TE OGH 1987/3/10 10Os26/87

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Veröffentlicht am 10.03.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.März 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schopper als Schriftführer in der Strafsache gegen Heinz Gerhard L*** wegen Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 2 sowie 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 5.Dezember 1986, GZ 10 Vr 1780/86-17, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, und des Verteidigers Dr. Prüfling, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe wird nicht Folge gegeben.

Hingegen wird der Berufung gegen die Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter Folge gegeben und dieser Ausspruch ausgeschaltet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Heinz Gerhard L*** gegen das angefochtene Urteil, mit dem er des in 30 Angriffen verübten Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 2 sowie 15 StGB und der jeweils in zwei Fällen verübten Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach §§ 136 Abs 1 und 2 sowie 15 StGB und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB schuldig erkannt wurde, wurde vom Obersten Gerichtshof bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung mit Beschluß vom 24.Februar 1987, GZ 10 Os 26/87-5, zurückgewiesen.

Gegenstand des Gerichtstages zur öffentlichen Verhandlung war demnach die Berufung des Angeklagten.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 128 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren und ordnete gemäß § 23 StGB dessen Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter an.

Bei der Strafbemessung wertete es die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten, einen raschen Rückfall, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen, die zahlreichen Wiederholungen der Straftaten und den hohen bei den Diebstählen verursachten Schaden als erschwerend, dagegen das volle Geständnis, den Umstand, daß es teilweise beim Versuch geblieben war, und eine teilweise Schadensgutmachung durch Sicherstellung des Diebsgutes als mildernd. Zur erwähnten Maßnahme erwog es, daß die Grundvoraussetzungen (des § 23 Abs 1 Z 1 und 2 StGB) gegeben seien, der Angeklagte nach seiner seelisch-charakterlichen Struktur typischer Rückfallstäter sei, von dem wegen seiner Haltschwäche, der Belastungsintoleranz und des mangelnden Sozialisationswillens auch in Zukunft mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei, daß er weiterhin einschlägig straffällig werde und angesichts des sich solcherart manifestierenden Hanges zu Vermögensdelikten, des ungewöhnlich raschen Rückfalls und der Schwere der neuerlichen Straftat zu befürchten sei, daß er weiterhin solche strafbare Handlungen mit schweren Folgen begehen werde.

Der Berufung des Angeklagten, mit der er die Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe und die Ausschaltung des Ausspruches über seine Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter gemäß § 23 StGB anstrebt, kommt nur teilweise Berechtigung zu.

Vom Berufungswerber wird nicht dargetan, daß das Erstgericht Strafzumessungsgründe übergangen hätte, die zu seinen Gunsten zu werten gewesen wären.

Wenngleich der vom Erstgericht angenommene Erschwerungsgrund eines hohen Schadens bei den Diebstählen angesichts der zutreffend herangezogenen Qualifikation nach § 128 Abs 2 StGB bei einem Gesamtwert der Diebsbeute von rund 125.000 S nicht als erschwerend ins Gewicht fällt, erscheint aber bei den im übrigen zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründen eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren keineswegs überhöht. Dem Begehren auf Herabsetzung war demnach Erfolg zu versagen.

Berechtigung kommt der Berufung jedoch zu, soweit die Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter bekämpft wird.

Voraussetzung für eine derartige Anordnung ist unter anderem die Befürchtung, daß der Täter wegen seines Hanges zu strafbaren Handlungen der im § 23 Abs 1 Z 1 StGB genannten Art oder weil er seinen Lebensunterhalt überwiegend durch solche strafbare Handlungen zu gewinnen pflegt, sonst weiterhin solche strafbare Handlungen mit schweren Folgen begehen werde.

