TE OGH 1989/9/28 7Ob615/89

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Veröffentlicht am 28.09.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Egermann, Dr.Angst und Dr.Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Heinz K***-W***, Rechtsanwalt in Wien 3., Reisnerstraße 55-57, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der protokollierten Firma C.G.P***, Wien 23., Zetschegasse 1, wider die beklagte Partei Dr.Anton K***, Rechtsanwalt, Wien 1., Seilerstätte 1/10, wegen S 1,865.402,53 sA (Revisionsstreitwert S 1,417.449,43 sA) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 15.Dezember 1988, GZ 2 R 81/88-58, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 27.Jänner 1988, GZ 14 Cg 103/87-48, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Beklagte war an dem Handelsgewerbe der Gemeinschuldnerin als

stiller Gesellschafter beteiligt. Der Kläger behauptet, der Beklagte

habe

im Geschäftsjahr 1977                  S    961.464,--

im Geschäftsjahr 1978                  S    105.750,--

im Geschäftsjahr 1979                  S    565.750,--  und

im Geschäftsjahr 1980                  S     70.000,--

zusammen:                              S  1,702.964,--

akonto seines Gewinnes entnommen. Die Geschäftsjahre 1978 bis 1980 hätten mit Verlust abgeschlossen, lediglich im Geschäftsjahr 1977 sei noch ein Gewinn erzielt worden. Der auf den Beklagten entfallende Gewinnanteil habe S 204.050,05 betragen, sodaß der Beklagte der Gemeinschuldnerin S 1,498.913,90 (richtig: S 1,498.913,95) schulde. Der Kläger begehrt den Ersatz dieses Betrages sowie S 756.760,19 sA (AS 5 und AS 14) für an den Beklagten im Rahmen seiner rechtsfreundlichen Vertretung der Gemeinschuldnerin geleistete, jedoch nicht weitergeleitete Zahlungen von Kunden der Gemeinschuldnerin.

Der Beklagte bestreitet die Behauptungen des Klägers und wendete gegen die Klagsforderung bis zu deren Höhe aufrechnungsweise eine restliche Honorarforderung von S 643.413,16 ein.

Ein Teilanspruch von S 390.271,56 sA wurde bereits im ersten Rechtsgang rechtskräftig abgewiesen. Im übrigen sprach das Erstgericht auch im zweiten Rechtsgang aus, daß die (restliche) Klagsforderung mit S 1,865.402,53 zu Recht und die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe; es gab demgegemäß dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab.

Im Umfang der Abweisung eines Teilanspruches von S 447.953,19 sA erwuchs das Urteil des Berufungsgerichtes in Rechtskraft. Im Revisionsverfahren ist nur mehr der Anspruch des Klägers auf Ersatz von Gewinnentnahmen von S 1,417.449,34 sA strittig. Das Berufungsgericht führte eine Beweiswiederholung durch und traf folgende, für das Revisionsverfahren noch relevante Feststellungen:

Im Jahre 1973 übernahm Mag.Götz P*** das Unternehmen des Herrn B***. Es wurde eine Kommanditgesellschaft, die C.G.P*** KG gegründet, wobei Mag.Götz P*** und die

P*** GesmbH Komplementäre und Herr B*** Kommanditist wurden. Der Beklagte trat als stiller Gesellschafter in das Unternehmen ein und leistete eine Einlage von S 150.000 bar. Die Beteiligung am Vermögen des Unternehmens wurde mit 70 % zugunsten des Mag.Götz P*** und zu 30 % zugunsten des Beklagten festgelegt. Für den Beklagten wurde ein Kapitalkonto eröffnet, auf dem in der Folge auch die ihm zufallenden Gewinn- und Verlustanteile verbucht wurden. Von seinem Kapitalkonto entnahm der Beklagte seit dem Jahre 1977 insgesamt S 1,702.964. Diese Entnahmen waren durch die auf den Beklagten entfallenden Gewinnanteile nicht zur Gänze gedeckt. Über die Entnahme des Beklagten war Mag.Götz P*** jeweils aufgrund der Kontoauszüge, in die er Einsicht nahm, informiert. Zum Bilanzstichtag 30.4.1980 betrug - rein rechnerisch aufgrund der Entnahmen und aufgrund der von der Gemeinschuldnerin vorgenommenen Gewinn- und Verlustverteilung - die Schuld des Beklagten an die Gemeinschuldnerin S 1,498.913,90. Diese Tatsache war der Gemeinschuldnerin, insbesondere deren Komplementären jedenfalls bereits vor dem 26.4.1981 bekannt. Mag.Götz P*** hat den Beklagten auch aufgefordert, die ungerechtfertigten Entnahmen zurückzuzahlen, wobei nicht feststellbar ist, zu welchen Zeitpunkten Mag.Götz P*** den Beklagten konkret zur Rückzahlung aufforderte. Mit Bilanz vom 30.4.1980 ergab sich auf dem Kapitalkonto des Beklagten ein Minussaldo von S 81.464,61. Diese Bilanz ist dem Mag.Götz P*** jedenfalls vor dem 26.4.1981 bekannt gewesen. Durch Bezahlung des Betrages von S 81.464,61 stellte der Beklagte sein Kapitalkonto glatt. Die auf den Bilanzstichtag 30.4.1980 folgenden Geschäftsjahre der Gemeinschuldnerin bis zur Konkurseröffnung endeten mit großen Verlusten. Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 27.4.1983 wurde über das Vermögen der Firma C.G.P*** der Konkurs eröffnet und die stille Gesellschaft aufgelöst. Zu diesem Zeitpunkt ergab sich rein rechnerisch ein negativer Saldo auf dem Kapitalkonto des Beklagten von S 2,190.205,36. Als nicht erwiesen nahm das Berufungsgericht eine Vereinbarung an, wonach die Gesellschafter vom Gewinn des Unternehmens so lange 60 % nicht entnehmen dürften, bis ein Eigenkapital von 8 Millionen erreicht sei.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Berufungsgericht im wesentlichen aus, der Betrag von S 1,417.449,34 ergebe sich (mit einer zu vernachlässigenden Differenz von 5 Groschen) aus der Differenz des Betrages von S 1,498.913,90 (geltend gemachte Schuld des Beklagten zum Bilanzzeitpunkt 30.4.1980, AS 4) und dem zugestandenermaßen rückbezahlten Betrag von S 81.464,61. Die Rückforderung dieses Betrages (ungerechtfertigte Entnahme von S 1,417.449.34) sei aber nicht mehr möglich, weil die Forderung gemäß § 1489 ABGB verjährt sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision des Klägers ist berechtigt.

