TE OGH 1990/6/27 9ObA122/90

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Veröffentlicht am 27.06.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Alfred Mayer und Mag. Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Karoline G***, Sondererzieherin, Graz, Grillparzerstraße 31, vertreten durch Mag. Dagmar A***, Sekretärin der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, Wien 1., Teinfaltstraße 7, diese vertreten durch Dr. Walter Riedl u.a., Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei B*** S***, vertreten durch den Landeshauptmann Dr. Josef K***, Graz, Hofgasse 15, dieser vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, wegen 802.683,47 S sA und Feststellung (Streitwert 6.000 S), infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Jänner 1990, GZ 7 Ra 95/89-15, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 19. Juli 1989, GZ 36 Cga 119/89-8, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil teils bestätigt, teils dahin abgeändert, daß es insgesamt zu lauten hat:

"1. Es wird festgestellt,

a) daß die Klägerin gegenüber der beklagten Partei ab 1. Jänner 1988 Anspruch auf Entlohnung nach der Entlohnungsgruppe k 3, Entlohnungsstufe 10, laut §§ 12 Abs 2 und 13 Abs 1 des Gesetzes über das Dienst- und Besoldungsrecht der vom Land Steiermark oder von den Gemeinden anzustellenden Kindergärtner(-innen) und Erzieher an Horten, LGBl. 77/1985 für die Steiermark, mit nächster Vorrückung am 1. Jänner 1990 hat;

b) daß von der wöchentlichen Normalarbeitszeit der Klägerin in der Dauer von 40 Stunden nach § 2 Abs 3 des vorgenannten Gesetzes 25 Stunden auf die Führung einer Kindergruppe entfallen und die restlichen 15 Stunden für jeweils erforderliche Vorbereitungsarbeiten dienen.

2. a) Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei einen Betrag von 702.967,47 S brutto samt 4 % Zinsen seit 9. Juni 1989 und die mit 9.834 S (Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

b) Das Mehrbegehren von 99.716 S brutto samt 4 % Zinsen seit 7. Juni 1989 wird abgewiesen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.997,90 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 499,65 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 27.121,64 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 6.470 S Barauslagen und 3.441,94 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Dienstvertrag vom 7. Oktober 1981 vereinbarten die Streitteile, daß die Klägerin ab 1. September 1981 im Landessonderkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Graz der beklagten Partei im Fachdienst der Erzieher vollbeschäftigt im Entlohnungsschema I, Entlohnungsgruppe c, Entlohnungsstufe 6, mit nächster Vorrückung am 1. Jänner 1982, beschäftigt werde und auf das Dienstverhältnis die Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 in der Fassung des Landesvertragsbedienstetengesetzes, LGBl. 125/1974, in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden. Nach der von der beklagten Partei geführten Vorrückungsstichtagermittlung (= Beiblatt zum Dienstvertrag) ist der allgemeine Vorrückungsstichtag der Klägerin der 23. Dezember 1969 und der Stichtag laut Dienstordnung (= Vertragsbediensteten-Statut) der 1. Oktober 1973. Die Klägerin hat in der neuro-psychiatrischen Kinderabteil%dgßgeistig zurückgebliebene oder onst behinderte Kinder wie in einem Kindergarten während einer Wochendienstzeit von 40 Stunden zu betreuen und nach Möglichkeit schulreif zu machen. Die Klägerin konsumierte im Zeitraum 1986 bis 1989 Erholungsurlaube von jährlich fünf Wochen.

Mit ihrer am 30. Mai 1989 eingebrachten Klage machte die Klägerin folgende Ansprüche geltend:

a) die Feststellung, daß sie gegenüber der beklagten Partei Anspruch auf Entlohnung nach der Entlohnungsgruppe k 3, Entlohnungsstufe 10 mit nächster Vorrückung am 1. Jänner 1990 nach dem Landesvertragsbedienstetengesetz in Verbindung mit dem Landesgesetz vom 18. Juni 1985 (LGBl. 77/1985) habe und von der wöchentlichen Normalarbeitszeit 25 Stunden auf die Führung einer Kindergruppe entfallen und die restlichen 15 Stunden pro Woche Vorbereitungsarbeiten dienen;

b) die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von 802.683,47 S brutto sA.

