TE Vwgh Erkenntnis 2008/4/10 2005/01/0013

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Veröffentlicht am 10.04.2008
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

StbG 1985 §10 Abs1 Z2;
StbG 1985 §10 Abs1 Z3;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StGB §12;
StGB §223 Abs1;
StGB §224;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Matt, über die Beschwerde des S Y in L, vertreten durch Dr. Maria Lang, Rechtsanwältin in 4020 Linz, Europaplatz 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 1. Juli 2004, Zl. Gem(Stb)-414166/21-2004- Mah/Hs, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 10. August 2001 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z 6 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, das Verleihungsverfahren habe zunächst weder in strafrechtlicher Hinsicht noch hinsichtlich "Absicherung des Lebensunterhaltes" Nachteiliges ergeben. Bei der Beibringung von Dokumenten (insbesondere Geburtsurkunde und Reisepass) seien schon von Anfang an "Probleme aufgetreten". Der Beschwerdeführer habe immer wieder behauptet, "bestimmte Dokumente gebe es überhaupt nicht oder wären für ihn nicht beschaffbar"; derart habe er versucht, die Behörde dazu zu bewegen, ihm auch ohne Vorlage entsprechender Dokumente die Staatsbürgerschaft zu verleihen. Hinsichtlich seines Reisepasses habe er am 30. Jänner 2002 gegenüber der Bundespolizeidirektion Linz (wie sich aus einer Niederschrift ergebe) behauptet, dieser würde "nicht mit der Post verschickt". Im Mai 2003 habe der Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde erklärt, die Beibringung eines Reisepasses sei "kein Problem". Am 18. Juni 2003 habe er einen Reisepass vorgelegt. Dieser Pass sei an die Fremdenpolizei zur kriminaltechnischen Untersuchung weitergeleitet worden. Die Untersuchung habe ergeben, dass die Seiten eins bis sechs in den Pass nachträglich eingenäht worden seien; diese Seiten seien Kopien und somit Totalfälschungen gewesen.

Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 4. März 2004 sei der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 12 zweiter Fall, 223 Abs. 1 und 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt worden; diese Strafe sei unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde nach Zitierung der Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG aus, die (strafgerichtliche) Verurteilung des Beschwerdeführers sei rechtskräftig. Seinem gegen diese Verurteilung erhobenen Einwand, die Verhältnisse in Liberia seien zu wenig berücksichtigt worden, könne die belangte Behörde nicht nachvollziehen, die Fälschung sei nämlich durch ein Gutachten erwiesen worden. Ob der Beschwerdeführer selbst die Fälschung vorgenommen oder veranlasst habe, könne die Behörde nicht beurteilen. Jedenfalls trage er dafür die Verantwortung, dass er versucht habe, das gefälschte Dokument in Österreich zu verwenden. Die Kenntnis der Verhältnisse in Liberia und der Rechtsordnung in Österreich sei ihm zuzumuten. Insoweit er behaupte, die Behörde habe ihn zur Vorlage des Reisepasses "veranlasst", verkenne er dabei, dass die Behörde einen rechtmäßig zustande gekommenen Reisepass gemeint habe; die alleinige Verantwortung für die Echtheit des vorgelegten Dokuments trage der Beschwerdeführer. Es sei (für die belangte Behörde) der "Eindruck entstanden", dass er sich sein "Recht" immer wieder auf dem für ihn vermeintlich schnellsten Weg zu verschaffen suche; in diesem Bestreben habe er in Kauf genommen, die Behörde durch falsche Angaben und Vorlage eines verfälschten Reisepasses zu täuschen. Vor Verleihung der Staatsbürgerschaft sei (unter anderem) die Identität eines Verleihungswerbers zu prüfen. Durch Vorlage eines verfälschten Reisepasses habe der Beschwerdeführer eine Tat gesetzt, die geeignet gewesen sei, die "Rechtsicherheit in Frage zu stellen". In dieser Unklarheit über die Identität sei eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu sehen. Die "Leichtigkeit im Umgang mit der österreichischen Rechtsordnung und die Unterordnung der Interessen Österreichs unter die eigenen, erschwert eine positive Zukunftsprognose, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass Herr Y... in einer ähnlichen Situation wieder zu ähnlichen Mitteln greift". Zusammenfassend ergebe sich, dass der Beschwerdeführer auf Grund seines bisherigen Verhaltens keine ausreichende Gewähr dafür biete, dass er "in Zukunft keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit darstellen wird".

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 6 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) in der Fassung vor der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006, kann die Staatsbürgerschaft einem Fremden verliehen werden, wenn er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, dass er zur Republik bejahend eingestellt ist und weder eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt, noch andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen gefährdet.

