TE OGH 1985/2/12 10Os193/84

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Veröffentlicht am 12.02.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Februar 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Friedrich, Dr.Reisenleitner (Berichterstatter), Dr.Kuch sowie Dr.Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Gföllner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl A und andere wegen des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Walter B gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 25.Juli 1984, GZ 8 Vr 3129/83-23, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Tschulik, des Angeklagten Walter B und des Verteidigers Dr.Müller-Strobl zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Walter B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der Kriminalbeamte Karl A und der Privatdetektiv Walter B des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB, der Letztgenannte als Beteiligter nach § 12 erster Fall StGB, schuldig erkannt. Dem Angeklagten A wurde angelastet, im August 1983 in Klagenfurt als Gruppeninspektor des Kriminaldienstes bei der Bundespolizeidirektion Klagenfurt mit dem Vorsatz, den Staat in dem sich aus § 9 Abs 1 Strafregistergesetz ergebenden Recht, aus dem Strafregister nur Behörden Auskunft zu erteilen, bzw. Franz C in dem im § 7 DatenschutzG normierten Recht, wonach verarbeitete personenbezogene Daten nur im Rahmen ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung (§ 10 Fahndungsvorschrift 1980) bekanntzugeben sind, zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch mißbraucht zu haben, daß er am 11.August 1983 bei der Datenstation für Kärnten unter Angabe einer fingierten Aktenzahl eine Strafregister-, Personenfahndungs- und Personeninformationsanfrage über Franz C veranlaßte und wenige Tage später dem Walter B das Ergebnis der Anfrage, nämlich die Vorstrafen sowie eine bestehende Ausschreibung des Franz C zur Verhaftung, mitteilte; Walter B wurde schuldig befunden, Karl A zur Ausführung dieser Tat (vorsätzlich) bestimmt zu haben.

Seinen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte B mit einer auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Schuldspruch des Angeklagten A erwuchs in Rechtskraft.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge des Angeklagten B ist nicht berechtigt. Zu Unrecht vermißt der Beschwerdeführer eine 'schlüssige und logische' Begründung für die Feststellung, er habe den Mitangeklagten A ausdrücklich über die Vorstrafen des Franz C befragt: Die bekämpfte Urteilsannahme wurde vom Erstgericht ohnehin mit dem Hinweis auf entsprechende Angaben des Angeklagten A vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten begründet (vgl. S 150, 426, 427). Soweit der Beschwerdeführer aber die vom Schöffensenat daraus gezogene (denkmögliche) Schlußfolgerung in Zweifel zieht, die Darstellung AS, wonach B über die Vorstrafen des C Bescheid wissen wollte, könne nur so verstanden werden, daß A sich unter pflichtwidriger Ausnützung seiner Stellung als Kriminalbeamter eine Strafregisterauskunft beschaffen und deren Inhalt an B weitergeben sollte, begibt er sich damit auf das ihm im Nichtigkeitsverfahren verschlossene Gebiet einer Anfechtung der Beweiswürdigung.

Der Behauptung des Beschwerdeführers zuwider setzte sich das Erstgericht in den Entscheidungsgründen auch hinreichend mit der von der Verantwortung vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten abweichenden (späteren) Verantwortung des Angeklagten A in der Hauptverhandlung auseinander (S 428/429). Der Vorwurf der Unvollständigkeit der Urteilsbegründung ist daher verfehlt. Wenn das Schöffengericht dieses Abweichen AS von seinen B belastenden Angaben im Vorverfahren als Versuch wertete, diesen (aus strafgerichtlicher Verfolgung) herauszuhalten und die alleinige Verantwortung für die Tat zu übernehmen, handelt es sich hiebei abermals um einen Akt der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes. Diese aber ist im Nichtigkeitsverfahren einer Anfechtung entzogen.

Im Gegensatz zu den Beschwerdeausführungen bedeutet es auch keinen inneren Widerspruch der Urteilsbegründung, wenn das Erstgericht die Sachverhaltsschilderung des Angeklagten A generell als Feststellungsgrundlage heranzog, gleichzeitig aber dessen Darstellung in der Hauptverhandlung insoweit, als sie sich auf das Verhalten des Angeklagten B bezog, (mit denkmöglicher und einleuchtender Begründung) als unglaubwürdig ablehnte; ist doch das Gericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) auch berechtigt, einem Angeklagten nur einen Teil seiner Aussage zu glauben, in Ansehung anderer Angaben aber ihm den Glauben zu versagen. Ein innerer Widerspruch der Urteilsgründe liegt darin - entgegen der Meinung der Beschwerde - nicht.

Unberechtigt ist auch die auf die Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Rechtsrüge.

Soweit der Beschwerdeführer vermeint, das Erstgericht habe die Frage des Schädigungsvorsatzes keiner konkreten Prüfung unterzogen und Feststellungen über die innere Tatseite unterlassen, bringt er den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, weil er jene ohnehin vorgenommenen Konstatierungen übergeht, nach denen ihm bewußt war, daß durch die Preisgabe des Inhalts einer Strafregisterauskunft (zumindest) der Betroffene selbst in seinem Recht auf Geheimhaltung der Vorstrafen geschädigt wird (vgl. S 429 d.A).