Die Klägerin brachte vor, daß ihr Dienstverhältnis seit 1. Jänner 1986 dem Landesgesetz über das Dienst- und Besoldungsrecht der vom Land Steiermark oder von den Gemeinden anzustellenden Kindergärtner(-innen) und Erzieher an Horten, LGBl. 77/1985 unterliege; sie falle in das Entlohnungsschema k 3 dieses Gesetzes, sodaß sie Anspruch auf die begehrte Feststellung und auf Zahlung der Differenz in der Entlohnung zwischen Schema c und Schma k 3 für die Zeit vom 1. Juni 1986 bis 30. Juni 1989 habe; unter Hinzurechnung der besonderen Vorrückungsbeträge nach der DO ergebe sich ein Nachzahlungsbetrag von 140.624 S; da die Klägerin entgegen den Bestimmungen des obzitierten Gesetzes zur Führung einer Kindergartengruppe in der wöchentlichen Dauer von 40 Stunden herangezogen worden sei, seien ihr hiefür 24 Stunden Vorbereitungszeit zuzubilligen. Diese nicht abgegoltene Mehrarbeit ergebe 3.477,6 Überstunden, sodaß sich bei Einstufung in das Schema k 3 unter Berücksichtigung der besonderen Vorrückungsbeträge nach der DO ein Nachzahlungsbetrag von 562.343,47 S ergebe. Ferner habe die Klägerin Anspruch auf jährlich 10 Wochen Erholungsurlaub, wovon ihr nur fünf Wochen gewährt worden seien, sodaß die während der restlichen fünf Wochen geleisteten 200 Arbeitsstunden als Überstunden abzugelten seien; daraus errechne sich ein Nachzahlungsbetrag von 99.716 S.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Gesetz LGBl. 77/1985 sei auf die Klägerin nicht anwendbar; sollte es aber anwendbar sein, stehe der Klägerin keine besondere Vorrückung nach der DO zu. Die Klägerin habe im klagsgegenständlichen Zeitraum nie mehr als 40 Stunden gearbeitet, sodaß ihr keine Überstundenvergütung zustehe. Die Bezahlung nicht gewährten Urlaubes als Überstundenleistung wäre, würde dem sonstigen Überstundenentlohnungsbegehren der Klägerin stattgegeben, eine Doppelzahlung, weil die Urlaubsstundenabgeltung schon in der begehrten Überstundenabgeltung enthalten sei. Die beantragten Feststellungen seien nicht zu treffen, weil das Gesetz LGBl. 77/1985 auf die Klägerin nicht anzuwenden sei; die unter Punkt 1 b) begehrte Feststellung betreffe überdies kein Recht oder Rechtsverhältnis. Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren zu Punkt 1 a) statt und wies das Feststellungsbegehren zu Punkt 1 b) ab. Dem Leistungsbegehren gab es hinsichtlich eines Teilbetrages von 702.967,47 S sA statt und wies das Mehrbegehren von 99.716 S sA ab.

Es stellte folgenden weiteren Sachverhalt fest:

