TE OGH 2001/7/5 6Ob144/01x

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Veröffentlicht am 05.07.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friedrich S*****, vertreten durch Dr. Gerhard Götschhofer, Rechtsanwalt in Vorchdorf, gegen die beklagte Partei Michael R*****, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens 6 Cg 16/95z des Landesgerichtes Wels, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 11. Mai 2001, GZ 4 R 227/00f-5, mit dem der Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 7. November 2000, GZ 6 Cg 210/00i-2, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Im Verfahren 16 Cg 16/95z des Erstgerichtes wurde das Begehren des Klägers auf Zahlung des Restkaufpreises von 150.000 S für eine Putenschlachtanlage mit der wesentlichen Begründung abgewiesen, der Kläger habe dem Beklagten fälschlich versichert, dass er für den Betrieb der Anlage keinerlei behördliche Bewilligung brauche und die Abwässer in die Jauchengrube leiten oder auf die Felder aufbringen dürfe (§ 870 ABGB). Die Rechtsmittel des Klägers blieben erfolglos.Im Verfahren 16 Cg 16/95z des Erstgerichtes wurde das Begehren des Klägers auf Zahlung des Restkaufpreises von 150.000 S für eine Putenschlachtanlage mit der wesentlichen Begründung abgewiesen, der Kläger habe dem Beklagten fälschlich versichert, dass er für den Betrieb der Anlage keinerlei behördliche Bewilligung brauche und die Abwässer in die Jauchengrube leiten oder auf die Felder aufbringen dürfe (Paragraph 870, ABGB). Die Rechtsmittel des Klägers blieben erfolglos.

Seine am 24. 10. 2000 beim Erstgericht eingelangte Wiederaufnahmsklage stützt der Kläger auf eine Aussage des Hubert R***** (Vater des Beklagten) in dem gegen ihn wegen falscher Zeugenaussage geführten Strafverfahren vor dem Landesgericht Wels. Auf Grund dieser in der Klage auszugsweise zitierten Aussage könne die Unbeachtlichkeit des vom Beklagten im wiederaufzunehmenden Verfahren erhobenen Irrtums- und Arglisteinwandes bewiesen werden, weil daraus hervorgehe, dass der Beklagte die Putenschlachtanlage auch gekauft hätte, wenn er gewusst hätte, dass zu deren Betrieb verschiedene behördliche Genehmigungen erforderlich seien. Das Hauptverhandlungsprotokoll über diese Einvernahme sei dem Vertreter des Klägers am 25. 9. 2000 zugestellt worden. Der Kläger sei daher seit diesem Zeitpunkt imstande, dieses Beweismittel bei Gericht vorzubringen, sodass die Wiederaufnahmsklage fristgerecht eingebracht worden sei.

Das Erstgericht wies die Klage wegen Verspätung zurück, weil die als Wiederaufnahmsgrund angeführte Aussage dem Kläger bzw dessen Vertreter nicht erst am 25. 9. 2000, sondern bereits am 29. 8. 2000 (Tag der Hauptverhandlung im Strafverfahren) bekannt geworden sei.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil der Oberste Gerichtshof in 2 Ob 567/82 nicht schon das Vorliegen eines Gutachtens als fristauslösend im Sinn des § 534 ZPO gewertet, sondern das Abwarten des Urteiles gebilligt habe.Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil der Oberste Gerichtshof in 2 Ob 567/82 nicht schon das Vorliegen eines Gutachtens als fristauslösend im Sinn des Paragraph 534, ZPO gewertet, sondern das Abwarten des Urteiles gebilligt habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Klägers ist gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO nicht jedenfalls unzulässig, weil die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen wurde. Er ist jedoch mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO unzulässig.Der Revisionsrekurs des Klägers ist gemäß Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 2, ZPO nicht jedenfalls unzulässig, weil die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen wurde. Er ist jedoch mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO unzulässig.

