TE OGH 2006/10/19 2Ob75/06b

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Veröffentlicht am 19.10.2006
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Nicole L*****, vertreten durch Dr. Nikolaus Schirnhofer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Bundesimmobiliengesellschaft mbH, Hintere Zollamtsstraße 1, 1031 Wien, vertreten durch Mag. Franz Galla, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 20.000 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 15. Dezember 2005, GZ 12 R 206/05k-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 28. Juni 2005, GZ 26 Cg 90/04b-15, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 2. September 2005, GZ 26 Cg 90/04b-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.063,80 (darin EUR 177,30 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war Schülerin einer höheren technischen Bundeslehranstalt in Wien 3 und besuchte auch das angeschlossene Internat. Im April 2001 kam es im Schulgebäude an einem Unterrichtstag zu einem Unfall, als die aufgrund einer Querschnittlähmung auf die Benützung eines Rollstuhles angewiesene Klägerin mit dem Aufzug vom Internatsbereich in ein höher gelegenes Stockwerk fahren wollte, um zu ihrem Klassenzimmer zu gelangen. Ursache des Unfalles war, dass der Boden der Aufzugskabine nicht bündig mit dem Niveau des Bodens außerhalb des Aufzuges abschloss, sondern rund 40 cm unterhalb desselben lag. Nachdem sich die Aufzugstür geöffnet hatte, stürzte die Klägerin, der dieser Niveauunterschied nicht aufgefallen war, beim Versuch, in die Aufzugskabine hineinzufahren, aus dem Rollstuhl in die Kabine, auf deren Boden sie zu liegen kam.

Die Schulliegenschaft stand damals im Eigentum der Republik Österreich, wobei zugunsten der beklagten Partei ein Fruchtgenussrecht begründet war und ein Mietverhältnis mit dem Bund bestand. Am 1. 1. 2002 wurde die Liegenschaft in das Eigentum der beklagten Partei übertragen.

Die Klägerin begehrte mit ihrer am 16. 8. 2004 beim Erstgericht überreichten Klage EUR 20.000 s.A. an Schmerzengeld und brachte vor, sie habe bei dem Sturz Prellungen erlitten. Außerdem habe sich der implantierte Stimulator für die Harnblase gelöst, weshalb sie sich einer Operation unterziehen habe müssen. Die beklagte Partei sei nicht „Träger der Einrichtung, in der die Ausbildung erfolgt," iSd § 335 Abs 3 ASVG und könne sich daher nicht auf das Haftungsprivileg des § 333 ASVG berufen.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren und brachte vor, auch sie müsse in zumindest analoger Anwendung des § 335 Abs 3 ASVG als „Träger der Einrichtung, in der die Ausbildung erfolgt," gelten und sei daher gemäß § 333 Abs 1 iVm § 335 Abs 3 ASVG von der Haftung befreit. Sie bestritt ferner die Kausalität des Sturzes für die behauptete Fehlfunktion des Stimulators und wandte ein Mitverschulden der Klägerin ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stützte sich auf den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt und vertrat die Rechtsansicht, die beklagte Partei sei zur Zeit des Unfalles als Fruchtgenussberechtigte Verwalterin und Erhalterin des Schulgebäudes gewesen. Selbst wenn davon ausgegangen werden müsste, dass nur der Bund als Eigentümer der Liegenschaft „Träger der Einrichtung, in der die Ausbildung erfolgt," gewesen sei und ihm daher das Haftungsprivileg nach §§ 333, 335 Abs 1 und 3 ASVG zustehen würde, könnten die fruchtgenussberechtigte beklagte Partei keine weitergehenden Verpflichtungen treffen, als den Liegenschaftseigentümer selbst. Daraus folge, dass sich auch die beklagte Partei auf das Haftungsprivileg berufen könne. Bei dem Unfall der Klägerin handle es sich um einen „Arbeitsunfall" iSd § 333 ASVG, weil sich die Klägerin auf dem Weg von dem an die Schule angeschlossenen Internat zum Klassenzimmer, demnach im organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule befunden habe. Vorsätzliche Schadenszufügung habe sie nicht behauptet. Eine Haftung der beklagten Partei komme daher infolge des Haftungsprivileges nach §§ 333, 335 Abs 1 und 3 ASVG nicht in Betracht.

