TE Vwgh Erkenntnis 2008/6/25 2008/15/0008

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Veröffentlicht am 25.06.2008
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §96;
FinStrG §56 Abs2;
FinStrG §61;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der CP in M, vertreten durch Martin Friedl, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 4650 Lambach, Marktplatz 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, vom 27. April 2006, GZn. FSRV/0026-L/05, FSRV/0027-L/05, betreffend Abgabenhinterziehung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Nach dem durch den Akteninhalt gedeckten Beschwerdevorbringen leitete das Finanzamt Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 19. März 2001 gegen Hermann P., Ehemann der Beschwerdeführerin, das Finanzstrafverfahren ein, weil der Verdacht bestehe, dass er im Amtsbereich dieses Finanzamtes vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer für den Zeitraum 03/99 in Höhe von S 62.366,--, für den Zeitraum 06-08/99 in der Höhe von S 95.038,--, für den Zeitraum 10-12/99 in Höhe von

S 110.982,--, für den Zeitraum 01-04/00 in der Höhe von S 76.491,-- und für den Zeitraum 06-09/00 in der Höhe von S 101.872,--

(insgesamt S 446.749,--) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und damit das Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a Finanzstrafgesetz (FinStrG) begangen habe.

Laut Niederschrift über die mündliche Verhandlung gemäß § 135 FinStrG vor dem Spruchsenat VII beim Finanzamt Linz als Organ des Finanzamtes Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz in Ried vom 23. April 2002 wurde die Verhandlung gegen Hermann P. in Anwesenheit des Senatsvorsitzenden Dr. Rudolf A., der Mitglieder Dr. Christa S. und Dr. Hans O. (Laienbeisitzer) durchgeführt und ohne Beweisaufnahme vertagt, weil Hermann P. zur Verhandlung nicht gekommen war. Am 10. Oktober 2002 wurde die mündliche Verhandlung gegen Hermann P. fortgesetzt, als Laienbeisitzer schritt Mag. Peter H. ein. Nach Schluss des Beweisverfahrens wurde vom Vorsitzenden das "Erkenntnis" auf Vertagung der Verhandlung auf unbestimmte Zeit verkündet.

In der Folge leitete das Finanzamt Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 30. November 2002 gegen die Beschwerdeführerin das Finanzstrafverfahren ein, weil der Verdacht bestehe, dass sie "als Wahrnehmende" im Amtsbereich dieses Finanzamtes vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer für den Zeitraum 03/99 in Höhe von S 62.366,--, für den Zeitraum 06/99- 08/99 in der Höhe von S 95.038,-- für den Zeitraum 10/99-12/99 in der Höhe von S 110.982,--, für den Zeitraum 01/00-04/00 in der Höhe von S 76.491,-- und für den Zeitraum 06/00-09/00 in der Höhe von S 101.872,-- (insgesamt S 446.749,--, d.e. EUR 32.466,52) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und damit das Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen habe.

Nach Rechtskraft dieses Einleitungsbescheides regte der Amtsbeauftragte mit Schreiben vom 24. Mai 2004 an den Spruchsenat beim Finanzamt Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz, Senat VII, die Verbindung der Verfahren gegen Hermann P. und die Beschwerdeführerin gemäß § 61 Abs. 1 FinStrG an.

Der Vorsitzende des Spruchsenates VII des Finanzamtes Linz verfügte sodann die Anberaumung der Sitzung des Spruchsenates für den 18. Jänner 2005 und die Ladung des Schriftführers und der Beisitzer laut Geschäftsverteilung sowie des Beschuldigten Hermann P. und der Beschwerdeführerin. Der Spruchsenat VII beim Finanzamt Linz als Organ des Finanzamtes Braunau Ried Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz übermittelte sodann der Beschwerdeführerin die Vorladung als Beschuldigte vom 13. Dezember 2004, zugestellt am 17. Dezember 2004, in welcher als Senatsvorsitzender Dr. Rudolf A. als Mitglieder Dr. Christa S. und Dr. Hans O. (Laienbeisitzer) angeführt wurden.

