TE OGH 1993/3/17 9ObA317/92

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Veröffentlicht am 17.03.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Othmar Roniger und Wilhelm Hackl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei *****L***** B*****, Psychologe, ***** vertreten durch Dr.Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Stadt Innsbruck, vertreten durch den Bürgermeister Romuald Niescher, dieser vertreten durch Dr.Hans-Jörg Schweinester und Dr.Paul Delazer, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Anfechtung einer Kündigung und anderer Begehren (Streitwert 600.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. Oktober 1992, GZ 5 Ra 188/92-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 1.Juni 1992, GZ 43 Cga 60/92-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1.) den

Beschluß

gefaßt:

Der Antrag des Klägers, der Oberste Gerichtshof möge beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung der Worte "und Gemeinden" im § 33 Abs 2 Z 2 ArbVG stellen, wird zurückgewiesen.

2.) zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

"Das Begehren des Klägers, die von der beklagten Partei mit Schreiben vom 9.März 1992 mit 1.April 1992 zum 31.Juli 1992 ausgesprochene Kündigung aufzuheben, wird abgewiesen.

Es wird festgestellt, daß das Dienstverhältnis des Klägers zur beklagten Partei über den 31.Juli 1992 hinaus fortbesteht.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger zu Handen seines Vertreters die mit 42.912 S bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz (darin 7.152 S Umsatzsteuer), sowie die mit 32.241,60 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (5.373,60 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist weiter schuldig, dem Kläger zu Handen seines Vertreters die mit 19.339,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 3.223,20 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 10.1.1941 geborene Kläger ist seit 16.9.1981 bei der Beklagten als Vertragsbediensteter in der Hoheitsverwaltung (Vollziehung des JWG) beschäftigt. Die Beklagte kündigte dieses Dienstverhältnis mit Schreiben vom 9.3.1992 "mit 1.4.1992" zum 31.7.1992 auf. Vor der Kündigung wurde das im Tiroler Gemeinde-Personalvertretungsgesetz vorgesehene Verfahren durchgeführt; die Personalvertretung sprach sich gegen die Kündigung des Klägers aus.

In dem mit dem Kläger geschlossenen Dienstvertrag wurde die Anwendung des vom Gemeinderat der Beklagten am 16.11.1949 beschlossenen Dienst- und Besoldungsrechtes der Vertragsbediensteten der Stadt Innsbruck (im folgenden: VBO) in der jeweils geltenden Fassung vereinbart.

In dieser VBO (in der Fassung der Gemeinderatsbeschlüsse vom 18.12.1969 und 29.3.1990) ist vorgesehen, daß das Dienstverhältnis des Vertragsbediensteten schriftlich gekündigt werden muß (§ 24 Abs 1) und daß die Kündigungsfrist für beide Teile abgestuft nach der Dauer des Dienstverhältnisses zwischen einer Woche und 5 Monaten beträgt (bei einer Dienstzeit von mehr als 10 aber weniger als 15 Jahren: 4 Monate). Eine Einschränkung des Kündigungsrechtes des Dienstgebers durch die Normierung von Kündigungsgründen (wie im im VBG 1948) ist nicht vorgesehen. Für die Entlassung der Vertragsbediensteten enthält § 26 Abs 2 VBO einen § 34 Abs 2 lit a bis e VBG entsprechenden Katalog von Gründen.

Das Kündigungsschreiben der beklagten Partei vom 9.3.1992 hat folgenden Wortlaut:

"Sehr geehrter Herr *****B*****!

Sie wurden am 16.September 1981 als Sozialarbeiter der Verwendungsgruppe b in den städtischen Dienst eingestellt. Im Hinblick auf einen von Ihnen über einen sehr langen Zeitraum vorgetragenen Wunsch, Sie entsprechend ihrer Ausbildung für eine Aufgabenstellung im psychologischen Bereich der Magistratsabteilung V heranzuziehen, wurden Sie schließlich auch entsprechend eingesetzt. Nach einem diesbezüglichen Gutachten der Magistratsabteilung V war Ihre Verwendung in den ersten Jahren dieser Tätigkeit von einer annehmbaren Zusammenarbeit mit den Sozialarbeitern der Stadtgemeinde Innsbruck getragen und hat sich überwiegend auf die Einzelfallhilfe beschränkt. Zumindest in den letzten beiden Jahren war jedoch die für eine ersprießliche Tätigkeit Ihrer Person bei der Magistratsabteilung V notwendige Zusammenarbeit und das hiefür erforderliche ordnungsgemäße Verhältnis zu den städtischen Sozialarbeitern nicht mehr feststellbar und hat sich demnach die Möglichkeit einer weiteren facheinschlägigen Verwendung bei der Magistratsabteilung V nicht mehr ergeben.

