TE Vwgh Erkenntnis 2008/7/24 2005/07/0028

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Veröffentlicht am 24.07.2008
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc idF 2008/I/004 6. August 2008;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
WRG 1959 §77 Abs3 litb idF 1999/I/155;
WRG 1959 §77 Abs3 litc idF 1999/I/155;
WRG 1959 §77 Abs5 idF 1990/252;
WRG 1959 §77 Abs5 idF 1999/I/155;
WRG 1959 §80 Abs2 idF 1999/I/155;
WRG 1959 §81 Abs1;
WRG 1959 §81 Abs2;
WRG 1959 §86 Abs2 idF 1999/I/155;
WRG 1959 §86;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde der Wassergenossenschaft G in G, vertreten durch den Obmann P S, dieser vertreten durch Dr. Wolfgang Stolz, Rechtsanwalt in 5550 Radstadt, Schernbergstraße 19, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 6. Dezember 2004, Zl. 1/01- 37.385/8-2004, betreffend amtswegige Anpassung von Satzungen einer Wassergenossenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben .

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S (BH) vom 4. Mai 1964 wurde die auf Grund freier Vereinbarung gebildete beschwerdeführende Wassergenossenschaft (kurz: WG) gemäß §§ 98, 74 Abs. 1 lit. a und Abs. 2, 77 und 78 WRG 1959 anerkannt. Ferner wurde ausgesprochen, dass dieser Bescheid die Genehmigung der vorgelegten Satzungen einschließe und die WG mit Rechtskraft des Bescheides die Stellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erlange. Zweck dieser WG ist die Errichtung und Erhaltung einer Wasserversorgungsanlage zur Versorgung der Anwesen der Genossenschafter mit Trink- und Nutzwasser.

Diese dem Bescheid zugrunde liegenden Satzungen lauten

auszugsweise:

"......

Mitgliedschaft

§ 3

(1) Mitglieder der Genossenschaft sind die der Genossenschaft freiwillig beigetretenen oder durch Bescheid der Wasserrechtsbehörde zum Beitritt verpflichteten jeweiligen Eigentümer der durch die Genossenschaftsleitung versorgten Liegenschaften der Ortschaft G.-N. in G.

(2) Im Einvernehmen zwischen der Genossenschaft und den betreffenden Eigentümern können Liegenschaften auch nachträglich einbezogen werden.

(3) Die Genossenschaft ist verpflichtet, soweit der Zweck der Genossenschaft nicht geändert wird, benachbarte oder im Bereich des genossenschaftlichen Unternehmens befindliche Liegenschaften auf Antrag ihrer Eigentümer nachträglich einzubeziehen, wenn ihnen hiedurch wesentliche Vorteile und den bisherigen Mitgliedern keine wesentlichen Nachteile erwachsen können.

(4) Wer in die Genossenschaft einbezogene Liegenschaften erwirbt, wird Mitglied der Genossenschaft.

(5) Einzelne Liegenschaften können im Einvernehmen zwischen ihren Eigentümern und der Genossenschaft wieder ausgeschieden werden.

(6) Die Genossenschaft ist verpflichtet, einzelne Liegenschaften auf Verlangen ihrer Eigentümer auszuscheiden, wenn ihnen nach Ablauf einer zur Erreichung des erhofften Erfolges genügenden Zeit aus der Teilnahme am genossenschaftlichen Unternehmen kein wesentlicher Vorteil erwachsen ist und der Genossenschaft durch das Ausscheiden kein überwiegender Nachteil entsteht.

(7) Beabsichtigte Ausscheidungen von Liegenschaften nach Abs. 5 und 6 sind der Wasserrechtsbehörde anzuzeigen, damit diese gegebenenfalls die Erfüllung wasserrechtlicher Verpflichtungen, die Interessen der Genossenschaftsgläubiger und im Falle der Förderung aus öffentlichen Mitteln die öffentlichen Interessen wahrnehmen kann.

(8) Auf Antrag der Genossenschaft kann die Wasserrechtsbehörde, soweit öffentliche Interessen nicht entgegenstehen, einzelne Liegenschaften, aus deren weiterer Teilnahme der Genossenschaft wesentliche Nachteile erwachsen, ausscheiden.

     ......

