TE Vwgh Erkenntnis 2008/12/18 2008/06/0111

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.12.2008
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
25/01 Strafprozess;
25/02 Strafvollzug;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §62;
StPO 1975 §182 Abs4;
StPO 1975 §188 Abs1 Z2;
StVG §107 Abs1 Z10;
StVG §116 Abs4;
StVG §120;
StVG §26 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X Y, zur Zeit in der Justizanstalt Z, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen den Bescheid der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Wien vom 13. Mai 2008, 1 Vk 38/08, betreffend eine Ordnungswidrigkeit gemäß dem Strafvollzugsgesetz (weitere Partei: Bundesministerin für Justiz), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang des Ausspruches über das Strafausmaß und des Widerrufes der bedingten Strafnachsicht wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer befand sich im beschwerdegegenständlichen Zeitraum und befindet sich seither auch weiterhin in Untersuchungshaft in der Justizanstalt Z (kurz: Justizanstalt oder JA). Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis der Anstaltsleiterin vom 3. April 2008 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe am 25. März 2008 in der JA dadurch, dass er entgegen den Bestimmungen des § 26 Abs. 1 StVG beim Sicherheitsbesuch in der Vernehmungszone der JA die Anordnung eines Justizwachebeamten, das Gespräch in deutscher Sprache zu führen, nicht unverzüglich befolgt habe, sondern mit diesem eine Diskussion begonnen habe, die in weiterer Folge eskaliert sei, vorsätzlich den allgemeinen Pflichten der Strafgefangenen nach § 26 StVG zuwider gehandelt. Er habe dadurch in Ansehung des § 182 Abs. 4 StPO eine Ordnungswidrigkeit nach § 107 Abs. 1 Z 10 StVG begangen und wurde hiefür gemäß § 109 Z 3 und § 112 StVG mit der Ordnungsstrafe der Entziehung des Rechtes auf Besuchsempfang für drei folgende Termine bestraft. Gemäß § 116 Abs. 7 StVG wurde zudem die mit Straferkenntnis vom 14. Februar 2008 bedingt verhängte Ordnungsstrafe des einfachen Hausarrestes in der Dauer von 7 Tagen widerrufen.

Zur Begründung heißt es, der Beschwerdeführer befinde sich wegen des Verdachtes der Begehung näher bezeichneter strafbarer Handlungen in Untersuchungshaft (Anmerkung: nach dem Zusammenhang und dem Akteninhalt befand sich das gerichtliche Strafverfahren bereits im Stadium des Hauptverfahrens). Der Beschwerdeführer sei österreichischer Staatsangehöriger und spreche als solcher ausgezeichnet deutsch. Auf Grund der näher bezeichneten Delikte, die dem Beschwerdeführer zur Last gelegt worden seien, und auf Grund von Informationen seitens des Gerichtes über etwaige Verbindungen in der Außenwelt sei über den Genannten in der Justizanstalt die höchste Sicherheitsstufe verfügt worden. Diese sehe unter anderem vor, dass Besuche als Sicherheitsbesuche in der Vernehmungszone der JA durchgeführt würden. Die Verantwortlichkeit zur Durchführung eines Sicherheitsbesuches und dessen Überwachung obliege dem ranghöchsten, unmittelbar aufsichtführenden Justizwachebeamten.

Am 25. März 2008 sei um etwa 12.50 Uhr ein gerichtlich bewilligter Sicherheitsbesuch des Beschwerdeführers mit drei Besuchern durchgeführt worden. Die Verantwortlichkeit zur Durchführung dieses Sicherheitsbesuches sei bei einem bestimmten Justizwachebeamten gelegen. Während des Sicherheitsbesuches habe der Beschwerdeführer begonnen, mit den Besuchern in arabischer Sprache zu sprechen. Daraufhin sei der verantwortliche Justizwachebeamte eingeschritten und habe angeordnet, dass der Sicherheitsbesuch in deutscher Sprache durchzuführen sei. Der Beschwerdeführer sei dieser Anordnung nicht unverzüglich nachgekommen, sondern habe mit dem verantwortlichen Justizwachebeamten eine Diskussion begonnen "die in weiterer Folge eskalierte und schließlich zum Abbruch des Besuches" geführt habe.

