RS Vfgh 1991/12/4 B788/89

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Veröffentlicht am 04.12.1991
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Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art17
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art94
B-VG Art126b Abs5
MRK Art6 Abs1 / civil rights
BDG 1979 §80 Abs2
BDG 1979 §80 Abs5
BDG 1979 §80 Abs8
GehG 1956 §24a Abs5

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die bescheidmäßige Zuweisung eines PKW-Abstellplatzes und Festsetzung eines Benützungsentgeltes; Befugnis des Bundes als Träger von Privatrechten zum Abschluß privatrechtlicher Verträge; kein Verstoß gegen den Grundsatz der Trennung der Justiz von der Verwaltung; kein Verstoß gegen das Determinierungsgebot durch das der Behörde bei der Zuweisung eines Abstellplatzes eingeräumte Ermessen; kein Abspruch über "civil rights" angesichts der öffentlich-rechtlichen Natur des durch die Zuweisung begründeten Rechtsverhältnisses

Rechtssatz

Die belangte Behörde hat, indem sie dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid (Pkt. 1 des Spruches) den in Rede stehenden Abstellplatz gemäß §80 Abs8 iVm §80 Abs2 BDG 1979 zuwies, keine ihr nach dem Gesetz nicht zustehende Befugnis in Anspruch genommen.

Mangels einer entsprechenden Einschränkung im Gesetz hängt die Zulässigkeit der bescheidmäßigen Zuweisung eines Abstellplatzes nicht davon ab, ob dessen Benützung dem Beamten lediglich die Ausübung seines Dienstes erleichtern oder etwa überwiegend seinen privaten Zwecken dienen soll. Die Voraussetzung für die bescheidmäßige Zuweisung eines Abstellplatzes war gegeben, weil die belangte Behörde zuvor die (im Rahmen des Privatrechtes) stillschweigend erfolgte Einräumung der Befugnis zu dessen (unentgeltlicher) Benützung ausdrücklich widerrufen hatte.

Die belangte Behörde war auch zuständig, das für den gegenständlichen Abstellplatz zu leistende "Benützungsentgelt" unter Berufung auf §24a Abs5 GehG 1956 mit Bescheid festzusetzen (Pkt. 2 des Spruches).

Diese Regelung bezieht sich offenkundig auf Abstellplätze für Personenkraftwagen, die einem Beamten mit Bescheid, insbesondere gemäß §80 Abs8 BDG 1979, zugewiesen wurden.

§80 Abs8 BDG 1979 und §24a Abs5 GehG 1956 verstoßen nicht gegen Art94 B-VG.

Die aus seiner Stellung als Träger von Privatrechten (Art17 B-VG) erfließende Befugnis zum Abschluß privatrechtlicher Verträge eröffnet dem Bund die Möglichkeit, Dritten im Wege privatrechtlicher Vereinbarungen die Benützung von (Pkw-)Abstellplätzen zu überlassen, die einer entsprechenden Dispositionsbefugnis des Bundes unterliegen. Vereinbarungen privatrechtlicher Natur können auch zwischen dem Bund und Personen bestehen, die zu ihm in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen.

Von der durch §80 Abs8 (iVm Abs2) BDG 1979 eingeräumten Ermächtigung (Zuweisung eines Abstellplatzes) darf nur Gebrauch gemacht werden, wenn die (entgeltliche) Benützung des betreffenden Abstellplatzes nicht durch eine privatrechtliche Vereinbarung geregelt ist. Bei dieser von der Zulässigkeit der Weitergeltung bestehender privatrechtlicher Vereinbarungen ausgehenden Rechtslage besteht eine dem Art94 B-VG durchaus Rechnung tragende Trennung der Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden und Gerichten: Über die Benützung eines Abstellplatzes ist ebenso wie über die hiefür zu leistende Vergütung dann, wenn er gemäß §80 Abs8 BDG 1979 durch die Dienstbehörde zugewiesen wurde, ausschließlich im Verwaltungsweg, wenn er aber auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung benützt wird, ausschließlich im Rechtsweg zu entscheiden.

Die Regelung des §80 Abs8 (iVm §80 Abs2) BDG 1979 ist nicht wegen Widerspruches zu Art18 Abs1 B-VG verfassungswidrig.

Das der Behörde eingeräumte Ermessen (arg. "... kann ... zugewiesen werden" in §80 Abs2 erster Satz BDG 1979) ist zwar - abgesehen von der Verfügbarkeit eines entsprechenden Abstellplatzes - nicht näher determiniert, doch lassen sich für die Handhabung des behördlichen Ermessens aus anderen Vorschriften ausreichende Kriterien gewinnen. Dies gilt insbesondere für §80 Abs5 BDG 1979. Weitere Kriterien liefert das aus Art126b Abs5 B-VG (auch) für die Hoheitsverwaltung des Bundes abzuleitende Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit.

Eine auf §80 Abs8 (iVm §80 Abs2) BDG 1979 gestützte Zuweisung eines Abstellplatzes bedeutet mit Rücksicht auf die öffentlich-rechtliche Natur des durch sie begründeten Rechtsverhältnisses keinen Abspruch über zivilrechtliche Ansprüche iS des Art6 MRK. Auch die Festsetzung des hiefür zu entrichtenden, auf einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung beruhenden "Benützungsentgeltes" bedeutet keine Entscheidung über eine zivilrechtliche Verpflichtung iS des Art6 MRK. Zumindest aber liegt in den mit dem angefochtenen Bescheid getroffenen Verfügungen kein Abspruch über Ansprüche und Verpflichtungen, die zum Kernbereich des Zivilrechtes zählen.

Angesichts der geringen Höhe des gesetzlich vorgesehenen "Benützungsentgeltes" kann dem Gesetzgeber nicht unter Berufung auf den Gleichheitsgrundsatz entgegengetreten werden, wenn er für die Bemessung des "Benützungsentgeltes" durch das Abstellen auf den üblicherweise erzielbaren Hauptmietzins für einen Quadratmeter Nutzfläche einer im Eigentum des Bundes stehenden Wohnung erster Qualität ein leicht zu handhabendes Kriterium heranzog und damit eine der Verwaltungsökonomie dienende, pauschalierende Regelung traf.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Dienstrecht, Sachleistungen Dienstrecht, Behördenzuständigkeit, Gerichtsbarkeit Trennung von der Verwaltung, Gewaltentrennung, Privatwirtschaftsverwaltung, Ermessen, Determinierungsgebot, civil rights, Abstellplatz PKW, Benützungsentgelt (Abstellplatz PKW)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:B788.1989

Dokumentnummer

JFR_10088796_89B00788_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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