In der neuro-psychiatrischen Kinderabteilung, in der die Klägerin beschäftigt ist, werden 55 Kinder (darunter zwei "Tagkinder") stationär ganzjährig in fünf Gruppen betreut, wobei die Klägerin mit einer anderen Bezugsperson alternierend Dienst versieht. Das Intelligenzalter der Kinder liegt um drei Jahre; die Kinder werden von 7.00 Uhr bis 18.00 Uhr in der Gruppe betreut. Die Klägerin richtet das Frühstück für die Kinder her, die Kinder lernen aufdecken, selbständig essen, Geschirr wegräumen, sich an- und auszuziehen und auf Reinlichkeit zu achten (lebenspraktischer Bereich); ferner wird im pädagogischen Bereich versucht, den Kindern Mengenbegriffe und dergleichen beizubringen. Es ist hiebei erforderlich, auf die verschiedenen Verhaltensauffälligkeiten einzugehen; weiters sind pädagogische Kenntnisse notwendig. Die Tätigkeit der Klägerin ist als vorschulische Erziehung einzustufen, wobei Kinder mitbetreut werden, deren geistige Kapazität nicht dazu ausreicht, jemals eine Schule zu besuchen. Die Gruppenleiterin hat dieselben Ziele zu verfolgen wie die in einem Kindergarten beschäftigte Kindergärtnerin, und zwar Lebenshilfe bzw. Bildung im weitesten Sinn (auch im Bereich lebenspraktischer Vorgänge), wobei die Führung der Kinder nach heilpädagogischen Grundsätzen zu erfolgen hat. Die Gruppenleiterin hat hiebei Wochen- und Jahresplanungsvorbereitungen zu treffen. Die Klägerin erlangte im Jahre 1977 die Befähigung zum Erzieher, am 14. Juni 1988 legte die Klägerin die Befähigungsprüfung für Sondererziehung in Horten, Heimen und Institutionen für behinderte Kinder und Jugendliche ab. Seit 1984 führt die Klägerin selbständig eine Kindergartengruppe. Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die tatsächliche Verwendung der Klägerin der Tätigkeit einer Sonderkindergärtnerin entspreche, sodaß darauf das Gesetz LGBl. 77/1985 anzuwenden sei. Gemäß § 2 dieses Gesetzes betrage die regelmäßige Wochendienstzeit 40 Stunden, wovon bei Sonderkindergärtnerinnen 25 Stunden auf die Führung einer Kindergruppe entfielen. Die restlichen 15 Stunden pro Woche dienten für die jeweils erforderlichen Vorbereitungsarbeiten. Gehe man davon aus, daß die Klägerin 40 Stunden pro Woche mit der Führung der Kindergruppe verbracht habe, ergäben sich 24 Überstunden. Da das Verhältnis Führung einer Kindergruppe - Vorbereitungszeit gesetzlich geregelt sei, bedürfe es keiner Feststellung, ob die Klägerin tatsächlich diese Überstunden zur Vorbereitung ihrer Tätigkeit aufgewendet habe. Zwischen den Streitteilen sei die Anwendung der DO vereinbart worden; sie sei damit Bestandteil des Vertrages der Klägerin geworden. Die Klägerin habe daher Anspruch auf Vorrückung nach der DO und Vergütung der Überstunden. Eine Urlaubsabgeltung für den nicht konsumierten Urlaub von sechs Wochen pro Jahr stehe der Klägerin nicht zu, weil das Dienstverhältnis noch aufrecht sei. Das Feststellungsbegehren zu 1 b) betreffe kein Recht oder Rechtsverhältnis.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien teilweise Folge und änderte das Ersturteil unter Einbeziehung des bestätigten Teiles im Sinne der beiden Feststellungsbegehren ab; dem Leistungsbegehren gab das Berufungsgericht hingegen mit nur 520.277,17 S brutto sA statt und wies das Mehrbegehren von 282.406,30 S brutto sA ab. Es teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes über die Anwendbarkeit des Steiermärkischen Landesgesetzes LGBl. 77/1985 auf das Dienstverhältnis der Klägerin, wobei es davon ausging, daß die Klägerin rechtzeitig einen Überleitungsantrag gemäß § 16 Abs 4 leg.cit. gestellt hat. Abweichend vom Erstgericht vertrat das Berufungsgericht jedoch die Auffassung, daß die Dienstordnung für die Vertragsbediensteten des Landes Steiermark vom 14. Oktober 1974 (im folgenden: DO) auf das Dienstverhältnis der Klägerin nicht anzuwenden sei, weil sich die Klägerin dafür entschieden habe, zu den von ihrem Dienstvertrag abweichenden Bedingungen des Gesetzes LGBl. 77/1985 beschäftigt zu werden und sich die DO lediglich auf die nach dem Landesvertragsbedienstetengesetz 1974 zu besoldenden Vertragsbediensteten beziehe. Eine Abgeltung von nicht verbrauchtem Urlaub sei im Landesvertragsbedienstetengesetz 1974 bzw. im Gesetz LGBl. 77/1985 nicht vorgesehen. Die Klägerin habe während der gesetzlich vorgesehenen Urlaubszeiten nicht Überstunden geleistet, sondern lediglich den Urlaub nicht in Anspruch genommen. Das Feststellungsbegehren sei berechtigt, weil die beklagte Partei bestritten habe, daß das Gesetz LGBl. 77/1985 mit allen seinen rechtlichen, auch die Dienstzeitverteilung betreffenden Folgen anzuwenden sei. Der Klägerin sei daher ein rechtliches Interesse an der Feststellung zuzubilligen, welche der im einzelnen beschriebenen Rechtsfolgen sich aus der Anwendung dieses Gesetzes auf ihr Dienstverhältnis ergeben. Auch das Feststellungsbegehren zu Punkt 1 b) sei daher berechtigt. Ohne Berücksichtigung der besonderen Vorrückung nach der DO errechne sich die Entlohnungsdifferenz mit 32.782,50 S und das Überstundenentgelt mit 487.494,67 S. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen beider Parteien aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Die Klägerin beantragt Abänderung im Sinne einer gänzlichen Stattgebung, die beklagte Partei Abänderung im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens; hilfsweise wird von der beklagten Partei ein Aufhebungsantrag gestellt.

