TE Vwgh Erkenntnis 1990/2/8 89/16/0065

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Veröffentlicht am 08.02.1990
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
22/01 Jurisdiktionsnorm;
22/02 Zivilprozessordnung;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

ABGB §1380;
GGG 1984 §1 Abs1;
GGG 1984 §18 Abs2 Z2;
JN §58 Abs1;
ZPO §204 Abs1;

Beachte

Besprechung in: ÖStZ 1991, 349;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Boigner, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Linz vom 26. Jänner 1989, Zl. Jv 3049 - 33/88, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus den vorgelegten Gerichts- und Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:

Der im Jahre 1942 geborene Beschwerdeführer hatte am 25. Mai 1988 beim Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht gegen seinen (ihn als technischen Angestellten beschäftigenden) Arbeitgeber eine auf eine Geldsumme von S 454.503,-- gerichtete Klage überreicht.

Darin hatte er u.a. angegeben, derzeit erhalte er von seinem Arbeitgeber (jeweils brutto monatlich) ein Grundgehalt von S 18.382,-- und ein Überstundenpauschale von S 4.618,--, insgesamt sohin S 23.000,--, zahlbar 14 mal im Jahr. Im Hinblick auf die in seinem Fall anzuwendenden Bestimmungen der §§ 117 und 115 Abs. 3 ArbVG gebühre ihm ab 1. Dezember 1986 ein monatliches Grundgehalt von S 20.620,-- und (auf der Basis der vom letzten Inhaber des grundsätzlich ihm gebührenden Arbeitsplatzes erbrachten ÜBERSTUNDEN UND MEHRDIENSTLEISTUNGEN) ein monatliches Überstundenentgelt von S 24.023,--, insgesamt sohin S 44.464,-- (offensichtlich verschrieben, richtig: S 44.643,--). Daraus ergebe sich gegenüber seinem derzeitigen Gehalt eine monatliche Differenz von S 21.643,--. Für die Monate bis einschließlich Mai 1988 ergebe das eine Differenz von S 21.643,-- x 21 (Monatszahlungen) = S 454.503,--.

Diesem Wert des Streitgegenstandes entsprechend hatte der Beschwerdeführer die Pauschalgebühr gemäß TP 1 des nach § 1 Abs. 1 GGG einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs in der Höhe von S 5.200,-- entrichtet.

Nachdem der Beschwerdeführer dieses Klagebegehren am 10. Juni 1988 auf S 396.288,-- eingeschränkt hatte, weil die Sonderzahlungen nur vom Grundgehalt gebührten, war diese Rechtssache durch gerichtlichen Vergleich vom 24. August 1988, der innerhalb der dafür vereinbart gewesenen Frist ausdrücklich nicht widerrufen worden war, gänzlich beendet worden. Punkt 1.) dieses Vergleiches lautet:

"Die beklagte Partei überstellt den Kläger rückwirkend mit 1.1.1987 gemäß ... in Lohngruppe .... 8. Biennium mit Vorrückung am 1.10.1987 in das 9. Biennium und nächster Vorrückung am 1.10.1989 in das 10. Biennium. Diese Überstellung gilt für die Dauer des aktiven Dienstverhältnisses."

Mit Punkt 2.) dieses Vergleiches hatte sich die beklagte Partei verpflichtet, dem Beschwerdeführer rückwirkend ab 1. Jänner 1987 für die Dauer der Freistellung als Betriebsrat gemäß § 117 ArbVG einen wertgesicherten Betrag von S 8.000,-- monatlich brutto als pauschalierte Abgeltung für ALLE ÜBERSTUNDEN UND NEBENGEBÜHREN - ausgenommen Haushalts- und Kinderzulage, Treueprämie und Fahrtkostenzuschuß - zu bezahlen.

Im nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Frage strittig, ob (im Sinne der Begründung des im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Bescheides) auf Grund des angeführten Vergleiches die Pauschalgebühr nach der erwähnten TP 1 unter Zugrundelegung eines höheren Streitwertes - S 1,126.000,--; für Punkt 1.) des Vergleiches gemäß § 16 Z. 1 lit. a GGG S 6.000,-- und für Punkt 2.) des Vergleiches S 8.000,-- x 140 (20 + 120) = S 1,120.000,-- - zu berechnen ist oder (im Sinne des Beschwerdeführers) nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wird der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr gemäß § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen.

Die Parteien dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend und zutreffend davon aus, daß Punkt 1.) des Vergleiches auf Grund des § 16 Z. 1 lit. a GGG, wonach die Bemessungsgrundlage u.a. bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, soweit nicht ein Geldbetrag verlangt wird, S 6.000,-- beträgt, weil Gegenstand dieses Vergleichspunktes im Sinne des zitierten § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG (siehe z.B. die in gleicher Weise wie die in der Folge zitierten Erkenntnisse gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführten Erkenntnisse vom 16. November 1989, Zl. 88/16/0147, und vom 8. Februar 1990, Zl. 89/16/0057) zweifellos eine - den im Zusammenhang mit der eingeklagten Differenz des Grundgehaltes erwähnten Zeitraum (bis einschließlich Mai 1988) übersteigende - Leistung bzw. Verpflichtung des Arbeitgebers des Beschwerdeführers hinsichtlich dessen Grundgehaltes ist.

