TE OGH 1983/3/10 12Os7/83

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.03.1983
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. März 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Baumgartner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gottfried Constantin A wegen des Verbrechens der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202 Abs1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 22. Oktober 1982, GZ 12 Vr 2015/81-59, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes, Hon. Prof. Dr.Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Johannes Stiehldorf und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Erster Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der nunmehr 29-jährige, zuletzt beschäftigungslose Gottfried Constantin A der Verbrechen der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB (Punkt 1 des Urteilsspruchs) und der Notzucht nach § 201 Abs 1 StGB (Punkt 3 des Urteilsspruchs) sowie der Vergehen des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB (Punkt 2 des Urteilsspruchs) und der teils vollendeten, teils versuchten gefährlichen Drohung nach §§ 107 Abs 1 und 2, 15 StGB (Punkte 4 und 5 des Urteilsspruchs) schuldig erkannt.

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 4, 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, und zwar nur insoweit, als er des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs 1 StGB (Punkt 3) und des Vergehens der teils vollendeten, teils versuchten gefährlichen Drohung nach §§ 107 Abs 1 und 2, 15 StGB (Punkte 4 und 5) schuldig erkannt wurde.

Als Verbrechen der Notzucht liegt ihm zur Last, am 16. Dezember 1981 in Wels eine Person weiblichen Geschlechts, nämlich die damals 26- jährige Dagmar Marianne B, mit Gewalt gegen ihre Person, indem er sie in ihrer Wohnung gegen ein Küchenmöbel stieß, ihr den Rock herunterriß, sie zu Boden warf, ihr die Strumpfhose und die Unterhose herunterriß und ihr trotz Gegenwehr die Arme über den Kopf auf den Boden drückte sowie ihr gewaltsam die Beine auseinanderzwängte und diese (mit seinen Beinen) fixierte, widerstandsunfähig gemacht und sie in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht zu haben.

Des Vergehens der teils vollendeten, teils versuchten gefährlichen Drohung wurde er deshalb schuldig erkannt, weil er von etwa September 1981 bis etwa Mitte Dezember 1981 in Wels seine geschiedene Gattin Herta A teils telefonisch, teils persönlich mehrmals durch Äußerungen, er werde sie abstechen, mit dem Tode gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und weiters um den 26. September 1982 in Wels versuchte, Herta A und Andreas C zumindest mit einer Verletzung am Körper gefährlich zu bedrohen, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er aus dem kreisgerichtlichen Gefangenenhaus einen Brief an Herta A richtete, dessen Inhalt Andreas C mitgeteilt werden sollte und der weitere, im Ersturteil einzeln angeführte Drohungen gegenüber den beiden genannten Personen enthielt.

Als einen seine Verteidigungsrechte verletzenden Verfahrensmangel im Sinne der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO rügt der Beschwerdeführer die Abweisung seiner in der Hauptverhandlung gestellten Anträge auf Einvernahme der Zeugen Eduard D und Vera E. Die Vernehmung des Zeugen D hatte er zum Beweis dafür beantragt, daß er sich nur sieben bis acht Minuten in der Wohnung der Dagmar Marianne B aufgehalten hat (S 250 d.A); hinsichtlich der Zeugin E, die zur Hauptverhandlung geladen worden war, aber nicht erschienen ist, worauf der öffentliche Ankläger auf deren Einvernahme verzichtete, hatte er erklärt, seinerseits auf die Einvernahme nicht zu verzichten (S 278 d. A).

Das Schöffengericht hat den Antrag auf Vernehmung des Zeugen D mit der Begründung abgewiesen, daß die Zeitspanne, die dem Angeklagten für die Notzuchtshandlung zur Verfügung stand und über die der Zeuge aussagen sollte, nicht relevant sei (S 279 d.A), während es die Einvernahme der Zeugin E deshalb für entbehrlich hielt, weil die Sachlage geklärt erscheine und die Genannte ohnedies vor der Polizei angegeben habe, daß sie Dagmar B in bekleidetem Zustand gesehen hat (abermals S 279 d.A).