     Aufbringung der Mittel zur Errichtung, zur Erhaltung und zum

Betriebe der Wasserversorgungsanlage

     § 6

     (1) Die Mittel zur Errichtung, zur Erhaltung und zum Betriebe

der Wasserversorgungsanlage werden aufgebracht

     a)        durch Leistungen der Mitglieder in Form von

Barzahlungen,  Baustofflieferungen, Arbeitsleistungen und

Fuhrschichten,

     b)        durch Aufnahme von Darlehen,

     c)        durch allfällige Zuschüsse öffentlicher Mittel.

     ......

     (4) Die nicht nach obigem Abs. 1 lit. b und c gedeckten

Herstellungskosten werden auf die Genossenschaftsmitglieder im

Verhältnis ihrer Genossenschaftsanteile aufgeteilt. Feststellungen

des Maßstabes (Schlüssels) zur Berechnung der

Genossenschaftsanteile obliegt der Genossenschaftsversammlung.

     ......

     Organe der Genossenschaft

     § 7

     Die Organe der Genossenschaft sind:

     a)        die Genossenschaftsversammlung,

     b)        der Geschäftsführer und sein Stellvertreter,

     c)        die Rechnungsprüfer.

     Wirkungskreis der Genossenschaftsversammlung

     § 8

     In den Wirkungskreis der Genossenschaftsversammlung fallen:

     a)        die Beschlussfassung über Änderungen der Satzungen

oder des Maßstabes (Schlüssels) für die Aufteilung der Kosten (§ 6

Abs. 4),

     ......

     Einberufung der Genossenschaftsversammlung

     § 9

     (1) Die Genossenschaftsversammlung wird durch Verständigung

aller Mitglieder vom Geschäftsführer einberufen.

     ......

     Wahl des Geschäftsführers und dessen Stellvertreters

     § 11

     (1) Zur Leitung der Genossenschaft und zur Besorgung der

Genossenschaftsangelegenheiten, die nicht der

Genossenschaftsversammlung vorbehalten sind, wählt die

Genossenschaftsversammlung jeweils auf die Dauer von drei Jahren

aus ihrer Mitte durch einfache Mehrheit der nach Köpfen zu

berechnenden abgegeben Stimmen den Geschäftsführer und seinen

Stellvertreter.

     ......

     Wirkungskreis des Geschäftsführers

     § 12

     (1) Der Geschäftsführer ist als Vollzugsorgan der

Genossenschaft zur Entscheidung und Verfügung in allen

Angelegenheiten berufen, die nicht der Beschlussfassung der

Genossenschaftsversammlung oder den Rechnungsprüfern vorbehalten

sind.

     ......"

Die WG übersandte - nach Aufforderung der BH vom 21. März 1994 - ein 44 Mitglieder umfassendes Mitgliederverzeichnis datiert mit 29. April 1994.

Die BH übermittelte mit Schreiben vom 16. November 2001 der WG eine Mustersatzung, die den Änderungen der Novelle des WRG 1959, BGBl. I Nr. 155/1999 (WRG-Novelle 1999), Rechnung trug, mit der Aufforderung, die Satzung der WG entsprechend anzupassen, zu beschließen und zusammen mit dem Protokoll der Jahreshauptversammlung zur Genehmigung zurückzusenden, wobei diese Anpassung bis spätestens Ende 2002 zu erfolgen habe. Ferner wurde (erneut) um Übermittlung eines aktuellen Mitgliederverzeichnisses ersucht.

Die WG sandte daraufhin mit Schreiben vom 25. November 2002 ihre neuen - noch nicht von der Mitgliederversammlung beschlossenen - Satzungen zur Überprüfung, worauf die BH mit Schreiben vom 3. Dezember 2002 mitteilte, dass nach den Bestimmungen des § 79 Abs. 3 WRG 1959 die Wahl eines Geschäftsführers anstelle des Obmannes und Ausschusses nur dann zulässig sei, wenn die WG aus weniger als 20 Mitgliedern bestehe. Da dies laut Aktenlage nicht auf die WG zutreffe, erübrige es sich, sich mit dem übermittelten Satzungsentwurf näher zu befassen, weil dies einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung grundsätzlich entgegenstehe. Empfohlen werde, sich an dem bereits zugesandten Satzungsentwurf zu orientieren.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2002 erklärte die WG, aus nur fünf näher angeführten Mitgliedern zu bestehen, und führte zu dem "44 Mitglieder" umfassenden Mitgliederverzeichnis vom 29. April 1994 aus, dass dieses nur irrtümlich 44 Mitglieder aufweise und diese keinesfalls Mitglieder, sondern lediglich zahlende Nichtmitglieder der WG seien.

