sich auch das vom Angeklagten Franz C unter Anrufung der Nichtigkeitsgründe der Z. 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO. deponierte Vorbringen, es sei nicht mit genügender Sicherheit festgestellt worden, daß der Rippenbruch dem Anton D erst bei der letzten Auseinandersetzung zugefügt worden sei, weshalb der Beschwerdeführer nur wegen irgendeiner (anderen) Verletzung des D, auf die sich jedoch die Anklage nicht beziehe, verantwortlich sein könne.

Die Rechtsrüge ist insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt, als den Entscheidungsgründen ohnehin eindeutig zu entnehmen ist, daß der 'bis dahin nicht oder kaum verletzte D' (S. 109) erst im letzten Stadium des Tatgeschehens - 'beim dritten Vorfall, als er auf der Straße lag und Schläge erhielt' (S. 110 oben) - die in Rede stehende Verletzung erlitten hat, welche Annahme in den Ergebnissen des Beweisverfahrens (vgl. S. 80 und 101) und im Tathergang selbst eine ausreichende Stütze findet.

Davon abgesehen ist gerade der Angeklagte C von Beginn an an den Tätlichkeiten beteiligt gewesen.

Als Mittäter haftet er zudem, wie schon oben dargelegt wurde, für den gesamten aus der Handlungsweise aller Mittäter resultierenden Erfolg, mag auch die in Rede stehende Verletzung nicht unmittelbar aus seiner, sondern durch Einwirkung eines der anderen Mittäter entstanden sein.

Es war daher den Nichtigkeitsbeschwerden, wie im Spruche ersichtlich, teilweise Folge zu geben, wogegen sie im übrigen als unbegründet zu verwerfen waren.

Bei der hiedurch erforderlichen Strafneubemessung war erschwerend bei den Angeklagten Christian A und Walter B kein Umstand, beim Angeklagten Franz C hingegen das Vorliegen mehrerer einschlägiger Vorstrafen sowie der rasche Rückfall, mildernd dagegen beim Angeklagten Christian A der bisherige ordentliche Lebenswandel und das Geständnis, beim Angeklagten Walter B das Alter unter 21 Jahren und sein Beitrag zur Wahrheitsfindung, und beim Angeklagten Franz C ebenfalls sein Beitrag zur Wahrheitsfindung, sowie darüberhinaus bei allen drei Angeklagten die Provokation durch den Verletzten. Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen und unter Berücksichtigung des Grades der Schuld der einzelnen Angeklagten sind die aus dem Spruch ersichtlichen Strafen schuldangemessen und täterpersönlichkeitsgerecht.

Beim Angeklagten C war dabei auf eine inzwischen aktenkundig gewordene Vorverurteilung gemäß §§ 31, 40

StGB. Bedacht zu nehmen und demgemäß die Strafe als Zusatzstrafe auszumessen. Die über die Angeklagten A und B verhängten Strafen waren - wie schon in erster Instanz und von der Anklagebehörde unangefochten - unter Bestimmung einer entsprechenden Probezeit bedingt nachzusehen. Beim Angeklagten C kam dagegen im Hinblick auf sein Vorleben eine bedingte Strafnachsicht aus spezialpräventiven Gründen nicht in Betracht.

Mit ihren Strafberufungen waren die Angeklagten auf die getroffene Sachentscheidung zu verweisen.

Was die vom Angeklagten Christian A überdies ergriffene Berufung gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche betrifft, so kommt dieser keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat alle drei Angeklagten gemäß § 369 StPO. dazu verurteilt, dem Privatbeteiligten Anton D zur ungeteilten Hand einen Betrag von 1.000 S zu bezahlen. Diesen Ausspruch bekämpft lediglich der Angeklagte A mit der Begründung, er sei entgegen der zwingenden Vorschrift des § 365 Abs 2 StPO. zum geltendgemachten privatrechtlichen Anspruch nicht vernommen worden, und es sei überdies das Mitverschulden des Verletzten nicht entsprechend berücksichtigt worden.