Gemäß § 534 Abs 1 ZPO ist die Wiederaufnahmsklage binnen einer Frist von vier Wochen zu erheben, wobei diese Frist gemäß § 534 Abs 2 Z 4 ZPO im Fall des § 530 Abs 1 Z 6 und 7 ZPO von dem Tag zu berechnen ist, an welchem die Partei imstande war, die rechtskräftige Entscheidung zu benützen oder die ihr bekannt gewordenen Tatsachen und Beweismittel bei Gericht vorzubringen.Gemäß Paragraph 534, Absatz eins, ZPO ist die Wiederaufnahmsklage binnen einer Frist von vier Wochen zu erheben, wobei diese Frist gemäß Paragraph 534, Absatz 2, Ziffer 4, ZPO im Fall des Paragraph 530, Absatz eins, Ziffer 6 und 7 ZPO von dem Tag zu berechnen ist, an welchem die Partei imstande war, die rechtskräftige Entscheidung zu benützen oder die ihr bekannt gewordenen Tatsachen und Beweismittel bei Gericht vorzubringen.

Wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 9 ObA 235/91 (= SZ

64/172 = EvBl 1992/95) ausgeführt hat, beginnt die Frist für die

Wiederaufnahmsklage, die sich auf eine - vom aufzunehmenden Verfahren abweichende - Zeugenaussage in einem anderen Prozess stützt, bereits mit der Ablegung der Aussage und nicht erst mit dem Tag der Übermittlung des Protokolls, wenn der Rechtsvertreter der wiederaufnahmsklagenden Partei hiebei anwesend war. Im vorliegenden Fall nahm der Rechtsvertreter des Klägers, der sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligter angeschlossen und selbst durch eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft die Einleitung des Strafverfahrens veranlasst hatte, an der Hauptverhandlung am 29. 8. 2000 vor dem Landesgericht Wels teil. Der vollständige Inhalt der Aussage des dort als Beschuldigter Einvernommenen stand bereits bei dieser Verhandlung fest. Der Klagevertreter war ab dem Moment, als er die Aussage mit anhörte, auch imstande, die Eignung dieser Aussage für ein allfälliges Wiederaufnahmeverfahren zu prüfen. Das maschinschriftlich angefertigte Protokoll über die Hauptverhandlung lässt seinem Inhalt nach keinen Zweifel daran, dass die Aufzeichnung aller Aussagen und Vorträge angeordnet wurde (§ 271 Abs 4 StPO). Die Frage der behördlichen Genehmigungen war zentrales Thema der Einvernahme des Beschuldigten, sodass zumindest der Sinngehalt seiner Aussage dem Klagevertreter bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht verborgen geblieben sein konnte, auch wenn ihm zuzubilligen ist, dass er den exakten Wortlaut der Aussage nicht in Erinnerung behalten konnte. Dem Klagevertreter als dortigen Privatbeteiligtenvertreter wäre es auch freigestanden, sofort die Verlesung einzelner Stellen aus dem Protokoll zu verlangen, in das abgeschlossene Protokoll Einsicht zu nehmen und hievon Abschriften oder Ablichtungen herzustellen. Das Hauptverhandlungsprotokoll existierte als Beweisurkunde jedenfalls schon vor Zustellung einer Abschrift an den Klagevertreter, sei es, dass es zunächst in Form eines Stenogramms oder sogleich mit Maschinschrift verfasst wurde, was aus dem Strafakt nicht eindeutig hervorgeht. Der Umstand, dass die Zeugenaussage hier nicht in einem Resümeeprotokoll, sondern in Form einer wörtlichen Mitschrift der Aussagen festgehalten wurde, ist daher für die Frage, ab wann die Notfrist des § 534 Abs 1 ZPO zu berechnen ist, ohne Bedeutung.Wiederaufnahmsklage, die sich auf eine - vom aufzunehmenden Verfahren abweichende - Zeugenaussage in einem anderen Prozess stützt, bereits mit der Ablegung der Aussage und nicht erst mit dem Tag der Übermittlung des Protokolls, wenn der Rechtsvertreter der wiederaufnahmsklagenden Partei hiebei anwesend war. Im vorliegenden Fall nahm der Rechtsvertreter des Klägers, der sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligter angeschlossen und selbst durch eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft die Einleitung des Strafverfahrens veranlasst hatte, an der Hauptverhandlung am 29. 8. 2000 vor dem Landesgericht Wels teil. Der vollständige Inhalt der Aussage des dort als Beschuldigter Einvernommenen stand bereits bei dieser Verhandlung fest. Der Klagevertreter war ab dem Moment, als er die Aussage mit anhörte, auch imstande, die Eignung dieser Aussage für ein allfälliges Wiederaufnahmeverfahren zu prüfen. Das maschinschriftlich angefertigte Protokoll über die Hauptverhandlung lässt seinem Inhalt nach keinen Zweifel daran, dass die Aufzeichnung aller Aussagen und Vorträge angeordnet wurde (Paragraph 271, Absatz 4, StPO). Die Frage der behördlichen Genehmigungen war zentrales Thema der Einvernahme des Beschuldigten, sodass zumindest der Sinngehalt seiner Aussage dem Klagevertreter bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht verborgen geblieben sein konnte, auch wenn ihm zuzubilligen ist, dass er den exakten Wortlaut der Aussage nicht in Erinnerung behalten konnte. Dem Klagevertreter als dortigen Privatbeteiligtenvertreter wäre es auch freigestanden, sofort die Verlesung einzelner Stellen aus dem Protokoll zu verlangen, in das abgeschlossene Protokoll Einsicht zu nehmen und hievon Abschriften oder Ablichtungen herzustellen. Das Hauptverhandlungsprotokoll existierte als Beweisurkunde jedenfalls schon vor Zustellung einer Abschrift an den Klagevertreter, sei es, dass es zunächst in Form eines Stenogramms oder sogleich mit Maschinschrift verfasst wurde, was aus dem Strafakt nicht eindeutig hervorgeht. Der Umstand, dass die Zeugenaussage hier nicht in einem Resümeeprotokoll, sondern in Form einer wörtlichen Mitschrift der Aussagen festgehalten wurde, ist daher für die Frage, ab wann die Notfrist des Paragraph 534, Absatz eins, ZPO zu berechnen ist, ohne Bedeutung.