Bei der Prüfung dieser Verleihungsvoraussetzung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf das Gesamtverhalten des Verleihungswerbers, insbesondere auch von ihm begangene Straftaten Bedacht zu nehmen. Maßgebend ist, ob es sich dabei um Rechtsbrüche handelt, die den Schluss rechtfertigen, der Verleihungswerber werde auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung - oder andere im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannter Rechtsgüter - erlassene Vorschriften missachten. In der Art, der Schwere und der Häufigkeit solcher Verstöße kommt die - allenfalls negative - Einstellung des Betreffenden gegenüber den zur Hintanhaltung solcher Gefahren erlassenen Gesetze zum Ausdruck (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 22. August 2007, Zl. 2005/01/0067, und die darin angegebene Judikatur).

Zum herangezogenen Verleihungshindernis bringt die Beschwerde gegen den angefochten Bescheid vor, die Behörde habe nicht begründet, warum auf Grund eines Vergehens (Verwendung eines gefälschten Passes) der Schluss gezogen werde könne, der Beschwerdeführer werde immer wieder gegen "Werte der Gesellschaft" verstoßen. Der Beschwerdeführer sei kein weiteres Mal in strafrechtlicher Hinsicht auffällig gewesen. Die negative Prognose sei nicht gerechtfertigt. Die belangte Behörde hätte in das Gesamtverhalten auch einbeziehen müssen, dass der Beschwerdeführer sich mehr als zehn Jahre im Bundesgebiet aufgehalten habe und nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten sei; er sei "außerordentlich gut in Österreich integriert". Die belangte Behörde hätte über das strafrechtliche Verhalten des Beschwerdeführers auch Ermittlungen anstellen müssen; nunmehr bestätige nämlich die "liberianische Bundespolizei", dass die "Änderung des Passes nicht durch den Beschwerdeführer erfolgte". Die "Verhältnisse in Liberia" seien unberücksichtigt geblieben. Aus dem festgestellten Sachverhalt sei abzulesen, dass es für den Beschwerdeführer "außerordentlich schwierig war, sich Dokumente aus Liberia zu beschaffen". Ein unterhalb der Schwelle des § 10 Abs. 1 Z 2 StbG liegendes Fehlverhalten begründe die Abweisung des Verleihungsantrages nicht.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Entgegen dem anders lautenden Beschwerdevorbringen sind bei der nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG vorzunehmenden Prognose auch Straftaten zu berücksichtigen, die nicht unter die zwingenden Verleihungshindernisse des § 10 Abs. 1 Z 2 und 3 StbG fallen; § 10 Abs. 1 Z 6 leg. cit. umschreibt ein eigenständiges Verleihungshindernis ohne Bedachtnahme auf andere Verleihungshindernisse (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. Dezember 2007, Zl. 2005/01/0460, und die darin angegebene Judikatur).

Im gegenständlichen Fall wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, einen unbekannten Täter dazu bestimmt zu haben, den (der Verleihungsbehörde vorgelegten) Reisepass zu verfälschen. Die Behauptung der Beschwerde, "die Änderung des Passes sei nicht durch den Beschwerdeführer erfolgt", trifft zwar zu, vermag die Schwere der Tat aber nicht entscheidend zu mindern, wurde der Beschwerdeführer doch wegen Bestimmung zu diesem Delikt zur Verantwortung gezogen.

Die Straftat, die der strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers zu Grunde liegt, war ihrer Art und Schwere nach ausreichend gravierend für eine negative Prognose. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (Juli 2004) lag dieses, vom Beschwerdeführer "vor dem 18. Juni 2003 in Linz", jedenfalls im Verlauf des Verleihungsverfahrens begangene Fehlverhalten derart kurz zurück, dass eine ausreichende Zeitspanne zwischen dem letzten Fehlverhalten und dem Beurteilungszeitpunkt nicht vorhanden ist, um zu einer für den Einbürgerungswerber positiven Prognose gelangen zu können (vgl. hiezu etwa das genannte Erkenntnis Zl. 2005/01/0460, und die darin angegebene Judikatur). Insoweit die Beschwerde langjähriges Wohlverhalten vor der strafgerichtlichen Verurteilung ins Treffen führt, ist zu erwidern, dass sich die Persönlichkeit des Beschwerdeführers gegen Ende des Aufenthalts gravierend zum Schlechteren entwickelt hat, sodass die (negative) Prognose der belangten Behörde gerechtfertigt ist (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 22. August 2006, Zl. 2005/01/0309, und vom 6. September 2007, Zl. 2005/01/0831).

Nach dem Gesagten ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, gegen die von der belangten Behörde vertretene Ansicht, es sei das Verleihungshindernis nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG gegeben, Bedenken zu erwecken.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 10. April 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005010013.X00

Im RIS seit

16.06.2008

Zuletzt aktualisiert am

14.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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