Trotzdem war seitens der Stadtgemeinde Innsbruck die Bereitschaft vorhanden, Sie in einem anderen fachlich entsprechenden Tätigkeitsbereich einzusetzen und wurden Sie daher mit Verfügung vom 27. Februar 1992 (richtig wohl: 1991), Zl.MD-757/91 der Magistratsabteilung VII, Städtisches Gesundheitsamt, zur Dienstleistung auftragsweise zugewiesen.

Nach einem diesbezüglichen Bericht der Magistratsabteilung VII nach rund einem Jahr ist festzuhalten, daß entgegen der seinerzeitigen Annahme, es könne durch Sie in der Magistratsabteilung VII eine facheinschlägige Tätigkeit ausgeübt werden, nunmehr festgestellt werden muß, daß dies nicht gegeben ist und eine weitere Tätigkeit in der genannten Abteilung sachlich nicht gerechtfertigt erscheint und daher nicht zielführend ist. Es wurde weiters geprüft, inwieweit im übrigen städtischen Bereich unter Berücksichtigung der bisher von Ihnen erbrachten Dienstleistung eine Verwendungsmöglichkeit besteht. Unbeschadet der Tatsache, daß im Hinblick auf die von Ihnen außerhalb Ihres Dienstes facheinschlägig durchgeführten beruflichen Tätigkeiten, wofür offensichtlich dort ein Bedarf besteht, kann seitens der Stadtgemeinde Innsbruck ein solcher im städtischen Dienst nicht erblickt werden und ist somit Ihre Weiterbeschäftigung bei der Stadtgemeinde Innsbruck mangels eines Bedarfes im Rahmen der Aufgabenstellung der Innsbrucker Stadtverwaltung nicht mehr möglich.

Ihr Dienstverhältnis zur Stadtgemeinde Innsbruck wird daher auf Grund des Beschlusses des Stadtsenates vom 5.März 1992 gemäß § 24 Abs 1 der Vertragsbedienstetenordnung für die Vertragsbediensteten der Landeshauptstadt Innsbruck (VBO) mit 1.April 1992 unter Einhaltung der gemäß § 25 Abs 1 VBO festgelegten Kündigungsfrist von 4 Monaten zum 31.Juli 1992 gekündigt.

Ihr Dienstverhältnis zur Stadtgemeinde Innsbruck endet demnach mit Ablauf des 31.Juli 1992.

Anläßlich der Beendigung ihres Dienstverhältnisses gebührt Ihnen gemäß § 27 Abs 1 VBO in Verbindung mit § 27 Abs 3 VBO eine Abfertigung in der Höhe des 4-fachen Ihres letzten Monatsbezuges. Diese Abfertigung wird mit Beendigung Ihres Dienstverhältnisses auf ihr der Stadtgemeinde Innsbruck bekanntes Gehaltekonto überwiesen werden ...".

Der Kläger begehrte die Aufhebung der Kündigung, in eventu die Feststellung, daß das Dienstverhältnis über den 31.7.1992 hinaus fortbesteht, in eventu die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des sich aus dem Bruttobetrag von 37.451,17 S Kündigungsentschädigung ergebenden Nettobetrages sA. Die von der Beklagten im Kündigungsschreiben angeführten Gründe träfen nicht zu. Der Kläger habe ein Psychologiestudium mit dem Nebenfach Pädagogik abgeschlossen; die Beklagte brauche einen Psychologen. In der Dienstbeurteilung der Magistratsabteilung V werde dem Kläger sehr gute fachliche Kompetenz und soziales menschliches Engagement bestätigt. Der Kläger sei daher nicht nur für die in der Magistratsabteilung VII anfallenden Aufgaben, sondern auch für andere Verwendungsarten geeignet. Der Kläger sei von den Leitern der Magistratsabteilungen V und VII hinsichtlich des Verwendungserfolges nie beanstandet oder ermahnt worden.

Außerdem sei die Kündigung sittenwidrig. Die VBO der Beklagten lehne sich an das Vertragsbedienstetengesetz 1948 (VBG) an, sehe aber keine Gründe für (die Zulässigkeit) einer Kündigung vor. Nach der von der Beklagten erlassenen VBO könne die Kündigung des Vertragsbediensteten ohne Begründung ausgeprochen werden, auch wenn das Dienstverhältnis mehr als 10 Jahre gedauert habe und der Vertragsbedienstete über 50 Jahre alt sei. Das ArbVG habe die Behörden, Ämter und sonstigen Verwaltungsstellen des Bundes, der Länder und Gemeinden vom Geltungsbereich des zweiten Teiles ausgenommen, weil der Gesetzgeber davon ausgegangen sei, daß diese Bediensteten durch die zu erlassenden Sondergesetze hinreichend abgesichert seien. Die Vertragsbediensteten des Bundes seien durch das VBG vor willkürlicher oder sozialwidriger Kündigung ausreichend gesichert; so könne ein Vertragsbediensteter nach Vollendung des 50.Lebensjahres und 10-jähriger dienstlicher Verwendung nicht mehr wegen mangelnden Bedarfes gekündigt werden. Die in der freien Wirtschaft beschäftigten Arbeitnehmer seien durch das ArbVG sozial abgesichert, da sozialwidrige Kündigungen durch die vertretungsbefugten Organe der Arbeitnehmerschaft angefochten und durch unabhängige Gerichte überprüft werden könnten. Die Beklagte könne sich mit der von ihr erlassenen VBO über sämtliche, einen wesentlichen Inhalt der österreichischen Rechtsordnung bildenden arbeitsrechtlichen, die Kündigung durch den Arbeitgeber beschränkenden Vorschriften hinwegsetzen. Die VBO verstoße dadurch gegen den "ordre public" des Arbeitsrechtes und sei daher sittenwidrig.