Das von der Klägerin angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. In rechtlicher Hinsicht erörterte es, mit der Einführung der Unfallversicherung (Teilversicherung) der Schüler und Studenten durch die 32. ASVG-Novelle, BGBl 1976/704, sei der Begriff des Arbeitsunfalles auf Unfälle erstreckt worden, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Schul(Universitäts)ausbildung ereigneten (§ 175 Abs 4 Satz 1 ASVG). Der Schutzbereich sei damit analog § 175 Abs 1 ASVG generalklauselartig umschrieben. Im Sinne der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes solle nach der Grundintention des Gesetzes jede Tätigkeit geschützt sein, die sich als Ausübung der Rolle des Schülers oder Studenten darstelle (SZ 64/11 = JBl 1991, 606 = ZAS 1992/6 [zustimmend J. Winkler] = SSV-NF 5/13; 10 ObS 193/93 = SZ 66/155 = EvBl 1994/35 = SSV-NF 7/118; RIS-Justiz RS0085063). Diese Rechtsprechung gehe mit der Lehre weitgehend konform. Ein Schüler stehe somit solange unter Unfallversicherungsschutz, als er sich im organisatorischen Verantwortungsbereich der von ihm besuchten Schule befinde (SZ 66/155; 10 ObS 23/98z; 1 Ob 337/98k; RIS-Justiz RS0085089).

Im vorliegenden Fall habe sich die Klägerin zum Unfallszeitpunkt innerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereiches der von ihr besuchten Schule befunden. Gemäß § 335 Abs 3 ASVG stehe unter anderem für die Anwendung des § 333 ASVG bei den gemäß § 8 Abs 1 Z 3 lit c, h und i ASVG in der Unfallversicherung Teilversicherten der Träger der Einrichtung, in der die Ausbildung erfolgt, dem Dienstgeber gleich. Seit der Gesetzgeber mit der 32. ASVG-Novelle Schüler und Studenten in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung einbezogen und den Geltungsbereich der §§ 333, 334 ASVG auf den Träger der Einrichtung, in der die Ausbildung erfolgt, ausgedehnt habe, habe der Oberste Gerichtshof auch auf Schmerzengeld gerichtete Amtshaftungsansprüche als ausgeschlossen qualifiziert. In der Entscheidung 1 Ob 4/88 = SZ 61/62 = JBl 1988, 521 habe das Höchstgericht ausgeführt, unter dem Träger der Einrichtung, in der die Ausbildung erfolgt, sei, solle die Bestimmung überhaupt einen Anwendungsbereich haben (Koziol in ZAS 1985, 217), auf jeden Fall der Schulerhalter zu verstehen. Unter die Erhaltung einer Schule fielen unter anderem die Bereitstellung und Instandhaltung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften. Dem Schulerhalter stünden auch die subjektiven, sich aus der Errichtung der Schulbaulichkeiten ergebenden Privatrechte zu. Die Aufgaben des Schulerhalters seien also grundsätzlich mit den Mitteln der Privatwirtschaftsverwaltung zu erfüllen (SZ 61/62 mwN).Im vorliegenden Fall habe sich die Klägerin zum Unfallszeitpunkt innerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereiches der von ihr besuchten Schule befunden. Gemäß § 335 Abs 3 ASVG stehe unter anderem für die Anwendung des § 333 ASVG bei den gemäß § 8 Abs 1 Ziffer 3, lit c, h und i ASVG in der Unfallversicherung Teilversicherten der Träger der Einrichtung, in der die Ausbildung erfolgt, dem Dienstgeber gleich. Seit der Gesetzgeber mit der 32. ASVG-Novelle Schüler und Studenten in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung einbezogen und den Geltungsbereich der §§ 333, 334 ASVG auf den Träger der Einrichtung, in der die Ausbildung erfolgt, ausgedehnt habe, habe der Oberste Gerichtshof auch auf Schmerzengeld gerichtete Amtshaftungsansprüche als ausgeschlossen qualifiziert. In der Entscheidung 1 Ob 4/88 = SZ 61/62 = JBl 1988, 521 habe das Höchstgericht ausgeführt, unter dem Träger der Einrichtung, in der die Ausbildung erfolgt, sei, solle die Bestimmung überhaupt einen Anwendungsbereich haben (Koziol in ZAS 1985, 217), auf jeden Fall der Schulerhalter zu verstehen. Unter die Erhaltung einer Schule fielen unter anderem die Bereitstellung und Instandhaltung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften. Dem Schulerhalter stünden auch die subjektiven, sich aus der Errichtung der Schulbaulichkeiten ergebenden Privatrechte zu. Die Aufgaben des Schulerhalters seien also grundsätzlich mit den Mitteln der Privatwirtschaftsverwaltung zu erfüllen (SZ 61/62 mwN).