Beide Teile beantragen, jeweils der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt; hingegen ist die Revision der klagenden Partei teilweise berechtigt.

1. Zur Revision der beklagten Partei:

Soweit sich die Revision gegen die Anwendung des Gesetzes Steiermärkisches LGBl. 77/1985 auf das gegenständliche Dienstverhältnis richtet, ist auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils (§ 48 ASGG) sowie die Entscheidungen des OGH in den gleichgelagerten Fällen 9 Ob A 113/88 und 9 Ob A 43/90 hinzuweisen.

Zu Unrecht wendet sich der Revisionswerber auch gegen die Zuerkennung von Überstundenentgelt für die von der Klägerin gegenüber der in § 2 Abs 3 leg.cit. für die Führung einer Kindergruppe vorgesehenen wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden erbrachte Mehrleistung. Bei Festlegung der wöchentlichen Betreuungszeit wurde vom Gesetzgeber - ähnlich wie etwa bei Festlegung der Lehrverpflichtung von Lehrern im Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz - die für die jeweilige Tätigkeit im Durchschnitt erforderliche Vorbereitungszeit dadurch berücksichtigt, daß die Zahl der für die Führung der Kindergruppe zu leistenden Stunden niedriger angesetzt wurde als die sonst für Vertragsbedienstete geltende Normalarbeitszeit. Daraus, daß im Gesetz Steiermärkisches LGBl. 77/1985 - anders als im Bundeslehrerlehrverpflichtungsgesetz - ausdrücklich ausgesprochen wurde, daß die Differenz zur Normalarbeitszeit zu den erforderlichen Vorbereitungsarbeiten dient, kann nicht gefolgt werden, daß darauf abzustellen wäre, daß die Bedienstete für die zum Großteil oder auch zur Gänze außerhalb der Räume des Dienstgebers zu verrichtenden und damit für ihn nicht kontrollierbaren Vorbereitungsarbeiten tatsächlich dem Gesetz vorgesehene Zeit aufgewendet hat. Hat daher die Kindergärtnerin mehr als die gesetzlich vorgesehene Betreuungszeit geleistet, dann ist dieser zusätzlichen Zeit im selben Verhältnis die vom Gesetzgeber zugebilligte Vorbereitungszeit zuzurechnen.