Auch sei die VBO wegen Verstoßes gegen Art 21 B-VG verfassungswidrig, weil sie die Kündigungsbeschränkungen des VBG nicht übernommen habe und damit wesentlich von den das Dienstrecht regelnden Gesetzen des Bundes abweiche. Die Kündigung des Klägers sei sozialwidrig. Der Kläger habe 32.100 S 14 x jährlich verdient und habe 2 Kinder im Alter von 6 und 9 Jahren zu versorgen. Seine Gattin sei Lehrerin. Der Kläger habe gemeinsam mit seiner Gattin ein Haus gebaut, auf dem noch Schulden lasteten. Die Kündigung sei daher nichtig bzw aufzuheben. Schließlich widerspreche die Kündigung auch dem Bestimmungen der VBO, weil sie mit 1.4.1992 zum 31.7.1992 - unter Mißachtung der 4-Monatsfrist - ausgesprochen worden sei.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens einschließlich der Eventualbegehren. Auf das Dienstverhältnis des Klägers sei § 105 ArbVG nicht anzuwenden. Die Streitteile hätten die Anwendung der VBO, die eine Kündigungsanfechtung nicht vorsehe, ausdrücklich und schriftlich vereinbart. Der Kläger sei dadurch nicht schlechter gestellt als andere, zumal auf ihn das Tiroler Gemeinde-Personalvertretungsgesetz anzuwenden sei. Abgesehen davon, daß der Kläger sein Begehren auf keine rechtliche Grundlage stützen könne, sei die Kündigung des Klägers notwendig gewesen, weil für ihn bei der Beklagten weder in der Abteilung V noch in der Abteilung VII Verwendungsmöglichkeiten bestanden hätten. In der Abteilung V sei ein ordnungsgemäßes Verhältnis zu den städtischen Sozialarbeitern und die notwendige Zusammenarbeit nicht mehr herzustellen gewesen; auch eine weitere Tätigkeit des Klägers in der Abteilung VII sei sachlich nicht gerechtfertigt und nicht zielführend. Der Kläger übe die psychologische Beratung als Nebenberuf aus. Er habe um diese Nebenbeschäftigung ausdrücklich angesucht. Die Kündigung sei nicht sozialwidrig, weil der Kläger in einer ausbaufähigen freien Praxis tätig sei und seine Gattin als Lehrerin ausreichend verdiene.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und hob die Kündigung auf. Infolge Fehlens von Kündigungsbeschränkungen - insbesondere einer § 32 Abs 1 VBG entsprechenden Schutzbestimmung für Dienstnehmer, die im Zeitpunkt der Kündigung bereits das 50. Lebensjahr vollendet und eine Dienstzeit von zehn Jahren zurückgelegt hätten -, würden die bei der Beklagten beschäftigten Vertragsbediensteten kraß schlechter gestellt; hiebei sei auch zu berücksichtigen, daß diese Vertragsbediensteten mangels Anwendbarkeit des ArbVG die Kündigung auch nicht wegen Sozialwidrigkeit anfechten könnten. Die VBO sei daher in ihren Bestimmungen über die Kündigung grob rechtswidrig und damit sittenwidrig im Sinne des § 879 Abs 1 ABGB.