Mit Bescheid der BH vom 25. Mai 2004 wurden gemäß §§ 98 und 141 WRG 1959 i.d.g.F. die Satzungen der WG entsprechend den Bestimmungen der WRG-Novelle 1999 angepasst. Die neuen Satzungen wurden diesem Bescheid "zugrunde gelegt" und als solche gekennzeichnet.

Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass die WRG-Novelle 1979 für Wassergenossenschaften Änderungen in den §§ 73 bis 86 gebracht habe. Gemäß § 141 WRG 1959 i.d.g.F. seien, sofern die Satzungen der nach den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen gebildeten Wassergenossenschaften und Wasserverbände mit diesem Bundesgesetz in Widerspruch stünden, binnen drei Jahren nach seinem Inkrafttreten entsprechend geänderte Satzungen der nunmehr zuständigen Wasserrechtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. Nach Ablauf dieser Frist und erfolgloser Mahnung seien die erforderlichen Abänderungen von Amts wegen vorzunehmen gewesen. Die WG habe der Aufforderung der BH vom 21. März 1994 folgend ein Mitgliederverzeichnis vorgelegt, das 44 Mitglieder ausweise. Hinweise über erfolgte Austritte lägen hingegen nicht vor, womit die darin angeführten Liegenschaftseigentümer als Mitglieder anzusehen seien. Als weiteren Hinweis für diese Mitgliedschaften der Liegenschaftseigentümer sei der Umstand angesehen worden, es sei bezüglich des Johann R. anlässlich einer Bauplatzerklärung am 16. März 1995 vom Obmann der WG zu Protokoll gegeben worden, dass die Bauwerber gemäß den Satzungen der WG beizutreten haben. Der Ansicht der WG, dass diese lediglich aus den fünf Gründungsmitgliedern bestehe und das Mitgliederverzeichnis als Irrtum anzusehen sei, habe aus diesen Gründen nicht nachvollzogen werden können. Nachdem davon auszugehen sei, dass die WG mehr als 20 Mitglieder aufweise, sei gemäß § 79 Abs. 3 WRG 1959 i.d.g.F. eine Satzung zugrunde zu legen, die einen Ausschuss und Obmann anstelle eines Geschäftsführers vorsehe.

Dagegen erhob die WG mit Schriftsatz vom 16. Juni 2004 Berufung und beantragte, den Bescheid der BH aufzuheben und im Spruch dahingehend abzuändern, dass die von der WG vorgelegten Satzungen genehmigt werden, in eventu den Bescheid der BH aufzuheben und zur ergänzenden Beweisaufnahme betreffend die Anzahl der Mitglieder an die BH zurückzuverweisen. In der Berufung führte die WG u.a. aus, dass die BH den Sachverhalt nicht richtig erhoben habe und daher im Rahmen der rechtlichen Würdigung zum unrichtigen Ergebnis der Mitgliedschaft von 44 anstatt fünf Liegenschaftseigentümern gelangt sei. Dies verstoße gegen das Prinzip der Offizialmaxime und der Erforschung der materiellen Wahrheit. Die BH irre auch insofern, als sie die Rechtsmeinung vertrete, jeder Bezieher von Leistungen der WG sei automatisch deren Mitglied. Hingewiesen werde auf § 86 WRG 1959, der die Möglichkeit vorsehe, dass Nichteigentümer die Einrichtungen einer Wassergenossenschaft nutzen können. Desweiteren habe die BH die alten Satzungen zur Gänze aufgehoben und durch eigene ersetzt. Dies sei rechtswidrig, weil gemäß § 141 WRG 1959 der Umfang der Anpassung von Satzungen von den gegebenen Erfordernissen abhänge und nur insofern notwendig und legitim sei, als die alten Satzungen bzw. die vorgelegten neuen Satzungen nicht gesetzeskonform seien. Die BH habe nur jene Bestimmungen durch Mustersatzungsbestimmungen zu ersetzen, welche nach ihrer Ansicht rechtswidrig seien.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 6. Dezember 2004 wurde die Berufung der WG als unbegründet abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die WG binnen drei Jahren nach dem Inkrafttreten der Bestimmung des § 141 Abs. 4 WRG 1959 - somit bis zum 1. Jänner 2003 - eine Satzungsanpassung vorzunehmen gehabt hätte. Nach Ablauf dieser Frist und erfolgloser Mahnung sei die erforderliche Änderung von Amts wegen vorzunehmen gewesen. Hinsichtlich der Mitgliederanzahl der WG wies die belangte Behörde darauf hin, es sähen bereits die Satzungen aus dem Jahre 1964 vor, dass Mitglieder jene Eigentümer der durch die Genossenschaftsleitung versorgten Liegenschaften der Ortschaft G. in G. seien, die der Genossenschaft freiwillig beiträten. Außerdem könne aus dem Umstand, dass keine privatrechtlichen Vereinbarungen mit den Eigentümern der versorgten Liegenschaften vorgelegt worden seien, schlüssig abgeleitet werden, dass diese einen Mitgliederstatus genießen würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach Ansicht der belangten Behörde sei die Anpassung der Satzungen gemäß § 141 Abs. 1 WRG 1959 notwendig gewesen, weil ein Verstoß gegen § 79 Abs. 3 leg. cit. vorliege.

