TE OGH 1989/10/4 3Ob525/89

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Veröffentlicht am 04.10.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma Geräte-Verleih Elfriede L***, Steyr, Adalbert-Stifter-Straße 19, vertreten durch Dr. Werner Leimer und Dr. Manfred Leimer, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Heinrich P***, Cafetier, Steyr, Dr.-Kompaßstraße 3, vertreten durch Dr. Ronald Klimscha, Rechtsanwalt in Steyr, wegen Erfüllung eines Automatenaufstellvertrages und Zahlung von 20.000 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 15. Dezember 1988, GZ 6 R 256/88-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Steyr vom 30. Juni 1988, GZ 3 Cg 2/88-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es unter Einbeziehung des rechtskräftig gewordenen Teiles zu lauten hat:

"Der Beklagte ist schuldig, entsprechend dem am 16.12.1986 mit der klagenden Partei abgeschlossenen Automatenaufstellungsvertrag die bei ihm im Pub-Cafe "Tratscherl" in Steyr, Dr.-Kompaßgasse 3, aufgestellten Automaten, nämlich einen Admiral 3500, einen Admiral 5000, 2 Poker-Joker-Card und einen TV-Table, während der Geschäftszeit dauernd spielbereit zu halten, jedoch ohne dabei Gewinne in Geld- oder Geldeswert in Aussicht zu stellen oder auszufolgen, und sie bloß zu den durch Gesetz oder Bescheid vorgeschriebenen Zeiten wieder abzuschalten, die Aufstellung anderer Automaten als jener der klagenden Partei für die Dauer des Automatenaufstellungsvertrages zu unterlassen sowie der klagenden Partei binnen 14 Tagen 20.000 S samt 4 % Zinsen seit 7.1.1988 zu bezahlen.

Das Mehrbegehren, den Beklagten schuldig zu erkennen, die Automaten uneingeschränkt spielbereit zu halten, wird abgewiesen."

Die Verfahrenskosten werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte verpflichtete sich in einem am 16.Dezember 1986 schriftlich abgeschlossenen Vertrag, in seinem Cafehaus Spielautomaten aufzustellen. Der Vertragspartner des Beklagten trat die ihm im Vertrag eingeräumten Rechte an die klagende Partei ab.

Der Vertrag hat in den hier wesentlichen Teilen folgenden Wortlaut:

"5. Der Lokalinhaber unterläßt alle den Betrieb der Automaten beeinträchtigenden Maßnahmen; er verpflichtet sich, während der Dauer dieses Vertrages in seinen Lokalitäten ohne Zustimmung des Aufstellers weder eigene Spiel-, Musik-, Unterhaltungs- und sonstige Automaten aufzustellen, noch einem Dritten die Aufstellung zu gestatten. ......

6. Der Lokalinhaber hält die Automaten während der Geschäftszeit dauernd spielbereit und schaltet sie zu der durch Gesetz oder Bescheid vorgeschriebenen Zeit (Vergnügungsbetriebssperrstunde) wieder ab.

10. Diese Vereinbarung wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann vom Lokalinhaber drei Monate vor Ablauf eines jeden Jahres, gerechnet vom Zeitpunkt der Aufstellung an, erstmalig vor Ablauf des dritten Jahres, mittels eingeschriebenen Briefes zum Ende des Aufstelljahres gekündigt werden.

13. Sollte der Lokalinhaber die Bedingungen dieses Vertrages nicht einhalten oder die Konkurrenzklausel brechen, steht es dem Aufsteller frei, die vor Verletzung des Vertrages durchschnittlich erzielten Bruttoerlöse - umgerechnet auf ein Jahr - mindestens aber

S 20.000 als Schadenersatz zu beanspruchen, ohne daß diese Forderung dem richterlichen Mäßigungsrecht unterliegt.

14. Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein, so wird die rechtliche Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Es gilt dann vielmehr - soweit gesetzlich zulässig - eine der ungültigen Bestimmung möglichst nahekommende als vereinbart.

15. Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. ......"

