TE Vfgh Beschluss 1986/11/27 B349/86

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Veröffentlicht am 27.11.1986
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
B-VG Art144 Abs3
VertragsbedienstetenG 1948 §5 Abs1
VfGG §19 Abs3 Z2 lita

Leitsatz

Art144 Abs1 B-VG; an den Bf. (Vertragsbediensteter der Heeresverwaltung) gerichtete Weisung, Stellung zu öffentlich abgegebenen Meinungsäußerungen zu beziehen - weder Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, noch Bescheid; die Weisung ist als interner Verwaltungsakt nach Art144 Abs1 B-VG nicht bekämpfbar

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. In der auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde des E S gegen die "faktische Amtshandlung bestehend in meiner Vernehmung 'als Beschuldigter' am 4. 3. 1986 und am 13. 3. 1986 je durch Oberstleutnant S, Kommando Fliegerregiment 2, sowie bestehend in den diesen Vernehmungen als Beschuldigten zugrunde liegenden an denselben Tagen vom selben Organ getroffenen Anordnungen, mich diesen Vernehmungen zu unterziehen", wird ua. ausgeführt:

"Ich stehe als Vertragsbediensteter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Republik Österreich und bin dementsprechend österreichischer Staatsbürger (§3 Abs1 Z1 Vertragsbedienstetengesetz 1948).

Ich werde im Rahmen des österreichischen Bundesheeres an der Fliegerwerft 2/2. Abteilung in Kalsdorf verwendet. Ich bin Obmann des bei dieser Dienststelle im Sinne des Bundes-Personalvertretungsgesetzes bestehenden Dienststellenausschuß.

In letzterer Funktion habe ich im Zusammenhang mit den in der Öffentlichkeit bekanntgewordenen außerordentlichen Vorgängen bei der Ausbildung von Piloten des österreichischen Bundesheeres an neu anzuschaffenden Flugzeugen der Marke Draken in Schweden an einer Pressekonferenz am 26. 2. 1986 teilgenommen und am 28. 2. 1986 ein Rundfunkinterview gegeben. Dazu wurde ich am 4. 3. 1986 zu einer Vernehmung 'als Beschuldigter' befohlen und darüber die in Kopie beiliegende Niederschrift vom selben Tag aufgenommen. Wie aus dieser Niederschrift hervorgeht, habe ich die Ablegung einer Aussage abgelehnt, nachdem zuvor meinem Ersuchen um Beiziehung eines Rechtsanwaltes als Person meines Vertrauens nicht entsprochen worden war. Am 13. 3. 1986 wurde ich nochmals zur Vernehmung 'als Beschuldigter' befohlen und darüber die Niederschrift von diesem Tag aufgenommen. Wie aus der diesbezüglichen, ebenfalls in Kopie beiliegenden Niederschrift hervorgeht, kam es dabei zu einer Wiederholung des zuvor beschriebenen Vorganges, zusätzlich aber auch zu einer Erklärung, daß ich 'mit einer Ermahnung im Sinne des §32 VBG 48 zu rechnen haben' werde, falls ich die Beantwortung der an mich zu stellenden Fragen neuerlich ablehnte. Ich änderte meine Haltung dennoch nicht und begründete sie damit, daß ich mich durch Äußerungen des Herrn Bundesministers für Landesverteidigung in meiner Existenz bedroht fühle."

Durch dieses, als "faktische Amtshandlungen" gewertete Verhalten der Behörde, erachtet sich der Bf. in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B-VG), auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) und auf Freiheit der Person (Art4 StGG) verletzt.

2. Der Bundesminister für Landesverteidigung erstattete eine Gegenschrift, in der er beantragte, die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Aufgrund des weitgehend übereinstimmenden Parteivorbringens und des Inhaltes der Verwaltungsakten steht fest, daß sich der Bf., der als Vertragsbediensteter der Heeresverwaltung in einem Dienstverhältnis zum Bund steht, öffentlich zur ziffernmäßigen Richtigkeit der Reisezulagen für die in Schweden auszubildenden Draken-Abfangjägerpiloten des österreichischen Bundesheeres äußerte. Der zu seinen öffentlichen Meinungsäußerungen durch einen Angehörigen seiner Dienststelle über Weisung der Dienstbehörde gemäß §5 Abs1 Vertragsbedienstetengesetz 1948, BGBl. 86, idF BGBl. 573/1985, am 4. und 13. März 1986 befragte Bf. verweigerte jede Stellungnahme zu diesem Thema.

2. Bei den an den Bf. gerichteten Weisungen, Stellung zu seinen zuvor abgegebenen öffentlichen Meinungsäußerungen zu beziehen, handelt es sich nicht um Akte unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, weil die Nichtbefolgung dieser Anordnungen der Behörde nicht unmittelbar zur Anwendung von Zwang führt. Aber auch ein Bescheid (Art144 Abs1, 1. Satz B-VG) liegt nicht vor, sondern nur eine Weisung, die sich als interner Verwaltungsakt einer Anfechtung im Beschwerdeverfahren nach Art144 Abs1 B-VG entzieht (VfSlg. 9866/1983).

3. Die Beschwerde war daher wegen Unzuständigkeit des VfGH zu rückzuweisen.

Schlagworte

Bescheidbegriff, Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Weisung, VfGH / Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:B349.1986

Dokumentnummer

JFT_10138873_86B00349_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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