Im durchgeführten Beweisverfahren habe der Beschwerdeführer zugegeben, mit dem verantwortlichen Justizwachebeamten diskutiert zu haben. Er habe dies unter anderem damit begründet, dass der Gebrauch der arabischen Sprache richterlich bewilligt worden sei und er bereits mehrmals bei Sicherheitsbesuchen die arabische Sprache habe verwenden dürfen. Er habe den Justizwachebeamten auch ersucht, mit dem zuständigen Richter diesbezüglich Rücksprache zu halten und angeboten, den Besuch einstweilen zu unterbrechen.

Dem stehe die zeugenschaftliche Aussage des betreffenden Justizwachebeamten vom 3. April 2008 entgegen: Als Verantwortlicher für den Sicherheitsbereich habe er versucht, die Bestimmungen des § 94 Abs. 4 StVG durchzusetzen. Die Durchführung eines Sicherheitsbesuches bedinge eine inhaltliche Gesprächsüberwachung, um allfällige die Sicherheit und Ordnung gefährdende Absprachen zwischen Insassen und Besuchern wahrnehmen zu können.

Auf Grund der Tatsache, dass die inhaltliche Gesprächsüberwachung bei Sicherheitsbesuchen durch die Justizwache unabhängig von der richterlichen Gesprächsüberwachung stattfinde, und weil dem Beschwerdeführer der Gebrauch der deutschen Sprache zuzumuten gewesen sei, sei seiner Verantwortung nicht gefolgt worden.

Auch der Argumentation des Beschwerdeführers, er habe bereits mehrmals bei Sicherheitsbesuchen die arabische Sprache verwenden dürfen, sei nicht zu folgen gewesen: Die Verantwortlichkeit zur Durchführung eines Sicherheitsbesuches und dessen Überwachung obliege im Einzelfall dem ranghöchsten, unmittelbar aufsichtführenden Justizwachebeamten.

Der Beschwerdeführer habe demnach durch seine Handlungsweise eindeutig den in den näher bezeichneten Gesetzesstellen angeführten Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllt. Bei der Strafzumessung sei kein Umstand mildernd gewesen, erschwerend sei gewesen der rasche Rückfall durch das fortgesetzte ordnungswidrige Verhalten, das Eskalieren der Situation und die daraus entstandene Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt. Der Widerruf der bedingten Strafnachsicht hinsichtlich des früheren Straferkenntnisses vom 14. Februar 2008 wurde (im Spruch) damit begründet, dass der Beschwerdeführer innerhalb der Probezeit eine neuerliche Ordnungswidrigkeit begangen habe.

Feststellungen zu diesem früheren Ordnungsstraferkenntnis enthält der erstinstanzliche Bescheid nicht (auch nicht der angefochtene Bescheid), es befindet sich aber in den Verwaltungsakten. Demzufolge habe sich der Beschwerdeführer am 29. Jänner 2008 durch näher wiedergegebene Äußerungen gegenüber einem Justizwachebeamten ungebührlich benommen und ungeachtet mehrmaliger Abmahnungen die Anordnung, sich einer routinemäßigen Leibesvisitation zu unterziehen, nicht befolgt. Hiefür wurde er mit der Ordnungsstrafe des einfachen Hausarrestes in der Dauer von 7 Tagen bestraft, wobei der Vollzug dieser Ordnungsstrafe gemäß § 116 Abs. 7 StVG unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachgesehen wurde (in der schriftlichen Ausfertigung heißt es "... unter Bestimmung einer Probezeit von Monat(en) bedingt nachgesehen" - d.h., es ist daraus die Dauer der Probezeit nicht ersichtlich, weil die Anzahl der Monate nicht angeführt ist). Das Straferkenntnis wurde gemäß den Akten dem Beschwerdeführer am 14. Februar 2008 wohl durch einen Justizwachebeamten (nicht durch die Anstaltsleiterin) verkündet; der Beschwerdeführer erklärte, auf Rechtsmittel zu verzichten, und begehrte keine schriftliche Ausfertigung des Straferkenntnisses. Den Akten ist nicht zu entnehmen, dass ihm eine solche schriftliche Ausfertigung zugestellt worden wäre.