Die klagende Partei begehrte unter Berücksichtigung einer in der Berufungsverhandlung vorgenommenen Präzisierung des Klagebegehrens, den Beklagten schuldig zu erkennen, fünf näher bezeichnete Automaten während der Geschäftszeit dauernd spielbereit zu halten und bloß zu den durch Gesetz oder Bescheid vorgesehenen Zeiten wieder abzuschalten, die Aufstellung anderer Automaten als jener der klagenden Partei für die Dauer des Automatenaufstellungsvertrages zu unterlassen und ihr 20.000 S sA zu bezahlen. Der Beklagte halte zu Unrecht den Automatenaufstellungsvertrag nicht ein. Der Beklagte wendete ein, daß ihm der "Generalbevollmächtigte" der klagenden Partei im Oktober 1987 zugesichert habe, er werde gegen Bezahlung von 20.000 S die Auflösung des Vertrages akzeptieren; die Vertragsbestimmung, daß Änderungen der Schriftform bedürfen, sei somit hinfällig. Er (Beklagter) habe die klagende Partei aufgefordert, die Geräte Zug um Zug gegen Bezahlung von 20.000 S bis spätestens 15.Jänner 1988 zurückzunehmen. Die klagende Partei sei der Aufforderung nicht nachgekommen. Der Vertrag sei auch gesetzes- oder zumindest sittenwidrig, weil er unter anderem Glückspielautomaten zum Gegenstand habe, bei denen hohe Einsätze und hohe Gewinne vorgesehen seien und die daher dem Glückspielmonopol unterlägen. Der Automatenaufstellungsvertrag sei ferner als sittenwidriger Knebelungsvertrag zu qualifizieren, weil ihm die klagende Partei (gemeint wohl: sein Vertragspartner) als übermächtiger Anbieter beim Inhalt des Vertrages und besonders bei der Bestimmung über die Auflösung keine Wahl gelassen und mangels mehrerer Anbieter ihre Übermachtstellung in sittenwidriger Weise ausgenützt habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren in der ursprünglichen Fassung statt, soweit es einen der Automaten betraf und auf Bezahlung von 20.000 S sA gerichtet war, und wies den die übrigen vier Automaten betreffenden Teil des Klagebegehrens ab. Es stellte im wesentlichen noch folgenden Sachverhalt fest:

Auf Grund des den Gegenstand der Klage bildenden Aufstellungsvertrages wurden im Lokal des Beklagten ein Admiral 3500, ein Admiral 5000, 2 Poker-Joker-Card-Automaten und ein TV-Table aufgestellt, wobei das Einspielergebnis dieses Automaten wesentlich geringer als das der übrigen war. Dies war darauf zurückzuführen, daß bei den anderen Automaten Gewinne in der Form ausbezahlt wurden, daß etwa bei einem Einsatz von 50 S eine Gutschrift über 70 S oder 80 S aufleuchtete und der Spielende dann von den Kellnerinnen die Auszahlung dieses Betrages verlangte. Der gewonnene Betrag wurde entweder ausbezahlt oder verkonsumiert. Im Oktober 1987 wollte der Beklagte einen Kredit aufnehmen und bat hiefür Norbert L***, den Generalbevollmächtigten der klagenden Partei, um die Übernahme der Bürgschaft. Norbert L*** erklärte sich hiezu bereit. Beim Verlassen des Kreditinstitutes, in dem der Vertrag unterschrieben wurde, gab Norbert L*** dem Beklagten auf dessen Frage, ob er nun die Automaten der klagenden Partei auf Lebenszeit aufstellen müsse, zur Antwort, daß der Beklagte bei Bezahlung von 20.000 S jederzeit Automaten eines anderen aufstellen könne. Es wurde nicht darüber gesprochen, daß Änderungen des Automatenaufstellungsvertrages der Schriftform bedürfen. Am 23. Dezember 1987 rief der Beklagte bei der klagenden Partei an und verlangte, daß jemand zur Abrechnung komme und zugleich die Automaten abhole; er werde dafür 20.000 S bezahlen. Die klagende Partei erklärte sich damit nicht einverstanden. Der Beklagte entfernte am 28.Dezember 1987 dennoch die Automaten der klagenden Partei aus seinem Lokal und stellte dort in der Folge Automaten eines anderen Unternehmens auf. Am 31.Dezember 1987 sandte er an die klagende Partei ein Schreiben, in dem er ihr mitteilte, daß er den "am 28.Mai 1986" abgeschlossenen Automatenaufstellungsvertrag mit sofortiger Wirkung auflöse, dies auf Grund der Zusicherung von Norbert L***, daß er gegen Bezahlung von 20.000 S den Vertrag jederzeit auflösen könne und die entgegenstehende Bestimmung des schriftlichen Vertrages somit hinfällig sei.