Der vom Rekursgericht herangezogene Zulassungsgrund ist hier nicht tragend, weil der zitierten Entscheidung 2 Ob 567/82 (= SZ 55/130) ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrundelag. Abgesehen davon, dass dort die Eignung eines Abstammungsgutachtens als neues Beweismittel für ein allfälliges Wiederaufnahmeverfahren zu beurteilen war, nicht aber die hier zu prüfende Frage des Fristbeginnes für die Wiederaufnahmsklage bei einer für das Verfahren wesentlichen, erst später abgelegten Aussage, wurde hier ohnehin das Urteil im Strafverfahren sogleich in der Hauptverhandlung am 29. 8. 2000 verkündet, sodass schon deshalb kein weiteres Zuwarten mit der Wiederaufnahmsklage bis zur Urteilsfällung in Frage kam.

Auch die im Revisionsrekurs angeführte Entscheidung 7 Ob 730/78 vermag den Rechtstandpunkt des Klägers über den Beginn der Notfrist des § 534 Abs 1 ZPO im vorliegenden Fall nicht zu stützen, weil es dort um eine (Privat-)Urkunde ging, bei deren Errichtung der Wiederaufnahmekläger bzw dessen Vertreter - anders als hier - nicht anwesend und dessen Inhalt dem Kläger nach dessen Behauptungen nicht hinreichend bekannt war.Auch die im Revisionsrekurs angeführte Entscheidung 7 Ob 730/78 vermag den Rechtstandpunkt des Klägers über den Beginn der Notfrist des Paragraph 534, Absatz eins, ZPO im vorliegenden Fall nicht zu stützen, weil es dort um eine (Privat-)Urkunde ging, bei deren Errichtung der Wiederaufnahmekläger bzw dessen Vertreter - anders als hier - nicht anwesend und dessen Inhalt dem Kläger nach dessen Behauptungen nicht hinreichend bekannt war.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen bewegen sich daher im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung. Eine zu korrigierende Fehlbeurteilung des gemäß § 534 Abs 2 Z 4 ZPO für den Fristbeginn maßgebenden Zeitpunktes ist in diesem besonders gelagerten Einzelfall nicht zu erkennen.Die Entscheidungen der Vorinstanzen bewegen sich daher im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung. Eine zu korrigierende Fehlbeurteilung des gemäß Paragraph 534, Absatz 2, Ziffer 4, ZPO für den Fristbeginn maßgebenden Zeitpunktes ist in diesem besonders gelagerten Einzelfall nicht zu erkennen.

Anmerkung

E62487 06A01441

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0060OB00144.01X.0705.000

Dokumentnummer

JJT_20010705_OGH0002_0060OB00144_01X0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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