Als stiller Gesellschafter hatte der Beklagte Anspruch auf den auf ihn entfallenden Gewinnanteil. Es steht fest, daß der Beklagte von 1977 bis 30.4.1981 Entnahmen in Höhe von S 1,702.964 tätigte.

Diese Entnahmen wurden vom Beklagten auch nicht in Abrede gestellt.

Nach den Behauptungen des Klägers erfolgten die Entnahmen akonto des

Gewinnes des Beklagten, wobei jedoch sein Gewinnanteil lediglich

S 204.050,05 betragen habe. Nach dem Standpunkt des Beklagten

handelte es sich um Entnahmen zu Lasten eines bereits vorhandenen

Gewinnes. Wäre die Behauptung des Klägers richtig, daß die Entnahmen durch die (folgenden) Gewinne des Beklagten nicht gedeckt wurden (AS 4), bestünde ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch der Gemeinschuldnerin nach § 1435 ABGB, weil diese Bestimmung über ihren Inhalt hinaus in ständiger Rechtsprechung als Grundlage für eine Kondiktion wegen Wegfalls des Grundes oder wegen Nichteintrittes des erwarteten Erfolges angesehen wird (SZ 53/71; SZ 41/76; JBl 1976, 648 uva). Unerörtert bleiben kann hiebei, ob der Gemeinschuldnerin auch ein Entschädigungsanspruch nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen zustünde, weil Bereicherungsansprüche gegenüber Schadenersatzansprüchen nicht im Verhältnis der Subsidiarität stehen (WoBl 1989, 49). Ein Kondiktionsanspruch nach § 1435 ABGB verjährt jedoch erst nach 30 Jahren (EvBl 1974/288; SZ 36/30; Schubert in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 1478). Die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß der Anspruch des Klägers jedenfalls verjährt sei, kann daher nicht geteilt werden. Die Feststellungen des Berufungsgerichtes über die Deckung der Entnahmen des Beklagten durch seine Gewinnanteile sind jedoch unklar, sodaß eine abschließende Beurteilung nicht möglich ist. Nach den Feststellungen hat der Beklagte den sich zum 30.4.1980 ergebenden Passivsaldo seines Kapitalkontos von S 81.464,61 bezahlt. Davon ausgehend könnte aber der Kläger nichts mehr fordern. Mit dieser Feststellung läßt es sich aber nicht in Einklang bringen, wenn das Berufungsgericht von einer ungerechtfertigten und daher rückforderbaren Entnahme von S 1,417.449,34 ausgeht (ON 58, AS 310). Aus den vom Kläger vorgelegten Bilanzen könnte sich ergeben, daß die Entnahmen des Beklagten durch Gewinngutschriften auf seinem Kapitalkonto zunächst gedeckt waren und sich erst zum 30.4.1980 der dann abgedeckte Passivsaldo ergab. Unerheblich sind spätere Verluste. Eine Rückzahlung bezogener Gewinne wegen nachfolgender Verluste kommt ohne eine diesbezügliche Vereinbarung nicht in Betracht. Bezogen sind die tatsächlich ausbezahlten oder dem Sonderkonto des stillen Gesellschafters gutgebuchten Gewinnanteile (Straube in HGB Rz 13 zu § 337). Dies muß aber auch für Gewinne gelten, die anstatt auf ein Sonderkonto, auf das Kapitalkonto des stillen Gesellschafters verbucht wurden. Ein späterer Verlust könnte daher an einer allfälligen Deckung der Entnahmen des Beklagten durch seine Gewinnanteile nichts ändern. Erst spätere Gewinne hätten zur Deckung der durch Verluste verminderten Kapitaleinlage des Beklagten herangezogen werden können (§ 337 Abs 2 HGB letzter Halbsatz). Das Berufungsgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren die Unklarheit in den Feststellungen auszuräumen und, allenfalls unter Beiziehung eines Buchsachverständigen klare Feststellungen darüber zu treffen haben, ob die Entnahmen des Beklagten jeweils durch Gewinne gedeckt waren oder abgedeckt wurden.

Demgemäß ist der Revision Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.

Anmerkung

E18578

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0070OB00615.89.0928.000

Dokumentnummer

JJT_19890928_OGH0002_0070OB00615_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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