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 141 WRG 1959, BGBl. Nr. 215 in der Fassung der WRG-Novelle 1999 (BGBl. I Nr. 155/1999), lauten auszugsweise samt Überschrift:

     "......

     Bestehende Wassergenossenschaften und Wasserverbände

     (1) Sofern die Satzungen der nach den bisherigen gesetzlichen

Bestimmungen gebildeten Wassergenossenschaften und Wasserverbände

mit diesem Bundesgesetz in Widerspruch stehen, sind binnen drei

Jahren nach seinem Inkrafttreten entsprechend geänderte Satzungen

der nunmehr zuständigen Wasserrechtsbehörde zur Genehmigung

vorzulegen. Nach Ablauf dieser Frist und erfolgloser Mahnung sind

die erforderlichen Abänderungen von Amts wegen vorzunehmen.

     ......

     (4) Abs. 1 bis 3 sind auf die mit BGBl. I Nr. 155/1999

vorgenommenen Änderungen bei Wassergenossenschaften und

Wasserverbänden sinngemäß anzuwenden.

     ......"

§ 79 Abs. 3 WRG 1959 bestimmt u.a., dass an Stelle des Ausschusses ein Geschäftsführer, der die Aufgabe des Ausschusses und Obmanns in sich vereinigt, mit einem Stellvertreter gewählt werden kann, falls die Genossenschaft aus weniger als 20 Mitgliedern besteht.

Um im gegenständlichen Verfahren feststellen zu können, ob eine Satzungsanpassung der WG notwendig ist, ist zunächst zu klären, wie viele Mitglieder die WG umfasst bzw. ob es sich bei den im Mitgliederverzeichnis vom 29. April 1994 angeführten Liegenschaftseigentümern tatsächlich um Mitglieder der WG handelt.

In der Beschwerde wiederholt die WG ihren schon im Verwaltungsverfahren vertretenen Standpunkt, die WG bestehe aus lediglich fünf Mitgliedern, die übrigen im Mitgliederverzeichnis angeführten (39) Liegenschaftseigentümer hingegen seien Nichtmitglieder im Sinne des § 86 WRG 1959.

Die WRG-Novelle 1999 trat am 1. Jänner 2000 in Kraft. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides war daher die Rechtslage des WRG 1959 in der Fassung der WRG-Novelle 1999 maßgebend. Eine davor vorgenommene Einbeziehung von Liegenschaftseigentümern ist aber an Hand der Rechtslage im Zeitpunkt der Einbeziehung zu beurteilen; im Falle der Einbeziehung vor 1994 wäre somit die Rechtslage vor der WRG-Novelle 1999 heranzuziehen.