Der Beschwerdeführer erhob gegen das ihm in schriftlicher Ausfertigung zugestellte Straferkenntnis vom 3. April 2008 Berufung an die belangte Behörde, in welcher er geltend machte, es sei ihm erlaubt gewesen, arabisch zu sprechen. Sein Vater, der ihn besucht habe, spreche arabisch geläufiger als deutsch. Den Akten sei zu entnehmen, dass die Anstaltsleiterin erst nach dem 25. März 2008, nämlich am 28. März 2008 verfügt habe, dass Gespräche mit Besuchern auf deutsch zu führen seien und dies sinngemäß vom Gericht vom 2. April 2008 verfügt worden sei. Es bestehe keine Rechtsgrundlage für die verhängte Strafe. Ebensowenig bestehe ein Anlass, die Nachsicht vom Vollzug des Hausarrestes zu widerrufen.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Beschwerde keine Folge gegeben.

Dies wird nach Hinweis auf den Verfahrensgang und gesetzliche Bestimmungen zusammengefasst damit begründet, dass die Führung des Gesprächs in arabischer Sprache durch den Beschwerdeführer der Bestimmung des § 94 Abs. 4 StVG widerspreche. Er sei der deutschen Sprache mächtig und gehöre keiner inländischen sprachlichen Minderheit an. Dass sein Vater der deutschen Sprache nicht mächtig sei, werde nicht einmal in der Beschwerde behauptet. Vielmehr ergebe sich schon aus dem Beschwerdevorbringen, diesem sei die arabische Sprache geläufiger als die deutsche, und dass er jedenfalls auch der deutschen Sprache hinreichend mächtig sei, um sich mit seinem Sohn zu unterhalten. Der für die Besuchsüberwachung verantwortliche Justizwachebeamte habe daher vollkommen zu recht auf Grund des Verstoßes des Beschwerdeführers gemäß § 94 Abs. 4 StVG diesen gemäß § 95 StVG zum Gebrauch der deutschen Sprache aufgefordert. Selbst wenn aber der Vater des Beschwerdeführers der deutschen Sprache überhaupt nicht mächtig wäre, sei die Aufforderung des Justizwachebeamten, das Gespräch auf deutsch zu führen, zu recht ergangen. Da nämlich im Hinblick auf die Einstufung des Beschwerdeführers unter die höchste Sicherheitsstufe durch ein Gespräch in einer dem Justizwachebeamten nicht verständlichen Fremdsprache eine Gefährdung der Ordnung und Sicherheit der Anstalt zu befürchten wäre, wäre dem Gespräch ein Dolmetscher beizuziehen gewesen.

Da der Beschwerdeführer dieser Aufforderung, die ebenso wie deren Befolgung nicht gegen strafgesetzliche Normen verstoßen und auch nicht die Menschenwürde verletzt habe, nicht nachgekommen sei, sondern mit dem Justizwachebeamten zu diskutieren begonnen habe, sodass der Besuch schlussendlich abgebrochen habe werden müssen, habe er den allgemeinen Pflichten von Strafgefangenen nach § 26 StVG zuwidergehandelt und dadurch eine Ordnungswidrigkeit nach § 107 Abs. 1 Z 10 StVG begangen.

Der Einwand in der Beschwerde, die Anstaltsleiterin hätte ebenso wie der zuständige Richter erst nach diesem Vorfall eine Gesprächsführung in deutscher Sprache angeordnet, versage. Die Überwachung des Besuches, daher auch der dabei geführten Gespräche liege nämlich in der Verantwortung des für die Besuchsüberwachung verantwortlichen Justizwachebeamten. Dies ergebe sich schon daraus, dass § 94 Abs. 1 StVG dem Anstaltsleiter lediglich das Recht einräume, ein Unterbleiben der Gesprächsüberwachung zu bewilligen. Daraus sei aber der Umkehrschluss zu ziehen, dass es einer Anordnung der - gesetzlich, wie zuvor dargestellt, klar geregelten - Gesprächsüberwachung durch den Anstaltsleiter überhaupt nicht bedürfe.

Die verhängte Sanktion erweise sich angesichts des durch eine Ordnungsstrafe getrübten Vorlebens des Beschwerdeführers und dem raschen Rückfall in offener Probezeit als schuld- und tatangemessen.

