TE OGH 1992/1/28 14Os1/92

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Veröffentlicht am 28.01.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.Jänner 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Prokisch als Schriftführer in der Strafsache gegen H***** B***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 18. Oktober 1991, GZ 11 a Vr 312/91-13, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde H***** B***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in der Nacht zum 4.April 1991 in Korneuburg G***** S***** außer dem Fall des § 201 Abs. 1 StGB mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes genötigt, indem er die Genannte festhielt, ihr den Hosenrock, die Strumpfhose und die Unterhose gewaltsam auszog, wobei der Hosenrock (eine "Naht war eingerissen, der Zippverschluß war aufgerissen" - US 11) zerriß, ihr die Beine mit seinem Knie auseinanderzwängte, sie an der Scheide betastete, an einer Brustwarze saugte, schließlich sein Glied in ihre Scheide einführte und einen Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguß vollzog, wobei G***** S***** ein Hämatom an der rechten Brustwarze und oberflächliche Hämatome (kleine oberflächliche Blutungen - US 6 iVm S 65) an der rechten Schulter erlitt.

Das Erstgericht stützte seine Feststellungen über den Tathergang im wesentlichen auf die als glaubwürdig beurteilte Aussage der Zeugin S***** und erachtete hiedurch die (leugnende) Verantwortung des Angeklagten, die Genannte habe den Geschlechtsverkehr mit ihm freiwillig durchgeführt, als widerlegt (US 7 ff).

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Schuldspruch gerichteten, auf die Z 4, 5 und 5 a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt aus dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund Berechtigung zu.

In der Hauptverhandlung vom 18.Oktober 1991 wurde vom Verteidiger - neben weiteren Anträgen - die Vernehmung des J***** B***** und des H***** B***** als Zeugen zum Nachweis dafür beantragt, daß G***** S***** schon einmal einen Mann (J***** B*****) einer an ihr begangenen Vergewaltigung (mit Verletzungsfolge) falsch verdächtigt habe (S 153 f).

Das Erstgericht wies diesen Beweisantrag mit der Begründung ab, daß die Überprüfung der Glaubwürdigkeit (des Tatopfers) und die Beweiswürdigung Sache des Schöffengerichtes sei; im übrigen sei es nach den Angaben des Angeklagten hinsichtlich des von ihm behaupteten Vorfalles nicht einmal zu einer Anzeige gekommen (S 154). In den Urteilsgründen wurde hiezu noch nachgetragen, daß es sich bei den vom Angeklagten beantragten Zeugen um keine Tatzeugen hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Vorfalles vom 3.April 1991 handle und daß es "damals ja zu keiner Anzeige" gekommen sei, sodaß zusammenfassend gesagt werden könne, daß die leugnende Verantwortung des Angeklagten "eindeutig widerlegt ist" (US 10).

Mit der Abweisung des bezeichneten Beweisantrages wurden Verteidigungsrechte des Angeklagten verkürzt. Der Antrag des Verteidigers zielte nämlich gerade darauf ab, durch die beantragten Beweise eine mangelnde Beweiskraft der Aussage der Zeugin S***** darzutun. Die bezüglichen Darlegungen des Schöffengerichtes lassen jedoch erkennen, daß es den angebotenen Entlastungsbeweis nur deshalb ablehnte, weil es die vorliegenden Belastungsbeweise für ausreichend hielt. Ein solches Vorgehen stellt sich aber als ein unzulässiger, weil mit den Prozeßgrundsätzen in Widerspruch stehender Akt vorgreifender Beweiswürdigung dar (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO3 ENr. 78, 80, 81, 87 zu § 281 Z 4), der die Nichtigkeit des Urteils nach der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO bewirkt. Es hätte demnach der beantragten Beweisaufnahme und für den Fall, daß die Zeugen Aussagen im Sinn des vorgebrachten Beweisthemas gemacht hätten, zur Vermeidung eines Begründungsmangels (Z 5) auch einer Erörterung des Beweiswertes der Aussagen der in Rede stehenden Zeugen sowie einer Auseinandersetzung mit der Frage bedurft, welchen Einfluß dieser Umstand auf den Beweiswert der Aussage der Zeugin S***** hatte.

Da sich sohin zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war über die Nichtigkeitsbeschwerde - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - gemäß § 285 e StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen, wobei auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht mehr eingegangen werden brauchte.

Mit seiner durch die Urteilsaufhebung gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E27890

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0140OS00001.92.0128.000

Dokumentnummer

JJT_19920128_OGH0002_0140OS00001_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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