RS Vfgh 2008/2/28 B914/07

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Veröffentlicht am 28.02.2008
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art30 Abs3
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art129a Abs1 Z2
Nö Landtags-GeschäftsO 2001 - LGO 2001 §11 Abs1, §16 Abs1, Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richterdurch die Zurückweisung einer Beschwerde eines ehemaligenLandtagsabgeordneten gegen die Öffnung und Räumung derFraktionsräumlichkeiten des Beschwerdeführers sowie die behaupteteEntwendung von Unterlagen; Vorliegen eines dem Präsidenten desLandtages als oberstem Verwaltungsorgan zurechenbaren Aktesunmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt; Verweigerung derSachentscheidung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat daher zuUnrecht

Rechtssatz

Auf Ebene des Niederösterreichischen Landesrechts bestehen keine ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmungen über die Zuweisung bzw die Aberkennung des Nutzungsrechtes über Räumlichkeiten an Landtagsabgeordnete bzw Fraktionen des Landtages.

Nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Rechtslage auf Bundesebene (Art30 Abs3 B-VG) ist auf Grund von §11 Abs1 der Geschäftsordnung des Nö Landtags 2001 (Nö Landtags-GeschäftsO - LGO) davon auszugehen, dass diese Aufgabe nach niederösterreichischem Landesrecht dem Präsidenten des Landtages zukommt.

Die Akte von Bediensteten der Abteilung Gebäudeverwaltung des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung, die nach den Angaben der Niederösterreichischen Landesregierung in ihrer Gegenschrift zur Maßnahmenbeschwerde "im Auftrag des Landtages" tätig wurden, sind daher dem Landtagspräsidenten als oberstem Verwaltungsorgan zuzurechnen (§16 Abs1 und Abs2 LGO).

Kein Akt der Privatwirtschaftsverwaltung. Durch das (gewaltsame) Öffnen und die Räumung von Räumlichkeiten gegen den Willen des bisherigen Nutzers mit Zwang wird jedenfalls in die Rechtsposition des Beschwerdeführers eingegriffen, die das aus der Zuweisung eines Raumes erwachsende Recht umfasst, diesen grundsätzlich für die Dauer einer Gesetzgebungsperiode ungestört nutzen zu können.

Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, die Rechtmäßigkeit der aufgrund des Auftrages des Präsidenten des Landtages erfolgten Öffnung und Räumung der Fraktionsräumlichkeiten nachzuprüfen.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Landtag, Parlament,Hoheitsverwaltung, Privatwirtschaftsverwaltung, Analogie

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:B914.2007

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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