TE Vwgh Erkenntnis 2006/3/17 2006/05/0043

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Veröffentlicht am 17.03.2006
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs2;
AVG §68 Abs3;
AVG §68 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des Kurt Dichtl in Wien, vertreten durch Dr. Otto Köhler, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Gumpendorfer Straße 5, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 12. Dezember 2005, Zl. BOB-515/05, betreffend ein Ansuchen um Erstreckung einer bescheidmäßig festgesetzten Erfüllungsfrist, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde das Ansuchen um Erstreckung der Erfüllungsfrist eines rechtskräftigen Auftrages vom 19. November 2002 gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, die belangte Behörde sehe keinen Anlass, von dem der Behörde gemäß § 68 Abs. 2 AVG eingeräumten Recht Gebrauch zu machen, zumal eine Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes derzeit nicht vorgesehen sei und es auch keinesfalls feststehe, dass es in der weiteren Zukunft zu der für die Erwirkung einer nachträglichen Bewilligung erforderlichen Umwidmung des Grundstückes kommen könnte und würde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der Beschwerde wird im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe auf Grund einer Auskunft eines Mitarbeiters des Magistrats der Stadt Wien darauf vertraut, dass die gegenständliche Gartenparzelle umgewidmet werde und er somit ein Kleingartenhaus mit einer Fläche von maximal 50 m2 bauen dürfe. Das erbaute Kleingartenhaus entspreche zur Gänze den Bestimmungen der Bauordnung für Wien, mit Ausnahme der fehlenden Widmung. Im Sinne einer ordnungsgemäßen Gesetzesausübung sei der Einwand des Beschwerdeführers, dass er eine Umwidmung bereits beantragt habe und in absehbarer Zeit mit einer solchen zu rechnen sei, durchaus beachtlich. Es wäre kontraproduktiv und im Sinne einer gleichheitsgemäßen Gesetzesauslegung auch unter wirtschaftlichen Aspekten geradezu fahrlässig, den beantragten Aufschub nicht zu gewähren. Dies würde zu der Konsequenz führen, dass der Beschwerdeführer sein den übrigen Bestimmungen der Bauordnung für Wien entsprechendes Kleingartenhaus abreißen müsste und es sodann nach Umwidmung in identem Zustand wieder neu errichten könnte. Gerade um derartige Härtefälle zu vermeiden, habe der Gesetzgeber in § 71b der Bauordnung für Wien eine entsprechende Bestimmung geschaffen, eine Sonderbaubewilligung bis zur möglichen Umwidmung zu gewähren, sodass widmungswidrig errichtete Gebäude nicht abgerissen werden müssten. Im Sinne einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung unter dem Aspekt des öffentlichen Wohles sowie einer gleichheitsgemäßen Behandlung identer Sachverhalte wäre daher dem Ansuchen um Fristerstreckung stattzugeben gewesen. Ferner rügt der Beschwerdeführer, dass das Gutachten des Ingenieurbüros DI Dr. P. keine Berücksichtigung gefunden habe. Nach diesem Gutachten seien sämtliche Voraussetzungen für eine Umwidmung gegeben. Außerdem wäre durch eine Anfrage bei der Magistratsabteilung 21B bzw. durch eine Stellungnahme des Bausachverständigen festzustellen gewesen, dass mit einer Umwidmung zu rechnen sei.

Aus § 68 Abs. 2 und Abs. 3 iVm Abs. 7 AVG ergibt sich, dass der Partei kein Rechtsanspruch auf die Ausübung des behördlichen Aufsichtsrechtes zusteht. Die Ausübung des Aufsichtsrechtes kann zwar angeregt, nicht aber erzwungen werden. Auf die Erstreckung der Erfüllungsfrist eines in Rechtskraft erwachsenen Bauauftrages steht somit niemandem ein Rechtsanspruch zu (siehe hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2005, Zl. 2005/05/0121, mwN).

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Es kann dahingestellt bleiben, ob der im Beschwerdefall in Rede stehende Anspruch als "civil right" im Sinne der EMRK zu beurteilen ist, weil im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen jedenfalls nicht erforderlich ist: Der EGMR hat zuletzt in seiner Entscheidung vom 2. September 2004, Zl. 68087/01 (Hofbauer/Österreich) unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass die Anforderungen von Art. 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jeglicher Anhörung (im Originaltext: any hearing at all) erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft. Der Gerichtshof verwies im erwähnten Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2005, Zl. 2002/05/1519 mwN).

Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 17. März 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006050043.X00

Im RIS seit

14.04.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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