TE Vwgh Erkenntnis 2008/1/28 2007/04/0146

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Veröffentlicht am 28.01.2008
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E12503000;
58/02 Energierecht;

Norm

32003L0055 Gasbinnenmarkt-RL Art25 Abs2;
32003L0055 Gasbinnenmarkt-RL Art25 Abs3;
32003L0055 Gasbinnenmarkt-RL Art25 Abs4;
EURallg;
GWG 2000 §26 Abs1 idF 2006/I/106 impl;
GWG 2000 §26 Abs3 idF 2006/I/106 impl;
GWG 2000 §26 idF 2006/I/106 impl;
GWG 2000 §31g Abs1 idF 2006/I/106;
GWG 2000 §31g idF 2006/I/106;

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Serie (erledigt im gleichen Sinn):2007/04/0147 E 28. Jänner 2008

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde der O GmbH in W, vertreten durch DDr. Christian F. Schneider, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Donau-City-Straße 11, gegen den Bescheid der Energie-Control Kommission vom 23. Mai 2007, Zl. K GÜT G 01/06, PA 5423/07, betreffend Genehmigung von Allgemeinen Bedingungen für grenzüberschreitende Transporte gemäß § 31g Gaswirtschaftsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Betreiberin von Fernleitungen für Erdgas. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2006 hat sie die behördliche Genehmigung ihrer Allgemeinen Bedingungen für die Durchführung grenzüberschreitender Transporte beantragt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden unter Spruchpunkt 1. die Allgemeinen Bedingungen gemäß § 31g Abs. 1 Gaswirtschaftsgesetz (GWG) in Verbindung mit § 16 Abs. 1 Z. 15 Energie-Regulierungsbehördengesetz großteils genehmigt, unter weiteren Spruchpunkten wurden Auflagen vorgeschrieben und unter Spruchpunkt 10. wurde die Genehmigung bis zum 31. Mai 2010 befristet.

Den letztgenannten Spruchteil hat die belangte Behörde damit begründet, dass im Hinblick auf die Neuregelung des Netzzuganges zu Fernleitungen jegliche Erfahrungswerte fehlten und dass es daher sinnvoll erscheine, diese Allgemeinen Bedingungen zu befristen, wobei ein Zeitraum von drei Jahren gerechtfertigt erscheine. Gerade bei einem komplexen Marktsystem mit einer Vielzahl verschiedener Teilnehmer und Parameter sei damit zu rechnen, dass auch in Hinkunft Bedarf bestehen werde, die Marktregeln als solche und sohin auch die einzelnen Komponenten dieser Marktregeln an die konkreten Marktgegebenheiten und an das jeweilige rechtliche Umfeld anzupassen. Es werde daher notwendig sein, zu einem späteren Zeitpunkt die Marktregeln und sohin auch die mit diesem Bescheid genehmigten Allgemeinen Bedingungen der Markt- und Rechtsentwicklung anzupassen, um einen funktionierenden Markt zu erzielen. Die Befristung der Genehmigung führe aber nicht zur Einschränkung der Kompetenz der Behörde, gemäß § 31g Abs. 1 GWG die Fernleitungsunternehmen bzw. Inhaber von Transportrechten zur Vornahme von Änderungen bzw. zur Neuerstellung der Allgemeinen Bedingungen aufzufordern.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage des Verwaltungsaktes und Erstattung einer Gegenschrift erwogen hat:

Der vorliegende Beschwerdefall gleicht aus nachstehenden Gründen jenem Beschwerdefall, der dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/04/0084, zu Grunde lag und auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird:

Im zitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die Befristung der Genehmigung von Allgemeinen Verteilernetzbedingungen, um die ein Verteilerunternehmen für Erdgas angesucht hat, nicht erforderlich im Sinne des § 26 Abs. 1 GWG und daher rechtswidrig ist, wenn die Befristung bloß dazu dienen soll, die genehmigten Allgemeinen Verteilernetzbedingungen der künftigen Markt- und Rechtsentwicklung anpassen zu können. Die Notwendigkeit, die Genehmigung aus dem genannten Grund zu befristen, fehlt nach dem zitierten Erkenntnis deshalb, weil der Gesetzgeber in § 26 Abs. 3 GWG ohnedies ausdrücklich vorgesehen hat, dass die Betreiber von Verteilernetzen, soweit dies zur Erreichung eines wettbewerbsorientierten Marktes erforderlich ist, auf Verlangen der belangten Behörde Änderungen der Allgemeinen Bedingungen vorzunehmen haben.

