TE OGH 1988/3/8 15Os2/88

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Veröffentlicht am 08.03.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.März 1988 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Takacs als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz L*** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28.September 1987, GZ 9 d Vr 8733/87-17, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Strafsache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

II. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

III. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die zu

I. getroffene Entscheidung verwiesen.

IV. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die durch den erfolglosen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil wurde Franz L*** der Vergehen (1) der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, (2) der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB, (3) der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und (4) der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 14.Juli 1987 in Wien

(zu 1) der Heidemarie L*** durch Schläge in das Gesicht und Zerren an den Haaren, eine Schädelprellung sowie durch das Zustechen mit einem Messer eine Schnittwunde an der rechten Ellenbeuge und am rechten Handgelenk zugefügt und sie hiedurch vorsätzlich am Körper verletzt,

(zu 2) sie durch die mehrfache Äußerung, sie zu erstechen, zumindest mit einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen,

(zu 3) sie durch Entfernung des Schlüssels des Telefons im Zusammenhang mit den vorangegangenen Drohungen und Mißhandlungen an der fernmündlichen Anzeigeerstattung bei der Polizei gehindert, mithin sie durch Gewalt und gefährliche Drohung zur Unterlassung genötigt,

(zu 4) ihr durch Absperren der Wohungseingangtür und Zurückhalten, um sie nicht zur Tür zu lassen, die persönliche Freiheit entzogen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen dieses Urteil gerichteten, auf die Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt teilweise Berechtigung zu.

Zum Vorwurf der Nötigung (Punkt 3) konstatierte das Schöffengericht zwar, daß der Angeklagte die Telefonschlüssel abzog um (a) mit Gewalt zu verhindern, daß seine Ehefrau Heidemarie L*** (sofort) telefonisch Anzeige erstatte, und ferner, daß diese Maßnahme im Zusammenhalt mit den vorangeangenen Drohungen und Mißhandlungen von ihm (b) auch als Drohung mit weiteren Mißhandlungen für den Fall gedacht war, daß die Genannte zu telefonieren versuchen wollte (US 7).

Indes ist schon die zuletzt relevierte - für eine Unterstellung der Tat unter § 105 Abs 1 StGB essentielle Feststellung (b) zur subjektiven Tatseite, wie der Beschwerdeführer im Ergebnis zu Recht geltend macht, mit Brgründungsmängeln (Z 5) behaftet. Der Hinweis auf eine "Gesamtschau des Sachverhaltsablaufes", aus der sich ergeben soll, daß der Angeklagte bei einer Widersetzlichkeit seiner Ehefrau gegen seinen Willen weitere Mißhandlungen durchgeführt "bzw" durchzuführen beabsichtigt hätte (US 11), reicht nämlich angesichts des vom Schöffengericht konstatierten äußeren Sachverhaltes zur Annahme eines auf einen fortwirkenden Drohungseffekt seines hier inkriminierten Verhaltens gerichteten Vorhabens nicht aus. Nach den insoweit aktuellen Urteilsfeststellungen zog der Angeklagte den Telefonschlüssel ab und begab sich in der Folge, ohne ihn seiner Frau auszufolgen zur Polizei (US 7): bei dieser dem äußeren Vorgang nach in erster Linie bloß (a) einen Vorsatz zur faktischen Benützungsverhinderung indizierenden Verhalten, bei dem Heidemarie L*** schon auf Grund des Telefonabsperrens gar nicht mehr in die Lage gekommen zu sein scheint, gegen den Willen des Angeklagten zu telefonieren, hätte es - im Hinblick darauf, daß diesfalls für eine Beurteilung der Tat als Nötigung (durch Gewalt) mangels Willensbeugung in objektiver und subjektiver Hinsicht kein Raum wäre - einer auf spezielle Umstände gestützte Begründung der Annahme bedurft, daß der Angeklagte das Abziehen des Schlüssels (b) auch als Drohung zur Verhinderung eines (demnach nicht ohnehin schon deswegen, also von vornherein aussichtslosen) Versuches zu telefonieren verstanden wissen wollte.