§ 86 Abs. 1 WRG 1959 lautet samt Überschrift:

"Beitragsleistungen von Nichtmitgliedern

(1) Eigentümer von Liegenschaften oder von Wasseranlagen, die einer Wassergenossenschaft nicht angehören, jedoch aus deren Einrichtungen einen wesentlichen Nutzen ziehen, sind auf Antrag der Genossenschaft durch Bescheid zu verhalten, einen angemessenen Kostenbeitrag zu leisten. § 78 Abs. 3 findet sinngemäß Anwendung."

§ 86 Abs. 2 WRG 1959, in der Fassung vor der WRG-Novelle 1999, lautet:

"(2) Die zur Beitragsleistung verhaltenen Grundeigentümer und Wasserberechtigten sind auf ihr Verlangen in die Genossenschaft aufzunehmen, soweit dies nach den Satzungen möglich ist."

§ 86 Abs. 2 WRG 1959, in der Fassung der WRG-Novelle 1999, lautet:

"(2) Die zur Beitragsleistung verhaltenen Grundeigentümer und Wasserberechtigten sind auf ihr Verlangen in die Genossenschaft einzubeziehen (§ 81)."

Die Neuformulierung des § 86 Abs. 2 WRG 1959 durch die WRG-Novelle 1999 trägt der Entkoppelung von Mitgliedschaft und Satzung Rechnung (RV 1199 BlgNR XX. GP, S. 27, zu Punkt 47).

Dass ein Wasserbezug aus einer genossenschaftlichen Anlage auch durch Nichtmitglieder gesetzlich vorgesehen ist, zeigt § 86 WRG 1959 (vgl. dazu Bumberger/Hinterwirth, WRG, E 1 zu § 86, S 478 sowie Kaan/Braumüller, Handbuch Wasserrecht, E 1 zu § 86, S 463 m.w.N.).

Es kann somit der Ansicht der belangten Behörde nicht gefolgt werden, dass allein aus dem Umstand, dass keine privatrechtliche Vereinbarung zwischen der WG und den versorgten Liegenschaftseigentümern vorgelegt wurde, abgeleitet werden könne, dass es sich bei den weiteren 39 näher genannten Liegenschaftseigentümern (siehe Schreiben der WG vom 29. April 1994) um Mitglieder der WG handle.

Die Voraussetzungen einer nachträglichen Einbeziehung von Eigentümern der durch die Genossenschaftsleitung versorgten Liegenschaften richten sich nach den jeweiligen Satzungen der WG und dem WRG 1959 in der jeweils geltenden Fassung.

§ 81 Abs. 1 WRG 1959, in seiner Stammfassung BGBl. Nr. 215,

lautet samt Überschrift:

"Nachträgliche Einbeziehung

Im Einvernehmen zwischen der Genossenschaft und den betreffenden Eigentümern (Berechtigten) können Liegenschaften oder Anlagen auch nachträglich einbezogen werden."

Die Satzung der WG vom 4. Mai 1964 bestimmt in § 3 Abs. 1 und 2, dass Eigentümer der durch die Genossenschaftsleitung versorgten Liegenschaften der WG freiwillig beitreten können oder durch Bescheid der Wasserrechtsbehörde zum Beitritt verpflichtet werden können. Im Einvernehmen zwischen der Genossenschaft und den betreffenden Eigentümern können Liegenschaften auch nachträglich einbezogen werden.

Für die Prüfung der Begründung der Mitgliedschaft vor dem 1. Jänner 2000 ist die Rechtslage vor der WRG-Novelle 1999 maßgebend.

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 77 Abs. 3 lit. b und Abs. 5 WRG 1959, BGBl. Nr. 215 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 252/1990 lauten (auszugsweise):

"§ 77. ......

     (3) Die Satzungen haben Bestimmungen zu enthalten über

     ......

     b) die Mitgliedschaft und die Rechte und Pflichten der

Mitglieder,

     ......

(5) Änderungen der Satzungen oder des Maßstabes für die Aufteilung der Kosten (§ 78) bedürfen wenigstens der Zweidrittelmehrheit der Stimmen der bei einer hierüber einberufenen Mitgliederversammlung anwesenden Mitglieder, im Falle eines Umlaufbeschlusses der Zweidrittelmehrheit der Stimmen aller Mitglieder. Sie werden erst nach Genehmigung durch die Wasserrechtsbehörde wirksam. Bei Zwangsgenossenschaften findet Abs. 2 sinngemäß Anwendung."