Laut Niederschrift des Spruchsenates VII beim Finanzsamt Linz als Organ des Finanzamtes Braunau Ried Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 18. Jänner 2005 in Ried wurde im Finanzstrafverfahren gegen Hermann P. und die Beschwerdeführerin wegen § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG eine mündliche Verhandlung im Beisein der in der Ladung genannten Senatsmitglieder durchgeführt. Nach Schluss der Verhandlung wurde vom Vorsitzenden das Erkenntnis verkündet. Demnach wurden Hermann P. und die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen zu haben und wurden sie hiefür nach § 33 Abs. 5 leg. cit. zu einer Geldstrafe von jeweils EUR 5.000,-- verurteilt (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils zwei Wochen).

In der schriftlichen Ausfertigung dieses Erkenntnisses lautete der Vorspruch, "der Spruchsenat des Finanzamtes Linz, Senat VII, als Organ des Finanzamtes Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz hat ...".

Mit Schriftsatz vom 16. März 2005, gerichtet an das Finanzamt Braunau Ried Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz, erhoben Hermann P. und die Beschwerdeführerin Berufung gegen das Erkenntnis vom 18. Jänner 2005, zugestellt am 16. Februar 2005, mit dem beide Beschuldigten des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG für schuldig erkannt worden seien, über sie jeweils eine Geldstrafe in Höhe von EUR 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils zwei Wochen) verhängt und ihnen die Tragung eines Kostenersatzes von jeweils EUR 363,-- auferlegt worden sei.

2. Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid erkannte die belangte Behörde über diese Berufungen. Der Berufung des Hermann P. wurde Folge gegeben und das gegen ihn beim Finanzamt Braunau Ried Schärding anhängige Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes, er habe als Unternehmer im Amtsbereich des Finanzamtes Schärding vorsätzlich unter Verletzung seiner Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen betreffend die Voranmeldungszeiträume März, Mai, Juni, Juli, August, Oktober, November, Dezember 1999, Jänner, Februar, März, April 2000 eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt S 447.700,-- bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und hierdurch Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen, eingestellt.

Der Berufung der Beschwerdeführerin wurde teilweise Folge gegeben und die bekämpfte Entscheidung wie folgt abgeändert: Die Beschwerdeführerin sei schuldig, sei habe als Wahrnehmende der steuerlichen Interessen ihres Ehemannes Hermann P. im Amtsbereich des Finanzamtes Schärding vorsätzlich

a) betreffend die Voranmeldungszeiträume März, Mai, Juni, Juli, August, Oktober, November, Dezember 1999, Jänner, Februar, März und April 2000 selbst zu berechnende Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt S 345.828,-- (...) nicht spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit entrichtet, sowie

b) betreffend die Voranmeldungszeiträume Juni, Juli, August und September 2000 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt S 101.872,-- bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, indem sie zumindest bedingt vorsätzlich die Einreichung der Voranmeldungen und wissentlich die Entrichtung der Vorauszahlungen bis jeweils zu den Fälligkeitsterminen unterlassen habe. Sie habe hiedurch zu a) Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG und betreffend b) Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen; über sie werde eine Geldstrafe in Höhe von EUR 3.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 9 Tage) verhängt.

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde - soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung - aus, die Finanzstrafbehörden hätten ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen. Für die Zuständigkeit sei jener Zeitpunkt maßgebend, in dem der Bescheid der Finanzstrafbehörde erster Instanz erlassen werde. Im Falle eines Wechsels in der Besetzung eines Senates dürfe ein später hinzutretendes Senatsmitglied nicht in seinen Möglichkeiten zur Beweisaufnahme und Beweiswürdigung beeinträchtigt werden. Diesfalls wären im Rahmen der Verhandlung bereits zuvor unmittelbar aufgenommene Beweise - soweit möglich - zu wiederholen. Fühle sich ein später hinzutretendes Senatsmitglied durch den Umstand, dass einzelne Beweise bereits in seiner Abwesenheit aufgenommen worden seien, nicht beeinträchtigt, sei aber an sich eine Wiederholung der Beweisaufnahme nicht erforderlich. Soweit als Beweismittel lediglich die Einsichtnahme in schriftliche Unterlagen bzw. Aussagen der Beschuldigten zur Verfügung stünden, wäre eine Beeinträchtigung der Entscheidungsfindung für das später hinzutretende Senatsmitglied auch nur bei Vorliegen - im gegenständlichen Fall nicht behaupteter - besonderer Umstände denkbar.