Nunmehr gebe es das Bundesimmobiliengesetz, dessen Aufgabe es sei, das Immobilienvermögen und den Immobilienbedarf des Bundes nach wirtschaftlichen und marktorientierten Grundsätzen neu zu organisieren (§ 1 Abs 1). § 38 Abs 1 dieses Gesetzes bestimme bei deliktischen Ansprüchen Dritter, bei denen sich das schädigende Ereignis vor dem Erwerb des Eigentumsrechtes gemäß § 13 ereignet habe, die Geltendmachung des Anspruches aber erst nach diesem Zeitpunkt erfolge, die solidarische Haftung des Bundes und der beklagten Partei als Gesamtschuldner. Die Ansicht des Erstgerichtes, auch die beklagte Partei könne das Haftungsprivileg nach § 335 Abs 3 iVm § 333 Abs 1 und 3 ASVG für sich in Anspruch nehmen, treffe daher zu.

Gemäß § 333 Abs 1 ASVG hafte der Dienstgeber aber für Verletzungen aus einem Arbeitsunfall nur bei Vorsatz. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes komme der Haftungsausschluss des § 335 Abs 3 ASVG dem Rechtsträger Bund bei Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruches auch dann zugute, wenn nicht er, sondern eine andere Körperschaft gesetzlicher Schulerhalter sei (SZ 61/62; 1 Ob 251/03y; RIS-Justiz RS0050027). Es entspreche auch der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass Schmerzengeldansprüche nach § 333 ASVG ausgeschlossen seien (RIS-Justiz RS0084999, RS0031306, zuletzt 2 Ob 82/05f). Die beklagte Partei hafte für den Schaden der Klägerin daher ebensowenig wie der Bund.

Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil der Oberste Gerichtshof zu der Frage, ob auch der beklagten Partei das Haftungsprivileg nach § 335 Abs 3 iVm § 333 Abs 1 und 3 ASVG zugute komme, bisher noch nicht Stellung nehmen habe müssen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im klagsstattgebenden Sinne begehrt; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel der Klägerin als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig. In der Entscheidung 2 Ob 137/05v konnte auf den Einwand des Haftungsausschlusses der (dort wie hier) beklagten Partei nicht eingegangen werden, weil er erstmals im Revisionsverfahren erhoben worden war.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.

Die Klägerin macht geltend, Träger der Einrichtung und Schulerhalter sei jeweils der Bund und nicht die beklagte Partei. Nur der Bund könnte sich daher auf das Haftungsprivileg berufen. Die der beklagten Partei als Fruchtnießerin auferlegte Verpflichtung zur Instandhaltung des Schulgebäudes bewirke nicht, dass sie auch Schulerhalter sei. Sie gehöre daher, wie sich bereits bei wörtlicher Auslegung des § 335 Abs 3 ASVG ergebe, nicht zu dem durch diese Bestimmung privilegierten Personenkreis. Die Ausdehnung des Haftungsprivileges auch auf die beklagte Partei widerspreche dem Grundsatz, wonach eine (hier: das Recht der Klägerin auf Schadenersatz) einschränkende Norm einschränkend auszulegen sei.