Außerdem obliege den Ländern nach Art 21 Abs 1 B-VG die Gesetzgebung und Vollziehung in den Angelegenheiten des Dienstrechtes und des Personalvertretungsrechtes der Bediensteten der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände; die in den Angelegenheiten des Dienstrechtes erlassenen Gesetze und Verordnungen dürften aber von den das Dienstrecht regelnden Gesetzen und Verordnungen des Bundes nicht in einem Ausmaß abweichen, daß der gemäß Art 21 Abs 4 B-VG vorgesehene Wechsel des Dienstes wesentlich behindert werde. Diese Kompetenz sei vom zuständigen Landesgesetzgeber nicht ausgeübt worden; wenn nun schon den Landesgesetzgeber die Verpflichtung treffe, in Bezug auf die Begründung und Auflösung eines Dienstverhältnisses nur Regelungen vorzusehen, wie sie das VBG 1948 enthalte, dann dürfe erst recht die Beklagte die Bediensteten nicht durch Einzeldienstverträge im Verhältnis zum VBG schlechter stellen.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens (einschließlich der Eventualbegehren) ab. Das Dienstverhältnis des Klägers sei gemäß § 33 Abs 2 Z 2 ArbVG von der Geltung des 2.Teiles des ArbVG ausgenommen. Diese Bestimmung sei in bezug auf die Vertragsbediensten nicht verfassungswidrig, sondern sogar verfassungsrechtlich geboten, weil den Bund für die bei den Ländern und Gemeinden beschäftigten Bediensteten keine Kompetenz zur Gestaltung der der Betriebsverfassung entsprechenden Personalvertretung zukomme. Mit der Anfechtung der Kündigung als sittenwidrig werde ihre Unwirksamkeit behauptet; diesem Rechtsgrund entspreche nicht das auf Rechtsgestaltung gerichtete Hauptbegehren, sondern das auf Feststellung des aufrechten Bestehens des Dienstverhältnisses gerichtete Eventualbegehren. Da der Gesetzgeber die Anfechtung der Kündigung in § 105 ArbVG sowie vor allem in § 13 Abs 7 Gleichbehandlungsgesetz besonders geregelt habe, sei die Kündigung nur wegen der im Gesetz ausdrücklich als verpönt normierten Motive, nicht aber ganz allgemein unter Berufung auf § 879 ABGB anfechtbar.

Der Dienstvertrag sei auch nicht wegen Art 21 B-VG nichtig. Da der Landesgesetzgeber von der den Ländern eingeräumten, durch die B-VG Novellen 1974 und 1981 erweiterten Reglungskompetenz bezüglich der im Rahmen eines privatrechtlichen Dienstverhältnisses beschäftigten Bediensteten der Gemeinden keinen Gebrauch gemacht habe, seien auf diese das ABGB bzw das AngG anzuwenden. Auf das Dienstverhältnis des Klägers, der in keiner von der beklagten Gemeinde betriebenen Unternehmung im Sinne der §§ 1, 2 und 4 AngG beschäftigt sei, das ABGB anzuwenden. Die Kündigungsbestimmungen der VBO stellten den Kläger aber besser als die Regelungen des ABGB, so daß keine Teilnichtigkeit des Dienstvertrages vorliege. Art 21 B-VG könne nicht dazu führen, daß die Bestimmungen des VBG 1948 oder gar des zweiten Teils des ArbVG im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu gelten hätten.

Schließlich sei auch das Eventualbegehren auf Leistung unberechtigt, weil dem Kläger die Kündigungserklärung am 16.3.1991 zugegangen sei; ihm sei daher die vereinbarte Kündigungsfrist voll zur Verfügung gestanden.

Im Hinblick darauf, daß das Tiroler Gemeinde-Personalvertretungsgesetz das dem ArbVG entsprechende, wenn auch inhaltlich anders gestaltete Äquivalent bilde und vom Bundesverfassungsgesetzgeber in Kenntnis der sich für den vorliegenden Regelungsbereich ergebenden Lücke mit Artikel III B-VG Novelle BGBl 1981/350 ausdrücklich die Weitergeltung der bundesgesetzlichen Vorschriften bis zur Erlassung von Regelungen durch die Länder angeordnet worden sei, verbiete sich die analoge Anwendung des ArbVG. Schließlich führe auch das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot nicht zur Anwendung des VBG 1948, weil die vergleichbaren Bediensteten in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zu einer anderen Gebietskörperschaft, nämlich zum Bund stünden. Auch der VGH könne den Gesetzgeber nicht dazu verhalten, Begünstigungen, die er einem bestimmten Personenkreis gewähre, auch einen anderen Personenkreis zuzuwenden. Eine solche Untätigkeit des Gesetzgebers falle nicht unter die Sanktion des Gleichheitsgebotes, es sei denn, daß in den die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises bestimmenden Unterscheidungsmerkmalen Willkür liege. Im Hinblick auf Art 21 B-VG, der es dem Bundesgesetzgeber verwehre, in diesen Angelegenheiten gesetzgeberisch tätig zu werden, sehe sich das Berufungsgericht nicht veranlaßt, einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof auf Prüfung der in Frage kommenden Bestimmungen des VBG bzw des ABGB zu stellen. Eine Prüfung des vorliegenden Sachverhaltes im Hinblick auf das Durchlässigkeitsgebot des Art 21 Abs 1 und 2 B-VG bezüglich des Dienstgeberwechsels zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sei nicht vorzunehmen, weil entsprechende landesgesetzliche Vorschriften nicht existierten. Im übrigen schließe das bundesstaatliche Prinzip nach der Meinung des VGH die Anwendung des Gleichheitssatzes auf das Verhältnis der Regelungen verschiedener Gesetzgeber aus.

