TE OGH 2004/2/25 3Ob91/03h

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Veröffentlicht am 25.02.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach der am 16. August 1990 verstorbenen Margarete K*****, vertreten durch Egon K*****, wider die beklagte Partei Friedrich K*****, vertreten durch Dr. Johannes Grund, Rechtsanwalt in Linz als Sachwalter, wegen Räumung infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. Juli 2002, GZ 15 R 123/01s-70, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 4. Juni 2003, AZ 15 R 123/01s, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Freistadt vom 19. Juli 2000, GZ 2 C 150/91i-51, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird als nichtig aufgehoben und die Rechtssache zur Verhandlung und neuerlichen Entscheidung über die Berufung der beklagten Partei an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Das Erstgericht gab dem auf titellose Benützung eines Hauses gestützten Räumungsbegehren statt.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil in nichtöffentlicher Sitzung, obgleich der Beklagte die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung ausdrücklich beantragt hatte (ON 52 S. 6). Es sprach ferner aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der erkennende Senat trug dem Berufungsgericht mit Beschluss vom 24. April 2003 auf, sein Urteil durch eine Bewertung des Entscheidungsgegenstands zu ergänzen. Daraufhin sprach das Berufungsgericht mit Beschluss vom 4. Juni 2003 aus, dessen Wert übersteige 20.000 EUR. Mit Beschluss vom 21. August 2003 stellte der Oberste Gerichtshof der klagenden Partei gemäß § 508a Abs 2 ZPO die Beantwortung der Revision frei. Daraufhin beantragte die klagende Partei die Bewilligung der Verfahrenshilfe unter Beigebung eines Rechtsanwalts. Das Erstgericht wies diesen Antrag mit Beschluss vom 10. Oktober 2003 ab. Ein Rekurs der klagenden Partei blieb erfolglos. Die Zustellung einer Ausfertigung der Rekursentscheidung an die klagende Partei erfolgte am 23. Dezember 2003. Die Frist zur Revisionsbeantwortung wurde somit - zufolge der Gerichtsferien vom 24. Dezember 2003 bis 6. Jänner 2004 - am 7. Jänner 2004 in Gang gesetzt. Diese Frist ist am 3. Februar ohne Erstattung einer Revisionsbeantwortung abgelaufen.Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil in nichtöffentlicher Sitzung, obgleich der Beklagte die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung ausdrücklich beantragt hatte (ON 52 S. 6). Es sprach ferner aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der erkennende Senat trug dem Berufungsgericht mit Beschluss vom 24. April 2003 auf, sein Urteil durch eine Bewertung des Entscheidungsgegenstands zu ergänzen. Daraufhin sprach das Berufungsgericht mit Beschluss vom 4. Juni 2003 aus, dessen Wert übersteige 20.000 EUR. Mit Beschluss vom 21. August 2003 stellte der Oberste Gerichtshof der klagenden Partei gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO die Beantwortung der Revision frei. Daraufhin beantragte die klagende Partei die Bewilligung der Verfahrenshilfe unter Beigebung eines Rechtsanwalts. Das Erstgericht wies diesen Antrag mit Beschluss vom 10. Oktober 2003 ab. Ein Rekurs der klagenden Partei blieb erfolglos. Die Zustellung einer Ausfertigung der Rekursentscheidung an die klagende Partei erfolgte am 23. Dezember 2003. Die Frist zur Revisionsbeantwortung wurde somit - zufolge der Gerichtsferien vom 24. Dezember 2003 bis 6. Jänner 2004 - am 7. Jänner 2004 in Gang gesetzt. Diese Frist ist am 3. Februar ohne Erstattung einer Revisionsbeantwortung abgelaufen.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist infolge einer dem Berufungsgericht unterlaufenen Nichtigkeit zulässig und im Rahmen deren Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1. Beantragte eine Partei gemäß § 492 Abs 1 ZPO ausdrücklich die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung und wurde eine solche - mangels Anwendbarkeit des § 501 Abs 1 ZPO - nicht durchgeführt, so verwirklicht das nach stRsp den Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO (10 ObS 113/03w; 1 Ob 295/02t; 7 Ob 131/00s; s ferner die Entscheidungsketten RIS-Justiz RS0041428, RS0042245) und hat die Nichtigkeit des Berufungsurteils zur Folge.1. Beantragte eine Partei gemäß Paragraph 492, Absatz eins, ZPO ausdrücklich die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung und wurde eine solche - mangels Anwendbarkeit des Paragraph 501, Absatz eins, ZPO - nicht durchgeführt, so verwirklicht das nach stRsp den Nichtigkeitsgrund nach Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 4, ZPO (10 ObS 113/03w; 1 Ob 295/02t; 7 Ob 131/00s; s ferner die Entscheidungsketten RIS-Justiz RS0041428, RS0042245) und hat die Nichtigkeit des Berufungsurteils zur Folge.

2. Der Beklagte rügt das Unterbleiben einer mündlichen Berufungsverhandlung als Verfahrensmangel, weil er die Anberaumung einer solchen ausdrücklich beantragt hatte. Er macht damit - der Sache nach - die unter 1. erörterte Nichtigkeit geltend. Die bloß unrichtige Bezeichnung dieses Revisionsgrunds kann dem Beklagten gemäß § 84 Abs 2 zweiter Satz ZPO nicht schaden. Das Berufungsurteil ist mit einer absolut wirkenden Nichtigkeit, die sogar von Amts wegen aufzugreifen gewesen wäre, behaftet. Eine solche Nichtigkeit wirft immer eine erhebliche Rechtsfrage auf. Sie ist daher - im Interesse der Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit (1 Ob 295/02t) - auch aufgrund einer außerordentlichen Revision wahrzunehmen (Kodek in Rechberger, ZPO² § 502 Rz 4, § 506 Rz 3 mN zur Rsp).2. Der Beklagte rügt das Unterbleiben einer mündlichen Berufungsverhandlung als Verfahrensmangel, weil er die Anberaumung einer solchen ausdrücklich beantragt hatte. Er macht damit - der Sache nach - die unter 1. erörterte Nichtigkeit geltend. Die bloß unrichtige Bezeichnung dieses Revisionsgrunds kann dem Beklagten gemäß Paragraph 84, Absatz 2, zweiter Satz ZPO nicht schaden. Das Berufungsurteil ist mit einer absolut wirkenden Nichtigkeit, die sogar von Amts wegen aufzugreifen gewesen wäre, behaftet. Eine solche Nichtigkeit wirft immer eine erhebliche Rechtsfrage auf. Sie ist daher - im Interesse der Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit (1 Ob 295/02t) - auch aufgrund einer außerordentlichen Revision wahrzunehmen (Kodek in Rechberger, ZPO² Paragraph 502, Rz 4, Paragraph 506, Rz 3 mN zur Rsp).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO. Da nur die Entscheidung des Berufungsgerichts ohne ein vorangegangenes Verfahren aufgehoben wurde, ist § 51 ZPO nicht anwendbar (1 Ob 295/02t mwN; 7 Ob 131/00s ua).3. Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO. Da nur die Entscheidung des Berufungsgerichts ohne ein vorangegangenes Verfahren aufgehoben wurde, ist Paragraph 51, ZPO nicht anwendbar (1 Ob 295/02t mwN; 7 Ob 131/00s ua).

Anmerkung

E72504 3Ob91.03h-2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0030OB00091.03H.0225.000

Dokumentnummer

JJT_20040225_OGH0002_0030OB00091_03H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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