Hiezu wurde erwogen:

Im Revisionsverfahren ist nicht strittig, dass sich die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalles im organisatorischen Verantwortungsbereich der von ihr besuchten Schule befunden hat und für sie daher Unfallversicherungsschutz nach § 175 Abs 4 ASVG bestand. Ebenso lässt die Klägerin die Rechtsansicht der Vorinstanzen unbekämpft, dass sich der Schulerhalter erfolgreich auf das Haftungsprivileg des § 333 Abs 1 iVm § 335 Abs 3 ASVG berufen kann. Insoweit kann daher auf die zutreffende Begründung des berufungsgerichtlichen Urteiles verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist hinzuzufügen:

Gemäß Art 14 Abs 6 B-VG sind öffentliche Schulen jene Schulen, die vom gesetzlichen Schulerhalter errichtet und erhalten werden. Gesetzlicher Schulerhalter ist der Bund, soweit die Gesetzgebung und Vollziehung in den Angelegenheiten der Errichtung, Erhaltung und Auflassung von öffentlichen Schulen Bundessache ist. Gesetzlicher Schulerhalter ist das Land oder nach Maßgabe der landesgesetzlichen Vorschriften die Gemeinde oder ein Gemeindeverband, soweit die Gesetzgebung oder Ausführungsgesetzgebung und die Vollziehung in den Angelegenheiten der Errichtung, Erhaltung und Auflassung von öffentlichen Schulen Landessache ist.

Höhere technische Bundeslehranstalten sind gemäß § 78 Abs 1 und 2 SchulorganisationsG „berufsbildende höhere Bundesschulen", woraus bereits ersichtlich ist, dass der Bund gesetzlicher Schulerhalter, gleichzeitig aber auch Träger der Ausbildung, in dessen Vollzugsbereich Ausbildungsleistungen erbracht werden, ist (vgl SZ 61/62). Er steht demnach, soweit es um die Anwendung der §§ 333, 334 und 335 Abs 1 und 2 ASVG geht, dem Dienstgeber gleich (§ 335 Abs 3 ASVG). Ihm kommen daher auch die Haftungsprivilegien der §§ 333 ff ASVG zugute (vgl 1 Ob 337/98k).Höhere technische Bundeslehranstalten sind gemäß § 78 Abs 1 und 2 SchulorganisationsG „berufsbildende höhere Bundesschulen", woraus bereits ersichtlich ist, dass der Bund gesetzlicher Schulerhalter, gleichzeitig aber auch Träger der Ausbildung, in dessen Vollzugsbereich Ausbildungsleistungen erbracht werden, ist vergleiche SZ 61/62). Er steht demnach, soweit es um die Anwendung der §§ 333, 334 und 335 Abs 1 und 2 ASVG geht, dem Dienstgeber gleich (§ 335 Abs 3 ASVG). Ihm kommen daher auch die Haftungsprivilegien der §§ 333 ff ASVG zugute vergleiche 1 Ob 337/98k).

