TE OGH 2008/1/29 1Ob9/08t

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Veröffentlicht am 29.01.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.-Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Richard K*****, Trafikant, *****, vertreten durch Mag. Dr. Maximilian Motschiunig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Monopolverwaltung GmbH, Wien 9, Porzellangasse 49, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 36.000 EUR), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 15. Oktober 2007, GZ 4 R 74/07t-76, in nichtöffentlicher Sitzung, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der behauptete Mangel des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Die Tatfrage, ob sich außer zwei namentlich genannten Personen keine weiteren Trafikanten über unzulässige Zustelltätigkeiten des Klägers beschwert haben, war - wegen rechtlicher Irrelevanz - kein Gegenstand der Beweiswiederholung. Auch die abschließende Aufklärung einer Warenübergabe durch den Kläger im Jahr 2002 war aus rechtlichen Gründen nicht erforderlich, sodass die unterlassene Vernehmung eines Zeugen im Rahmen der Beweiswiederholung in diesem Zusammenhang nicht zu Lasten des Revisionswerbers ausschlagen kann. Unstrittig ist, dass der Kläger Anfang 2003 von der Beklagten verwarnt wurde, weil dieser zu Ohren gekommen war, dass er in gesetzwidriger Weise Tabakwaren an Kunden zustelle. Ob diese Vorwürfe damals berechtigt waren, muss nicht abschließend geprüft werden. Eine Verwarnung setzt keine schon nachweisbare konkrete Vertragsverletzung voraus und kann schon bei bloßem Verdacht ausgesprochen werden (6 Ob 150/04h).

2. Davon, dass die Beklagte ihre Anfang 2003 ausgesprochene Verwarnung nachträglich abgeschwächt bzw derart verharmlost hätte, dass der Kläger sie für irrelevant halten habe dürfen, kann nach den getroffenen Feststellungen keine Rede sein. Danach war das Schreiben vom 18. 2. 2003 gleichlautend mit jenem vom 19. 1. 1999, in dem darauf hingewiesen worden war, dass ein Verstoß gegen bestimmte Bestimmungen einen Kündigungsgrund darstelle. Weiters wurde eine ausdrückliche Verwarnung unter Androhung der Kündigung ausgesprochen, verbunden mit der Aufforderung, in Zukunft die gesetzlichen Bestimmungen genauestens einzuhalten, da die Beklagte ansonsten gezwungen wäre, ein Kündigungsverfahren einzuleiten. In einem daraufhin geführten Telefongespräch machte ein Mitarbeiter der Beklagten den Kläger unter anderem darauf aufmerksam, dass dieser aufgrund der Vorwürfe nun unter genauerer Beobachtung stehen werde; dass dabei das Verwarnungsschreiben verharmlost worden wäre, konnte nicht festgestellt werden.

Wenn der Revisionswerber nun unter Hinweis auf seine eigene Aussage sowie auf die seines Sohnes davon ausgehen will, dass der Mitarbeiter der Beklagten ihm bestätigt hätte, dass die Angelegenheit „erledigt" sei, unternimmt er den im Revisionsverfahren unzulässigen Versuch der Bekämpfung der Beweiswürdigung. Angesichts des festgestellten Inhalts des Telefongesprächs bestand für die Beklagte auch keine Veranlassung, auf das Antwortschreiben des Klägers zu reagieren, in dem dieser die Vorwürfe abstritt.

Der Kündigung ging somit zweifellos eine ausreichende Verwarnung voraus, in der der Kläger auch auf die drohenden Folgen eines künftigen Fehlverhaltens aufmerksam gemacht wurde.

3. Zutreffend hat bereits das Berufungsgericht ausgeführt, dass sich der Kläger zur Rechtfertigung seines Gesetzesverstoßes nicht darauf berufen kann, die betreffenden Kunden hätten die von ihm zugestellte Ware nicht bei anderen Trafikanten erworben, weshalb die Erwerbschancen seiner Mitbewerber nicht beeinträchtigt worden seien. Das Zustellverbot wäre praktisch nicht handhabbar, wenn in jedem Einzelfall festgestellt werden müsste, wie sich der betreffende Kunde verhalten hätte, wenn eine (unzulässige) Zustellung durch den Trafikanten nicht stattgefunden hätte. Mit seiner Behauptung, die Kunden hätten irgendwann später die Ware bei ihm abgeholt, wenn er sie nicht zugestellt hätte, gesteht der Revisionswerber faktisch selbst zu, dass es auch keinen gerechtfertigten Grund dafür gegeben hat, das Zustellverbot in diesen Fällen zu übertreten.