Die durch den raschen Rückfall innerhalb offener Probezeit dokumentierte Wirkungslosigkeit der Vorstrafe mache auch den Widerruf der dabei gewährten bedingten Strafnachsicht aus spezialpräventiven Erwägungen erforderlich.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und zugleich beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen; auf die Einbringung einer Gegenschrift wurde verzichtet. Angesprochen wird der Vorlageaufwand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind insbesondere folgende gesetzliche

Bestimmungen maßgeblich:

Aus der Strafprozessordnung 1975, BGBl. Nr. 631 (StPO), in der hier maßgeblichen Fassung gemäß BGBl. I Nr. 109/2007:

"(§ 182) (2) Das Leben in Untersuchungshaft soll den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich angeglichen werden. Beschränkungen dürfen verhafteten Beschuldigten nur insoweit auferlegt werden, als dies gesetzlich zulässig und zur Erreichung des Haftzwecks (Abs. 1) oder zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der Justizanstalt notwendig ist.

...

(4) Im Übrigen sind, soweit dieses Gesetz im Einzelnen nichts anderes bestimmt, auf den Vollzug der Untersuchungshaft die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes über den Vollzug von Freiheitsstrafen, deren Strafzeit 18 Monate nicht übersteigt, dem Sinn nach anzuwenden."

"Verkehr mit der Außenwelt

§ 188. (1) Angehaltene Beschuldigte dürfen Besuche innerhalb der festgesetzten Besuchszeiten so oft und in dem zeitlichen Ausmaß empfangen, als die Abwicklung ohne unvertretbaren Aufwand gewährleistet werden kann. Im Übrigen gelten für den Empfang von Besuchen die §§ 85 bis 87 und 93 bis 96 StVG sinngemäß mit folgenden Maßgaben:

1. Beschuldigten darf nicht verwehrt werden, wenigstens zweimal in jeder Woche einen Besuch in der Dauer von mindestens einer halben Stunde zu empfangen,

2. auf den Inhalt des zwischen einem Beschuldigten und einem Besucher geführten Gesprächs hat sich die Überwachung nur zu erstrecken, wenn dies die Staatsanwaltschaft zur Sicherung des Haftzwecks oder der Anstaltsleiter zur Aufrechterhaltung der Sicherheit in der Anstalt anordnet,

3. der Besuch bestimmter Personen, von denen eine Gefährdung des Zweckes der Untersuchungshaft oder der Sicherheit der Anstalt zu befürchten ist, kann untersagt oder abgebrochen werden.

(2) ..."

"Zuständigkeit für Entscheidungen

§ 189. (1) Die Entscheidung darüber, mit welchen Personen angehaltene Beschuldigte schriftlich verkehren und welche Besuche sie empfangen dürfen, die Überwachung ihres Briefverkehrs und ihrer Besuche sowie alle übrigen Anordnungen und Entscheidungen, die sich auf den Verkehr der angehaltenen Beschuldigten mit der Außenwelt (§§ 86 bis 100 des Strafvollzugsgesetzes) beziehen, stehen, mit Ausnahme der Überwachung der Paketsendungen, im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft, im Hauptverfahren dem Gericht zu. Von der Überwachung des Brief- und Telefonverkehrs darf nur insoweit abgesehen werden, als davon keine Beeinträchtigung des Haftzweckes zu befürchten ist.

(2) Die Entscheidungen nach § 16 Abs. 2 Z 2, 4 und 5 des Strafvollzugsgesetzes stehen dem für die Entscheidung über die Verhängung und Fortsetzung der Untersuchungshaft zuständigen Gericht zu.

(3) Im Übrigen stehen alle Anordnungen und Entscheidungen hinsichtlich der Anhaltung in Untersuchungshaft dem Anstaltsleiter oder dem von diesem dazu bestellten Vollzugsbediensteten zu. (...) Ordnungswidrigkeiten, die von angehaltenen Beschuldigten begangen wurden, sind der Staatsanwaltschaft und dem Gericht mitzuteilen. Das gleiche gilt von Vorfällen, von denen eine Beeinträchtigung der Haftzwecke zu befürchten ist."

Aus dem Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969 (StVG), in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 109/2007:

"§ 26. (1) Die Strafgefangenen haben den Anordnungen der im Strafvollzug tätigen Personen Folge zu leisten. Sie dürfen die Befolgung von Anordnungen nur ablehnen, wenn die Anordnung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstößt oder die Befolgung dagegen verstoßen oder offensichtlich die Menschenwürde verletzen würde.

(2) ..."

"Besuche

§ 93. (1) Strafgefangene dürfen Besuche innerhalb der festgesetzten Besuchszeiten so oft und in dem zeitlichen Ausmaß empfangen, als deren Abwicklung mit vertretbarem Aufwand gewährleistet werden kann. Es darf ihnen nicht verwehrt werden, jede Woche wenigstens einen Besuch in der Dauer von mindestens einer halben Stunde zu empfangen; wenigstens einmal innerhalb von sechs Wochen ist die Besuchsdauer auf mindestens eine Stunde zu verlängern. Erhält ein Strafgefangener selten Besuch oder hat ein Besucher einen langen Anreiseweg, so ist die Besuchsdauer jedenfalls angemessen zu verlängern.

(2) ...

"§ 94. (1) Außer in den Fällen des § 93 Abs. 2 sind Besuche nur während der Besuchszeiten zu gestatten. Diese sind vom Anstaltsleiter an mindestens vier Wochentagen, davon wenigstens einmal am Abend oder am Wochenende, festzusetzen; auf Besucher, die berufstätig sind oder eine weite Anreise haben, ist hiebei Rücksicht zu nehmen. Die Besuche haben in den dafür vorgesehenen Besuchsräumen oder, wenn es die Witterung gestattet, innerhalb dafür vorgesehener Teile des Anstaltsbereiches im Freien stattzufinden. Soweit ein Missbrauch nicht zu besorgen ist, kann der Anstaltsleiter, insbesondere bei Besuchen von Angehörigen, ein Unterbleiben der Überwachung des Gespräches oder andere Lockerungen der Besuchsgestaltung bewilligen. Bei bettlägerigen oder ihrer Krankheit wegen abgesonderten Strafgefangenen hat der Anstaltsleiter nach Anhörung des Anstaltsarztes Besuche im Krankenraum zu gestatten, es sei denn, dass davon eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt oder der Gesundheit des Strafgefangenen, des Besuchers oder dritter Personen zu besorgen wäre.

(2) Die Besucher haben sich, wenn sie nicht bekannt sind, über ihre Person auszuweisen. Sie sind in kurzen und einfachen Worten darüber zu belehren, wie sie sich beim Besuche zu verhalten haben.

(3) Die Besucher haben sich so zu verhalten, dass die Zwecke des Strafvollzuges nicht gefährdet werden und der Anstand nicht verletzt wird. Die Besucher und die Strafgefangenen dürfen einander keine Gegenstände übergeben.

(4) Soweit nicht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes eine Überwachung des Inhalts des Gespräches zwischen dem Strafgefangenen und dem Besucher zu unterbleiben hat, ist das Gespräch verständlich, in deutscher Sprache und auch sonst so zu führen, dass es leicht überwacht werden kann. Angehörige einer inländischen sprachlichen Minderheit sind zum Gebrauch ihrer Sprache berechtigt. Ist ein Strafgefangener der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig, so ist der Gebrauch einer Fremdsprache zulässig; dies gilt, soweit keine Bedenken bestehen, auch dann, wenn der Besucher der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig ist.

Überwachung der Besuche

§ 95. Die Besuche sind schonend zu überwachen. Soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird, kann sich die Überwachung auch auf den Inhalt des zwischen dem Strafgefangenen und dem Besucher geführten Gespräches erstrecken, soll sich jedoch auf Stichproben beschränken. Erforderlichenfalls ist ein fremdsprachenkundiger Strafvollzugsbediensteter oder ein Dolmetscher beizuziehen. Von der Beiziehung eines Dolmetschers ist jedoch abzusehen, wenn die damit verbundenen Kosten im Hinblick darauf, dass von dem Gespräch eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt nicht zu befürchten ist, mit dem Grundsatz einer sparsamen Verwaltung nicht in Einklang stünden. Verstoßen die Strafgefangenen oder die Besucher gegen die Bestimmungen des § 94 Abs. 3 und 4, so sind sie in leichten Fällen abzumahnen. Im Wiederholungsfalle oder bei ernsten Verstößen ist der Besuch unbeschadet der Zulässigkeit einer strafrechtlichen oder verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung abzubrechen."