Zutreffend besteht auch insofern Übereinstimmung, daß bei Punkt 2.) des Vergleiches den Wert des Streitgegenstandes einerseits die ziffernmäßig bestimmte (sich aus den rückständigen wiederkehrenden Leistungen für die Zeit vom 1. Jänner 1987 bis 31. August 1988 zusammensetzende) Geldsumme und andererseits der zehnfache Jahreswert der künftig zu erbringenden Leistungen bildet (siehe z.B. das auch für den Geltungsbereich des GGG bedeutsam gebliebene Erkenntnis vom 16. März 1973, Zl. 1496/72, Slg. Nr. 4520/F, und zuletzt die im Hinblick auf die im damaligen Beschwerdefall zum Vorteil des damaligen Beschwerdeführers unrichtige Rechtsauffassung der damaligen belangten Behörde nur allgemeinen Ausführungen in dem Erkenntnis vom 27. April 1989, Zl. 89/16/0075,

ÖStZB 23/24/1989, S. 474).

Dem Beschwerdeführer ist insofern beizupflichten, daß sein Überstunden- und Mehrleistungspauschale von S 4.618,-- monatlich von seinem Arbeitgeber unbestritten war. Dieser hat nämlich in der erwähnten Arbeitsrechtssache bereits in seinem vorbereitenden Schriftsatz vom 6. März 1988 auf S. 4 Abs. 1 die Angaben des Beschwerdeführers "über seine derzeitigen Bezüge" ausdrücklich als richtig zugestanden.

Der Beschwerdeführer scheint jedoch zu übersehen, daß sein Klagebegehren auch in bezug auf das Überstunden- und Mehrleistungspauschale lediglich den Zeitraum bis einschließlich Mai 1988 umfaßt hatte. Anders als in dem z.B. dem erwähnten Erkenntnis Slg. Nr. 4520/F zugrundegelegenen Beschwerdefall, in dem der Urteilsantrag einerseits auf die Zahlung betragsmäßig bestimmter rückständiger Geldleistungen und andererseits auf die Erbringung künftig wiederkehrender Rentenleistungen von unbestimmter Dauer gelautet hatte, hatte der hier in Rede stehende Urteilsantrag des Beschwerdeführers - wie schon eingangs erwähnt und abgesehen von der oben angeführten Einschränkung des Klagebegehrens - lediglich gelautet:

"Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen bei sonstiger Zwangsfolge einen Betrag von S 454.503,-- (brutto) samt 4 Prozent Zinsen seit Klagstag sowie die Prozeßkosten zu bezahlen."

Schon deshalb kann sich der Beschwerdeführer bei der für Punkt 2.) des Vergleiches gewählten eindeutigen Formulierung nicht beschwert erachten, wenn die belangte Behörde im Sinne des § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG als Wert der damit vereinbarten Leistung von S 8.000,-- monatlich als pauschalierte Abgeltung für alle Überstunden und Nebengebühren - ausgenommen ... - auf Grund des § 14 GGG gemäß § 58 Abs. 1 JN das Zehnfache der Jahresleistung zuzüglich des auf die Zeit vom 1. Jänner 1987 bis 31. August 1988 (20 Monate) entfallenden Betrages annahm, zumal der gerichtliche Vergleich einerseits ein zivilrechtliches Rechtsgeschäft im Sinne des § 1380 ABGB ist, also ein Neuerungsvertrag, durch welchen strittige oder zweifelhafte Rechte bestimmt werden, und andererseits eine Prozeßhandlung, die in der Protokollierung und Beurkundung des Vergleichsinhaltes in vollstreckbarer Form besteht. Der gerichtliche Vergleich ist also ein vor Gericht geschlossener prozeßrechtlicher Vertrag, durch den die Parteien den Rechtsstreit gütlich beenden oder einzelne Streitpunkte bereinigen. Nach der Lehre von der Doppelnatur oder vom Doppeltatbestand des gerichtlichen Vergleiches ist zwischen seiner materiellen und seiner prozessualen Wirksamkeit zu unterscheiden (siehe z.B. das Erkenntnis vom 7. Mai 1987, Zl. 86/16/0031, mit weiteren Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung).

Ganz abgesehen davon, daß die Gerichtsgebührenpflicht bewußt an formale äußere Tatbestände anknüpft, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten (siehe z.B. das Erkenntnis vom 8. Februar 1990, Zl. 89/16/0022, mit weiterem Hinweis), kommt es nicht darauf an, daß der Anspruch des Beschwerdeführers auf S 4.618,-- monatlich als Überstunden- und Mehrleistungs(oder Nebengebühren)pauschale vom Arbeitgeber nicht bestritten worden war, sondern nur auf die im Vergleich übernommene Verpflichtung (siehe z.B. das bereits angeführte Erkenntnis vom 16. November 1989).

Die vorstehenden Ausführungen erweisen die vorliegende Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen ist.

Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989160065.X00

Im RIS seit

24.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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