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - ergangen zur Rechtslage vor der WRG-Novelle 1999 (kurz: aF) - bedeutet die nachträgliche Einbeziehung von Liegenschaften in eine Wassergenossenschaft eine Änderung des Umfanges und macht daher eine - gemäß § 77 Abs. 5 WRG 1959 aF der Genehmigung durch die Wasserrechtsbehörde bedürftige - Satzungsänderung erforderlich (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. November 1991, Zl. 91/07/0094 m.w.N.).

Die Einbeziehung neuer Liegenschaften bedarf somit eines Einvernehmens im Sinne des § 81 Abs. 1 WRG 1959. Dazu bedarf es auf Seiten des Aufzunehmenden grundsätzlich eines Antrages, auf Seiten der WG bedarf es eines darauf gerichteten Beschlusses der Wassergenossenschaft. Weiters bedarf dies - wie oben bereits ausgeführt - einer Satzungsänderung, die wiederum von der Genehmigung der Wasserrechtsbehörde abhängig ist.

Feststellungen betreffend eine Beitrittserklärung der angeblichen 39 Mitglieder (oder einen diesen Antrag ersetzenden Bescheid der Wasserrechtsbehörde) sowie einen Beschluss der Mitgliederversammlung hinsichtlich der Einbeziehung neuer Liegenschaften fehlen ebenso wie Feststellungen, ob eine solche Genehmigung der Satzungsänderung seitens der Wasserrechtsbehörde vorliegt.

Der Ansicht der belangten Behörde, dass auf die Existenz der Mitgliedschaft der strittigen Mitglieder zu schließen sei, weil das von der WG vorgelegte Mitgliederverzeichnis vom 29. April 1994 insgesamt 44 Mitglieder ausweise, keine Anhaltspunkte für erfolgte Austritte bestünden und kein privatrechtlicher Vertrag betreffend die versorgten Liegenschaften vorgelegt worden sei, kann im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage vor Inkrafttreten der WRG-Novelle 1999 nicht gefolgt werden. Das Ermittlungsverfahren ist hinsichtlich der oben angeführten Tatbestandsvoraussetzungen nicht ausreichend und bedarf daher einer Ergänzung.

Zu prüfen ist weiters, ob und welche Auswirkungen durch die WRG-Novelle 1999 eingetreten sind, weil für die allfällige Begründung der Mitgliedschaft nach dem 1. Jänner 2000 die Rechtslage in der WRG-Novelle 1999 maßgebend ist und durch die im Rahmen diese vorgenommene Erweiterung der Satzungsautonomie das Erfordernis der Satzungsänderung betreffend Mitgliederwechsel entfallen ist.

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des §§ 77 Abs. 3, 5 und 7, sowie 80 Abs. 2 WRG 1959, BGBl. Nr. 215 in der Fassung der WRG-Novelle 1999 lauten (auszugsweise):

"§ 77. ......

     (3) Die Satzungen haben Bestimmungen zu enthalten über

     ......

     b)        Kriterien für die Mitgliedschaft und Grundsätze für

die Ermittlung der auf die einzelnen Mitglieder entfallenden Stimmen,

     c)        die Rechte und Pflichten der Mitglieder und die Art

der Ausübung des Stimmrechtes,

     ......

     g)        jene Angelegenheiten einschließlich Änderungen der

Satzung, hinsichtlich derer eine Beschlussfassung nur mit

besonderer Mehrheit erfolgen kann,

     ......

     (5) Änderungen der Satzungen nach Abs. 3 lit. g oder des

Maßstabes für die Aufteilung der Kosten (§ 78) bedürfen wenigstens

der Zweidrittelmehrheit der Stimmen der bei einer hierüber

einberufenen Mitgliederversammlung anwesenden Mitglieder, im Falle

eines Umlaufbeschlusses der Zweidrittelmehrheit der Stimmen aller

Mitglieder. Sie werden erst nach Genehmigung durch die

Wasserrechtsbehörde wirksam. Bei Zwangsgenossenschaften findet

Abs. 2 sinngemäß Anwendung.

     ......