Richtig ist, daß ohne Anhörung des Angeklagten eine Entscheidung über die privatrechtlichen Ansprüche nicht erfolgen darf (§ 365 Abs 2 StPO.; vgl. hiezu insbesondere ÖJZ-LSK 1979/221). Durch die in Rede stehende gesetzliche Anordnung soll auch im Adhäsionsverfahren das beiderseitige rechtliche Gehör gewährleistet und dem Angeklagten die Möglichkeit gegeben werden, die erhobene Forderung (ganz oder teilweise) anzuerkennen oder aber gegen sie auch alle zwar strafrechtlich etwa irrelevanten, vom bürgerlich-rechtlichen Standpunkt aber in Ansehung der Frage des Zuspruchs möglicherweise wesentlichen Umstände gegen diesen ins Treffen zu führen (EvBl. 1972/339), womit auch vermieden werden soll, daß ein Zuspruch ergeht, obwohl der Angeklagte etwa den Schaden bereits gutgemacht hat (Mayerhofer-Rieder StPO. Nr. 20 zu § 365) oder der Privatbeteiligte bereits einen Exekutionstitel besitzt (SSt 7/53, 14/25, RZ 1955/181). Der solcherart umschriebene Zweck der Vorschrift des § 365 Abs 2 StPO. wird nicht erreicht, wenn der Angeklagte bloß im Rahmen seiner Verantwortung zum inkriminierten Tatgeschehen auch zu jenen (strafrechtlich relevanten) Umständen gehört wird, auf die der Privatbeteiligte seinen zivilrechtlichen Ersatzanspruch gründet. Hingegen wird - sofern nicht zur Beurteilung des geltendgemachten Ersatzanspruchs zusätzliche Aufklärung über Tatumstände geboten ist, worüber nur der Angeklagte selbst Auskunft geben kann, was aber vorliegend nicht der Fall ist - der Zielsetzung des § 365 Abs 2 StPO. (entgegen der in der Entscheidung 11 Os 113/73 vertretenen, nicht näher begründeten Auffassung) entsprochen, wenn der Angeklagte zwar nicht selbst, aber durch seinen Verteidiger zum geltendgemachten privatrechtlichen Anspruch, mag dies auch erst im Schlußvortrag geschehen (wobei immer noch die Möglichkeit besteht, erforderlichenfalls das Beweisverfahren wiederzueröffnen), ausdrücklich Stellung nimmt. Denn die 'Vernehmung' im Sinne des § 365 Abs 2 StPO. hat insoweit den Charakter einer Prozeßhandlung, und Prozeßhandlungen des Verteidigers, denen der Angeklagte nicht widerspricht, sind auch für den Angeklagten wirksam. Im vorliegenden Fall hat der Verteidiger des Angeklagten A, wie sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergibt (S. 102), im Schlußvortrag ausdrücklich zum geltendgemachten Anspruch des Privatbeteiligten D Stellung genommen, wobei sich der Angeklagte den Ausführungen seines Verteidigers angeschlossen hat (vgl. abermals S. 102). Damit wurde aber der Vorschrift des § 365 Abs 2 StPO. im vorliegenden Fall Genüge getan.

Wird der Angeklagte verurteilt, so hat gemäß § 366 Abs 2 StPO. (n.F.) der Gerichtshof in der Regel zugleich über die privatrechtlichen Ansprüche des Geschädigten zu erkennen; die Verweisung auf den Zivilrechtsweg darf nur erfolgen, wenn die Ergebnisse des Strafverfahrens weder an sich noch nach Durchführung einfacher zusätzlicher Erhebungen ausreichen, um auf Grund ihrer über die Ersatzansprüche verläßlich urteilen zu können. Vorliegend haben - entgegen der Auffassung des Berufungswerbers - die Verfahrensergebnisse durchaus ausgereicht, um verläßlich über den geltendgemachten Schmerzengeldanspruch (S. 102), der aus § 1325 ABGB. folgt, nicht nur dem Grunde, sondern auch der begehrten Höhe nach absprechen zu können, zumal vor allem aus dem medizinischen Sachverständigengutachten (ON. 11) die Art der zugefügten Verletzung, die Dauer und die Intensität der damit verbundenen Beeinträchtigung der körperlichen Integrität des Verletzten hervorgehen und daraus auch abgeleitet werden kann, daß der Verletzte durch die dem Schuldspruch zugrundeliegende Verletzung Schmerzen erlitten hat, für welche der angesprochene Betrag von 1.000 S - auch unter entsprechender Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Verletzten - angemessen erscheint. Sohin war der Berufung des Angeklagten A gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03227

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0090OS00032.81.0616.000

Dokumentnummer

JJT_19810616_OGH0002_0090OS00032_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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