Der aufgezeigte Begründungsmangel nötigt zur Aufhebung des in Rede stehenden Schuldspruches und demzufolge auch des Strafausspruches sowie zur Anordnung der Verfahrenserneuerung in diesem Umfang.

Falls im zweiten Rechtsgang (abermals) ein Nötigungsvorsatz des Beschwerdeführers (im dargestellten Sinn) als erwiesen angenommen werden sollte, wird (als Voraussetzung für die Annahme einer Deliktsvollendung) zudem zu prüfen sein, ob das Tatopfer tatsächlich als Folge der (verdeckten) nötigenden Drohung von ihrem Vorhaben (zu telefonieren) absah (und nicht schon infolge dessen faktischer Verhinderung durch die Schlüsselwegnahme zur Realisierung außerstande war).

Unbegründet ist hingegen die Nichtigkeitsbeschwerde im übrigen Umfang.

Der Behandlung der Verfahrensrüge (Z 4) ist zwar vorauszustellen, daß das Schöffengericht seiner Verpflichtung (§ 238 Abs 2 StPO), über Beweisanträge für eine Hauptverhandlung nicht nur zu entscheiden, sondern auch die Gründe hiefür zu verkünden (und im Protokoll ersichtlich zu machen), nach dem Inhalt dieses Protokolls nicht nachkam und demnach an sich hiedurch den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 4 StPO verwirklichte. Denn die Beachtung der genannten Vorschrift ist durch das Wesen eines die Strafverfolgung gleichwie die Verteidigung sichernden Verfahrens geboten, weil sie dem Antragsteller im Interesse der Wahrheitsfindung die Möglichkeit sichern soll, die für die Ablehnung seines Begehrens maßgebend gewesenen Erwägungen allenfalls auf geeignete Weise auszuräumen. Indes ist aus der im Urteil nachgeholten Begründung unzweifelhaft erkennbar, daß diese Formverletzung im vorliegenden Fall auf die Entscheidung keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluß üben konnte (§ 281 Abs 3 StPO).

Denn daß die Bewährungshelfer M*** und T*** nicht

Tatzeugen waren, wird selbst in den Beschwerdeausführungen eingeräumt. Sie könnten daher jedenfalls nicht bekunden, daß die Zeugin L*** durch die hier inkriminierten Drohungen des Angeklagten nicht in Furcht und Unruhe versetzt wurde, und daß sie diese Äußerungen "übertrieben dargestellt" hätte.

Daß Heidemarie L*** aber allenfalls "Vorfälle wie den vorliegenden" ausschließlich dazu benutzt, um sich im Scheidungsverfahren eine günstigere Ausgangsposition zu verschaffen, was der Beschwerdeführer unter Beweis zu stellen versucht, ist unerheblich, weil sich aus der Ausübung des selbstverständlichen Rechtes einer Ehefrau, derartige kriminelle Attacken des Mannes gegen sie im Rahmen des Scheidungsverfahrens als Eheverfehlungen geltend zu machen, eine Schlußfolgerung auf eine den betreffenden Darstellungen generell innewohnende Übertreibungstendenz nicht ableiten läßt und den Beweisantrag insoweit ein konkretes Substrat nicht zu entnehmen ist.