Das bedeutet entgegen der Auffassung der Klägerin aber nicht, dass sich nicht auch die beklagte Partei auf das Haftungsprivileg berufen könnte. Die rechtliche Grundlage für deren (seinerzeitige) Rechtsstellung als Fruchtgenussberechtigte fand sich in § 3 Abs 1 des Bundesgesetzes über die Errichtung einer Bundesimmobiliengesellschaft mbH und die Verfügung über bundeseigene Liegenschaften einschließlich Mietwohngebäuden (BIG-Gesetz, BGBl 419/1992). In dieser Bestimmung wurde dem Bundesminister für Finanzen das Recht eingeräumt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten der beklagten Partei das Recht der Fruchtnießung (§§ 509 ff ABGB) an den in der Anlage A zu diesem Gesetz angeführten bundeseigenen Liegenschaften entgeltlich oder im Wege der Sacheinlage zu übertragen (vgl dazu auch Krejci, Zur Nutzung dinglicher Rechte an Fruchtgenussliegenschaften der BIG, wobl 2000, 33). Mit dem Zeitpunkt des obligatorischen Rechtserwerbes trat die beklagte Partei, deren Geschäftsanteile zu 100 % der Bund hält (§ 1 Abs 1 Satz 2 BIG-G 1992 bzw nunmehr § 2 Satz 1 BundesimmobilienG), von Gesetzes wegen in alle die Liegenschaften betreffenden (privatrechtlichen) Rechtsverhältnisse des Bundes mit Dritten ein, ohne dass es hiezu deren Zustimmung bedurfte (§ 2 Abs 2 BIG-G). Soweit hingegen die der beklagten Partei ins Eigentum oder zur Nutzung übertragenen bundeseigenen Liegenschaften für Zwecke des Bundes genutzt wurden, entstanden zwischen der beklagten Partei und dem Bund als Träger von Privatrechten kraft Gesetzes Mietverhältnisse (§ 5 Abs 1 BIG-G; vgl 1 Ob 138/99x). Als Ziel der mit dem BIG-Gesetz 1992 angestrebten Organisationsveränderung wurde die Angleichung der Bundesimmobilienverwaltung an privatwirtschaftliche Verhältnisse definiert, wobei „als erster Sektor der Universitäts- und Bundesschulbereich im Raum Wien ausgesucht worden ist" (AB 571 BlgNR 18. GP; vgl § 1 Abs 1 Satz 1 BIG-G).Das bedeutet entgegen der Auffassung der Klägerin aber nicht, dass sich nicht auch die beklagte Partei auf das Haftungsprivileg berufen könnte. Die rechtliche Grundlage für deren (seinerzeitige) Rechtsstellung als Fruchtgenussberechtigte fand sich in § 3 Abs 1 des Bundesgesetzes über die Errichtung einer Bundesimmobiliengesellschaft mbH und die Verfügung über bundeseigene Liegenschaften einschließlich Mietwohngebäuden (BIG-Gesetz, BGBl 419/1992). In dieser Bestimmung wurde dem Bundesminister für Finanzen das Recht eingeräumt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten der beklagten Partei das Recht der Fruchtnießung (§§ 509 ff ABGB) an den in der Anlage A zu diesem Gesetz angeführten bundeseigenen Liegenschaften entgeltlich oder im Wege der Sacheinlage zu übertragen vergleiche dazu auch Krejci, Zur Nutzung dinglicher Rechte an Fruchtgenussliegenschaften der BIG, wobl 2000, 33). Mit dem Zeitpunkt des obligatorischen Rechtserwerbes trat die beklagte Partei, deren Geschäftsanteile zu 100 % der Bund hält (§ 1 Abs 1 Satz 2 BIG-G 1992 bzw nunmehr Paragraph 2, Satz 1 BundesimmobilienG), von Gesetzes wegen in alle die Liegenschaften betreffenden (privatrechtlichen) Rechtsverhältnisse des Bundes mit Dritten ein, ohne dass es hiezu deren Zustimmung bedurfte (Paragraph 2, Abs 2 BIG-G). Soweit hingegen die der beklagten Partei ins Eigentum oder zur Nutzung übertragenen bundeseigenen Liegenschaften für Zwecke des Bundes genutzt wurden, entstanden zwischen der beklagten Partei und dem Bund als Träger von Privatrechten kraft Gesetzes Mietverhältnisse (§ 5 Abs 1 BIG-G; vergleiche 1 Ob 138/99x). Als Ziel der mit dem BIG-Gesetz 1992 angestrebten Organisationsveränderung wurde die Angleichung der Bundesimmobilienverwaltung an privatwirtschaftliche Verhältnisse definiert, wobei „als erster Sektor der Universitäts- und Bundesschulbereich im Raum Wien ausgesucht worden ist" (AB 571 BlgNR 18. GP; vgl § 1 Abs 1 Satz 1 BIG-G).