Aus dem auf Grund der Verweisung auf das die Bestimmungen des VBG 1948 übernehmende Landesvertragsbedienstetengesetz LGBl. 125/1974 (idF LGBl 34/1984; 89/1986 und 88/1989) anzuwendenden Bestimmungen der §§ 22 VBG, 16 GehG und 49 BDG läßt sich für den Standpunkt des Revisionswerbers nichts gewinnen. Bei § 2 Abs 3 des Gesetzes Steiermärkisches Landesgesetzblatt 77/1985 handelt es sich um eine besondere Besoldungsvorschrift über die Entlohnung von Sonderkindergärtnerinnen, nach der die bei Führung einer Kindergruppe verbrachte Zeit unter Berücksichtigung einer entsprechenden - fiktiven - Vorbereitungszeit auf die Normalarbeitszeit angerechnet wird. Dem Revisionswerber ist zwar zuzubilligen, daß nicht jegliches über die Normalarbeitszeit hinausgehende Versehen von Dienst - etwa die während einer Dienstreise verbrachte Zeit - als Überstundenzeit zu werten ist;

handelt es sich aber um eine Dienstleistung im Sinne der üblichen

Verrichtung des Dienstes, dann ist die Mehrleistung als

Überstundenleistung zu entlohnen (vgl. SZ 57/103 = DRdA 1986/17

= Arb. 10.356; RdW 1990, 53; VwSlgNF 8.829/A). Weiters ist es nicht

erforderlich, daß die Anordnung von Mehrleistungen das Wort "Überstunde" ausdrücklich enthalten muß; es reicht aus, wenn die Anordnung auf Ausführung von Arbeiten bestimmten Ausmaßes innerhalb eines bestimmten Zeitraumes gerichtet war und zum Zeitpunkt der Erteilung des Auftrages feststand, daß seine Erfüllung die Leistung von Überstunden unumgänglich notwendig macht (vgl. auch die in Z***, Geh3 zu § 16 angeführten Entscheidungen des VwGH).

Was weiters die Stattgebung auch des Feststellungsbegehrens zu Punkt 1 b) betrifft, ist auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils zu verweisen (§ 48 ASGG).

2. Zur Revision der Klägerin:

Zu Recht wendet sich die Klägerin gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, die DO sei nach Anwendung des Gesetzes Steiermärkisches LGBl 77/1985 auf das Dienstverhältnis der Klägerin nicht mehr anzuwenden. Die mit Beschluß der Steiermärkischen Landesregierung vom 14. Oktober 1974 erlassene DO für die Vertragsbediensteten des Landes Steiermark (VB-Statut) findet gemäß § 1 Abs 1 auf Personen Anwendung, die in einem den Bestimmungen des VBG 1948 in der geltenden Fassung unterliegenden privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark stehen; ausgenommen sind nach § 1 Abs 2 DO lediglich Vertragsbedienstete, deren Dienstverhältnis durch Sondervertrag geregelt ist, sowie Spitalsärzte. Die auf die Vertragsbediensteten des Entlohnungsschemas I und II Bezug nehmenden §§ 2 und 7 DO schließen hingegen nicht aus, daß die DO auch auf andere - also nicht nach diesen Schemas zu

