TE OGH 1982/10/21 12Os144/82

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Veröffentlicht am 21.10.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Oktober 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Horak und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Stortecky als Schriftführerin in der Strafsache gegen Friedrich A und Horst B wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von den Angeklagten Friedrich A und Horst B gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 19. Mai 1982, GZ 29 Vr 413/

81-17, erhobene Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Obitsch, sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Bassler zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 15.11.1943 geborene Gelegenheitsarbeiter Friedrich A und der am 3.9.1946 geborene Kraftfahrer Horst B des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Nötigung zur Unzucht nach § 204 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil sie am 12.1.1981 in Innsbruck im bewußten und gemeinsamen Zusammenwirken als Mittäter Simona C 1. mit Gewalt und durch gefährliche Drohung, nämlich dadurch, daß sie sie festhielten, auf eine Couch und einen Billardtisch drückten, ihr Ohrfeigen versetzten, Friedrich A sie mit einem nassen Tuch und einem Kochlöffel schlug und Horst B erklärte, wenn sie sich nicht ausziehe, zerschlage er eine Sektflasche auf ihrem Kopf, zerstückle sie oder schneide ihre Brust ab und werfe sie in den Inn zum außerehelichen Beischlaf nötigten und 2. die Genannte außerdem durch die oben angeführten Tätlichkeiten und Äußerungen mit Gewalt und durch eine gegen sie gerichtete Drohung zur Unzucht nötigten, indem sie ihren Geschlechtsteil in den Mund der Simona C steckten.

Diese Schuldsprüche bekämpfen die beiden Angeklagten mit auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten (gemeinsam ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden, die Strafaussprüche fechten sie mit Berufung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge der Angeklagten erschöpft sich - soweit er sie nicht überhaupt bloß eine im Verfahren über eine Nichtigkeitsbeschwerde unbeachtliche Ankündigung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens darstellt -

in dem unzulässigen Versuch, die Glaubwürdigkeit der Zeugin Simona C zu erschüttern und damit die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes anzufechten, und entbehrt daher einer gesetzmäßigen Darstellung. Denn weder durch den Hinweis, daß Simona C nach dem (gegenständlichen) Vorfall vom 12.1.1981 erst später, am 19.1.1981 Anzeige erstattete - welcher Umstand im Urteil Erwähnung fand -, noch mit dem Einwand, das Urteil lasse eine ins Detail gehende Erörterung der die Belastungen der Angeklagten im Vorverfahren abschwächenden Aussage dieser Zeugin in der Hauptverhandlung vermissen, wird ein Begründungsmangel in Ansehung entscheidungswesentlicher Tatsachenfeststellungen aufgezeigt. Der ersterwähnte Umstand findet in den im Urteil berücksichtigten Angaben der Zeugin vor der Polizei (S 45, 47 d.A) eine plausible Erklärung, betrifft im übrigen keine entscheidungswesentliche Tatsache und bedurfte daher keiner näheren Erörterung im Urteil. Mit der (in der Hauptverhandlung geänderten) Aussage der Zeugin Simona C hat sich das Erstgericht aber hinreichend auseinandergesetzt und die (totale) Abschwächung der Belastung der Angeklagten in der Hauptverhandlung denklogisch und lebensnah auf ihre - 'aus dem Verhalten bei ihrer Aussage während der Hauptverhandlung erkennbare' und bereits 'vor der Polizei wiederholt betonte' -

Angst vor einer Rache der Angeklagten zurückgeführt (S 7 f des nicht durchgehend mit Aktenseitenzahlen versehenen Urteils ON 17). Damit hat aber das Erstgericht mit Bezugnahme auf den von der Zeugin gewonnenen persönlichen Eindruck die Erkenntnisquellen, für die zum Ausdruck gebrachte überzeugung angegeben und diesen Ausspruch solcherart zureichend - und denkrichtig - begründet, sodaß ein Verstoß gegen die im § 270 Abs. 2 Z 5 StPO normierte Begründungspflicht (... 'in gedrängter Darstellung...') nicht vorliegt.

In ihren Rechtsrügen wenden sich die Angeklagten gegen die Annahme realkonkurrierender Tatbestandsverwirklichung in Ansehung des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 201 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Nötigung zur Unzucht nach § 204 Abs. 1 StGB mit der Begründung, ihr Vorsatz sei 'auf Betätigung sexueller Art' nach Lage der sich bietenden Gelegenheit, teils 'im Rahmen eines Geschlechtsverkehrs', teils 'im Rahmen der sich sonst dabei einstellenden Möglichkeiten' gerichtet gewesen. Es dürfe daher nicht jeder einzelne Vorgang eines sexuellen Kontaktes für sich isoliert und losgelöst vom mehrfach stattgefundenen Geschlechtsverkehr betrachtet und rechtlich gesondert beurteilt werden.

Auch die Rechtsrügen versagen:

Nach den insoweit maßgebenden Urteilsannahmen haben die Angeklagten Simona C nach deren Weigerung, mit ihnen einen (entgeltlichen) Geschlechtsverkehr auszuführen, durch Drohungen so eingeschüchtert, daß sie es nicht mehr wagte, körperlichen Widerstand zu leisten, sondern sich ihrer Kleidung entledigte (S 115 d.A und S 9 des Urteils ON 17). In der Folge wurde sie von beiden Angeklagten auf den Billardtisch niedergedrückt, der Angeklagte Friedrich A warf sich auf sie und vollzug den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguß. Gleichzeitig wurde sie vom Angeklagten Horst B zum Mundverkehr gezwungen. Anschließend tauschten die beiden Angeklagten ihre Rollen und Horst B vollzog den Geschlechtsverkehr, während Friedrich A seinen Geschlechtsteil in den Mund des Mädchens steckte. Dieser Rollentausch vollzug sich mehrmals (S 115, 116 d.A), wobei der Mundverkehr (jeweils) einem eigenen Willensentschluß (der Täter) entsprang (S 9 des Urteils) und nach der Beurteilung des Schöffengerichtes nicht als reine Begleithandlung des Geschlechtsverkehrs gesehen werden kann.