Mit 1. 1. 2001 wurde das BIG-Gesetz durch das am 30. 12. 2000 in Kraft getretene Bundesimmobiliengesetz, BGBl I 141/2000, ersetzt (§ 46 Abs 1 BundesimmobilienG). Im Bericht des Bautenausschusses über die Regierungsvorlage (298 BlgNR 21. GP) wurde festgehalten, dass die Systemumstellung von Fruchtgenuss auf Eigentum die Aufhebung des BIG-Gesetzes erfordere, zumal auch die bisherigen Fruchtgenussliegenschaften ins Eigentum der beklagten Partei übergehen würden (AB 347 BlgNR 21. GP, 3 und 5). Das Ziel des Bundesimmobiliengesetzes sieht dessen § 1 Abs 1 im wesentlichen darin, in konsequenter Fortsetzung des mit dem BIG-Gesetz begonnenen Weges das Immobilienvermögen und den Immobilienbedarf des Bundes nach wirtschaftlichen und marktorientierten Grundsätzen neu zu organisieren. Die wirtschaftliche Nutzung, Verwaltung und Verwertung bundeseigener Liegenschaften solle optimiert, die Bau- und Liegenschaftsverwaltung des Bundes den gewandelten Rahmenbedingungen und Anforderungen angepasst werden (AB 347 BlgNR 21. GP, 5). § 13 Abs 1 BundesimmobilienG regelt die in vier Tranchen gegliederte Übertragung des Eigentums der in der Anlage A des Gesetzes aufgelisteten Liegenschaften ab 1. 1. 2002; Abs 3 bestimmt, dass die Fruchtgenussrechte an den Objekten mit dem Eigentumserwerb der beklagten Partei erlöschen.

Diese mit dem BIG-Gesetz 1992 begonnene und dem Bundesimmobiliengesetz 2002 fortgesetzte Neuorganisation der wirtschaftlichen Nutzung, Verwaltung und Verwertung bundeseigener Liegenschaften durch die Ausgliederung von Aufgaben an eine privatrechtlich strukturierte Organisationseinheit, nämlich die beklagte Partei, führte dazu, dass an diese auch Schulliegenschaften zunächst zur Nutzung und mittlerweile in das Eigentum übertragen wurden. Die Klägerin geht zutreffend selbst davon aus, dass die beklagte Partei schon als Fruchtgenussberechtigte - mangels abweichender Vereinbarung nur nach Maßgabe des Reinertrages - zur Bereitstellung und Instandhaltung des Schulgebäudes und dessen Einrichtungen verpflichtet war (§ 513 ABGB). In diesem Teilbereich wurden der beklagten Partei somit Pflichten übertragen, deren Einhaltung bis dahin dem gesetzlichen Schulerhalter oblag.

Nach herrschender Auffassung gilt die Beschränkung der Haftpflicht auch im Verhältnis des Geschädigten zu gesetzlichen oder bevollmächtigten Vertretern des „Unternehmers" bzw Aufsehers im Betrieb, wie Lehrer, Schulwarte etc (SZ 57/115; vgl die weiteren Beispiele bei Neumayr in Schwimann, ABGB³ VII § 335 ASVG Rz 4 mwN). Die Haftungsbeschränkung kommt demnach stets dann zum Tragen, wenn eine mit Aufgaben des gesetzlichen Schulerhalters betraute Person für die Folgen eines Unfalles haften soll, für den - weil sich der Geschädigte im organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule befand - Versicherungsschutz nach § 175 Abs 4 ASVG besteht. Diese Voraussetzung trifft auch im vorliegenden Fall zu. Den Vorinstanzen ist daher beizupflichten, dass sich die nach einem Unfall in einem Schulgebäude auf Zahlung von Schmerzengeld in Anspruch genommene beklagte Partei erfolgreich auf die Haftungsbeschränkung nach § 333 Abs 1 iVm § 335 Abs 3 ASVG stützen kann.Nach herrschender Auffassung gilt die Beschränkung der Haftpflicht auch im Verhältnis des Geschädigten zu gesetzlichen oder bevollmächtigten Vertretern des „Unternehmers" bzw Aufsehers im Betrieb, wie Lehrer, Schulwarte etc (SZ 57/115; vergleiche die weiteren Beispiele bei Neumayr in Schwimann, ABGB³ VII § 335 ASVG Rz 4 mwN). Die Haftungsbeschränkung kommt demnach stets dann zum Tragen, wenn eine mit Aufgaben des gesetzlichen Schulerhalters betraute Person für die Folgen eines Unfalles haften soll, für den - weil sich der Geschädigte im organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule befand - Versicherungsschutz nach § 175 Abs 4 ASVG besteht. Diese Voraussetzung trifft auch im vorliegenden Fall zu. Den Vorinstanzen ist daher beizupflichten, dass sich die nach einem Unfall in einem Schulgebäude auf Zahlung von Schmerzengeld in Anspruch genommene beklagte Partei erfolgreich auf die Haftungsbeschränkung nach § 333 Abs 1 iVm § 335 Abs 3 ASVG stützen kann.