Zum Beweise eines "äußerst schwierigen und labilen Verhältnisses" zwischen den Eheleuten L*** schließlich, das nunmehr in den Beschwerdeausführungen behauptet wird, wurde der Beweisantrag in erster Instanz nicht gestellt, sondern im Gegenteil zum Thema, daß das Einvernehmen zwischen ihnen gut sei. Dieser Prozeßbehauptung jedoch maß das Erstgericht im Urteil mit ausführlicher, durch die Beschwerdeargumente nicht in Frage gestellter Begründung keine Bedeutung bei (US 10, 11); von einer vorgreifenden Beweiswürdigung kann dabei keine Rede sein. Angesichts der vom Schöffengericht ohnedies eingeräumten Möglichkeit, ein Schloß der Wohnungseingangstür könnte so scharfe Kanten gehabt haben, daß dadurch schnittähnliche Verletzungen hervorgerufen werden konnten (US 8 f), bedurfte es nicht der Durchführung eines Ortsaugenscheins, durch den - da der Antrag ja nicht etwa auf eine Rekonstruktion des Tatgeschehens abzielte - nur eben diese Möglichkeit hätte unter Beweis gestellt werden können. Das weitere Beschwerdevorbringen, das Schöffengericht habe den Antrag auf Ausforschung sowie Einvernahme von Mitarbeitern der Wiener Rettung und des diensthabenden Arztes der

I. Universitätsklinik für Unfallchirurgie im Urteil übergangen, ist aktenwidrig; das Schöffengericht beschäftigte sich damit sehr wohl (US 9). Gegen die Erwägungen, aus denen die beantragte Einvernahme dieser Personen als Zeugen unterlassen wurde, bringt der Beschwerdeführer in seiner Nichtigkeitsbeschwerde nichts Stichhältiges vor: Zur Ermittlung von Verletzungsursachen "auf Grund beruflicher Erfahrung" hätte nur die Beiziehung eines Sachverständigen führen können.

Aus diesen Erwägungen aber erhellt, daß die Nichtverkündung der Begründung für die Abweisung der in Rede stehenden Beweisanträge dem Angeklagten keinesfalls zum Nachteil gereichen konnte, weil er die betreffenden, immerhin nunmehr dargelegten Erwägungen selbst im Fall ihrer vorgeschriebenen sofortigen Bekanntmachung in der Hauptverhandlung (§ 238 Abs 2 StPO) in concreto nicht in Frage zu stellen vermocht hätte.

Indem er in seiner Mängelrüge (Z 5) einleitend behauptet, dem Ersturteil liege die Tendenz zugrunde, den Sachverhalt zu Ungunsten des Angeklagten zu ermitteln, macht der Angeklagte schon dem Ansatz nach keinen Begründungsmangel, sondern nur einen Verfahrensmangel geltend; da er hiezu nur legitimiert ist, soweit er zur Beweisaufnahme Anträge gestellt hat, sei er damit auf das zuvor Gesagte verwiesen.

Mit der folgenden Behauptung einer Sachverhaltskonstatierung, die im Zweifel zu seinen Ungunsten getroffen worden sei, bringt er ebenfalls keinen formellen Begründungsmangel im Sinn der Z 5 des § 281 Abs1 StPO zur gesetzmäßigen Darstellung. In Wahrheit versucht er solcherart nur unzulässigerweise, die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes zu bekämpfen.

Bei den in diesem Zusammenhang monierten Passagen des Ersturteils handelt es sich hingegen, was der Beschwerdeführer anscheinend übersieht, bloß um die aktentreue Wiedergabe einer Vermutung (S 17, 21 f) und einer Behauptung (S 17, 67) der Zeugin L*** ohne daß das Schöffengericht damit den Inhalt dieses Vorbringens zur Urteilsfeststellung gemacht hätte.