Sehe eine Geschäftsverteilung ohne nähere Ausführungen für den Fall der Verhinderung einzelner Senatsmitglieder Ersatzmitglieder vor, so beschränkte sich deren Zuständigkeit auf die Dauer der Verhinderung des ursprünglich zuständigen Organwalters. Daraus folge, dass bei Vorliegen einer derartigen Geschäftsverteilung im Falle einer vertagten Spruchsenatsverhandlung, bei welcher sich ein Senatsmitglied infolge Verhinderung durch ein nächstgereihtes Senatsmitglied habe vertreten lassen müssen, und einer daraufhin erfolgten Fortsetzung der Verhandlung, bei welcher das vorgereihte Senatsmitglied wiederum zur Verfügung stehe, auch Letzteres wieder zur Teilnahme an der fortgesetzten Verhandlung zuständig sei. Sei das vorgereihte Senatsmitglied bei einer Amtshandlung verhindert, werde es durch seinen Vertreter vertreten.

Die Beschwerdeführerin zeige sich durch den Umstand irritiert, dass an den Tagsatzungen des Spruchsenates in der Finanzstrafsache gegen Hermann P. am 23. April 2002 als Laienbeisitzer Dr. O., am 10. Oktober 2002 Mag. H. und am 18. Jänner 2005 wiederum Dr. O. teilgenommen habe. Ebenso wäre nicht ersichtlich, warum Dr. A. als Spruchsenatsvorsitzender eingeschritten sei.

Laut Verfügung der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 16. Februar 2001 sei in den Jahren 2001 und 2002 als Laienbeisitzer im Spruchsenat VII beim Finanzamt Linz als Organ des Finanzamtes Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz Mag. H. vorgesehen. Im Falle seiner Verhinderung habe in den Senat als erstgereihter Vertreter Dr. O. einzutreten gehabt. Diese Regelung sei auch für die Jahre 2003 bis 2005 mit der Maßgabe der Umwandlung der Finanzstrafbehörde erster Instanz vom Finanzamt Schärding in das Finanzamt Braunau Ried Schärding unverändert geblieben.

Gemäß Verfügung der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 16. Februar 2001 seien in den Jahren 2001 und 2002 als Vorsitzende im Spruchsenat VII beim Finanzamt Linz als Organ des Finanzamtes Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz Dr. A., Dr. L. und Dr. R. vorgesehen gewesen, welche eine Zuständigkeit abwechselnd nach dem Datum des Einlangens der Stellungnahme des Amtsbeauftragten beim Finanzamt Linz oder Finanzamt Ried in der Reihenfolge ihrer obigen Nennung erlangt hätten. Laut fernmündlicher Auskunft der zuständigen Sachbearbeiterin sei das Einlangen der Stellungnahme des Amtsbeauftragten in der zu diesem Zweck geführten Datenbank ordnungsgemäß erfasst worden und habe sich aus der Reihung dieser Aktenvorlage eine Zuständigkeit des Dr. A. als Senatsvorsitzender ergeben. Ab dem Zeitraum 2003 sei die Zuständigkeit der Vorsitzenden Dr. A., Dr. L. und Dr. R. für den Spruchsenat VII derart geregelt gewesen, dass Dr. A. Fälle zugeordnet worden seien, bei welchen der Familienname des Beschuldigten mit den Buchstaben A bis G beginne. Fälle, bei welchen der Familienname des Beschuldigten mit den Buchstaben H bis R beginne, seien Dr. L. als Vorsitzenden zugeordnet worden. Die Geschäftsverteilungspläne hätten jedoch den Passus enthalten, dass für die zuvor (hier relevant bis zum 31. Dezember 2002) vom Spruchsenat VII bereits zur Verhandlung ausgeschriebenen Fälle - der Finanzstraffall Hermann P. sei am 15. März 2002 durch Dr. A. erstmals zur Verhandlung am 23. April 2002 ausgeschrieben worden - die bisherige Geschäftsverteilung, also diejenige für 2002, weiterhin gelten solle, soweit die Funktionsträger wie im gegenständlichen Fall ihre Aufgabe in der Funktionsperiode 2000 bis 2005 beibehalten hätten.