Gegen dieses Urteil richtet sich sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Stattgebung des Hauptbegehrens, oder der Eventualbegehren abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Weiters beantragt der Revisionswerber die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens bezüglich des § 33 Abs 2 Z 2 ArbVG.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Vorweg ist darauf zu verweisen, daß der Kläger nicht berechtigt ist, vom Obersten Gerichtshof die Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung eines Gesetzes wegen Verfassungswidrigkeit zu begehren. Ein solcher Antrag ist deshalb zurückzuweisen (ZVR 1983/18; GesRZ 1989,221; 5 Ob 592/82; 4 Ob 27/88 uva). Der Oberste Gerichtshof kann jedoch einen solchen Antrag stellen, wenn er Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes hat. Das trifft aber für § 33 Abs 2 Z 2 ArbVG nicht zu. Diese Ausnahmsbestimmung entspricht, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, Art 21 Abs 1 B-VG, wonach den Ländern die Gesetzgebung und Vollziehung in den Angelegenheiten des Personalvertretungsrechtes der Bediensteten der Gemeinden obliegt. Durch die Aufhebung des § 33 Abs 2 Z 2 ArbVG würden diese Bediensteten entgegen der in der Verfassung vorgesehenen Kompetenzverteilung in eine bundesgesetzliche Regelung einbezogen (s auch Schrammel, Das Sonderarbeitsrecht der Gebietskörperschaften auf dem Prüfstand, ZAS 1988, 187 ff [192]). Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher nicht veranlaßt, einen Antrag nach Art 89 Abs 2 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Die behauptete Mangelhaftigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Zu Recht wendet sich der Revisionswerber aber gegen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes.

Daß mangels Wahrnehmung der durch Art 21 Abs 1 und 2 B-VG dem Landesgesetzgeber eingeräumten Kompetenz für die Tiroler Gemeindevertragsbediensteten weiterhin Bundesrecht - für den Kläger das ABGB - gilt, und daß die VBO lediglich eine Vertragsschablone ist, die kraft einzelvertraglicher Vereinbarung Vertragsinhalt wird, hat das Berufungsgericht zutreffend dargelegt (§ 48 ASGG).

Die vom Gemeinderat der Beklagten beschlossene VBO enthält im Gegensatz zu anderen am VBG orientierten Vertragsschablonen von Gebietskörperschaften (siehe Just, Die B-VG Novelle 1962 in ihren Auswirkungen auf das Dienstrecht der Gemeindebediensteten, DRdA 1963, 233 ff [234]; Stifter zur Entscheidung ZAS 1968, 113 [114]; SZ 61/217 = JBl 1990, 56; ZAS 1992, 160 = JBl 1992, 609 = ecolex 1992, 39) keine Einschränkung des Kündigungsrechtes des Dienstgebers auf wichtige Gründe. Damit werden die Vertragsbediensteten der Beklagten nicht nur gegenüber den Vertragsbediensteten anderer Gebietskörperschaften und insbesondere des Bundes, sondern auch gegenüber den bei anderen Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmern schlechter gestellt, weil das Tiroler Gemeinde-Personalvertretungsgesetz LBGl 1990/51 (ebenso wie das Bundes-PVG) lediglich eine dem betriebsverfassungsrechtlichen Vorverfahren nach § 105 Abs 1 und 2 ArbVG vergleichbarer Einschaltung der Personalvertretung vor Ausspruch der Kündigung (und gemäß § 10 Abs 9 PVG ihre Unwirksamkeit bei Nichteinhaltung dieses Vorverfahrens) vorsieht, aber - anders als § 105 Abs 3 bis 6 ArbVG - weder der Personalvertretung noch dem gekündigten Dienstnehmer ein Recht auf Anfechtung der Kündigung (wegen Sozialwidrigkeit) einräumt. Das Fehlen von Bestimmungen über die Kündigungsanfechtung in den Personalvertretungsgesetzen des Bundes und der Länder wird nun dadurch ausgeglichen, daß den bei den Gebietskörperschaften beschäftigten Dienstnehmern im allgemeinen ein an den Bestimmungen des VBG orientierter Kündigungsschutz - sei es durch gesetzliche Regelung, sei es durch Übernahme des VBG als lex contractus - gewährt wird. Die Beklagte hat nun - anders als andere Gebietskörperschaften bei der Gestaltung ihrer privatrechtlichen Dienstverhältnisse das Fehlen des grundsätzlich für jeden Arbeitnehmer - nach Zurücklegung einer gewissen, nicht zu lang bemessenen Dienstzeit - geltenden Kündigungsschutzes nicht durch eine entsprechende Einschränkung des vertraglichen Kündigungsrechtes des Dienstgebers ausgeglichen. Damit hat die Beklagte die infolge der Säumigkeit des Landesgesetzgebers mit der Wahrnehmung der ihm durch die Bundesverfassung eingeräumten Regelungskompetenz bezüglich der Gemeindevertragsbediensteten entstandene Regelungslücke zum Nachteil ihrer Vertragsbediensteten genutzt, für sich ein mit den Grundsätzen des österreichischen Arbeitsrechtes nicht zu vereinbarendes freies Kündigungsrecht auch lang dauernder Dienstverhältnisse begründet und damit die von der österreichischen Rechtsordnung grundsätzlich anerkannten, berechtigten Interessen ihrer Dienstnehmer grob verletzt (siehe Krejci in Rummel, ABGB2 § 879 Rz 55 und 57). Die Berufung auf den Verstoß gegen die guten Sitten kann nicht nur bewirken, daß ein "an sich" gegebenes Recht ignoriert, sondern auch, daß "an sich" nicht bestehende Rechte zuerkannt werden (s JBl 1985, 103 = SZ 57/39; vgl ferner DRdA 1992/49 [zust Wachter] = ZAS 1992/21 [zust Holzer-Reisner]; DrdA 1992/44 [zust J. Eichinger] ua).

