TE OGH 1992/6/16 10ObS29/92

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Veröffentlicht am 16.06.1992
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Christian Kleemann und Robert Letz aus dem Kreis der Arbeitgeber in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Josef W*****, vertreten durch Dr.Roland Reichl, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, diese vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Gewährung der vorzeitigen Alterspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. Oktober 1991, GZ 13 Rs 107/91-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 3.April 1991, GZ 16 Cgs 200/90-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger übte bis 31.12.1989 aufgrund von verschiedenen Gewerbeberechtigungen eine selbständige Erwerbstätigkeit aus. Er legte die Gewerbeberechtigungen zum Teil unbedingt und zum Teil unter der Bedingung zurück, daß eine mit Gesellschaftsvertrag vom 6.12.1989 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung gleiche Gewerbeberechtigungen erlangt. Die Anzeige über die Zurücklegung der Gewerbeberechtigungen langte bei einer der zuständigen Gewerbebehörden am 29.12.1989 und bei der anderen am 2.1.1990 ein. Im März 1990 wurden der Gesellschaft die von ihr angestrebten Gewerbeberechtigungen erteilt. Der Kläger übte ab 1.1.1990 keine selbständige Erwerbstätigkeit mehr aus und erzielte keinerlei Einnahmen.

Die beklagte Partei gewährte dem Kläger aufgrund eines am 14.12.1989 gestellten Antrags ab 1.4.1990 die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei aufgrund der vom Kläger gegen ihren Bescheid eingebrachten Klage schuldig, ihm ab 1.4.1990 die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, und wies das Mehrbegehren auf Gewährung der vorzeitigen Alterspension für die Zeit vom 1.1. bis 31.3.1990 ab. Die Pflichtversicherung habe für den Kläger erst mit dem Eintritt der Bedingung, unter der er die Gewerbeberechtigungen zurückgelegt habe, und somit mit der rechtskräftigen Erteilung der Gewerbeberechtigungen an die Gesellschaft, und zwar gemäß § 7 Abs 1 Z 7 GSVG mit dem Letzten des Kalendermonats, in dem die Gewerbeberechtigung erteilt worden sei, und daher am 31.3.1990 geendet. Die Pension stehe daher erst ab 1.4.1990 zu.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Bei der bedingten Zurücklegung einer Gewerbeberechtigung liege eine echte Suspensivbedingung vor; die Zurücklegung werde daher erst wirksam, wenn der anderen Person die Gewerbeberechtigung erteilt wurde. Für den Kläger sei auch nichts daraus zu gewinnen, daß gemäß § 130 Abs 2 lit a GSVG die Voraussetzung für den Pensionsanspruch erfüllt sei, wenn die Ausnahme von der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs 1 Z 4 GSVG vorliegt. Auch nach dieser Bestimmung gelte als maßgeblicher Zeitpunkt für den Eintritt des Ausnahmetatbestandes und damit auch für die Erfüllung der besonderen Pensionsanspruchsvoraussetzungen der Zeitpunkt der Erteilung der vorläufigen Betriebserlaubnis an den Betriebsnachfolger. Die Möglichkeit der Erteilung der vorläufigen Betriebserlaubnis an den Betriebsnachfolger sei aber mit der Gewerberechtsnovelle 1988 BGBl 399 (vorläufig nur) für das Gastgewerbe geschaffen worden. Der Kläger könne sich daher zum einen deshalb nicht auf die Ausnahmeregelung berufen, weil er keine Gastgewerbekonzession zurückgelegt habe. Überdies ergäbe sich keine Änderung, wenn man die Ausnahmebestimmung analog auf die Zurücklegung der Gewerbeberechtigungen des Klägers anwendete, weil der maßgebliche Zeitpunkt für den Eintritt des Ausnahmetatbestands die Erteilung der vorläufigen Ausübungsbewilligung wäre und die Pflichtversicherung des Klägers in der Pensionsversicherung daher jedenfalls nicht vor der Erteilung der Gewerbeberechtigungen an die Gesellschaft geendet haben könnte.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag, es im Sinn des Klagebegehrens abzuändern oder es allenfalls aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster oder zweiter Instanz zurückzuverweisen.

Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 131 Abs 1 lit d iVm § 130 Abs 2 lit a GSVG in der hier noch anzuwendenden, rückwirkend am 1.1.1989 in Kraft getretenen Fassung der 16.GSVGNov BGBl 1989/643 ist Voraussetzung für den Anspruch auf vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer bei den gemäß § 2 Abs 1 Z 1 dieses Gesetzes Pflichtversicherten, daß am Stichtag (§ 113 Abs 2) die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes erloschen ist oder die Ausnahme von der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs 3 Z 3 dieses Gesetzes (nunmehr seit der am 1.7.1990 in Kraft getretenen 17.GSVGNov BGBl 1990/295 § 4 Abs 1 Z 4) vorliegt. Schon die Vorinstanzen haben richtig erkannt und es wird dagegen in der Revision konkret auch nichts vorgebracht, daß die Gewerbeberechtigungen des Klägers am 1.1.1990 noch nicht erloschen waren. Gemäß § 85 Z 9 GewO endigt die Gewerbeberechtigung mit der Zurücklegung. Gemäß § 86 Abs 1 GewO wird die Zurücklegung einer Gewerbeberechtigung mit dem Tag wirksam, an dem die Anzeige über die Zurücklegung bei der Behörde (§ 345 Abs 2) einlangt, sofern nicht der Gewerbeinhaber die Zurücklegung für einen späteren Tag anzeigt oder an den Eintritt einer Bedingung bindet. Der eindeutige Gesetzeswortlaut verbietet also die Annahme, daß die bedingte Zurücklegung der Gewerbeberechtigung schon mit dem Einlangen der Anzeige bei der Behörde wirksam wird. Dem entspricht auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, der in dem Erkenntnis vom 21.10.1986, Zl 86/04/0087-8 (= ZfVB 1987/1181), die Ansicht abgelehnt hat, die Zurücklegung werde zunächst wirksam und diese Wirksamkeit werde bei Wegfall der Bedingung (in Form des Wiederauflebens der Gewerbeberechtigung) wieder beseitigt. Er hat darin auch ausgesprochen, daß durch eine an die Zurücklegungserklärung geknüpfte Bedingung die Wirksamkeit der Zurücklegung bis zum Eintritt der Bedingung hinausgeschoben werde. Ähnlich ergibt sich aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs Slg 8153/A, daß die Zurücklegung erst mit dem Eintritt der Bedingung wirksam wird. Der erkennende Senat schließt sich dieser Meinung an.

Die Gewerbeberechtigungen des Klägers endigten somit mit der Erteilung der Gewerbeberechtigungen an die Gesellschaft. Die Pension des Klägers fiel deshalb gemäß § 55 Abs 2 Z 2 GSVG erst mit dem 1.4.1990 an. Dem in der Revision vorgetragenen Argument, dies sei ungerecht, weil der Pensionsanfall davon abhänge, wie schnell die Gewerbebehörde über die Erteilung der Gewerbeberechtigung an die in der bedingten Zurücklegung bezeichnete Person entscheide, ist nicht nur der eindeutige Gesetzeswortlaut, sondern auch entgegenzuhalten, daß der Versicherte bis zur Wirksamkeit der Zurücklegung der Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gewerbes berechtigt ist. Ebenso endet die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 7 Abs 2 Z 1 GSVG erst mit dem Letzten des Kalendermonats, in dem die die Pflichtversicherung begründende Berechtigung erloschen ist.

Nicht zu erkennen vermag der Oberste Gerichtshof, warum für den Standpunkt des Klägers etwas daraus gewonnen werden könnte, daß im § 130 Abs 2 lit a GSVG durch die 16.GSVGNov die Worte "oder die Ausnahme von der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs 3 Z 3 vorliegt" angefügt wurden. Gemäß § 4 Abs 3 Z 4 GSVG idF dieser Novelle waren Personen, welche die Berechtigung zur Ausübung der die Pflichtversicherung begründenden selbständigen Erwerbstätigkeit bedingt zurücklegen und aufgrund dieser Berechtigung keine selbständige Erwerbstätigkeit mehr ausüben, von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung ausgenommen, sofern die Fortsetzung des Betriebes dem Betriebsnachfolger von der zuständigen Behörde gestattet wurde. Wie bereits die Vorinstanzen richtig anerkannten, steht schon der Wortlaut dieser Bestimmung der vom Kläger angestrebten Zuerkennung der Pension ab einem früheren Zeitpunkt entgegen, weil selbst dann, wenn man die Gesellschaft als Betriebsnachfolgerin ansähe, dieser die Fortsetzung des Betriebes erst im März 1990 gestattet worden wäre. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung reicht es hingegen nicht aus, daß der Versicherte aufgrund der bedingt zurückgelegten Gewerbeberechtigung keine selbständige Erwerbstätigkeit mehr ausübt, sondern dies bildet nur eine zusätzliche Voraussetzung. Überdies hat schon das Berufungsgericht zutreffend unter Berufung auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage der 16.GSVGNov (1101 BlgNR 17.GP 7 f) darauf hingewiesen, daß durch die durch diese Novelle angefügte Ergänzung der durch die Gewerberechtsnovelle 1988 BGBl 399 im § 206a GewO geschaffenen Möglichkeit, zum Zweck der Fortführung eines Gastgewerbes auf Antrag eine Bewilligung zur vorläufigen Ausübung des Gewerbes zu erteilen, Rechnung getragen werden sollte. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, weshalb sich der Kläger in der Revision zu Unrecht auf die bezogene Bestimmung beruft.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Anmerkung

E29428

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:010OBS00029.92.0616.000

Dokumentnummer

JJT_19920616_OGH0002_010OBS00029_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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