"§ 107. (1) Eine Ordnungswidrigkeit begeht der Strafgefangene, der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes vorsätzlich

...

10. sonst den allgemeinen Pflichten der Strafgefangenen nach § 26 zuwiderhandelt."

"Ahndung von Ordnungswidrigkeiten

§ 108. (1) Begeht ein Strafgefangener eine Ordnungswidrigkeit, so ist er in jedem Fall durch den aufsichtführenden Strafvollzugsbediensteten abzumahnen.

(2) Ist die Schuld des Strafgefangenen gering, hat die Ordnungswidrigkeit keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen und scheint die Bestrafung auch nicht geboten, um den Strafgefangenen von künftigen Verfehlungen abzuhalten, so hat es bei der Abmahnung sein Bewenden. Andernfalls ist gegen den Strafgefangenen eine Strafe zu verhängen.

(3) Der aufsichtführende Strafvollzugsbedienstete hat die Begehung einer Ordnungswidrigkeit dem Anstaltsleiter zu melden, wenn er der Ansicht ist, dass nach Abs. 2 eine Strafe zu verhängen sei, oder wenn er dies zumindest für möglich hält."

"Strafen für Ordnungswidrigkeiten

§ 109. Als Strafen für Ordnungswidrigkeiten kommen nur eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen in Betracht:

1.

der Verweis;

2.

die Beschränkung oder Entziehung von Vergünstigungen;

3.

die Beschränkung oder Entziehung der Rechte auf Verfügung über das Hausgeld (§ 54), Fernsehempfang (§ 58), Briefverkehr (§ 87), Besuchsempfang (§ 93) oder Telefongespräche (§ 96a);

4.

die Geldbuße;

5.

der Hausarrest."

"Beschränkung oder Entziehung von Rechten

§ 112. (1) Die Strafe der Beschränkung oder zeitweiligen Entziehung des Rechtes auf Briefverkehr, Besuchsempfang oder Telefongespräche darf nur wegen eines Missbrauchs dieses Rechtes verhängt werden.

(2) (...) Das Recht auf Besuchsempfang darf höchstens in der Weise entzogen oder beschränkt werden, dass der Strafgefangene bis zu dreimal in ununterbrochener Folge zu den sonst vorgesehenen Zeitpunkten keine oder nur bestimmte Besuche empfangen darf.

(3)"

"Verfahren bei Ordnungswidrigkeiten

§ 116. (1) Über die Verhängung von Ordnungsstrafen hat unbeschadet der Bestimmung des § 108 die Vollzugsbehörde erster Instanz zu entscheiden. Richtet sich die Ordnungswidrigkeit aber gegen die Person des Anstaltsleiters, so steht die Entscheidung der Vollzugskammer zu. Die Zuständigkeit bleibt auch erhalten, wenn der Strafgefangene während eines anhängigen Ordnungsstrafverfahrens in eine andere Anstalt überstellt wird.

...

(4) Ein Straferkenntnis hat, wenn sich die Ordnungswidrigkeit nicht gegen die Person des Anstaltsleiters gerichtet hat, dieser, sonst sein Stellvertreter dem Strafgefangenen zu verkünden. Zugleich ist der Strafgefangene über die Möglichkeit einer Beschwerde (§ 120) zu belehren. Auf sein Verlangen ist ihm eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses zuzustellen. (...)

...

(7) Die erkennende Behörde (Abs. 1) kann die im § 109 Z 2 bis 5 angeführten Strafen ganz oder teilweise unbedingt oder unter Bestimmung einer Probezeit von einem bis zu sechs Monaten bedingt nachsehen, mildern oder mildernd umwandeln, wenn dies bei Berücksichtigung aller Umstände zweckmäßiger ist als der Vollzug oder weitere Vollzug der verhängten Strafe. Die Probezeit endet spätestens mit der Entlassung aus der Strafhaft. Wird der Strafgefangene innerhalb der Probezeit wegen einer weiteren Ordnungswidrigkeit schuldig erkannt, so ist die bedingte Nachsicht nach Anhörung des Strafgefangenen zu widerrufen und die Strafe zu vollziehen, sofern es nicht aus besonderen Gründen zweckmäßig erscheint, trotzdem von einem Widerruf abzusehen. Wegen einer in der Probezeit begangenen Ordnungswidrigkeit kann der Widerruf auch noch binnen sechs Wochen nach Ablauf der Probezeit stattfinden."