Geht man daher davon aus, daß die mit dem Kläger vereinbarte freie Kündbarkeit seines Dienstverhältnisses gemäß § 879 Abs 1 ABGB unwirksam ist, ergibt sich die weitere Frage, welche Art des Kündigungsschutzes dem Kläger zuzubilligen ist. Da die Sittenwidrigkeit im vorliegenden Fall darin besteht, daß in einer vertraglichen Vereinbarung nichts zum Schutz des Dienstnehmers vor einer weder durch betriebliche Notwendigkeiten noch durch Umstände in der Person des Dienstnehmers gerechtfertigten Kündigung auch eines länger dauernden Dienstverhältnisses vorgesehen ist, kommt nur eine entsprechende Ergänzung des Individualarbeitsvertrages durch jene Bestimmungen in Frage, die bei einer den Grundsätzen des österreichischen Arbeitsrechtes entsprechenden Vertragsgestaltung aufzunehmen gewesen wären. Schon aus diesem Grund scheidet eine durch Individualarbeitsvertrag gar nicht begründbare Erweiterung des Anwendungsbereiches des allgemeinen Kündigungs- und Entlassungsschutzes auf das vorliegende Arbeitsverhältnis aus (s Floretta in Floretta-Strasser HdommZ ArbVG §§ 105-107 626 Rz 2.2). Aber auch eine individualrechtlich mögliche Übernahme lediglich der Anfechtungsgründe und der Rechtsfolgen der Anfechtung (siehe Floretta in Arbeitsrecht3 I 272) erscheint nicht sachgerecht, wenn man auf das verfassungsrechtliche Homogenitätsgebot des Art 21 Abs 1 2.Satz B-VG Bedacht nimmt. Zwar bindet dieses Gebot unmittelbar nur den Landesgesetzgeber, es hat aber nach dem Wortlaut des Artikel 21 Abs 1 Satz 2 B-VG den Zweck, die den Bediensteten der Gebietskörperschaften durch Art 21 Abs 4 B-VG verfassungsgesetzlich gewährleistete Möglichkeit zum Wechsel des Dienstgebers nicht durch unterschiedliche Gestaltung des Dienstrechtes zu behindern. Daraus ergibt sich eine mittelbare Verpflichtung der Gebietskörperschaften, zur Sicherung des ihren Bediensteten durch Art 21 Abs 4 B-VG gewährleisteten Rechtes (siehe Thienel, Öffentlicher Dienst und Kompetenzverteilung [1990] 90 ff; Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten 36 f; Schäffer, Dienstrechtliche Homogenität im Bundesstaat, in Melichar-FS [1983] 371 ff [377 und 389]) bei Gestaltung ihrer Dienstverträge das verfassungsrechtliche Homogenitätsgebot zu beachten. Die (mittelbare) Bindung des öffentlichrechtlichen Dienstgebers an das Homogenitätsprinzip führt - ähnlich wie die Grundrechtsbindung bei der privatautonomen Gestaltung von Rechtsverhältnissen (siehe Bydlinski, Thesen zur Drittwirkung von Grundrechten im Privatrecht in Rack, Grundrechtsreform [1985], 173 ff [181 ff]; Pernthaler, Verfassungsrechtliche Probleme der autonomen Rechtssetzung im Arbeitsrecht, ZÖR 1967, 45 ff [62 ff, 73 sowie 79] und 9 Ob A 602/92) - zu einer verfassungskonformen Konkretisierung der wertausfüllungsbedürftigten Generalklausel des § 879 Abs 1 ABGB. Eine gegen das Homogenitätsprinzip verstoßende Gestaltung von Dienstverträgen durch Länder oder Gemeinden führt daher zur (teilweisen) Nichtigkeit nach § 879 Abs 1 ABGB, wobei - wie oben ausgeführt - auch eine Vertragsergänzung zur Herstellung der dem Homogenitätsprinzip entsprechenden Übereinstimmung mit den generellen Normen des Bundes in Frage kommt.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits in dem gemäß Artikel 89 Abs 2 Satz 2 B-VG gefaßten Beschluß 9 Ob A 152/92 ausgesprochen hat, ist der (besondere) Bestandschutz ein wesentlicher Teil des Dienstverhältnisses, dem für den einzelnen Bediensteten zumeist eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Regelungen in Landesgesetzen, die den Bediensteten in diesem Bereich erheblich schlechter stellen als das Dienstrecht des Bundes, seien geeignet, den Wechsel vom Bundesin den Landesdienst erheblich zu behindern. Für einen Bediensteten, der einen solchen Wechsel in Erwägung ziehe, komme der Frage des Bestandschutzes eine besondere Bedeutung zu. Genieße er diesen etwa im Bundesdienst zufolge der zurückgelegten Dienstzeit von mehr als einem Jahr, so werde ihn die Gewißheit, daß er bei einem Wechsel in einen Landesdienst diesem Kündigungsschutz verliere, veranlassen, von diesem Wechsel abzusehen. Wohl gebiete Art 21 Abs 1 2.Satz B-VG nicht, daß der Landesgesetzgeber im Bereich des Dienstrechtes in allen Details den Regelungen des Bundes zu folgen und diese praktisch nachzuvollziehen hätte; bei der in § 32 VBG normierten Bindung der Dienstgeberkündigung an wichtige Gründe schon nach relativ kurzer Dauer des Dienstverhältnisses handle es sich aber um eine wesentliche Regelung über die Rechtsverhältnisse der Vertragsbediensteten, so daß eine Norm, die die Zulässigkeit der Kündigung erst nach Ablauf von 20 Jahren an das Vorliegen bestimmter Gründe binde, gegen das Homogenitätsgebot verstoße.