Im vorliegenden Beschwerdefall, in dem es um die befristete Genehmigung der Allgemeinen Bedingungen eines Fernleitungsunternehmens gemäß § 31g GWG geht, gilt nichts anderes.

§ 31g Abs. 1 GWG in der hier maßgebenden Fassung lautet:

"§ 31g. (1) Fernleitungsunternehmen bzw. Inhaber von Transportrechten haben die für grenzüberschreitende Transporte in einen Zielstaat geltenden Bedingungen im Internet auf ihrer Homepage in deutscher und englischer Sprache zu veröffentlichen und über Verlangen jedem Interessenten bekannt zu geben. Die Allgemeinen Bedingungen für grenzüberschreitende Transporte sowie deren Änderungen bedürfen der Genehmigung der Energie-Control Kommission. Diese Genehmigung ist unter Auflagen oder befristet zu erteilen, soweit dies zur Erfüllung der Vorschriften dieses Gesetzes erforderlich ist. Fernleitungsunternehmen bzw. Inhaber von Transportrechten sind verpflichtet, die zur Genehmigung eingereichten Allgemeinen Bedingungen für grenzüberschreitende Transporte auf Aufforderung der Energie-Control Kommission zu ändern oder neu zu erstellen.

(2) ..."

Zu Recht führt die Beschwerdeführerin in der Beschwerde gegen die Befristung die Möglichkeit der belangten Behörde, gemäß § 31g Abs. 1 letzter Satz GWG die Änderung oder Neuerstellung der Allgemeinen Bedingungen zu verlangen, ins Treffen. Dadurch kommt der belangten Behörde nämlich schon kraft Gesetzes die Möglichkeit zu, eine Abänderung der bereits genehmigten Allgemeinen Bedingungen zu bewirken.

Daran ändert die Wortfolge "die zur Genehmigung eingereichten" im letzten Satz des § 31g Abs. 1 GWG nichts, weil diese Wortfolge nicht etwa dahin zu verstehen ist, die Behörde könne eine Abänderung (bloß) hinsichtlich eingereichter, nicht aber hinsichtlich bereits genehmigter Allgemeinen Bedingungen verlangen. Ein solches Verständnis kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, weil er zum Zwecke der Abänderung von noch nicht genehmigten Allgemeinen Bedingungen in § 31g Abs. 1 GWG die Möglichkeit der Vorschreibung von Auflagen vorgesehen hat. Außerdem weist der Gesetzgeber in den Erläuterungen zu § 31g GWG - BlgNR 1411 GP XXII, 38 - ausdrücklich darauf hin, dass diese Regelung weitgehend dem bereits erwähnten § 26 GWG entspricht. Zum gleichen Ergebnis führt im Übrigen auch die gemeinschaftsrechtskonforme Interpretation des § 31g GWG, der auf die Richtlinie 2003/55/EG vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt zurückgeht. Diese Richtlinie sieht in ihrem Art. 25 Abs. 4 vor, dass Regulierungsbehörden befugt sind, falls erforderlich, von den Fernleitungs- und Verteilernetzbetreibern zu verlangen, die im Sinne der Abs. 2 und 3 genehmigten Bedingungen zu ändern, um sicher zu stellen, dass diese angemessen sind und nicht diskriminierend angewendet werden.

Nach dem Gesagten ergibt sich somit im Hinblick auf § 31g Abs. 1 letzter Satz GWG, dass die von der belangten Behörde behauptete Notwendigkeit für die Befristung der gegenständlichen Genehmigung fehlt.

Der angefochtene Bescheid war daher (aus den im zitierten Erkenntnis, Zl. 2007/04/0084, genannten Gründen in seinem gesamten Umfang) gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 28. Jänner 2008

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Richtlinie Umsetzungspflicht EURallg4/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007040146.X00

Im RIS seit

06.03.2008

Zuletzt aktualisiert am

26.07.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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