TE OGH 1990/2/22 12Os173/89

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Veröffentlicht am 22.02.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Feber 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Tschütscher als Schriftführerin in der Strafsache gegen Engelbert B*** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 2, 148 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 21. November 1989, GZ 32 Vr 1561/89-32, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, und des Verteidigers Dr. Jaksch, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der (nunmehr) 31jährige Engelbert B*** wurde des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 2, 148 zweiter Fall StGB (I) und des Vergehens der sittlichen Gefährdung von Personen unter sechzehn Jahren nach § 208 StGB (II) schuldig erkannt.

Er bekämpft dieses Urteil mit einer § 281 Abs. 1 Z 9 lit a und 10 StPO anrufenden Nichtigkeitsbeschwerde lediglich im zuletzt angeführten Schuldspruch II sowie in den Betrugsfakten I B 1 und 6; der Beschwerde bleibt jedoch ein Erfolg versagt.

Rechtliche Beurteilung

Mit seiner in Ansehung der Betrugstat I B 1 unter § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO aufgestellten Behauptung, es sei angesichts seiner Entlassung aus seinem letzten Dienstverhältnis erst nach dem Kaufabschluß "nicht mit der nötigen Sicherheit auf die Absicht, beim Kauf am 16.Juni 1989 die Firma E*** zu täuschen und zu schädigen und sich zu bereichern, zu schließen" (S 304), wird der Sache nach kein Rechtsirrtum, sondern ein Begründungsmangel (Z 5) behauptet. Der Beschwerde zuwider findet jedoch die tatrichterliche Annahme, der Angeklagte habe bei dem am 16.Juni 1989 im Elektrogeschäft E*** in Perg getätigten Kauf eines Autoradios samt Boxen und Musikkassetten um den Ende des Monats fälligen Preis von 7.278,01 S den Verkäufer über seine Zahlungsfähigkeit getäuscht und seine unrechtmäßige Bereicherung sowie die Schädigung seines Vertragspartners ernsthaft für möglich gehalten und sich damit abgefunden (S 269 f, 275), in den im Urteil angeführten Prämissen - erhebliche Überziehung des Gehaltskontos im Tatzeitpunkt und offener Kredit von 150.000 S - eine hinreichende Stütze, und zwar ungeachtet dessen, daß - was das Erstgericht keineswegs mit Stillschweigen überging - der Angeklagte am Tag der Bestellung noch in einem aufrechten Dienstverhältnis stand und damit ein Arbeitseinkommen erzielte (S 269).

In bezug auf den Schuldspruch I B 6, demzufolge der Angeklagte am 22.August 1989 im Elektrogeschäft K*** mit Betrugsvorsatz einen Autoradioapparat um den am nächsten Tag zu zahlenden Preis von 6.180 S gekauft hatte, wendet sich der Beschwerdeführer aus der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO gegen die Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit mit der Behauptung, daß er sich durch die Erlangung des in der Folge (bloß) in seinem Personenkraftwagen eingebauten und entsprechend benützten Radiogeräts keine Einnahmequelle geschaffen hätte. Auch dieser Einwand geht fehl.

