TE OGH 1987/5/7 13Os43/87

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Veröffentlicht am 07.05.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Mai 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Mülller, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Cortella als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karin W*** wegen des Verbrechens nach §§ 146, 147 Abs. 3, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten und über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengerichts vom 27.Jänner 1987, GZ. 17 a Vr 1503/86-20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Die am 2.Juni 1964 geborene Karin W*** wurde des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 3, 15 StGB schuldig erkannt, weil sie in Bregenz und St. Gallen dem Norbert Josef B*** zwischen 25.Februar und 14. August 1984 insgesamt 26.940 sFr. herauslockte und Ende September 1984 weitere 5.000 sFr. herauszulocken suchte. Gegen den Schuldspruch wendet sich die auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten; den Strafausspruch ficht die Staatsanwaltschaft mit Berufung an. Einen Begründungsmangel erblickt die Rechtsmittelwerberin darin, daß das Erstgericht die Feststellungen zur subjektiven Tatseite "aus dem von der Angeklagten gesetzten Gesamtverhalten" (S 154, letzter Absatz, erster Satz) erschloß; eine solche Begründung reiche für die Fixierung der inneren Tatseite im Sinn des § 146 StGB nicht aus. Dabei geht die Beschwerdeführerin aber nicht von der Gesamtheit der Entscheidungsgründe aus, denn in den Folgesätzen nach der zitierten Urteilspassage wird diesesIGesamtverhalten ausdrücklich dargelegt (Leugnen des Erhalts der Geldbeträge, dadurch bedingte Tendenz, Geld nicht zurückzuzahlen, erdichtete Vorwände). Da sich die Mängelrüge nicht auf den vollständigen Urteilsinhalt bezieht, wird der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund (Z. 5) nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gebracht.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht der Nichtigkeitswerberin ist es durchaus mit den Gesetzen logischen Denkens vereinbar, daß aus der Tatsache, daß jemand die Zuzählung eines Darlehens (wahrheitswidrig) bestreitet, der Schluß gezogen wird, der Darlehensnehmer wolle die Darlehensvaluta nicht zurückzahlen. Von einer "Scheinbegründung" kann daher keine Rede sein, vielmehr handelt es sich um freie (an kcine Regeln gebundene) richterliche Beweiswürdigung. Nicht stichhältig ist auch das Vorbringen, die Urteilsfeststellungen, die Angeklagte habe sich bis zur Aufnahme ihrer Beschäftigung als Hotelangestellte in Chur anfangs 1986 um keine Arbeit, insbesonders auch nicht um eine Arbeit in ihrem erlernten Beruf als Friseurin bemüht und das Beweisverfahren hätte erbracht, daß sich die Beschwerdeführerin während des Zeitraums dieser Darlehenshingaben auf Grund ihres aufwendigen Lebensstils und der Drogenverstrickung in mehr oder wenig ständiger Geldverlegenheit befunden habe, fänden in den Ergebnissen des Beweisverfahrens keine Deckung. Die ersterwähnte Konstatierung betrifft keinen entscheidungswesentlichen Umstand, weil das Schöffengericht den Betrugsvorsatz der Rechtsmittelwerberin nicht mit jenem Umstand, sondern damit begründete, daß sie die Darlehenszuzählung leugnete und Erdichtetes zur Krediterlangung vorbrachte. Gleiches gilt für die zweite relevierte Urteilsannahme. Der Vollständigkeit halber ist aber dem letzterwähnten Einwand zusätzlich zu entgegnen, daß die angeblich ohne Beweisgrundlage getroffenen Urteilsfeststellungen in dem in der Hauptverhandlung dargetanen Akt 20 Vr 1491/85 des Landesgerichts Feldkirch (siehe dort Band I S 235, 237, 306; Band III S 159 bis 161) gedeckt sind.