     (7) Einer Satzung (Satzungsänderung) ist die Genehmigung zu

versagen, soweit sie mit den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in

Widerspruch steht, oder wenn sie nicht satzungsgemäß zu Stande

gekommen ist. Auf sonstige Mängel kann die Wassergenossenschaft

hingewiesen werden.

     ......

§ 80. ......

(2) Die Genossenschaft hat ein Verzeichnis ihrer Mitglieder zu führen und stets auf dem aktuellen Stand zu halten. Sie hat der Wasserrechtsbehörde und der Wasserbuchbehörde jährlich den Mitgliederstand unter Angabe der Mitglieder sowie Veränderungen mitzuteilen."

Aus den Beilagen der Parlamentarischen Materialen der WRG-Novelle 1999 (RV 1199 BlgNR XX. GP, S. 24 f, zu Punkt 25), zu § 77 Abs. 3 lit. b und c WRG 1959, ergibt sich, dass

"bisher (...) Aufnahme und Ausscheiden von Mitgliedern der Genossenschaft jeweils mit einer Änderung der Satzung verbunden (waren). Beschlüsse über Satzungsänderungen waren aber nicht leicht zu erreichen, insbesondere wenn sich an der Kostenbelastung für die Mitglieder etwas änderte, oder bei einer größeren Anzahl von Mitgliedern. Mit der Neuregelung wird nun versucht, hier eine Vereinfachung herbeizuführen. Zukünftig ist die Mitgliedschaft einzelner Anlagen und Grundstücke nicht mehr unmittelbar an die Satzung selbst gebunden, die Satzungen sollen lediglich jene Kriterien angeben, die für die Mitgliedschaft bestimmend sind; die Aufnahme erfolgt durch den genossenschaftlichen Zusammenschluss selbst, durch gemeinsame Willenserklärung von Genossenschaft und Beitrittswilligem auf Grundlage der Satzungen oder durch erzwungenen Beitritt, dh. es ist keine Satzungsänderung bei Änderung des Mitgliederstandes erforderlich. Damit soll auch mehr Flexibilität beim etwaigen Mitgliederwechsel erreicht werden, die behördliche Genehmigungspflicht entfällt. Durch die vorgesehene Ergänzung der §§ 80 und 124 wird erreicht, dass dennoch hinreichend bekannt ist, wer Mitglied einer Wassergenossenschaft ist."

Nach §§ 77 Abs. 5 und 80 Abs. 2 WRG 1959 in der Fassung der WRG-Novelle 1999 besteht bei einer Neuaufnahme von Mitgliedern in eine WG weder die Notwendigkeit der Änderung der Satzung, noch die der Einholung der behördlichen Genehmigung für eine solche Satzungsänderung mehr (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 15. November 2001, Zl. 2000/07/0034). Weiterhin bedarf es aber eines Antrags der aufzunehmenden Liegenschaftseigentümer sowie eines entsprechenden satzungsgemäßen Beschlusses des zuständigen Genossenschaftsorgans (Einvernehmen im Sinne des § 81 Abs. 1 WRG 1959). Diesbezügliche Feststellungen finden sich jedoch - wie oben bereits ausgeführt - weder im erstinstanzlichen noch im angefochtenen Bescheid, noch sind sie dem Akteninhalt zu entnehmen.

Vor diesem Hintergrund und nach der notwendigen Ergänzung des Ermittlungsverfahrens wird die belangte Behörde somit - auch unter Bedachtnahme auf die Ausführungen zur jeweiligen Rechtslage - die Frage des Bestehens der in Rede stehenden Mitgliedschaften erneut zu prüfen haben.

Der angefochtene Bescheid war daher angesichts der aufgezeigten Feststellungs- und Begründungsmängel gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Im fortgesetzten Verfahren wird sich die belangte Behörde auch mit dem Argument der beschwerdeführenden Partei auseinander zu setzen haben, dass die Wasserrechtsbehörde durch Erlassung gänzlich neuer Satzungen statt einer Anpassung ihre Befugnisse überschritten habe.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 24. Juli 2008

Schlagworte

Begründung BegründungsmangelVerfahrensbestimmungen AllgemeinBesondere RechtsgebieteAuslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2Verfahrensbestimmungen Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005070028.X00

Im RIS seit

18.08.2008

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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