Im Bereich des Ortes, in dem sich das Lokal des Beklagten befindet, und seiner Umgebung gibt es noch andere Automatenaufsteller als die klagende Partei, die aber alle einen kleineren Marktanteil als diese haben.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, daß der Automatenaufstellungsvertrag bei vier Automaten gemäß § 2 Abs. 2 des GlückspielG idF BGBl. 1976/626 und gemäß § 11 Abs. 2 des Oö. VeranstaltungsG gesetzwidrig und daher gemäß § 879 Abs. 1 ABGB nichtig sei, weil hiebei höhere als die zulässigen Gewinne ausbezahlt würden. Bei einem der Automaten treffe dies nicht zu, weil hiebei nur der Gewinn eines Freispiels in Aussicht gestellt werde. Infolge der im Vertrag enthaltenen Bestimmung, daß Änderungen und Ergänzungen der Schriftform bedürfen, habe die bloß mündliche Zusicherung, daß der Beklagte bei Bezahlung von 20.000 S die Automaten der klagenden Partei nicht mehr aufstellen müsse, keine Änderung der Bestimmung des Vertrages über die Dauer und die Kündigung bewirkt; sie stelle vielmehr nur einen Hinweis auf den Punkt 13 des Vertrages dar. Der Beklagte sei daher bei diesem Automaten an den Vertrag noch gebunden, habe ihn deshalb weiterhin aufzustellen und den im Vertrag für den Fall von Vertragsverletzungen vereinbarten Schadenersatz von 20.000 S zu bezahlen.

Das Berufungsgericht gab der von den Parteien gegen dieses Urteil des Erstgerichtes erhobenen Berufung nicht Folge und bestätigte es mit der Maßgabe, daß es der Entscheidung das in der Berufungsverhandlung präzisierte, oben wiedergegebene Klagebegehren zugrundelegte. Es sprach ferner aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, 300.000 S übersteigt.

Der Betrieb der Automaten, bei denen Gewinne ausgezahlt werden, sei zwar nicht vom Glückspielmonopol erfaßt, weil hievon gemäß § 4 Abs. 2 des GlückspielG Ausspielungen mittels eines Glückspielautomaten, bei denen der Einwurf den Betrag oder Gegenwert von 5 S und der Gewinn den Betrag oder den Gegenwwert von 100 S nicht übersteigen, ausgenommen seien. Der Betrieb sei aber gemäß § 11 Abs. 2 des Oö. VeranstaltungsG verboten. Da der Zweck des gesetzlichen Verbotes darin liege, den Spieltrieb des Menschen im Interesse des Einzelnen und der Gemeinschaft in geordnete Bahnen zu lenken, seien Verträge, die die Aufstellung und den entgeltlichen Betrieb von Glückspielautomaten betreffen, nichtig. Auf Grund der Feststellungen des Erstgerichtes sei nicht anzunehmen, daß die klagende Partei mit der Erklärung ihres Generalbevollmächtigten vom bisher geschlossenen Vertrag habe abgehen wollen. Aus der Aussage des Zeugen Norbert L*** könne bloß abgeleitet werden, daß er dem Beklagten auf seine Frage den Inhalt des schriftlichen Vertrages erklärte. Seine Erklärung könne nur als Wissenserklärung und nicht als Willenserklärung, durch die eine neue Vereinbarung abgeschlossen werden sollte, angesehen werden.

Gegen den das Klagebegehren abweisenden Teil dieses Urteils richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinn des Klagebegehrens abzuändern.

Der Beklagte beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Den Vorinstanzen ist zwar darin beizupflichten, daß der Betrieb der im Revisionsverfahren noch strittigen Spielautomaten in der vom Erstgericht festgestellten Form gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. In Betracht kommt entweder ein Eingriff in das Glückspielmonopol gemäß § 3 GlückspielG oder ein Verstoß gegen das im § 11 Abs. 2 Oö. VeranstaltungsG LGBl. 1955/7 in der geltenden Fassung festgelegte Verbot des entgeltlichen Betriebs von Spielapparaten und -automaten, bei denen dem Benützer als Gewinn Geld oder Geldeswert (zB Waren oder in Geld oder andere Werte einlösbare Spielmünzen, Gutscheine udgl.) ausgefolgt oder in Aussicht gestellt werden, wobei Freispiele als Gewinn zulässig sind. Die in der Revision vertretene Ansicht, bei den strittiten Spielautomaten würden nur Freispiele gewährt, ist unhaltbar. Von einem Freispiel als Gewinn kann nur gesprochen werden, wenn der Spieler auf Grund des Gewinnes nur die Möglichkeit hat, mit dem Automaten weiterzuspielen, wobei ihm diese Möglichkeit entweder durch den Automaten selbst oder durch Ausfolgung einer Spielmünze eröffnet werden kann. Wird dem Spieler aber ein anderer Vorteil als die Möglichkeit des Weiterspielens gewährt, so liegt kein in einem Freispiel bestehender Gewinn vor. Dies war hier aber bei den noch strittigen Automaten der Fall.