Daraus folge, dass für die Finanzstrafsache Hermann P. Dr. A. als Spruchsenatsvorsitzender und Mag. H. als Laienbeisitzer zuständig gewesen seien, wobei Dr. O. der erstgereihte Vertreter des Mag. H. gewesen sei. Laut Aktenvermerk der zuständigen Sachbearbeiterin vom 10. Mai 2005 sei Mag. H. für die Verhandlung des Spruchsenates am 18. Jänner 2005 dienstlich verhindert gewesen, weshalb an seiner Stelle sein Vertreter Dr. O. als Laienbeisitzer eingeschritten sei. Laut Aktenlage habe der "Erstsenat" am 10. Oktober 2002 nach bereits erfolgter Verfügung des Abschlusses der mündlichen Verhandlung in der Beratung unter dem Vorsitz des Dr. A. den Entschluss gefasst, das Verfahren gegen Hermann P. doch nicht abzuschließen, sondern lediglich zu vertagen, um dann in einem auch gegen die Beschwerdeführerin geführten, verbundenen Verfahren das Erkenntnis hinsichtlich des Hermann P. zu fällen. Diese Entscheidung über den weiteren Handlungsablauf sei vom Vorsitzenden übernommen und in der Folge den Parteien auch bekannt gegeben worden. Solche verfahrensleitende Verfügungen des Spruchsenatsvorsitzenden seien nicht unzulässig. Es stehe dem Vorsitzenden auch frei, derartige Verfügungen wieder rückgängig zu machen, weil ihm - wie im gegenständlichen Fall offenbar - aus verfahrensökonomischen Gründen und zur Vertiefung der Beweislage eine gemeinsame Verhandlung gegen Hermann P. und die sich selbst vorerst - aus freien Stücken - selbst belastende Beschwerdeführerin vorgeschwebt habe.

Die vom Amtsbeauftragten angeregte Verbindung des Verfahrens gegen Hermann P. und der Beschwerdeführerin habe offensichtlich auch stattgefunden, weil am 18. Jänner 2005 unter dem Vorsitz des Dr. A. eine beide Finanzstrafsachen betreffende gemeinsame mündliche Verhandlung abgehalten und eine beide Beschuldigte betreffende abschließende Entscheidung getroffen worden sei. Die Verfügung über eine derartige Verbindung sei eine verfahrensregelnde Anordnung und habe keinen Bescheidcharakter.

Der Spruchsenat sei daher gehörig zusammengesetzt gewesen.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Erledigung vom 18. Jänner 2005, das Spruchsenatserkenntnis der "Republik Österreich Spruchsenat beim Finanzamt Linz als Organ des Finanzamtes Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz" bringe nicht zum Ausdruck, dass die Behörde, das Finanzamt Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz, am 18. Jänner 2005 nicht mehr bestanden habe und die Erledigung dem in diesem Zeitpunkt wohl für eine Bescheiderlassung zuständigen "Finanzamt Braunau Ried Schärding" als Finanzstrafbehörde erster Instanz zuzurechnen wäre. Solcherart sei festzustellen, dass der Erledigung vom 18. Jänner 2005 keine Bescheidqualität zukomme. Der belangten Behörde habe es daher an der Zuständigkeit gefehlt, über eine dagegen erhobene Berufung meritorisch abzusprechen.

Gemäß § 56 Abs. 2 FinStrG gelten u.a. für Erledigungen, soweit dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt, die Bestimmungen des dritten Abschnittes der Bundesabgabenordnung sinngemäß. Nach § 96 BAO müssen schriftliche Ausfertigungen allgemein die Bezeichnung der Behörde enthalten und mit Datum und der Unterschrift des Genehmigenden versehen sein. Fehlt die Bezeichnung der Behörde und enthält die Ausfertigung keinerlei Anhaltspunkte dafür, von welcher Behörde die Erledigung ausgeht, so liegt keine wirksame amtliche Erledigung vor. Besteht hingegen beim Bescheidadressaten Klarheit, von welcher Behörde der Bescheid ausgefertigt und welcher Behörde er zuzurechnen ist, dann ist aus diesem Gesichtswinkel der Bescheid wirksam, auch wenn diese Erkenntnis nicht aus dem Bescheid selbst, sondern aus anderen Anhaltspunkten gewonnen werden konnte und sonst erkennbar ist, von welcher Behörde der Bescheid erlassen wurde (vgl. Fellner, Finanzstrafgesetz, § 56 Tz. 15 a mit Hinweisen auf die hg. Judikatur).

Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, dass die Vorladung zur mündlichen Verhandlung vom Spruchsenat VII beim Finanzamt Linz als Organ des Finanzamtes Braunau Ried Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz ausgefertigt wurde. Auch die mündliche Verhandlung fand laut Niederschrift vor dem Spruchsenat VII beim Finanzamt Linz als Organ des Finanzamtes Braunau Ried Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz statt und wurde von diesem Spruchsenat das Erkenntnis verkündet. Die Berufung gegen dieses Erkenntnis wurde auch an das Finanzamt Braunau Ried Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz gerichtet. Daraus ergibt sich, dass auch für die Beschwerdeführerin Klarheit bestand, welcher Behörde der Bescheid zuzurechnen war und von welcher er ausgefertigt wurde. Der Umstand, dass in der Ausfertigung sich die Wendung findet "als Organ des Finanzamtes Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz" erweist sich sohin als bloßes Vergreifen im Ausdruck, was auch die Beschwerdeführerin an der Verfolgung ihrer Rechte nicht gehindert hat. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2005, 2004/14/0111, geht insofern fehl, als dieses Erkenntnis einen etwas anders gelagerten Sachverhalt betraf.

Die Beschwerdeführerin macht weiters geltend, hätte die belangte Behörde ihre Unzuständigkeit in dieser Hinsicht beachtet, hätte sie im weiteren Verfahren die Befangenheit des Spruchsenatsvorsitzenden vorbringen können. Dieser habe die Beschwerdeführerin bei der Finanzstrafbehörde erster Instanz angezeigt, indem er dem Amtsbeauftragten eine faktische "Weisung" erteilt habe, gegen die Beschwerdeführerin ein Finanzstrafverfahren einzuleiten, damit dann gegen die Ehegatten als Beschuldigte in einem gemäß § 61 FinStrG zu verbindenden Finanzstrafverfahren gemeinsam vorgegangen werden könne, und sei daher befangen.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin auf die Bestimmung des § 74 Abs. 1 FinStrG zu verweisen, wonach die Ablehnung binnen drei Tagen nach Zustellung der Vorladung zur mündlichen Verhandlung geltend zu machen ist. Eine Befangenheit des Spruchsenatsvorsitzenden hat die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren in voller Kenntnis der nunmehr vorgetragenen Umstände nicht geltend gemacht.

Die Beschwerdeführerin macht schließlich geltend, bei Wahrnehmung der Unzuständigkeit durch die belangte Behörde hätte sie weiters vorbringen können, dass für die Durchführung ihres Verfahrens der Spruchsenat VIII zuständig gewesen wäre, weil sie im Zeitpunkt der Tat unselbständig berufstätig gewesen sei.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht die Zuständigkeit des Spruchsenates für die verbundenen Verfahren.

Die Verbindung mehrerer Finanzstrafverfahren durch die selbe Finanzstrafbehörde erster Instanz nach § 61 FinStrG ist eine verfahrensrechtliche Anordnung, der kein Bescheidcharakter zukommt (vgl. Fellner, a.a.O., §§ 58-64 Tz. 21).

Der Spruchsenat beim Finanzamt Linz als Organ des Finanzamtes Braunau Ried Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz hat die Strafverfahren gegen die Beschwerdeführerin und ihren Ehemann zwar nicht durch eine ausdrückliche formelle Anordnung verbunden, jedoch faktisch zur gemeinsamen Verhandlung ausgeschrieben und über beide Strafverfahren gemeinsam eine Verhandlung durchgeführt und ein beide Verfahren erledigendes Erkenntnis erlassen. Diese Vorgangsweise genügt den Voraussetzungen des § 61 FinStrG.

Die Beschwerdeführerin kann daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen, sodass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 25. Juni 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008150008.X00

Im RIS seit

17.07.2008

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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