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers bewirkte die Nichtaufnahme der in Rede stehenden Beweise keine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte, sodaß die behauptete Urteilsnichtigkeit nicht gegeben ist. Was die Vernehmung des Zeugen D betrifft, so konnte sie deshalb ohne nachteiligen Einfluß auf die Entscheidung unterbleiben, weil der Angeklagte die inkriminierten Tathandlungen in der Wohnung der Dagmar Marianne B auch in dem behaupteten Zeitraum von sieben bis acht Minuten, der durch die Vernehmung des Eduard D verifiziert werden sollte, begangen haben konnte und das Schöffengericht ohnedies eine solche Zeitspanne in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen hat (S 299 d.A); daß darüber hinaus verfahrenserhebliche Erkenntnisse durch die Vernehmung des Genannten zu gewinnen gewesen wären, hat der Beschwerdeführer im Beweisantrag nicht behauptet. Die Einvernahme der Zeugin E hinwieder, zu welcher der Beschwerdeführer in erster Instanz kein Beweisthema angegeben hat (vgl abermals S 278 d.A), die jedoch ersichtlich darüber erfolgen sollte, daß B angekleidet war, als E ihre Wohnung betrat, war deshalb entbehrlich, weil das Schöffengericht ohnehin davon ausgegangen ist, daß Dagmar Marianne B angekleidet war, als Vera E - nach mehrmaligem Läuten an der Haustür und an der im dritten Stock gelegenen Wohnungstür (S 13, 19, 45, 46, 277 d.A) - die Wohnung der Zeugin B betrat (S 291 d.A). Darüber aber, ob B während des ganzen Aufenthalts des Angeklagten in ihrer Wohnung bekleidet war oder sich erst unmittelbar vor dem Betreten der Wohnung durch E wieder bekleidet hatte, konnte die Zeugin E weder nach der Aktenlage noch nach den Behauptungen des Beschwerdeführers Angaben machen. Für diese Phase des Geschehens standen vielmehr - außer der Verantwortung des Angeklagten - nur die Bekundungen der Zeugin B als Beweismittel zur Verfügung, wobei das Schöffengericht beweiswürdigend der bezüglichen Aussage der Zeugin B gefolgt ist, die es als glaubwürdig wertete.

Die Verfahrensrüge versagt somit zur Gänze.

Soweit der Beschwerdeführer aber unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO seine Verurteilung wegen Nochtzucht bekämpft und meint, nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen sei Dagmar Marianne B nicht widerstandsunfähig gewesen, sodaß er insoweit nur wegen Nötigung zum Beischlaf zu verurteilen gewesen wäre, so übersieht er, daß die Konstatierungen des Schöffengerichts über den Zustand, in den der Angeklagte die Zeugin B durch die gegen sie gerichtet Gewalt versetzt und in dem er die Genannte sodann zum Beischlaf mißbraucht hat (S 291, 302 d.A), in rechtlicher Hinsicht die Annahme einer Widerstandsunfähigkeit im Sinne des § 201 Abs 1 StGB rechtfertigen, wobei im übrigen die Entscheidung, ob Widerstandsunfähigkeit vorliegt, nicht nur Rechtsfrage, sondern auch Tatfrage ist (vgl ÖJZ-LSK 1976/

237), die das Schöffengericht vorliegend unter Würdigung der Verfahrensergebnisse in bejahendem Sinn gelöst hat. Daß die Staatsanwaltschaft in der Anklage das Verhalten des Angeklagten (bloß) dem § 202 Abs 1 StGB unterstellt hat, steht dem nicht entgegen, weil das Gericht bei der Beurteilung des festgestellten Sachverhalts nicht an die Subsumtion des Anklägers gebunden ist (§ 262 StPO).

Den Schuldspruch wegen Vergehens der teils vollendeten, teils versuchten gefährlichen Drohung bekämpft der Beschwerdeführer insoweit, als er die in der Zeit von etwa September 1981 bis etwa Mitte Dezember 1981 an Herta A begangene (und vollendete) gefährliche Drohung betrifft.

Ziffernmäßig aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO, hilfsweise auch aus den Nichtigkeitsgründen der Z 9 lit a und 10 der zitierten Gesetzesstelle, bringt er hiezu vor, daß sich seine geschiedene Gattin in der Hauptverhandlung der Aussage entschlagen hat, sodaß Feststellungsgrundlage für gefährliche Drohungen nur jener Brief sein könne, den er aus der Haft geschrieben hat und der beschlagnahmt wurde, sodaß er die Adressatin nicht erreichte; mit diesem Brief könne daher nur die versuchte gefährliche Drohunge (während der Haft) bewiesen werden, während es für gefährliche Drohungen vor seiner Inhaftierung, die er stets in Abrede gestellt habe, an Beweisen fehle; es liegen demnach 'unrichtige Tatsachenfeststellungen' vor, 'zumindest (sei) die Rechtsfrage insoweit unrichtig gelöst' worden, richtigerweise hätte er vom Vorwurf der vollendeten gefährlichen Drohung freigesprochen werden müssen.