Entgegen den Ausführungen der Mängelrüge zum Urteilsfaktum 1 ist aus der Konstatierung des Schöffengerichtes, der Angeklagte habe es bei seinen Tätlichkeiten gegen die Frau zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, daß sie dadurch am Körper verletzt werde, sehr wohl zu erkennen, welche Tatsachen damit zur subjektiven Tatseite als erwiesen angenommen wurden; denn angesichts der dem allgemeinen Sprachgebrauch entommenen Legaldefinition bedarf es insoweit keiner zusätzlichen Umschreibung des Tätervorhabens. Inwiefern diese Formulierung "trotzdem nicht eindeutig" sein sollte, unterläßt der Beschwerdeführer darzutun. Den weiteren Beschwerdeausführungen zuwider schloß das Erstgericht ferner keineswegs schon aus den vom Angeklagten eingestandenen Attacken gegen seine Frau allein "umgehend" darauf, daß er sie (auch) mit einem Messer attackiert habe. Es zog vielmehr die aus seinen einleitenden Attacken hervorleuchtende Aggressivität im Verein mit der Aussage der Zeugin L***, den vorgefundenen Blutspuren am Küchenmesser und der Konstatierung von Schnittverletzungen an ihr durch die eingeschrittenen Polizeibeamten zu der nach den Denkgesetzen möglichen (und empirisch durchaus naheliegenden) bekämpften Schlußfolgerung heran.

Unzutreffend ist insoweit auch der Vorwurf, das Erstgericht habe zu Unrecht eine "Konsistenz" der Aussagen der Zeugin L*** angenommen. Zu dieser Behauptung nämlich gelangte der Beschwerdeführer nur, indem er einen Teil der Aussage der Zeuge L*** vor der Sicherheitsbehörde, nämlich die Bekundung über sein "Herumfuchteln" mit dem Messer, aus dem Zusammenhang reißt und die nachfolgenden Passagen, wonach er mit dem Messer offensichtlich auch treffen wollte und während ihrer Abwehrbewegungen auch zweimal traf, übergeht; aus jenen Depositionen ist indessen sehr wohl die Bekundung einer "Messerattacke" abzuleiten. Von einer Überschreitung der Grenzen einer zulässigen freien Beweiswürdigung kann demnach auch dabei keine Rede sein.

Dem zum Urteilsfaktum 2 erhobenen Vorwurf, im schöffengerichtlichen Urteil fänden sich keine deutlichen Feststellungen dahingehend, daß der Angeklagte die Absicht gehabt hätte, durch Beschimpfungen die Zeugin L*** in Furcht und Unruhe zu versetzen, ist vorerst entgegenzuhalten, daß das Schöffengericht nicht die Beschimpfungen, sondern die Drohungen mit dem "Abstechen" als Mittel der Tatbegehung konstatierte (US 3, 6, 12 f). Die nach § 107 Abs 1 StGB zur Tatbestandsverwirklichung erforderliche Absicht des Angeklagten (§ 5 Abs 2 StGB) wurde mit der Urteilskonstatierung, er habe die Drohung gebraucht, um Heidemarie L*** in Furcht und Unruhe zu versetzen (US 6), mit einer auch nach allgemeinem Sprachgebrauch hinreichenden Deutlichkeit konstatiert. Von einer bloßen Scheinbegründung oder von einer Unterlassung der "Untersuchung" der subjektiven Tatseite kann dabei keine Rede sein.

Entgegen den weiteren Beschwerdebehauptungen stellte das Erstgericht sehr wohl fest, daß die Zeugin L*** auf Grund der inkriminierten Vorfälle um ihr Leben und um ihre Gesundheit äußerst besorgt war (US 7). Soweit aber der Beschwerdeführer hiezu mit Bezug darauf, daß sie bei ihren ersten Angaben gegenüber Polizeiorganen am 4. Juli 1987 (S 17 f) keine Angaben über die Drohungen des Angeklagten gemacht hatte, die Überlegung des Schöffengerichtes, bei gleichzeitigen tätlichen Attacken pflege gefährlichen Drohungen weniger Bedeutung beigemessen zu werden (gemeint: sodaß letztere bei dem Geschehen unmittelbar nachfolgenden Vernehmungen gelegentlich nicht erwähnt werden), als "Spekulation" bezeichnet, unternimmt er damit nur einen unzulässigen Angriff auf die mit forensischen Erfahrungen durchaus übereinstimmende erstinstanzliche Beweiswürdigung.

