TE OGH 1989/8/30 14Os101/89

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Veröffentlicht am 30.08.1989
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Der Oberste Gerichtshof hat am 30.August 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vondrak als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Rainer F*** und Ingeburg Maria F*** wegen des Verbrechens nach § 12 SGG und anderer strafbarer Handlungen über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 11.April 1988, GZ 12 Vr 1013/86-119, nach Anhörung des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, in öffentlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 11.April 1988, GZ 12 Vr 1013/86-119, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 21 Abs. 1 SGG.

Dieser Beschluß wird aufgehoben und dem Kreisgericht Wels die neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 9. Jänner 1987, GZ 12 Vr 1013/86-59, wurden (die Eheleute) Rainer F*** und Ingeburg Maria F*** des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 2 erster Fall SGG, teils als Beteiligte nach § 12 zweiter und dritter Fall StGB, ferner des Vergehens nach § 16 Abs. 1 vierter, fünfter und sechster Fall SGG sowie des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG, teils als Beteiligte nach § 11 zweiter und dritter Fall FinStrG schuldig erkannt; für die bezeichneten Delikte nach dem Suchtgiftgesetz wurden sie zu Freiheitsstrafen, und zwar Rainer F*** in der Dauer von zwei Jahren und Ingeburg Maria F*** in der Dauer von 22 Monaten verurteilt. Der Vollzug dieser Freiheitsstrafen wurde vom Kreisgericht Wels in der Folge gemäß § 23 a Abs. 1 SGG (wiederholt) aufgeschoben und den beiden Verurteilten gemäß §§ 50, 51 StGB iVm § 6 StVG die Weisung erteilt, sich einer Langzeittherapie in Form einer medizinisch-psychiatrischen Betreuung zu unterziehen (ON 63, 97, 111, 127). Rainer F*** und Ingeburg Maria F*** unterzogen sich hierauf vom 7.Februar 1987 bis 15. September 1988 einer psychotherapeutischen Drogenentwöhnungskur in einer - durch Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz zur Beratung und Betreuung von Personen im Hinblick auf Suchtgiftmißbrauch anerkannten (siehe Kodek Suchtgiftgesetz S 163 f, Foregger-Litzka SGG2 S 204) - Einrichtung des Vereins Kontakt-Information-Therapie (KIT-Rehabilitationseinrichtung). Nach Ablehnung der Übernahme der nach dem 31.März 1988 entstehenden Kosten durch das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung (S 217/II), stellte das Kreisgericht Wels mit Beschluß vom 11.April 1988, GZ 12 Vr 1013/86-119, fest, daß die aus der Betreuung des Rainer F*** und der Ingeburg Maria F*** seit 1. April 1988 entstandenen und künftig entstehenden Kosten vom Bund gemäß § 21 Abs. 1 SGG nicht übernommen würden, weil in einer Therapiestation durchgeführte Behandlungen nicht dem Begriff "Krankenbehandlung" im Sinn des ASVG bzw. B-KUVG unterstellt werden könnten und es daher schon an der die Kostentragung durch den Bund voraussetzenden Prämisse der allfälligen Deckungspflicht durch die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) fehle.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Beschluß steht mit dem Gesetz nicht im Einklang. Wie der Oberste Gerichtshof schon in der Entscheidung vom 12. April 1989, AZ 14 Os 24/89 - mit ausführlicher Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird -, ausgesprochen hat, ergibt sich unter der Voraussetzung des Fehlens anderweitiger Kostendeckung die subsidiäre Verpflichtung des Bundes zur Übernahme der Kosten notwendiger ärztlicher Entwöhnungsbehandlung eines Rechtsbrechers, dem im Zusammenhang mit einer Verurteilung nach dem Suchtgiftgesetz eine derartige Weisung erteilt worden ist, dem Grunde nach unmittelbar und abschließend aus § 21 Abs. 1 erster Satz SGG, wobei das Gesetz nach seinem insoweit klaren Wortlaut ausschließlich auf die Notwendigkeit der im Einzelfall zu ergreifenden Maßnahmen ärztlicher Behandlung abstellt. Diese Leistungspflicht des Bundes ist entgegen dem vom Kreisgericht Wels in der Begründung des bezüglichen Beschlusses vertretenen Standpunkt davon unabhängig, ob auch die BVA im Fall eines Versicherungsverhältnisses zur Kostentragung verpflichtet gewesen wäre. Die Verweisung des § 21 Abs. 1 zweiter Satz SGG auf die von der BVA (fiktiv) zu ersetzenden Kosten dient vielmehr nur der ziffernmäßigen Begrenzung des Ausmaßes der vom Bund (unabhängig von der Leistungspflicht der BVA) zu ersetzenden Kosten. Diese aus § 21 Abs. 1 erster Satz SGG abzuleitende subsidiäre Kostenersatzpflicht des Bundes kommt auch bei der vorliegenden Fallgestaltung zum Tragen, weil die aus Anlaß der Gewährung eines Strafaufschubes nach § 23 a Abs. 1 SGG - worin ausdrücklich auf § 6 StVG Bezug genommen wird - erteilte Weisung im Sinn des § 21 Abs. 1 erster Satz SGG jedenfalls mit einer Verurteilung nach dem Suchtgiftgesetz im ursächlichen Zusammenhang steht, ohne die eine derartige Weisung bei der gegebenen Gesetzeslage gar nicht denkbar wäre.

Der in Rede stehende Beschluß des Kreisgerichtes Wels verstößt sohin gegen das Gesetz in der Bestimmung des § 21 Abs. 1 SGG und wirkt sich infolge der Verweigerung der Kostenübernahme durch den Bund zum Nachteil der beiden Verurteilten aus.

In Stattgebung der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher die aufgezeigte Gesetzesverletzung festzustellen und gemäß § 292 letzter Satz StPO wie im Spruch zu beheben.

Anmerkung

E18234

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0140OS00101.89.0830.000

Dokumentnummer

JJT_19890830_OGH0002_0140OS00101_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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