Als "aktenwidrig" (siehe aber die einschränkende Definition im § 281 Abs. 1 Z. 5, letzter Halbsatz, StPO) bezeichnet die Beschwerdeführerin die Urteilsfeststellung, der Geschädigte hätte darauf vertraut, daß sie möglichst bald einem bürgerlichen Beruf nachgehen und so in die Lage versetzt sein werde, ihren Rückzahlungsverpflichtungen nachzukommen; auch dies zu Unrecht, denn in den die Rückzahlung der Darlehen betreffenden Angaben des Geschädigten (S 9, 11, 37, 39, 99 und 104) findet die erwähnte Urteilspassage ihre Grundlage.

Ein Rechtsirrtum (Z. 9 lit. a) wird darin erblickt, daß die Urteilsfeststellungen zur Annahme des bedingten Vorsatzes der Nichtigkeitswerberin nicht ausreichen; das Erstgericht konstatiere, sie hätte es durchaus und ernsthaft für möglich gehalten, daß sie auf Grund ihres Lebenswandels zur Rückzahlung der Darlehensbeträge niemals imstande sein werde, es fehle jedoch der Hinweis, daß sie sich damit auch abgefunden habe.

Indes liegt auch diese Nichtigkeit nicht vor. Folgendes ist festgestellt: "Die Angeklagte wollte sich durch die Darlehenszuzählungen auf Kosten des Darlehensgebers unrechtmäßig bereichern. Sie hat ihn durch die fälschliche Behauptung, daß ihr im Zusammenhang mit der Unterbrechung einer - damals gar nicht bestandenen - Schwangerschaft Aufwendungen entstanden sind, bewußt, bedacht und gezielt getäuscht. Im übrigen hat sie ihn in allen Fällen der Darlehensherauslockung stets von vornherein bewußt und bedacht über ihre Rückzahlungswilligkeit getäuscht. Sie hatte nämlich in Wahrheit nie die Absicht, die Darlehensbeträge jemals zurückzuzahlen" und "Sie war vor und bei der jeweiligen Erlangung von Darlehensbeträgen gewillt, Norbert B*** um die erhaltenen Geldbeträge zu schädigen" (siehe S. 150, 2. Absatz). Damit ist eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß Karin W*** "gewollt" hat, sich auf Kosten des Norbert B*** zu bereichern, daß sie diesen bewußt, bedacht und gezielt getäuscht hat und daß sie willens war, ihn um die erhaltenen Geldbeträge zu schädigen. Derart ist aber zugleich unmißverständlich dargelegt, daß die objektiven Tatbestandsmerkmale des Betrugs (Täuschung und Vermögensschädigung) vom Vorsatz (in Form der Wissentlichkeit - § 5 Abs. 3 StGB) der Angeklagten umfaßt gewesen sind. Stellt das Gericht fest, daß die Täterin wissentlich gehandelt hat, sind Ausführungen über bedingt vorsätzliches Handeln (§ 5 Abs. 1, zweiter Halbsatz, StGB) überflüssig. Indem die Angeklagte die eben wiedergegebenen Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite negiert, geht sie erneut nicht von der Gesamtheit der Entscheidungsgründe aus. Auch die Rechtsrüge läßt daher eine prozeßordnungsgemäße Darstellung vermissen.

Da die Nichtigkeitsbeschwerde, soweit sie auf § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO gestützt wird, zum Teil offenbar unbegründet, zum anderen Teil nicht gesetzmäßig ausgeführt ist, soweit sie aber den Grund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO releviert, zur Gänze nicht prozeßordnungsgemäß vorgetragen wird, war sie schon bei einer nichtöffentlichen Beratung teils gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO, teils gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO iVm § 285 a Z. 2 StPO zurückzuweisen.

Für die Verhandlung und Entscheidung über die von der Staatsanwaltschaft ergriffene Berufung wird ein Gerichtstag anberaumt werden (§ 296 Abs. 3 StPO).

Anmerkung

E11302

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0130OS00043.87.0507.000

Dokumentnummer

JJT_19870507_OGH0002_0130OS00043_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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