entlohnende - Vertragsbedienstete anzuwenden ist (so 9 Ob A 134/87 im Falle eines in das Entlohnungsschema I L einzustufenden Musiklehrers). Die Verweisung auf das VBG 1948 (statt auf das damals bereits erlassene Steiermärkische LVBG 1974 vom 3. Juli 1974) im § 1 DO ist dadurch erklärbar, daß nach dem LVBG 1974 das VBG 1948 entweder kraft Gesetzes (durch Übernahme der Regelung für Vertragsbedienstete des Bundes für Vertragsbedienstete, die behördliche Aufgaben zu besorgen haben im § 2) oder ex contractu (durch Selbstbindung des Landes, mit anderen Vertragsbediensteten nur Dienstverträge unter Zugrundelegung der nach § 2 anzuwendenden Vorschriften abzuschließen, im § 3) für die Landesvertragsbediensteten das VBG 1948 anzuwenden war. Im Zeitpunkt des Abschlusses des gegenständlichen Dienstvertrages am 7.Oktober 1981 war das VBG 1948 nicht kraft Gesetzes auf das Dienstverhältnis mit der Klägerin anzuwenden, sondern hatte die Landesregierung kraft Selbstbindung des Landes im § 3 LVBG 1974 mit Landesvertragsbediensteten, die nicht behördliche Aufgaben zu besorgen hatten, Dienstverträge mit dem Inhalt des VBG 1948 zu schließen. Ein solches Gesetz richtet sich lediglich an die mit der Wahrnehmung von nicht hoheitlichen Verwaltungsaufgaben betrauten Ogane und begründet als Akt der "inneren Gesetzgebung" keine Rechtsansprüche oder Rechtspflichten für den Einzelnen (so 14 Ob 123-125/86). Ein durchsetzbarer Rechtsanspruch entsteht erst dann, wenn die Verwaltung ein privatrechtliches Rechtsgeschäft mit Bindungswirkung vorgenommen hat (Adamovich-Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht2 109). Die Gültigkeit des Rechtsgeschäftes ist von der Einhaltung derartiger gesetzlicher Vorschriften unabhängig (Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, Lehr- und Handbuch 228). Daraus folgt aber, daß sich die beklagte Partei ungeachtet der gehörigen Kundmachung des erlassenen Selbstbindungsgesetzes gegenüber dem Dritten nicht darauf berufen kann, daß ihre Organe den Vertrag mit dem Dritten unter Verletzung des Selbstbindungsgesetzes abgeschlossen haben. Die DO wurde daher ungeachtet des Verstoßes gegen § 3 LVBG 1974 Bestandteil des Dienstvertrages mit der Klägerin (ähnlich 9 Ob A 134/87).

Im Hinblick auf den diesbezüglichen Einwand der beklagten Partei ist nun weiters zu prüfen, ob die Übernahme der im Landesgesetz Steiermärkisches LGBl. 77/1985 für Kindergärtnerinnen getroffenen Besoldungsregelung die Anwendung der einen Bestandteil des Dienstvertrages der Klägerin gewordenen DO ausschloß. Nach § 1 Abs 2 lit b leg cit sowie nach § 1 Abs 3 des Steiermärkischen LVBG idF der Novelle 1986 findet das Steiermärkische LVBG (und damit zufolge Verweisung das VBG 1948) auch weiterhin auf die Dienstverhältnisse der Kindergärtnerinnen Anwendung, soweit im Landesgesetz Steiermärkisches LGBl. 77/1985 nicht besondere Regelungen getroffen wurden. Damit unterliegt das Dienstverhältnis der Klägerin weiterhin dem VBG 1948, sodaß darauf grundsätzlich die DO auch weiterhin anwendbar ist, soweit ihre Regelungen nicht mit der im zitierten Landesgesetz LGBl. 77/1985 getroffenen Besoldungsregelung unvereinbar sind. Da die Bestimmung des § 4 DO - anders als die des § 7 DO - nicht auf die von den im obzitierten Gesetz für Kindergärtnerinnen getroffenen Besoldungsregelungen ersetzten Entlohnungsschemas des VBG 1948 abstellt, wird die Regelung des § 4 DO über zusätzliche Vorrückungsbeträge von der Neuordnung der Besoldung der Kindergärtnerinnen mit Landesgesetz Steiermärkisches LGBl. 77/1985 nicht berührt.

Was schließlich den Anspruch auf Abgeltung des nicht verbrauchten Urlaubes betrifft, ist auf die zutreffende Begründung der Vorinstanzen hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E21229

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00122.9.0627.000

Dokumentnummer

JJT_19900627_OGH0002_009OBA00122_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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