Auch der Verfassungsgerichtshof hatte im Erkenntnis VfSlg 11.151 über einen Verstoß gegen das Homogenitätsprinzip durch Einführung eines eigenen Typus des Landesangestellten, dessen Dienstverhältnis materiell dem des Vertragsbediensteten nach dem VBG entsprach, formell jedoch öffentlichrechtlich gestaltet war, zu erkennen; er mußte jedoch angesichts der starken Abweichung durch die Schaffung eines neuen Vertragsbedienstetentyps zur Frage der Intensiät der geforderten Angleichung im Erkenntnis selbst nicht Stellung nehmen. Im Einleitungsbeschluß hätte der Verfassungsgerichtshof allerdings die Auffassung vertreten, daß die durch Art 21 Abs 1 zweiter Satz B-VG gebotene Konkordanz zwischen dem Bundesrecht und dem Dienstrecht der übrigen Gebietskörperschaften entsprechend eng sein müßte. Daß nicht nun Gesetze sondern auch Verordnungen von der verlangten Angleichung erfaßt würden, erlaube einen Schluß auf die Intensität dieser Angleichung; in die gleiche Richtung weise die in Art 21 Abs 4

3. Satz B-VG vorgesehene Schaffung besonderer Einrichtungen zur Erleichterung des Dienstgeberwechsels; schließlich spreche auch die in Art 21 Abs 5 B-VG in Aussicht genommene einheitliche Festsetzung von Amtstiteln für diesen Standpunkt, weil einheitliche Amtstitel doch im wesentlichem entsprechende beamtenrechtliche Positionen unterstellten.

In der Lehre vertritt Mayer (Amtswegige Versetzung in den Ruhestand und Homogenitätsprinzip, ÖJZ 1990, 771 ff [774]) die Auffassung, daß die in § 61 nö Gemeindebeamten-Dienstordnung 1976 vorgesehene Möglichkeit, den Beamten nach Erreichen des 60.Lebensjahres auch gegen seinen Willen in den Ruhestand zu versetzen, als wesentliche Abweichung dem Homogenitätsprinzip wiederspreche.

Schäffer (aaO 378) folgert aus der Regelung des Art 21 Abs 4 B-VG, wonach die Möglichkeit des Wechsels zwischen dem Dienst bei den Gebietskörperschaften "jederzeit gewahrt" bleiben müsse, daß der Verfassungsgesetzgeber ein zeitlich unbegrenztes Programm der Homogenität dienstrechtlicher Vorschriften aufstellen wollte; wann immer - allgemein oder im Rahmen einer konkreten Laufbahn - ein Dienstgeberwechsel ins Auge gefaßt werde, müßten rechtliche Bedingungen herrschen, die es ermöglichen, den Wechsel objektiv ohne wesentliche Hemmnisse zu vollziehen. Die Schwierigkeit der Auslegung liege in der Ermittlung der Wesentlichkeitsgrenze; unwesentliche Behinderungen müßten in Kauf genommen werden. In diesem Zusammenhang wirft Schäffer (aaO 387 f) auch die Frage der Justitiabilität auf, zu der er auf den besonders hohen Unbestimmtheitsgrad des Prüfungsmaßstabes hinweist. Obwohl er meint, daß dem Landesgesetzgeber ein relativ weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zuzubilligen sei, erachtet er einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Homogenitätsgebot bereits bei unterschiedlicher Regelung der Jubiläumszulagen (bezüglich des Zeitpunktes und des Ausmaßes) als erwägenswert.