Bei Beurteilung der Frage, ob der Täter weiterhin strafbare Handlungen mit derartigen Folgen begehen werde, ist auf das Gesamtgewicht aller konkreten Auswirkungen der Tat in der gesellschaftlichen Wirklichkeit abzustellen (SSt. 48/2; SSt. 49/52 = EvBl 1979/88; EvBl 1981/87 ua). Dabei genügt eine Summierung durch Zusammenrechnung der Werte und Schadensbeträge aus mehreren Taten derselben Art (§ 29 StGB) nicht (EvBl 1980/203; EvBl 1985/135 ua). Das Erstgericht stellte bei Beurteilung, welche Straftaten vom Angeklagten weiterhin zu erwarten sind, als Vergleichsgrundlage auf die im nunmehrigen Verfahren abgeurteilten Taten ab (US 8). Diese deliktischen Angriffe hatten jedoch in der Mehrzahl der Fälle nur verhältnismäßig geringe Schäden zur Folge, so etwa die wiederholten Benzindiebstähle nach Aufbrechen von Tankverschlüssen, Lebensmitteldiebstähle nach Aufbrechen von Kiosken oder Fischerhütten und Diebstähle von Kleidungsstücken nach Aufbrechen von Fahrzeugen. Ein einziger diebischer Zugriff, der Diebstahl eines PKWs im Wert von etwa 90.000 S und der daran durch einen Verkehrsunfall verursachte Sachschaden im Ausmaß von etwa 20.000 S, übersteigt etwas jene Grenze von 100.000 S, die gelegentlich als Richtwert für die Beurteilung schwerer Folgen angenommen wurde (12 Os 117/78), doch nähert sich gerade diese Tat - bei durchaus zutreffender Beurteilung als Diebstahl - nach den Umständen des vorliegenden Falles in ihrem kriminellen Gehalt der Grenze zum unbefugten Gebrauch eines Fahrzeugs.

Gewiß vermag die Tatsache, daß Einbruchsdiebstähle begangen werden (vgl. SSt. 53/74), einen Indikator dafür abzugeben, daß weiterhin strafbare Handlungen mit schweren Folgen begangen werden; im Lichte der Beurteilung des Gesamtgewichtes der Auswirkungen der Taten in der gesellschaftlichen Wirklichkeit ist aber auch hier zu differenzieren, ob es sich etwa um Wohnungs- und Geschäftseinbrüche handelt, die in der Regel erhebliche Beute erwarten lassen, oder - wie hier - um Einbrüche in Kioske, Fischerhütten und abgestellte PKWs sowie um das Aufbrechen von Tankverschlüssen, somit Taten, die von vornherein keine Beute in hohem Wert erwarten ließen und im wesentlichen nur zur Befriedigung der täglichen Bedürfnisse des mit einem Fahrzeug herumstreunenden Angeklagten dienten. Der im Verfahren beigezogene Sachverständige Prim. Dr. S*** bezeichnete demnach die immer wiederkehrende Delinquenz des Angeklagten als "Kleinkriminalität". Wenngleich diese Bezeichnung durch den gerichtsmedizinischen Sachverständigen angesichts der Qualifikation der Taten zum schweren Diebstahl durch Einbruch nicht als eine juristische Subsumtion gewertet werden kann, kommt darin doch hinlänglich zum Ausdruck, daß - mit Beziehung auf die oben erwähnte Delinquenz des Angeklagten - jedenfalls nicht jene schwerkriminelle Hangtäterschaft zu verstehen ist, deren Bekämpfung die Maßnahme nach § 23 StGB dienen soll.

Wohl führt die ziel- und planlose Lebensweise des Angeklagten, seine Haltschwäche, seine Belastungsintoleranz und sein mangelnder Sozialisationswille zu einer äußerst schlechten Zukunftsprognose. Es mangelt jedoch an der weiteren Voraussetzung der Erwartung strafbarer Handlungen mit schweren Folgen im Sinn des § 23 Abs 1 Z 3 StGB.

Aus diesen Erwägungen war der gegen die Anstaltsunterbringung gerichteten Berufung des Angeklagten Folge zu geben und dieser Ausspruch aus dem angefochtenen Urteil auszuschalten.

Anmerkung

E10442

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0100OS00026.87.0310.000

Dokumentnummer

JJT_19870310_OGH0002_0100OS00026_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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