4. Soweit der Revisionswerber vermeint, eine gebotene Interessenabwägung hätte im vorliegenden Fall zum Ergebnis führen müssen, dass die Beklagte von gelinderen Mitteln als einer Kündigung des Vertrags Gebrauch zu machen gehabt hätte, ist dem entgegen zu halten, dass die Beurteilung von Vertragsverletzungen nach Häufigkeit und Gewichtigkeit stets eine von den Umständen des Einzelfalls abhängige Ermessensentscheidung ist (6 Ob 150/04h) und dem Berufungsgericht insoweit eine unvertretbare Fehlbeurteilung nicht vorgeworfen werden kann. Der Kläger hat trotz unmissverständlicher Warnung und Androhung einer Vertragskündigung bei zukünftigem Fehlverhalten nicht nur mehrere konkret nachweisbare Zustellungen von Tabakwaren vorgenommen, sondern hat das Berufungsgericht darüber hinaus den Eindruck gewonnen, dass der Kläger (generell) seine langjährige Kundschaft versorgte, wenn diese die Ware nicht abholen konnte oder wenn der Kläger auf seinem Nachhauseweg deren Geschäftslokal anfuhr.

5. Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers kommt auch eine sinngemäße Anwendung der arbeitsrechtlichen Regeln zur allfälligen Sozialwidrigkeit einer Kündigung nicht in Betracht. Abgesehen davon, dass eine Kündigung wegen Verletzung wesentlicher Vertragspflichten inhaltlich eher einer Entlassung gleich kommt, stellt sich in Vertragsverhältnissen zwischen der Beklagten und den einzelnen Trafikanten nicht die Frage, welches von mehreren Arbeitsverhältnissen unter Berücksichtigung sozialer Erwägungen eher aufgekündigt werden soll (vgl § 105 Abs 3 Z 2 Untersatz 2 ArbVG). Hier geht es keineswegs um einen vom Arbeitgeber beabsichtigten Personalabbau, bei dem gefragt werden kann, welcher von mehreren Arbeitnehmern den Betrieb verlassen muss, sondern ausschließlich darum, ob das Aufrechterhalten eines Vertragsverhältnisses zu einem bestimmten Trafikanten an einem bestimmten Standort für die Beklagte nicht mehr zumutbar ist, was auch im Rahmen des § 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG von Bedeutung wäre. Dies hat das Berufungsgericht in unbedenklicher Weise bejaht.5. Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers kommt auch eine sinngemäße Anwendung der arbeitsrechtlichen Regeln zur allfälligen Sozialwidrigkeit einer Kündigung nicht in Betracht. Abgesehen davon, dass eine Kündigung wegen Verletzung wesentlicher Vertragspflichten inhaltlich eher einer Entlassung gleich kommt, stellt sich in Vertragsverhältnissen zwischen der Beklagten und den einzelnen Trafikanten nicht die Frage, welches von mehreren Arbeitsverhältnissen unter Berücksichtigung sozialer Erwägungen eher aufgekündigt werden soll vergleiche Paragraph 105, Absatz 3, Ziffer 2, Untersatz 2 ArbVG). Hier geht es keineswegs um einen vom Arbeitgeber beabsichtigten Personalabbau, bei dem gefragt werden kann, welcher von mehreren Arbeitnehmern den Betrieb verlassen muss, sondern ausschließlich darum, ob das Aufrechterhalten eines Vertragsverhältnisses zu einem bestimmten Trafikanten an einem bestimmten Standort für die Beklagte nicht mehr zumutbar ist, was auch im Rahmen des Paragraph 105, Absatz 3, Ziffer 2, Litera a, ArbVG von Bedeutung wäre. Dies hat das Berufungsgericht in unbedenklicher Weise bejaht.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Anmerkung

E86677 1Ob9.08t

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0010OB00009.08T.0129.000

Dokumentnummer

JJT_20080129_OGH0002_0010OB00009_08T0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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