Nach Thienel (aao 70 ff mwN) setzt das B-VG bestimmte Grundsätze des öffentlichen Dienstrechtes im Sinne einer Unterscheidung zwischen öffentlichrechtlichem und privatrechtlichen Dienstverhältnis voraus, wobei auch die inhaltliche Ausgestaltung der beiden Typen nicht ins völlige Belieben des einfachen Gesetzgebers gestellt ist. Geht man nun davon aus, daß das Dienstverhältnis des Vertragsbediensteten im Gegensatz zu dem des Beamten zwar durch den Dienstgeber kündbar ist, daß aber diese Kündigung nur aus wichtigen, im Gesetz genannten Gründen möglich ist, dann verstößt die Normierung einer freien Kündbarkeit (oder einer generellen Unkündbarkeit, [Thienel aao 87]) des Dienstverhältnisses durch den Dienstgeber nicht nur gegen das Homogenitätsprinzip des Art 21 Abs 1 B-VG, sondern - ebenso wie die Schaffung eines materiell dem Vertragsbedienstetenverhältnis im Sinne des VBG 1948 nachgebildeten, formell jedoch öffentlich-rechtlich gestalteten Dienstverhältnisses bereits gegen den für den öffentlichen Dienst anzunehmenden Typenzwang.

Für eine restriktive Auslegung der in der Bundesverfassung enthaltenen Homogenitätsregeln im Hinblick auf die Verfassungsautonomie der Gliedstaaten und ihre grundsätzliche Regelungsfreiheit im Bereich der ihnen verbliebenen Kompetenzen treten schließlich Pernthaler und Weber (Landeskompetenzen und bundesstaatliches Homogenitätprinzip im Dienstrecht in FS, Schnorr [1988], 557 ff [559 f und 575 f]) ein. Wesentlich sei nicht die formalrechtliche Konstruktion des Dienstverhältnisses sondern dessen vergleichbare inhaltliche Ausgestaltung.

Für den vorliegenden Fall ist folgendes zu erwägen:

Der im VBG normierte Kündigunsschutz macht es wie oben ausgeführt, überflüssig, dem Vertragsbediensteten auch noch den allgemeinen Kündigungsschutz nach § 105 ArbVG zuzubilligen oder eine gleichartige Regelung in das PVG aufzunehmen; darüber hinaus wird durch die Bindung des Dienstgebers an wichtige Gründe, für die Kündigung des Vertragsbediensteten ein gewisses Äquivalent zu der den Beamten gewährleisteten Unkündbarkeit geschaffen. Die freie Kündbarkeit des vorliegenden Dienstvertrages verstößt daher gegen ein tragendes Strukturprinzip des Bundesdienstrechts. Das völlige Fehlen von Kündigungsschutzbestimmungen kann nicht dazu führen, daß der seinen Vertragsbediensteten jeden Kündigungsschutz sittenwidrig verweigernde Dienstgeber gegenüber einem Dienstgeber, der etwa unzureichende Regelungen trifft, dadurch begünstigt wird, daß bezüglich der jeweils im Einzelfall anzuwendenden Bestimmung die Obergrenze des zulässigen Abweichens (bei im übrigen dem Homogenitätsprinzip entsprechenden [komplementären] Kündigungsschutzbestimmungen [vgl VfSlg 11.151]) als Maßstab genommen wird. Da das Fehlen einer dem § 32 Abs 1 lit g 2. Halbsatz VBG entsprechenden Kündigungsschutzbestimmung nicht durch sonstige den Kündigungsschutz nach § 32 VBG entsprechende (komplementäre) Regelungen ausgeglichen wird, führt die sittenwidrige Unterlassung jeder die Dienstgeberkündigung beschränkenden Regelung im vorliegenden Fall zu einer analogen Anwendung dieser Bestimmung.

Da der Kläger im Zeitpunkt der Kündigung das 50. Lebensjahr vollendet und bereits mehr als 10 Jahre in dem Dienstverhältnis mit der beklagten Partei zurückgelegt hatte, ist die von der beklagten Partei mit dem fehlenden Bedarf an den weiteren Diensten des Klägers begründete Kündigung unwirksam, so daß das Dienstverhältnis des Klägers nicht beendet wurde; es blieb über den 31.Juli 1992 hinaus aufrecht. Diese Feststellung war gemäß § 228 ZPO in Stattgebung des vom Kläger eventualiter erhobener Feststellungsbegehrens zu treffen (siehe Arb 10.949 ua), während das auf rechtsgestaltende Beseitigung einer zivilrechtlichen wirksamen Kündigung gerichtete Hauptbegehren abzuweisen war.

Der Revision war daher teilweise Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten sämtlicher Instanzen beruht auf den §§ 41, 43 Abs 2 und 50 ZPO. Hiebei war zu berücksichtigen, daß das Interesse des Klägers an dem mit dem Eventualbegehren verfolgte Rechtsschutzziel nicht geringer als sein Interesse am Hauptbegehren zu bewerten ist.

Anmerkung

E32429

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:009OBA00317.92.0317.000

Dokumentnummer

JJT_19930317_OGH0002_009OBA00317_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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