Ohne Bedeutung ist es entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht auch, ob dem Kläger von der zuständigen Behörde nach dem Oö. VeranstaltungsG die Bewilligung zum Betrieb der Spielautomaten erteilt wurde. Diese Bewilligung könnte nur den Betrieb in der vom Automaten gestalteten Form umfassen und sich nicht auf die - beim Betrieb an sich nicht vorgesehene - Zusage einer Gewinnmöglichkeit und Auezahlung von Gewinnen beziehen, zumal hiefür allein das Verhalten des Betreibers maßgebend ist.

Die Frage, gegen welchenes r beiden in Betracht kommenden Gesetze (GlückspielG oder Oö. VeranstaltungsG) der Betrieb der strittigen Spielautomaten verstößt, kann auf sich beruhen, weil es in jedem dieser Fälle zum selben Ergebnis kommt. Verboten ist nämlich in beiden Fällen der Betrieb der Spielautomaten (nur) dann, wenn dabei ein in Geld oder Geldeswert bestehender Gewinn in Aussicht gestellt oder ausgefolgt wird. Geschieht dies nicht durch die Automaten selbst, so verstößt es nicht gegen die angeführten Gesetze, wenn die Automaten bloß spielbereit gehalten werden, ohne daß solche Gewinne in Aussicht gestellt oder ausgefolgt werden. In diesem Punkt unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt von jenem der Entscheidung SZ 58/119, in der gesagt wurde, daß ein Vertragsteil nicht gezwungen werden könne, verbotene Automaten in seinem Lokal zu dulden. Damals ging es nämlich um die Aufstellung und den Betrieb von Geldspielautomaten in Niederösterreich. Beides ist aber in diesem Bundesland gemäß § 3 des nö. SpielautomatenG LGBl 7071 verboten, wobei Geldspielautomaten gemäß § 2 Abs. 2 lit. b dieses Gesetzes auch Spielautomaten sind, bei denen auf Grund ihrer Bauart eine Auszahlung oder Ausfolgung von Gewinnen möglich ist, auch wenn sie das Spielergebnis nur in Form von Punkten, Zahlen, Symbolen oder Kombinationen von Symbolen oder in Form von Freispielen anzeigen. Es genügt also schon die Möglichkeit der Auszahlung oder Ausfolgung von Gewinnen. Weder das GlückspielG noch das Oö. VeranstaltungsG enthalten aber eine den §§ 2 und 3 des nö. SpielautomatenG vergleichbare Bestimmung, die schon den Betrieb bestimmter Spielautomaten unabhängig davon verbietet, ob tatsächlich Gewinne in Aussicht gestellt oder ausgefolgt werden. Die Feststellungen des Erstgerichtes bieten zwar einen Anhaltspunkt dafür, daß die nach dem GlückspielG oder dem Oö. VeranstaltungsG allein verbotene Zusage einer Gewinnmöglichkeit oder Auszahlung oder Ausfolgung von geldwerten Gewinnen dem Willen der Parteien entsprach und zwischen ihnen - ausdrücklich oder schlüssig - vereinbart wurde. Es muß aber nicht geprüft werden, ob eine solche Vereinbarung tatsächlich anzunehmen ist, weil sie jedenfalls nichtig wäre. Ist nämlich eine