Nicht zielführend sind die weiteren Ausführungen, das Gericht habe jene Verantwortung des Angeklagten, wonach er seine Frau "beschimpft" habe unerörtert gelassen. Denn zum einen wurde die Tatsache von Beschimpfungen - als neben den Drohungen - ohnedies ausdrücklich konstatiert (US 6), und zum anderen beschäftigte sich das Schöffengericht im Rahmen der Beweiswürdigung immerhin global auch mit der Verantwortung des Beschwerdeführers, doch lehnte es diese, soweit sie nicht (in ihrem geständigen Teil) mit der Aussage der Zeugin L*** übereinstimmte, als für die Urteilsfeststellungen nicht geeignet ab (US 8). Ein Begründungsmangel liegt demnach in jenem Belang gleichfalls nicht vor.

Auch die Mängelrüge zum Urteilsfaktum 4 schlägt fehl. Die Urteilsfeststellungen, daß der Angeklagte seine Frau am Verlassen der Wohnung hinderte, indem er die Tür versperrte und die Frau (gemeint: schon vorher) nicht dorthin ließ sowie von dort wegzerrte (US 7/8), wobei sich diese Freiheitsentziehung über einen Zeitraum von mehr als einer Stunde erstreckte (US 12), finden in den Angaben der Zeugin L*** bei der Polizei und in der Hauptverhandlung (S 17 f, 22, 66), im Zusammenhang verstanden, vollauf Deckung.

Indem er stattdessen ausschließlich auf ihre gerichtliche Aussage (S 66) abstellt, in der sie auf die festgestellte "Beruhigungsphase" nach seiner Messerattacke bis zu seinem Weggehen (S 18, 22; US 7, 12) nicht mehr Bezug nimmt, und daraus abzuleiten trachtet, daß er die Tür erst "unmittelbar vor dem Verlassen der Wohnung" abgesperrt habe, sodaß letztere nur während eines "sehr kurzen Zeitraums" versperrt gewesen sei, wogegen seine Frau ansonsten ohnehin die Möglichkeit gehabt hätte, sie zu verlassen, ficht er neuerlich nur unbeachtlicher Weise nach Art einer Schuldberufung die schöffengerichtliche Beweiswürdigung an. Einer gesetzmäßigen Ausführung hinwieder entbehrt jene Beschwerdebehauptung, wonach die Urteilskonstatierung, der Angeklagte habe durch das Verhindern des Zugangs der Zeugin L*** zur Tür und durch ihr Wegzerren von dort die Genannte gefangenhalten oder ihr auf andere Weise die persönliche Freiheit entziehen wollen, bloß eine unlogische Scheinbegründung und keineswegs eindeutig sei sowie eine konkrete Feststellung zur subjektiven Tatseite nicht erkennen lasse. Denn dabei übergeht er den ersten Teil der gerügten Konstatierung, wonach er sein in Rede stehendes Vorhaben auch durch das Absperren der Tür realisierte: daraus erhellt zweifelsfrei, daß sich sein Vorsatz, die Zeugin "widerrechtlich gefangenzuhalten", auf eben diese Tathandlung und nur sein weiterer Tatplan, ihr "auf andere Weise die persönliche Freiheit zu entziehen", auf die Verhinderung ihres Zugangs zur Tür ihr Wegzerren von dort erstreckte. Von einer "unlogischen Scheinbegründung" kann insoweit keine Rede sein.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu den Urteilsfakten 1, 2 und 4 entbehrt insgesamt gleichfalls einer gesetzmäßigen Ausführung. Hiezu ist zunächst klarzustellen, daß bei der Geltendmachung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes vom festgestellten Urteilssachverhalt auszugehen ist und daß es eines Vergleichs dieses Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz bedarf. Demgemäß liegt keine prozeßordnungsgemäße Darstellung eines solchen Beschwerdegrundes vor, wenn eine im Urteil konstatierte Tatsache bestritten oder übergangen oder aber ein nicht festgestellter Umstand als gegeben angenommen wird; insbesondere fehlt sie auch dann, wenn Beweisergebnisse einer anderen Wertung unterzogen werden, als sie das Schöffengericht vornahm, und dann auf dieser Grundlage die Forderung nach anderen als den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen erhoben wird.