Unter Einnahmen, auf deren fortlaufende Erschließung sich im Sinne des Begriffes der Gewerbsmäßigkeit die Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) des Täters zu erstrecken hat, sind nicht nur Geld und Geldeswert zu verstehen, sondern alle Sachwerte, durch die das wirtschaftliche (Täter-)Vermögen vermehrt wird. Demnach sind unbeschadet ihrer folgenden Verwendung auch betrügerisch herausgelockte Waren, wie etwa vorliegend der Radioapparat, als Einnahmen anzusehen (siehe beispielsweise EvBl 1985/7). Dem Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 208 StGB liegt zu Grunde, daß der Angeklagte am 26.Juni 1989 in der Umgebung von Perg dadurch, daß er, um sich geschlechtlich zu erregen, Hose und Unterhose hinunterzog und die elfjährige Martina sowie den zwölfjährigen Herbert R*** aufforderte, auf sein entblößtes Glied zu schauen, vor diesen unmündigen Personen eine Handlung unternahm, die geeignet war, die sittliche, seelische oder gesundheitliche Entwicklung von Personen unter sechzehn Jahren zu gefährden. Der Beschwerde zuwider erfordert das Tatbild des § 208 StGB nicht, daß mit der Tat eine konkrete Gefährdung der Entwicklung der betreffenden unmündigen Personen verbunden ist; genug daran, daß - wie schon das Erstgericht zutreffend erkannt hat - die abstrakte Gefährdungseignung vorliegt (MKK4, Erl II zu § 208 StGB), was hier evident ist. Daß die Kinder den Vorfall nach kurzer Zeit vergessen haben, schließt keineswegs ihre Gefährdung im Tatzeitpunkt objektiv aus. Ob schließlich der Beschwerdeführer zur sexuellen Erregung gelangte oder nicht, ist ebenfalls nicht relevant, weil der Tatbestand des § 208 StGB lediglich die Absicht des Täters, sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, verlangt.

Es war sonach die insgesamt unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß §§ 28, 148 zweiter Strafsatz StGB eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Erschwerend waren dabei das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen und der rasche Rückfall, mildernd hingegen das überwiegende Geständnis des Angeklagten und seine Grenzdebilität.

Der Angeklagte strebt mit seiner Berufung die Herabsetzung der Strafe an, die Staatsanwaltschaft begehrt mit ihrer Berufung deren Erhöhung.

Keiner der beiden Berufungen kommt Berechtigung zu. Da die Entlassung des Angeklagten bei der Firma W*** deshalb ausgesprochen wurde, weil er nicht zur Arbeit erschienen war (S 269), kann ihm die dadurch allenfalls bewirkte finanzielle Notlage nicht als mildernd zugute gehalten werden, was auch für die bloße Bereitschaft zur Schadensgutmachung gilt (MKK4 Erl II zu § 34 StGB). Die tatrichterlichen Strafzumessungsgründe bedürfen daher keiner Korrektur zu Gunsten des Angeklagten. Hält man anderseits hinzu, daß die exzessive Wiederholung der Betrügereien - 29 Fakten zwischen (jeweils einschließlich) 29.Juni und 1.September 1989 - trotz der Annahme der Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung eine zusätzliche erschwerende Wirkung entfaltet, weil Gewerbsmäßigkeit nicht regelmäßig mit einer derartigen Tathäufung einhergeht, wozu noch die Konkurrenz mit dem Sittlichkeitsdelikt tritt, dann erweist sich die vom Erstgericht geschöpfte Unrechtsfolge bei einem bis zu zehn Jahren reichenden Strafsatz als keineswegs überhöht.

Der Anklagebehörde hinwiederum ist zu erwidern, daß die von ihr besonders im Hinblick auf den Hang des Beschuldigten zur Sittlichkeitsdelinquenz geforderte strengere Sanktion auf der Grundlage der Strafdrohung des § 208 StGB - wie sie zutreffend erkennt (S 287) - in einer gemäß § 39 StGB erweiterten Strafbefugnis von maximal eineinhalb Jahren ihre Grenze fände. Der Gesamtschaden der Betrügereien aber übersteigt zwar mit (wie festgestellt) 36.389,61 S deutlich die Wertgrenze des § 147 Abs. 2 StGB, hält sich jedoch immerhin noch in der Größenordnung der durch sie markierten Grenzdimension. Schließlich darf nicht verkannt werden, daß die Grundlage die Bemessung der Strafe allemal die Schuld des Täters bleibt (§ 32 Abs. 1 StGB). Diese aber ist durch die Grenzdebilität des Beschuldigten weitgehend eingeschränkt, was in einem insoweit reduzierten Ausmaß der Strafe, soll sie nicht in ihrem Wesen zur Maßnahme verfremdet werden, seinen Niederschlag zu finden hat.

Anmerkung

E20184

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0120OS00173.89.0222.000

Dokumentnummer

JJT_19900222_OGH0002_0120OS00173_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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