Das Gesetz unterscheidet im Abschnitt Strafbare Handlungen gegen die Sittlichkeit zwischen der Vollziehung des (außerehelichen) Beischlafes und der Vornahme anderer unzüchtiger Handlungen; während § 202 StGB die Nötigung zum Beischlaf pönalisiert, stellt § 204 StGB die Nötigung zur Unzucht unter Strafsanktion. Dies bedeutet, daß Idealkonkurrenz zwischen dem Verbrechen nach § 202 StGB und dem Vergehen nach § 204 StGB nicht möglich ist. Hingegen kann - wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat - Realkonkurrenz zwischen diesen Tatbeständen selbst bei einem einheitlichen Angriff gegeben sein, wenn nämlich die (auf differenzierten geschlechtlichen Mißbrauch gerichteten) Unzuchtsakt nicht bloße Vorbereitungshandlungen (bzw Zwischen- oder Nachphasen) der Beischlafhandlungen darstellen, und auf gesonderten Willensentschlüssen beruhen (vgl 13 Os 65/82). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nach den Urteilsannahmen gegeben; der jeweilige erzwungene Mundverkehr des einen Angeklgten während der Vollziehung des Beischlafes durch den anderen Angeklagten kann - wie schon das Erstgericht zutreffend ausführt - nicht (mehr) als bloße 'Begleithandlung' des durch Nötigung erreichten Beischlafsaktes des jeweils anderen Täters angesehen werden. Die Unzuchtsakte stellen vielmehr vom Delikt des § 202 Abs. 1

StGB getrennte, auf gesonderten Willensentschluß der Angeklagten beruhende Tathandlungen dar, wobei es keinen Unterschied macht, ob der Vorsatz der Angeklagten von vornherein auf geschlechtlichen Mißbrauch des Opfers teils durch Beischlaf, teils auf andere Art gerichtet war, oder ob - was den Urteilsannahmen entnommen werden könnte - die Beischlafs- und Unzuchtsakte jeweils einem spontanen 'eigenen Willensentschluß' entsprangen, wobei nach Lage des Falles von einem bloßen Ausnützen einer durch die Vortat geschaffenen und weiter bestehenden Nötigungslage des Opfers (vgl hiezu LSK 1979/41) nach den zugrundezulegenden Urteilsfeststellungen keine Rede sein kann (vgl Leukauf-Steininger2, RN 25 zu § 201 StGB und RN 20 zu § 202 StGB; JBl 1973, 98; 13 Os 65/82). Dem Erstgericht ist sohin mit der (rechtlichen) Annahme realkonkurrierender Tatbestandsverwirklichung im Sinne der § 202 Abs. 1 und 204 Abs. 1 StGB kein Rechtsirrtum unterlaufen.

Mit dem weiteren Vorbringen in der Rechtsrüge, die Zeugin Simona C sei zu geschlechtlicher Betätigung mit den Angeklagten von vornherein bereit gewesen, sowie den Drohungen habe die erforderliche Ernstlichkeit gefehlt, verlassen die Angeklagten den Boden der dieser Beurteilung in tatsächlicher Hinsicht entgegenstehenden Urteilsannahmen;

insoweit sind die Rechtsrügen nicht gesetzmäßig ausgeführt. Den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten war daher ein Erfolg zu versagen.

Das Schöffengericht verurteilte beide Angeklagten nach § 28, 202 Abs. 1 StGB zu Freiheitsstrafen in der Dauer von je fünfzehn Monaten und nahm bei der Strafzumessung als erschwerend die auf Gewalttätigkeiten zurückzuführenden Vorstrafen, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die Fortsetzung der Tat innerhalb eines längeren Zeitraumes an, wertete hingegen als mildernd keinen Umstand.

Die (gemeinsam ausgeführten) Berufungen beider Angeklagten streben eine Herabsetzung des Strafausmaßes mit der Begründung an, daß ihnen die Begehung der strafbaren Handlungen durch die 'Zutraulichkeit' der Zeugin Simona C erleichtert wurde.

Die Berufungen sind nicht begründet.

Der zusätzlich geltendgemachte Milderungsgrund liegt nach den Urteilsannahmen nicht vor, weil nach diesen der Zeugin C von beiden Angeklagten die Beschaffung einer Anstellung als Kellnerin versprochen worden war und sie unter diesem Vorwand zum Tatort gelockt wurde. Auch sonst vermögen die Berufungen keine Umstände darzutun, welche geeignet erschienen, einer Strafherabsetzung näherzutreten. Im Hinblick auf das getrübte Vorleben und die in den Erschwerungsgründen zutreffend ihren Niederschlag findenden Umständen der Tat sind die verhängten Freiheitsstrafen nicht als überhöht anzusehen, sondern entsprechen vielmehr der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld der Angeklagten, sodaß den Berufungen gleichfalls ein Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO

Anmerkung

E03907

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0120OS00144.82.1021.000

Dokumentnummer

JJT_19821021_OGH0002_0120OS00144_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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