Darüber hinausgehender Feststellungen in der Richtung, daß der Vorsatz des Beschwerdeführers darauf gerichtet gewesen ist, ein 'Amtsgeheimnis gefährlicherweise, d.h. unter Umständen zu eröffnen, unter denen aus dem Verrat für Franz C die Gefahr einer Schädigung seiner Ehre und in seinem konkreten Recht, als unbescholten zu gelten, entstehen konnte', bedurfte es nicht.

Mag auch die Weitergabe des Inhaltes von Strafregisterdaten nicht ein konkretes Recht des Staates, sondern ein öffentliches Interesse im Sinn des § 310 StGB verletzen (vgl. die zu einem allerdings vor Inkrafttreten des Datenschutzgesetzes verwirklichten Sachverhalt ergangene Entscheidung SSt. 52/35), so stellt doch die Mitteilung von personenbezogenen Daten entgegen der Bestimmung des § 7 Datenschutzgesetz an nicht berechtigte Personen eine Handlung dar, die das im § 1 Datenschutzgesetz - als Verfassungsbestimmung - verankerte Grundrecht der Person auf Datenschutz, somit ein konkretes Recht des Betroffenen (§ 3 Z 2 Datenschutzgesetz), verletzt. Der Angeklagte B, dessen Verhalten den Urteilsfeststellungen zufolge darauf abzielte, daß A sich als Beamter eine Strafregisterauskunft beschaffen und ihm deren Inhalt unter Verletzung seiner Geheimhaltungspflicht bekanntgeben sollte (vgl. S 427, 429), haftet daher strafrechtlich für die Verwirklichung des Tatbestandes nach § 302 Abs 1 StGB als Beteiligter (vgl. auch Leukauf-Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze 2 , Anm. B zu

§ 48

Datenschutzgesetz). Zum Unterschied von der Bestimmung des § 102 lit c StG 1945 (auf die sich die Nichtigkeitsbeschwerde unter Zitierung von Ausführungen einer hiezu ergangenen Entscheidung ersichtlich bezieht), die zur Tatbestandsverwirklichung die bloße Möglichkeit eines Schadenseintrittes genügen ließ, erfordert das vollendete Delikt des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB zwar den wirklichen Eintritt eines Schadens im dargelegten Sinn. Dieser Voraussetzung wurde aber im vorliegenden Fall schon dadurch entsprochen, daß nur durch eine Strafregisterauskunft eruierbare Daten über Vorstrafen des Franz C unberechtigten Personen zur Kenntnis gelangten. Darauf, ob das Amtsgeheimnis 'gefährlicherweise' eröffnet wurde und ob damit für den Betroffenen persönliche Nachteile verbunden waren bzw. nach Vorstellung der Angeklagten verbunden sein sollten, kommt es nach der nunmehrigen Rechtslage nicht an. Ebenso ist unerheblich, ob und in welchem Umfang die Tatsache von Vorverurteilungen CS bereits bekannt war. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten B nach § 302 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten, die es gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachsah. Bei der Strafbemessung fand es weder einen erschwerenden noch einen mildernden Umstand.

Der Berufung des Angeklagten B, mit der er eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe sowie die Umwandlung in eine Geldstrafe anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.

Zwar weist die vom Obersten Gerichtshof eingeholte Strafregisterauskunft über den Angeklagten B (weiterhin) eine Vorverurteilung auf. Diese nicht einschlägige Verurteilung, mit der er zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt wurde, erwuchs am 15.November 1979 in Rechtskraft. Die bedingte Strafnachsicht wurde nach dem Inhalt der Strafregisterauskunft nicht widerrufen; Gegenteiliges kann nicht festgestellt werden, weil der bezügliche Akt beim Bezirksgericht Villach unauffindbar ist. Ausgehend von den vorhandenen Unterlagen ist somit die hier in Frage kommende Tilgungsfrist des § 3 Abs 1 Z 1 TilgungsG abgelaufen. Der Berufungswerber ist demnach nunmehr als unbescholten anzusehen. Dies kommt ihm als mildernd zugute.

Der in der Berufung reklamierte weitere Milderungsgrund des § 34 Z 17

StGB liegt aber nicht vor: Die Verantwortung des Berufungswerbers stellt sich keineswegs als wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung dar.

Dem von der Berufung hervorgekehrten weiteren Umstand, daß kein Schaden herbeigeführt worden sei, steht jedoch die Tatsache gegenüber, daß ein verfassungsmäßig gewährleistetes Grundrecht verletzt wurde.

überdies fällt dem Berufungswerber - was das Erstgericht überging - als erschwerend zur Last, daß er den Mitangeklagten A zu einer strafbaren Handlung verführte (§ 33 Z 2 StGB).

In Anbetracht der solcherart korrigierten Strafzumessunsgründe erscheint die vom Erstgericht ausgemessene Freiheitsstrafe keineswegs überhöht. Die Voraussetzungen des § 41 StGB sind nicht gegeben.

Ebenso kommt eine Anwendung des § 37 StGB nicht in Frage. Dagegen sprechen gerade wegen der Bedeutung einer Grundrechtsverletzung generalpräventive Erwägungen. Daß über den Mitangeklagten A vom Erstgericht - unangefochten - eine Geldstrafe verhängt wurde, kann sich nicht zum Vorteil des Berufungswerbers auswirken; es kann daher auch dahingestellt bleiben, ob die Relation der über die beiden Angeklagten verhängten Strafen zueinander ausgewogen ist. Auch der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E05024

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0100OS00193.84.0212.000

Dokumentnummer

JJT_19850212_OGH0002_0100OS00193_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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