TE Vfgh Beschluss 2002/11/25 V7/00

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Veröffentlicht am 25.11.2002
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Index

58 Berg- und Energierecht
58/02 Energierecht

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
ElWOG §33
VfGG §18
VfGG §57 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer aufgrund des ElWOG erlassenen Einspeisepreisverordnung mangels genauer und eindeutiger Bezeichnung der zur Aufhebung beantragten Verordnung; kein behebbarer Formmangel

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1.1. Die antragstellende Gesellschaft begehrt mit dem auf Art139 B-VG gestützten, gegen die "Verordnung des Landeshauptmannes von Burgenland vom 23. August 1999 betreffend die Regelung der Strompreise für Lieferung elektrischer Energie an Elektrizitätsversorgungsunternehmen (Bgld. Einspeisepreisverordnung), kundgemacht im Bgld. Landesamtsblatt Nr. 27/1999" gerichteten Individualantrag

"die Wörter 'der gesamten Jahreserzeugung' und 'ausgenommen Kraftwerkseigenbedarf' des §2 Abs2 der [angefochtenen Verordnung]

[...]

in eventu:

§2 Abs2 und 7 der [angefochtenen Verordnung] [...]

in eventu:

[d]ie gesamte [angefochtene Verordnung] aufzuheben."

1.2. Zur Antragslegitimation bringt die antragstellende Gesellschaft vor:

"Zum Nachweis der Antragslegitimation wird darauf verwiesen, daß die Antragstellerin Betreiberin einer Erzeugungsanlage ist, die auf der Basis des erneuerbaren Energieträgers Biogas betrieben wird. Die Erzeugungsanlage befindet sich in 7341 Markt St. Martin im Burgenland. Durch die angefochtene Verordnung werden die Preise für Lieferung von Strom aus der Erzeugungsanlage determiniert, so dass in die Rechtssphäre der Antragstellerin unmittelbar und aktuell eingegriffen wird, ohne dass es hierfür einer behördlichen Entscheidung bedarf.

Aufgrund der dargestellten Einspeisepreisverordnung werden die Mindestpreise für die Abnahme des in der Anlage der Antragstellerin erzeugten Stromes durch Elektrizitätswirtschaftsversorgungsunternehmen festgelegt. Zu [...] höheren als den festgelegten Preisen sind die Elektrizitätswirtschaftsversorgungsunternehmen nicht zur Abnahme verpflichtet. Durch die rechtswidrige Verordnung wird somit in die rechtlich geschützten Interessen der Antragstellerin unmittelbar und aktuell eingegriffen. Ein zumutbarer Weg, um sich gegen die rechtswidrige Verordnung zur Wehr zu setzen, besteht nicht. Die Antragslegitimation ist daher gegeben."

1.3. Die angefochtene Verordnung sei gesetzwidrig, da §33 Abs1 und 2 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG), BGBl. I Nr. 143/1998, die Festsetzung eines Preises je nach dem, ob die gesamte oder nur ein Teil der Erzeugung geliefert werde, nicht deckten. Die angefochtene Verordnung habe zur Folge, dass die Stromerzeuger zur Ablieferung der gesamten Jahresproduktion an das marktbeherrschende Elektrizitätsversorgungsunternehmen - hier die BEWAG - veranlasst würden, da sonst "die festgelegten Einspeisepreise wesentlich verringert" würden. Die durch die angefochtene Verordnung getroffene Unterscheidung stelle weiters eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung dar und widerspreche daher dem Gleichheitssatz. Schließlich stelle die Verordnung einen nicht im öffentlichen Interesse liegenden und unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums dar. Die antragstellende Gesellschaft werde in ihrem "vermögenswerten Privatrecht, frei und autonom Verträge abzuschließen, beschränkt, indem durch die angefochtene Verordnung eine freie Preisbildung verhindert und auf diese Weise massiv in das Vermögen der Antragstellerin eingegriffen wird."

2. Der Landeshauptmann von Burgenland erstattete eine Äußerung, in der er beantragt, den Antrag abzuweisen.

II. Der Antrag ist unzulässig.

1. Gemäß Art139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10.353/1985, 11.730/1988).

Der Antrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, muss begehren, dass entweder die Verordnung ihrem ganzen Inhalte nach oder dass bestimmte Stellen der Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben werden (§57 Abs1 erster Satz VfGG). Wird ein solcher Antrag von einer Person gestellt, die unmittelbar durch die Gesetzwidrigkeit der Verordnung in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, so ist auch darzutun, inwieweit die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für sie wirksam geworden ist (§57 Abs1 letzter Satz VfGG).

Um das strenge Erfordernis des §57 Abs1 erster Satz VfGG zu erfüllen, müssen die bekämpften Verordnungen bzw. Verordnungsstellen genau und eindeutig bezeichnet sein (vgl. etwa die Erkenntnisse VfSlg. 7593/1975, 8550/1979, 9619/1983, 9850/1983, 9880/1983, 11.150/1986, 11.722/1988, 11.888/1988, denen zwar jeweils ein Gesetzesprüfungsantrag iS des Art140 Abs1 B-VG zugrunde lag, deren Ausführungen aber auch auf Verordnungsprüfungsanträge zutreffen (s. etwa VfSlg. 8594/1979, S. 499, 13.473/1993, S. 597).

2. Entgegen dem Antragswortlaut wurde im Burgenländischen Landesamtsblatt Nr. 27/1999 nicht eine "Verordnung des Landeshauptmannes von Burgenland vom 23. August 1999 betreffend die Regelung der Strompreise für Lieferungen elektrischer Energie an Elektrizitätsversorgungsunternehmen (Bgld. Einspeisepreisverordnung)", sondern die "Öffentliche Ausschreibung der Straßenbauarbeiten - Vollausbau beim Baulos 'OD. Harmisch' im Zuge der L 393 Harmischer Straße von km 1,00 bis km 2,34" kundgemacht. Damit wird dem Erfordernis, die bekämpfte Verordnung genau und eindeutig zu bezeichnen, nicht entsprochen (vgl. insb. VfSlg. 11.888/1988, S. 506).

Dem Antrag haftet sohin ein nicht iSd §18 VfGG verbesserungsfähiger - gravierender - Mangel an (vgl. zB VfSlg. 13.736/1994), weshalb er schon aus diesem Grund zurückzuweisen war.

3. Dies konnte in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z2 lite VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Energierecht, Elektrizitätswesen, VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Individualantrag, VfGH / Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:V7.2000

Dokumentnummer

JFT_09978875_00V00007_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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