Die gegenteilige Rechtsansicht der Klägerin hätte zur Folge, dass im Falle eines auf die Vernachlässigung von Instandhaltungspflichten zurückzuführenden Unfalles nur Schüler, die eine der beklagten Partei übertragene Schule besuchen, Anspruch auf Schmerzengeld hätten, andere hingegen nicht. Dass aber eine derartige Ungleichbehandlung von Schülern einen dem Gesetz nicht zu unterstellenden Wertungswiderspruch begründen würde und einer sachlichen Rechtfertigung entbehrt, hat der Oberste Gerichtshof bereits in anderem Zusammenhang, nämlich bei fehlender Identität zwischen gesetzlichem Schulerhalter und Rechtsträger, bejaht (SZ 61/62; 1 Ob 251/03y; vgl Neumayr aaO Rz 6). Schließlich hat auch der Gesetzgeber die haftungsrechtliche Gleichstellung von Bund und beklagter Partei für deliktische Ansprüche Dritter in § 38 BundesimmobilienG zum Ausdruck gebracht, indem er die solidarische Haftung des Bundes und der beklagten Partei für den - hier vorliegenden - Fall statuierte, dass der vor dem Eigentumserwerb der beklagten Partei eingetretene Schaden erst nach diesem Zeitpunkt geltend gemacht wird.Die gegenteilige Rechtsansicht der Klägerin hätte zur Folge, dass im Falle eines auf die Vernachlässigung von Instandhaltungspflichten zurückzuführenden Unfalles nur Schüler, die eine der beklagten Partei übertragene Schule besuchen, Anspruch auf Schmerzengeld hätten, andere hingegen nicht. Dass aber eine derartige Ungleichbehandlung von Schülern einen dem Gesetz nicht zu unterstellenden Wertungswiderspruch begründen würde und einer sachlichen Rechtfertigung entbehrt, hat der Oberste Gerichtshof bereits in anderem Zusammenhang, nämlich bei fehlender Identität zwischen gesetzlichem Schulerhalter und Rechtsträger, bejaht (SZ 61/62; 1 Ob 251/03y; vergleiche Neumayr aaO Rz 6). Schließlich hat auch der Gesetzgeber die haftungsrechtliche Gleichstellung von Bund und beklagter Partei für deliktische Ansprüche Dritter in § 38 BundesimmobilienG zum Ausdruck gebracht, indem er die solidarische Haftung des Bundes und der beklagten Partei für den - hier vorliegenden - Fall statuierte, dass der vor dem Eigentumserwerb der beklagten Partei eingetretene Schaden erst nach diesem Zeitpunkt geltend gemacht wird.

Aus diesen Erwägungen war der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Textnummer

E82296

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2006:0020OB00075.06B.1019.000

Im RIS seit

18.11.2006

Zuletzt aktualisiert am

24.03.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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