Was zunächst die, wenn auch nur hilfsweise, geltendgemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgründe (Z 9 lit a und 10) betrifft, so fehlt es an einer gesetzmäßigen Ausführung der Beschwerde, weil der Beschwerdeführer in keiner Weise substantiiert, worin ein Rechts- bzw Subsumtionsirrtum in bezug auf den Schuldspruch wegen vollendeter gefährlicher Drohung nach § 107 Abs 1 StGB gelegen sein soll. Der Sache nach kann das Beschwerdevorbringen als Vorwurf einer unzureichenden Begründung des bezeichneten Schuldspruchs gewertet werden, wobei der Beschwerdeführer damit jedoch nicht im Recht ist. Es trifft zwar zu, daß sich Herta A in der Hauptverhandlung der Zeugenaussage gemäß § 152 Abs1

Z 1 StPO entschlagen hat (S 258 d.A), doch wurden zulässigerweise (vgl Mayerhofer/Rieder StPO Nr 17 zu § 281 Z 3) ihre Angaben vor der Polizei (ON 35) verlesen (S 279 d.A), auf welche das Schöffengericht seine Konstatierungen zum bekämpften Schuldspruch gestützt hat (S 300 d.A) und auch stützen durfte. Solcherart hat es aber die diesen Schuldspruch betreffenden Urteilsannahmen ausreichend begründet, sodaß von einer Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO keine Rede sein kann.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war somit zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28 Abs 1, 201 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 (fünf) Jahren und 5 (fünf) Monaten. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend mehrere gravierende und einschlägige Vorstrafen, weiters die Deliktskonkurrenz sowie die Begehung einer neuerlichen strafbaren Handlung gegen die Sittlichkeit trotz eines bereits anhängigen einschlägigen Strafverfahrens, als mildernd hingegen das lediglich teilweise Geständnis sowie den Umstand, daß die Tat zum Nachteil der Monika F beim Versuch geblieben ist.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine beträchtliche

Herabsetzung der Strafe an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Auch wenn zu Gunsten des Berufungswerbers berücksichtigt wird, daß er die Straftaten unter dem Einfluß einer gewissen abnormen Veranlagung begangen hat, ist damit für ihn im Ergebnis nichts zu gewinnen, weil diese Persönlichkeitsartung im vorliegenden Fall - angesichts der Häufung gewalttätiger Angriffe gegen Frauen trotz einschlägiger Abstrafungen - die erhöhte Gefährlichkeit des Berufungswerbers erkennen läßt, der durch eine entsprechend strenge Strafe Rechnung getragen werden muß. Von einer als mildernd zu wertenden vernachlässigten Erziehung kann angesichts des Alters des Berufungswerbers nicht gesprochen werden, ebensowenig davon, daß er die versuchte Nötigung der Monika F nach der Aktenlage bloß infolge einer besonders verlockenden Gelegenheit verübt hat. Schließlich fehlt es aber auch an Anhaltspunkten für die Annahme einer nicht vorwerfbaren (§ 35 StGB) Alkoholbeeinträchtigung zu den Tatzeiten.

So gesehen vermag daher der Berufungswerber keine ins Gewicht

fallenden weiteren Milderungsgründe aufzuzeigen.

Das vom Erstgericht gefundene Strafmaß - bei dem ersichtlich berücksichtigt wurde, daß der Großteil der Straftaten, vor allem die Verbrechen der Notzucht und der versuchten Nötigung zum Beischlaf vor der Urteilsfällung zu 12 Vr 1833/81

des Kreisgerichtes Wels begangen wurden, während nach diesem Zeitpunkt lediglich die versuchte gefährliche Drohung an Herta A und Andreas C verübt wurde, was zwar formell eine Bedachtnahme auf das Urteil vom 26. Feber 1982 ausschloß, einer Berücksichtigung bei der Strafbemessung aber nicht im Wege stand (vgl Leukauf/Steininger Kommentar2 § 31

RN 12) - entspricht der Schwere der persönlichkeitsbezogenen Tatschuld und dem Gewicht der verschuldeten Rechtsgutsverletzungen. Eine Reduzierung der Strafe kam daher nicht in Betracht, weshalb auch der Berufung ein Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04092

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0120OS00007.83.0310.000

Dokumentnummer

JJT_19830310_OGH0002_0120OS00007_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten