RS Vfgh 1989/6/22 B1857/88

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Veröffentlicht am 22.06.1989
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Index

64 Besonderes Dienst- und Besoldungsrecht
64/03 Landeslehrer

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt / Willkür
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
DVG §3
AVG 1950 §8
LDG 1984 §8
LDG 1984 §24
LDG 1984 §26
LDG 1984 §26 Abs7
LDG 1984 §26 Abs8

Leitsatz

Parteistellung im dienstrechtlichen Verfahren der in einen Besetzungsvorschlag aufgenommenen Bewerber um die Ernennung auf eine Planstelle, die mit der Verleihung einer schulfesten Stelle verbunden ist; Beschwerdelegitimation gegeben; Benachteiligung des Beschwerdeführers aus unsachlichen Gründen bei Auswahl und Reihung der Bewerber um eine schulfeste Leiterstelle; Willkür

Rechtssatz

Grundsätzlich besteht weder auf Ernennungen zur Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses noch auf Ernennungen im Dienstverhältnis (Überstellungen, Beförderungen) ein Rechtsanspruch (vgl. zB VfSlg. 6806/1973, 7843/1976, 8558/1979). Für die Beurteilung, wann und inwieweit im einzelnen Fall die Beteiligung an einer Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses iS des §8 AVG 1950 - und damit Parteistellung - gegeben ist, sind die im betreffenden Fall anzuwendenden Vorschriften des materiellen Verwaltungsrechts maßgebend (vgl. VfSlg. 6808/1972, 9000/1980, 10.150/1984; in diesem Sinn etwa auch VwSlg. 9994 A/1979, 11.651 A/1985). Es kann daher der Grundsatz, daß Bewerbern im dienstrechtlichen Ernennungsverfahren Parteistellung fehlt, nur in jenen Fällen gelten, in denen die Auslegung der für die Ernennung maßgeblichen Vorschriften nicht zum Ergebnis führt, daß im Ernennungsverfahren subjektive Rechte der Bewerber unmittelbar berührt werden (vgl. dazu etwa VfSlg. 8232/1978, 9000/1980).

Im Verfahren zur Verleihung einer schulfesten Stelle, die keine Leiterstelle ist, kommt den Bewerbern Parteistellung iS des §3 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. 29 (im folgenden: DVG 1984), iVm §8 AVG 1950 zu, wenn sie in einen - gemäß §26 Abs8 LDG 1984 verbindlichen - Besetzungsvorschlag aufgenommen wurden. Die Aufnahme in einen solchen Besetzungsvorschlag berührt, wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, das Dienstverhältnis des Bewerbers und verleiht ihm Parteistellung. Die in einen Besetzungsvorschlag aufgenommenen Bewerber bilden, wie der Verfassungsgerichtshof gleichfalls wiederholt dargelegt hat, eine Verwaltungsverfahrensgemeinschaft; sie haben ein Recht auf Teilnahme an dem durch den Besetzungsvorschlag (bzw. die Besetzungsvorschläge) konkretisierten Verwaltungsverfahren. Die Verwaltungsbehörde kann nicht als befugt angesehen werden, durch einen der Rechtskontrolle nicht unterworfenen Verleihungsakt unter den Bewerbern eine Auswahl zu treffen (siehe zu all dem VfSlg. 6151/1970, 6894/1972, 7094/1973, 9923/1984; vgl. zum Begriff der Verwaltungsverfahrensgemeinschaft weiters VfSlg. 6806/1972, 8066/1977, 8524/1979).