Zusage nicht anders als durch den Verstoß gegen einen Straftatbestand zu erfüllen, so ist die Erfüllung nicht erzwingbar und die Zusage im Sinn des § 879 Abs. 1 ABGB nichtig (SZ 59/11). Damit wäre aber noch nicht gesagt, daß auch die übrigen Bestimmungen des Vertrages nichtig sind. Über die Frage, ob die Nichtigkeit eines Teiles das Ganze ergreift oder nicht, entscheiden Natur und Zweck des Verbotes (SZ 55/182 mwN). Natur und Zweck der hier in Betracht kommenden gesetzlichen Verbote richten sich aber nicht gegen die Aufstellung und den Betrieb von Spielautomaten für sich allein, sondern nur in Verbindung mit der Zusage einer Gewinnmöglichkeit oder der Ausfolgung von geldwerten Gewinnen. Nur eine Vereinbarung hierüber wäre daher nichtig. Dem Beklagten steht es frei, den Betrieb der Automaten in einer Form zu ermöglichen, bei der es nicht zur Ausfolgung von Gewinnen kommt und er ist hiezu auch in der Lage. Noch weniger kann durch die Nichtigkeit das im Vertrag vereinbarte Verbot der Aufstellung anderer Spielautomaten als jener des Vertragspartners des Beklagten, das ebenfalls den Gegenstand des Klagebegehrens bildet, erfaßt sein. Zu der im Verfahren erster Instanz erhobenen Einwendung, daß der Aufstellungsvertrag als Knebelungsvertrag zu werten und deshalb sittenwidrig sei, brachte der Beklagte in seinen Rechtsmittelschriften nichts mehr vor. Es muß daher hierauf nicht weiter eingegangen werden, zumal der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung SZ 58/119 diese Einwendung bereits in einem in diesem Punkt gleichgelagerten Fall für unberechtigt ansah. Dem Beklagten kann ferner auch nicht darin gefolgt werden, daß er auf Grund der Äußerung des Generalbevollmächtigten der klagenden Partei berechtigt war, gegen Bezahlung von 20.000 S die Auflösung des Vertrages ohne Rücksicht auf die darin hierüber getroffene Regelung zu verlangen. Wohl kann von einer vereinbarten Schriftform einverständlich auch durch ein konkludentes Verhalten wieder abgegangen werden (SZ 53/101; VersR 1988, 200 ua). Der Oberste Gerichtshof hat ferner auch schon ausgesprochen, daß die Einschränkung der Vollmacht, welche die Vereinbarung der Schriftform gewöhnlich bewirkt (vgl. Rummel in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 884; SZ 29/4; JBl. 1968, 148; JBl. 1969, 217 ua), dann nicht zum Tragen kommt, wenn der Bevollmächtigte - wie hier - eine umfassende Vollmacht besitzt, weil dann angenommen werden muß, daß er auch zur mündlichen Ergänzung und Abänderung des Vertrages berechtigt ist (3 Ob 38/74; 3 Ob 576/79; vgl. auch SZ 24/249). Auf der anderen Seite ist aber bei der Beurteilung eines Verhaltens auf seine konkludente Aussage größte Vorsicht geboten und ein strenger Maßstab anzulegen (VersR 1988, 200 mwN).

