TE Vwgh Erkenntnis 2006/5/4 2003/03/0225

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Veröffentlicht am 04.05.2006
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3R E07204030;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 litb;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art2 Abs1;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z6 idF 2001/I/106;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z9 idF 2001/I/106;
GütbefG 1995 §9 Abs3;
VStG §9;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des T I in W, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Dieter Brandstätter, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 19a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 10. Juli 2003, Zl uvs- 2002/14/115-3, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 VStG als nach außen hin zur Vertretung berufenes Organ der Firma I mit Sitz in W, die Zulassungsbesitzerin eines Sattelzugfahrzeugs und eines Sattelanhängers (beide dem Kennzeichen nach näher bestimmt) sei, es unterlassen, dafür Sorge zu tragen, dass für die durchgeführte ökopunktepflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich vom Grenzübergang Kiefersfelden, Einreise am 26. November 2001, Richtung Italien fahrend, ein ausreichend funktionierender Umweltdatenträger verwendet worden sei, weil er die Fahrt veranlasst habe und keine Ökopunkte abgebucht worden seien. Der Beschwerdeführer sei insbesondere verpflichtet, vor Fahrtbeginn dafür zu sorgen, dass die Fahrt ohne Verletzung der Ökopunkteverordnung durchgeführt werden könne. Hierzu habe er dem Lenker eine entsprechende Anzahl von Ökopunkten zu übergeben. Sei ein Unweltdatenträger benutzt worden, so habe sich der Unternehmer davon zu überzeugen, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stünden, der Umweltdatenträger ausreichend funktioniere und der Fahrer belehrt worden sei, welche Maßnahmen dieser zur Einhaltung der Ökopunkteverordnung zu treffen habe. Dies habe er als Verantwortlicher des Unternehmens unterlassen. Die Übertretung sei anlässlich einer Kontrolle durch Bedienstete der Zollwachabteilung Brenner/MÜG am 26. November 2001 um 17.15 Uhr auf der A 13 Brennerautobahn bei km 10,8 im Gemeindegebiet Schönberg im Stubaital in Fahrtrichtung Italien festgestellt worden. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 23 Abs 1 Z 6 und 9 Güterbeförderungsgesetz, BGBl Nr 593/1995 in der Fassung BGBl I Nr 106/2001, (im Folgenden GütBefG), iVm Art 1 Abs 1 lit a und b sowie Art 2 Abs 1 Verordnung (EG) Nr 3298/94, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr 2012/2000, verletzt. Über ihn werde gemäß § 23 Abs 1 und 4 GütBefG eine Geldstrafe in Höhe von EUR 1450,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Lenker habe in der Anzeige angegeben, dass er keine Überprüfung des Ecotag bei der Einreise in Kiefersfelden vorgenommen habe. Er habe Aluminium von Deutschland nach Italien transportieren wollen. Im Sattelzugfahrzeug sei ein Ecotag-System unter der Nr 721970 registriert gewesen, wobei das Ecotag Nr 1234110490 angebracht und am 26. November 2001 im Rahmen einer Zoll- und Verbrauchssteuerkontrolle kontrolliert worden sei. Nach dieser Kontrolle sei es gegen das Ecotag Nr 1234195503 getauscht worden. Das Unternehmen sei im betreffenden Zeitraum nicht gesperrt gewesen. Laut Fahrtenliste (Mitteilung des Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie) sei die letzte ökopunktepflichtige Transitfahrt mit dem alten Ecotag am 4. September 2001 durchgeführt worden. Danach seien keine Fahrten mehr vom Ecotag-System aufgezeichnet worden. Fahrten seien erst wieder nach Austausch des Ecotag ab 6. Dezember 2001 registriert worden. Den Beweisanträgen auf Einvernahme des Lenkers als Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis für einen kurzfristigen Defekt des Ecotag sei nicht stattgegeben worden, weil sich aus der Fahrtenliste eindeutig ergebe, dass es vom 4. September 2001 bis zum 26. November 2001 zu keiner Kommunikation gekommen sei, sodass nicht von einem kurzfristigen Ausfall ausgegangen werden könne. Aus der Fahrtenliste ergebe sich, dass überwiegend ökopunktepflichtige Fahrten durchgeführt worden seien. Hätte der Beschwerdeführer die Fahrtenliste kontrolliert, wäre ihm erkennbar gewesen, dass das eingebaute Ecotag schon längere Zeit nicht funktioniert habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegenden Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens erwogen:

§ 9 Abs 3 GütbefG lautet:

"(3) Jeder Unternehmer, der veranlasst, dass eine Fahrt durch Österreich durchgeführt wird, für die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3298/94, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2012/2000, (Ökopunkteverordnung) Ökopunkte zu entrichten sind, hat dem Fahrer vor Antritt der Fahrt die entsprechende Anzahl von Ökopunkten zu übergeben. Wird ein Umweltdatenträger benützt, hat sich der Unternehmer davon zu überzeugen, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stehen und dass der Umweltdatenträger einwandfrei funktioniert. Er hat weiters den Fahrer darüber zu belehren, welche Maßnahmen dieser zur Einhaltung der Ökopunkteverordnung zu treffen hat."

Die belangte Behörde stützte ihre Beurteilung insbesondere darauf, dass das verwendete Ecotag auf dem Boden der vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie zur Verfügung gestellten Fahrtenliste nicht bloß kurzfristig bei der in Rede stehenden Transitfahrt ausgefallen sein könne, sondern zwischen 4. September und 26. November 2001 nicht funktioniert habe, und leitete daraus ab, dass der Beschwerdeführer das Ecotag daher schon längere Zeit nicht überprüft habe. Da die belangte Behörde aber keine Feststellungen darüber traf, ob in diesem Zeitraum zwischen 4. September und 26. November 2001 tatsächlich Transitfahrten unter Verwendung des in Rede stehenden Ecotag durch das Gebiet der Republik Österreich durchgeführt wurden, ist die Annahme, dieses Ecotag sei nicht bloß kurzfristig ausgefallen, samt der besagten darauf gestützten Schlussfolgerung nicht nachvollziehbar.

Vor diesem Hintergrund kommt auch der Unterlassung der bei der mündlichen Verhandlung beantragten Einvernahme des beim Beschwerdeführer angestellten Lenkers, der das Tatfahrzeug zur Tatzeit lenkte, (ua) zum Beweis dafür, dass sich der Beschwerdeführer vor der Transitfahrt in ausreichender Weise davon überzeugt habe, dass das verwendete Ecotag funktioniert habe, Relevanz zu. Auf dem Boden der Unzulässigkeit einer vorgreifenden Beweiswürdigung (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 19. Dezember 2005, Zl 2002/03/0259) kann nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei Durchführung dieser Einvernahme zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Damit hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet im Rahmen des gestellten Begehrens auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 4. Mai 2006

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2003030225.X00

Im RIS seit

08.06.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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