Folgt nun aus §26 Abs8 LDG 1984 iVm §3 DVG 1984 und §8 AVG 1950 die Parteistellung eines in einen Besetzungsvorschlag aufgenommenen Bewerbers im Verfahren zur Verleihung einer schulfesten Stelle, die keine Leiterstelle ist, so ergibt sich aus dem in §8 Abs2 LDG 1984 normierten Gebot, in jenen Fällen, in denen die Ernennung auf eine andere Planstelle mit der Verleihung einer schulfesten Stelle iS des §24 LDG 1984 verbunden wird, auf §26 LDG 1984 Bedacht zu nehmen, daß in solchen Fällen jedem der in einen Besetzungsvorschlag gültig (§26 Abs6 LDG 1984) aufgenommenen Bewerber um die Ernennung auf diese Planstelle Parteistellung zukommt. Somit besitzt, da die Ernennung auf die Planstelle eines Direktors (§8 Abs1 LDG 1984) mit der Verleihung einer schulfesten Stelle (§24 LDG 1984) verbunden ist, jeder der in einen Besetzungsvorschlag aufgenommenen Bewerber um die Ernennung auf eine solche Planstelle in diesem Ernennungsverfahren Parteistellung (gg VwGH VwSlg. 9899 A/1979, 12.418 A/1987; siehe insbesondere auch den den Beschwerdeführer betreffenden Beschluß vom 12.12.1988, 88/12/0215).

Mit der Ansicht der belangten Behörde, bei der Verleihung einer Leiterstelle seien - anders als bei schulfesten Lehrerstellen - neben den in §26 Abs7 LDG 1984 genannten Kriterien auch andere Gesichtspunkte (insbesondere die Fähigkeit zur Menschenführung und zur Verwaltung einer großen Schule) zu berücksichtigen, folgt sie der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwSlg. 9556 A/1978, 9899 A/1987). Diese Auslegung ist keinesfalls denkunmöglich (siehe dazu VfSlg. 9169/1981; VfGH 16.03.1983 B261/78).

Keine ausreichende Ermittlung der für die Leitung einer Schule bedeutsamen Eigenschaften und Fähigkeiten der in die Besetzungsvorschläge aufgenommenen Bewerber, keine ausreichende Abwägung der für jeden Bewerber gewonnenen Ergebnisse gegen die aus §26 Abs7 LDG 1984 ersichtlichen Kriterien, keine von sachlichen Erwägungen geleitete Gegenüberstellung der Gesamtbeurteilungen der einzelnen Bewerber bei Auswahl und Reihung der Bewerber um eine schulfeste (Leiter-)Stelle.

Die belangte Behörde hat ihrer Entscheidung lediglich die - ihrer Ansicht nach - für den Bf ungünstigen Umstände zugrundegelegt, es jedoch unterlassen, die Gründe auch nur zu nennen, die für den Beschwerdeführer zu sprechen scheinen. Sie ist daher gar nicht in die Lage gekommen, Gründe und Gegengründe einander gegenüberzustellen und dem größeren Gewicht der Argumente den Ausschlag geben zu lassen (vgl. dazu VfSlg. 4722/1964, 8526/1979, 8674/1979, 8808/1980, 9665/1983, 10.942/1986). Es zeugt weiters für die Einseitigkeit, mit der die belangte Behörde vorgegangen ist, daß sie zwar - offenbar auf Grund weitergehender Ermittlungen, über die allerdings in den Verwaltungsakten keine Unterlagen enthalten sind - zu Feststellungen über den Inhalt und das Zustandekommen der Hausordnung der Schule gelangt ist, daß sie aber andererseits Erhebungen über Umstände, die für den Beschwerdeführer sprechen könnten - und für deren Vorliegen es, wie dargelegt, deutliche Anhaltspunkte gibt -, unterlassen hat.

Da gemäß §26 Abs7 LDG 1984 bei der Auswahl und Reihung der Bewerber um eine schulfeste (Leiter-)Stelle die Leistungsfeststellung ein wichtiges Kriterium darstellt, ist die belangte Behörde in einem wesentlichen Punkt (in der Begründung des angefochtenen Bescheides bezüglich der Leistungsfeststellung der Mitbewerber) leichtfertig vom Inhalt der Akten abgegangen (vgl. zB VfSlg. 8674/1979, 8808/1980, 10.942/1986).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Verwaltungsverfahrensgemeinschaft, Parteistellung Dienstrecht, Dienstrecht, Lehrer, VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:B1857.1988

Dokumentnummer

JFR_10109378_88B01857_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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