Hier ist von Bedeutung, daß die vom Beklagten an Norbert L*** gestellte Frage nicht auf die Änderung des Vertrages gerichtet war. Norbert L*** und auch ein objektiver Dritter konnten vielmehr daraus entnehmen, dan der Beklagte über die ihm nach dem schriftlichen Vertrag zustehenden Rechte Auskunft erhalten wollte. Unter diesem Gesichtspunkt ist dem Berufungsgericht darin beizupflichten, daß ein objektiver Dritter die Erklärung des Zeugen Norbert L*** nur als Erläuterung des Vertragsinhaltes auffassen, daraus aber nicht ableiten durfte, daß Norbert L*** die Bestimmungen des Aufstellungsvertrages ändern wollte, soweit diese vom Inhalt seiner Erklärung abwichen. Es bestehen jedenfalls ggwichtige Gründe, hieran zu zweifeln, weshalb die nach § 863 ABGB erforderlichen Voraussetzungen für eine schlüssige Änderung des Vertrages nicht gegeben sind.

Die klagende Partei verlor das Recht, die Erfüllung des Vertrages zu verlangen, schließlich auch nicht dadurch, daß sie den im Vertrag als Schadenersatz festgelegten Pauschalbetrag begehrte. Es handelt sich dabei um eine Vertragsstrafe. Hiezu sprach der Oberste Gerichtshof schon aus, daß die für den Fall der nicht gehörigen Erfüllung vereinbarte Vertragsstrafe neben der Erfüllung begehrt werden kann (SZ 58/152). Das Gesetz (§ 1336 Abs. 1 letzter Satz ABGB) sieht dies allerdings nur für zwei Fälle der nicht gehörigen Erfüllung, nämlich für die Nichteinhaltung der Erfüllungszeit oder des Erfüllungsortes, vor. Es muß jedoch beachtet werden, daß die im § 1336 Abs. 1 ABGB enthaltenen Regeln über die Vertragsstrafe nicht zwingend sind und daher in erster Linie der Wille der Parteien maßgebend ist (Harrer in Schwimann, ABGB, Rz 7 zu § 1336). Hiebei kommt es im allgemeinen aber darauf an, ob durch die Vertragsstrafe den Interessen des Gläubigers sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft ausreichend Rechnung getragen werden kann. Dann ist mangels abweichender Vereinbarung anzunehmen, daß die - vom Gläubiger verlangte - Vertragsstrafe nach dem Willen der Parteien an die Stelle der Erfüllung treten soll, was im allgemeinen bei Nichterfüllung des Vertrages zutrifft. Sonst ist davon auszugehen, daß durch die Vertragsstrafe nur der durch das vertragswidrige Verhalten schon eingetretene Schaden pauschaliert, nicht aber die Verletzung der darüber hinausgehenden Interessen des Gläubigers ausgeglichen werden soll. Der Gläubiger kann deshalb neben der Vertragsstrafe auch die Erfüllung verlangen. Man kommt daher im Weg der Vertragsauslegung sehr oft zu einem Ergebnis, das den §§ 340 und 341 BGB entspricht. Dies ist umso eher gerechtfertigt, als aneee Bestimmungen das Vorbild für den durch die

3. TN eingefügten letzten Satzes § 1336 ABGB gebildet haben (vgl. Mat. 3. TN 403), wobei ihr Inhalt allerdings nicht zur Gänze in das Gesetz Eingang fand.

Die Besonderheit des hier zu entscheigenden Falles liegt darin, daß es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt. Hat dessen Abwicklung bereits begonnen, kommt die Nichterfüllung nicht mehr in Betracht. Vertragsverstöße fallen vielmehr unter die nicht gehörige Erfüllung der Verbindlichkeit. Sieht man von besonderen gesetzlichen Regelungen, wie § 37 Abs. 3 AngG, oder von einer ausdrücklich oder erkennbar abweichenden Vereinbarung der Parteien ab, kann daher bei Dauerschuldverhältnissen wegen einer Vertragsverletzung neben der Vertragsstrafe noch die Erfüllung, also die Einhaltung des Vertrages in Zukunft, verlangt werden. Die Vertragsstrafe deckt hier nur das Verhalten des Schuldners in der Vergangenheit, nicht aber sein Verhalten in der Zukunft (vgl. Lindacher in Soergel-Siebert, BGB11, Rz 4 aE zu § 340), wobei damit noch nichts zu der - ebenfalls nach dem Parteiwillen zu beurteilenden - Frage gesagt ist, wie oft der Gläubiger auf Grund eines fortgesetzten vertragswidrigen Verhaltens die Vertragsstrafe verlangen kann.

Hier können die Interessen der klagenden Partei durch den Ersatz des ihr schon entstandenen Schadens nicht hinreichend gewahrt werden. Es kann daher mangels gegenteiliger Verfahrensergebnisse nicht angenommen werden, daß sie nach dem übereinstimmenden Willen beider Vertragsteile durch das Begehren auf Bezahlung der Vertragsstrafe schon das Recht verloren hat, die Erfüllung des Vertrages zu verlangen. Dieses Begehren und die darauf gegründete Verurteilung des Beklagten zur Bezahlung der Vertragsstrafe stehen daher dem Erfolg des übrigen Klagebegehrens nicht entgegen. Das Begehren, die Automaten "spielbereit" zu halten, läßt auch die von der klagenden Partei offenbar gewünschte Auslegung zu, daß der Betrieb in der bisherigen Form geschehen soll. Hiezu kann der Beklagte aber nicht verpflichtet werden, weshalb das Klagebegehren abzuweisen war, soweit daraus das Begehren auf Erzwingung von gesetzlich verbotenen Handlungen abzuleiten ist. Im übrigen war ihm auch in dem von der Revision betroffenen Teil stattzugeben, zumal dies im Verhältnis zum Gesamtbegehren ein Minus bedeutet. Der Ausspruch über die Verfahrenskosten beruht infolge der bedeutsamen Teilabweisung auf § 43, für die Rechtsmittelverfahren außerdem auf § 50 ZPO.

Anmerkung

E19051

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00525.89.1004.000

Dokumentnummer

JJT_19891004_OGH0002_0030OB00525_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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