Soweit in der Beschwerde die Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten geltend gemacht wird, ist dem zu entgegnen, dass dies nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes, sondern des Verfassungsgerichtshofes fällt.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers gilt § 26 Abs. 1 StVG (diese Bestimmung ist hier von Bedeutung) auch für Untersuchungshäftlinge (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2002, Zl. 2000/20/0344).

Auch die Auffassung der belangten Behörde ist unzutreffend, dass im Beschwerdefall ausschließlich die Bestimmungen des StVG, insbesondere § 94 Abs. 4 StVG, (und nicht auch jene der StPO) maßgeblich wären. Die StPO trifft nämlich in ihrem § 188 Abs. 1 hinsichtlich der Besuche abweichende Bestimmungen (§ 182 Abs. 4 StPO) zum StVG.

Gemäß § 188 Abs. 1 Z 2 StPO hat sich die Überwachung auf den Inhalt des zwischen einem Beschuldigten und einem Besucher geführten Gesprächs nur zu erstrecken, wenn dies die Staatsanwaltschaft zur Sicherung des Haftzwecks oder der Anstaltsleiter zur Aufrechterhaltung der Sicherung in der Anstalt anordnet, d.h., nach der hier maßgeblichen, für Untersuchungshäftlinge geltende Rechtslage ist es nicht so, dass der Inhalt solcher Gespräche nur dann nicht zu überwachen wäre, wenn das Unterbleiben der Überwachung eigens bewilligt worden wäre, sondern gerade umgekehrt: Der Inhalt des Gespräches ist nur dann zu überwachen, wenn dies angeordnet wurde. Mangels einer solchen Anordnung hat eine Überwachung zu unterbleiben, dies mit der weiteren Konsequenz, dass kein rechtliches Hindernis besteht, auch ohne Beiziehung eines Dolmetschers das Gespräch in einer fremden Sprache zu führen. Eine ausdrückliche oder stillschweigende Bewilligung, nicht zu überwachende Gespräche in einer fremden Sprache zu führen, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Erginge eine solche Bewilligung, würde dies nur zum Ausdruck bringen, dass eben keine Anordnung erfolgt, das Gespräch zu überwachen.

In Verkennung der Rechtslage hat aber die belangte Behörde Feststellungen darüber unterlassen, ob die Überwachung der Gespräche im Sinne des § 188 Abs. 1 Z 2 StPO angeordnet wurde oder nicht, vielmehr (zu Unrecht) eine Auseinandersetzung mit dieser Frage als entbehrlich erachtet. Zwar ist in der Wiedergabe der Darstellung des Anstaltsleiters im angefochtenen Bescheid davon die Rede, dass "in der Justizanstalt die höchste Sicherheitsstufe verhängt worden sei", die unter anderem vorsehe, dass Besuche als Sicherheitsbesuche in der Vernehmungszone der Justizanstalt durchzuführen seien, wobei unabhängig von einer richterlichen Gesprächsüberwachung eine inhaltliche Gesprächsüberwachung stattfinde, um allfällige die Sicherheit und Ordnung gefährdende Absprachen zwischen Insassen und Besuchern wahrnehmen zu können. Auch ist im angefochtenen Bescheid von einem "Sicherheitsbesuch" die Rede. Dies könnte zwar als Anordnung der Überwachung der Gespräche durch den Anstaltsleiter zur Aufrechterhaltung der Sicherheit in der Anstalt verstanden werden. Aber abgesehen davon, dass dies nicht ausdrücklich festgestellt wurde, ist damit auch keine ausreichende Auseinandersetzung mit dem Vorbringen in der Beschwerde an die belangte Behörde erfolgt, wonach es zum Zeitpunkt des hier verfahrensgegenständlichen Vorfalles am 25. März 2008 noch keine solche Anordnung gegeben habe. Zu Recht verweist nämlich der Beschwerdeführer darauf, es sei nämlich erst am 28. März 2008 von der Anstaltsleiterin verfügt worden, dass Gespräche mit Besuchern auf deutsch zu führen seien. Daher ist in diesem Zusammenhang unklar, ob damit nur bereits bestehende Anordnungen bestärkt oder aber inhaltlich geändert (verschärft) werden sollten.