Nichts anderes aber unternimmt der Beschwerdeführer damit, daß er die Tatsachenkonstatierungen zur Wissens- und Willenskomponente eines bedingten Körperverletzungsvorsatzes (US 6) als nicht "konkret" bemängelt, auf seine (vom Erstgericht als Feststellungsgrundlage abgelehnte) Verantwortung zurückgreift, die (vom Schöffengericht als glaubwürdig beurteilte) Aussage der Zeugin L*** als widersprüchlich darzustellen sucht und daraus sowie aus anderen Verfahrensergebnissen ableitet, daß die Zeugin nicht durch eine Messerattacke des Angeklagten verletzt worden sei. Mit der zum Urteilsfaktum 2 aufgestellten Behauptung des Fehlens von Feststellungen darüber, ob die gefährlichen Drohungen von seinem Vorsatz und dem damit verfolgten Zweck, die Zeugin L*** in Furcht und Unruhe zu versetzen, von seiner Absicht umfaßt gewesen seien, setzt sich der Beschwerdeführer erneut über die dazu getroffenen Urteilsfeststellungen - zum Teil unter dem Vorwand, es handle sich dabei bloß um "allgemein gehaltene Formulierungen" - einfach hinweg. Mit den an dieses Beschwerdevorbringen anknüpfenden Ausführungen aber, in denen vor allem aus den Streitigkeiten zwischen den Eheleuten L***, aus dem wiederholten einverständlichen Aufenthalt des Angeklagten in der Wohnung trotz des anhängigen Scheidungsverfahrens und aus den behaupteten Widersprüchen in der Aussage der Zeugin Heidemarie L*** sowie unter Hinweis auf die Verantwortung des Angeklagten gefolgert wird, diesem habe zumindest die Absicht gefehlt, seine Frau in Furcht und Unruhe zu versetzen, es habe sich (bei seinen Äußerungen) vielmehr um im Zorn "sowie durch Unachtsamkeit" gemachte Unmutsäußerungen gehandelt, denen das Merkmal der Ernstlichkeit fehlt, bekämpft er wiederum nur unzulässigerweise die erstgerichtliche Beweiswürdigung. In seinen Ausführungen zum Urteilsfaktum 4 schließlich übergeht der Beschwerdeführer zum einen die Feststellung, daß seine Ehefrau die Wohnung schon nach seiner Messerattacke verlassen wollte (US 7), und zum anderen geht er von der nach dem oben (zur Mängelrüge) gesagten urteilsfremden Annahme aus, daß er die Wohnungstür erst unmittelbar vor dem Weggehen versperrte, wogegen nach den Entscheidungsgründen zwischen eben diesen beiden Zeitpunkten noch jene mehr als einstündige "Beruhigungsphase" verstrich, während der er die verletzte Frau durch das Versperren der Türe in ihrer Freiheit beschränkte. Inwiefern die Feststellung, daß er mit seinem Verhalten gerade das erreichen "wollte", über seinen Vorsatz - ungeachtet des Wortlautes des § 5 Abs 1 StGB:

"... wer... verwirklichen will, ..." - nichts aussagen sollte, ist der Rechtsrüge nicht zu entnehmen, sodaß sie insoweit mangels Substantiierung einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich ist. Aus den angeführten Gründen war somit die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten zu den Urteilsfakten 1, 2 und 4 sofort bei der nichtöffentlichen Beratung zum Teil als offenbar unbegründet, zum Teil als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO).

Anmerkung

E13706

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0150OS00002.88.0308.000

Dokumentnummer

JJT_19880308_OGH0002_0150OS00002_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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