Daraus ergibt sich Folgendes: Zutreffend hat die belangte Behörde erkannt, dass die an den Beschwerdeführer gerichtete Anordnung des verantwortlichen Justizwachebeamten, das Gespräch mit seinen Besuchern in deutscher Sprache zu führen, weder gegen strafgesetzliche Vorschriften verstieß, noch deren Befolgung dagegen verstoßen noch offensichtlich die Menschenwürde verletzt hätte. Man kann auch nicht sagen, dass es für solche Anordnungen keine gesetzliche Grundlage gäbe, auch nicht, es gäbe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sie wie eine Schikane weder zur Erreichung des Haftzweckes noch zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt erforderlich wäre (siehe dazu die Erwägungen im hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2002, Zl. 2000/20/0344, mwN.). Diese Anordnung war daher für den Beschwerdeführer verbindlich und von ihm zu befolgen, dies auch dann, wenn diese Weisung (dieser Befehl) mangels Anordnung der Überwachung der Gespräche inhaltlich rechtswidrig gewesen sein sollte. Die Nichtbefolgung einer solchen Anordnung des Justizwachebeamten ist vielmehr tatbildmäßig im Sinne des § 107 Abs. 1 Z 10 StVG, dies aber unbeschadet der Möglichkeit des Untersuchungshäftlings, sich gemäß § 120 StVG gegen rechtswidrige Anordnungen des Justizwachebeamten zu beschweren. Allerdings kann es einem Untersuchungshäftling in einer solchen Fallkonstellation nicht verwehrt werden, der Anordnung des Justizwachebeamten seine Bedenken an ihrer Rechtmäßigkeit entgegenzuhalten, was für sich allein keine Ordnungswidrigkeit (§ 107 StVG) darstellt. Ein solcher Einwand auf sachlicher Ebene muss vielmehr zulässig sein. Der Beschwerdeführer hat sich aber - wie eingangs dargestellt - darüber hinausgehend gegen die gegenständliche Anordnung gewendet.

Der Schuldspruch erfolgte daher zu Recht.

Hinsichtlich der Strafzumessung haben die Behörden des Verwaltungsverfahrens dem Beschwerdeführer das vorangegangene Straferkenntnis vom 14. Februar 2008 und den raschen Rückfall innerhalb einer offenen Probezeit entgegengehalten, wobei die belangte Behörde auch hinsichtlich des Widerrufs der bedingten Nachsicht mit der Wirkungslosigkeit des vorangegangenen Straferkenntnisses argumentierte.

Dem ist allerdings Folgendes zu entgegnen: Nach dem Inhalt der vorgelegten Akten wurde das Straferkenntnis vom 14. Februar 2008 (anders als das hier verfahrensgegenständliche) nicht in schriftlicher Ausfertigung zugestellt. Es wurde lediglich verkündet, aber erkennbar nicht durch die Anstaltsleiterin, jedenfalls lässt sich dies den Verwaltungsakten nicht entnehmen. Erfolgte aber die Verkündung des Straferkenntnisses nicht durch das im § 116 Abs. 4 StVG vorgesehene Organ, ist keine wirksame Verkündung im Rechtssinn bzw. keine mündliche Erlassung des Straferkenntnisses gegeben (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 9. September 2008, Zl. 2007/06/0061, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird). Mit dieser Frage hat sich die belangte Behörde nicht befasst. Wurde bislang das frühere Straferkenntnis nicht wirksam erlassen, kann einerseits von einem Rückfall während einer Probezeit (wie lang sie auch immer gewesen sein mag, das ist der schriftlichen Ausfertigung in den Akten nicht zu entnehmen) nicht die Rede sein und es kommt begrifflich auch kein Widerruf einer bedingten Strafnachsicht in Betracht.

Dadurch, dass die belangte Behörde die aufgezeigten Umstände verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid hinsichtlich des Strafausspruches und des Widerrufes der bedingten Strafnachsicht mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er insofern gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. Dezember 2008

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008060111.X00

Im RIS seit

10.02.2009

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten