TE Vwgh Erkenntnis 1990/4/24 88/08/0241

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Veröffentlicht am 24.04.1990
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Index

60/03 Kollektives Arbeitsrecht;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ArbVG §96 Abs1 Z4;
ASVG §49 Abs1;
KollV eisen- und metallverarbeitende Gewerbe Abschn10;
KollV eisen- und metallverarbeitende Gewerbe Abschn8 Z7;

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Wien vom 6. Juli 1988, Zl. MA 14-K 24/88, betreffend Beitragsvorschreibung (mitbeteiligte Partei: Wiener Gebietskrankenkasse)

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der mitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse vom 9. März 1988 wurde der Beschwerdeführer als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG gemäß § 58 Abs. 2 und 3 ASVG in Verbindung mit den §§ 49 und 54 ASVG sowie § 62 Abs. 2 AlVG 1958 bzw. 1977 und § 13 Abs. 2 und 4 Entgeltfortzahlungsgesetz verpflichtet, für die Zeit vom 1. Dezember 1983 bis 31. Dezember 1986 für die in der Anlage des Bescheides angeführten Dienstnehmer für die bezeichneten Beitragszeiträume vom Unterschiedsbetrag zwischen den ausgezahlten und den gebührenden Sonderzahlungen, Sonderbeiträge in Gesamthöhe von S 53.941,95 an die mitbeteiligte Partei zu entrichten. Nach der Begründung dieses Bescheides habe die mitbeteiligte Partei eine Beitragsprüfung durchgeführt und hiebei festgestellt, daß für die in der Anlage genannten Dienstnehmer die Vergütung der Wegzeiten bei der Berechnung der Sonderzahlungen unberücksichtigt geblieben seien. Die entsprechenden Sonderzahlungsmeldungen seien von der mitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse anläßlich der erwähnten Beitragsprüfung eingeholt worden. Die diesbezügliche Beitragsnachbelastung in Höhe von S 34.503,01 sei in der Gesamtbeitragsnachbelastung in Höhe von S 53.941,95 enthalten. Nach der Zitierung der maßgebenden Artikel des Kollektivvertrages für das eisen- und metallverarbeitende Gewerbe (in der Folge: KV) wurde festgestellt, eine regelmäßig als Bestandteil des Normallohnes bezahlte Wegzeitvergütung sei als sozialversicherungspflichtiges Entgelt anzusehen und bei der Berechnung der Sonderzahlung entsprechend zu berücksichtigen.

In dem dagegen vom Beschwerdeführer eingebrachten Einspruch wurde zunächst ausgeführt, daß er sich nur gegen die Sonderbeiträge richte, welche sich auf die nicht einbezogenen Vergütungen für Wegzeiten außerhalb der Arbeitszeit bezögen. Im übrigen vertrat der Beschwerdeführer die Ansicht, daß nach dem klaren Wortlaut der anzuwendenden Kollektivvertragsbestimmungen solche Vergütungen in die Berechnungsgrundlage der Sonderzahlungen nicht einzubeziehen seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Einspruch des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen und festgestellt, daß der Beschwerdeführer als Dienstgeber verpflichtet sei, für die in der Anlage Punkt I zum erstinstanzlichen Bescheid genannten Dienstnehmer für die Zeit vom 1. Dezember 1983 bis 31. Dezember 1986 Sonderbeiträge in Gesamthöhe von S 34.503,01 an die mitbeteiligte Wiener Gebietskrankenkasse zu entrichten. In der Begründung wurde ausgeführt, nach der Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes habe die Beitragsabrechnung in der Sozialversicherung nach dem wirklichen Arbeitsverdienst zu erfolgen. Wirklicher Arbeitsverdienst sei der Verdienst, auf welchen ein Rechtsanspruch bestehe; dies sei zumindest das nach dem anzuwendenden Kollektivvertrag gebührende Entgelt. Weiters seien Urlaubs- und Weihnachtsremunerationen in die Bemessungsgrundlage der Sozialversicherungsbeiträge einzubeziehen, sofern ein kollektivvertraglicher Anspruch bestehe, und zwar unabhängig davon, ob sie tatsächlich bezahlt worden seien oder nicht. Nach Zitierung der Abschnitte X und VIII 2.6. des Kollektivvertrages vertrat die belangte Behörde die Auffassung, daß Wegzeitvergütungen nach dem anzuwendenden Kollektivvertrag einen Arbeitslohn darstellten und somit unter den Verdienstbegriff des Abschnittes X fielen. Auch außerhalb der Arbeitszeit gelegene, je nach Anfall bezahlte Wegzeitvergütungen seien bei Bemessung der Sonderzahlungen (Urlaubszuschuß und Weihnachtsremuneration) zu berücksichtigen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, eine Gegenschrift, in der jeweils die Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit der Frage, ob nach den Bestimmungen des Abschnittes VIII Z. 7 KV bezahlte Vergütungen für Wegzeiten (im Zusammenhang mit Montagearbeiten sowie anderen Beschäftigungen außerhalb des ständigen Betriebes) außerhalb der Arbeitszeit dem Verdienstbegriff des Abschnittes X KV zu unterstellen und demgemäß in die Berechnungsgrundlage des Urlaubszuschusses und der Weihnachtsremmuneration nach den Abschnitten XVII und XVIII des Kollektivvertrages einzubeziehen sind, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinen Erkenntnissen vom 24. November 1988, Zl. 88/08/0230, sowie vom 27. März 1990, Zl. 88/08/0237, befaßt. Er gelangte darin zum Ergebnis, daß derartige Vergütungen wohl "Entgelt" im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG darstellen, jedoch nicht dem Verdienstbegriff im Sinne des genannten KV-Abschnitten unterstellt werden können. Auf die ausführliche Begründung - einschließlich der Auseinandersetzung mit der Judikatur des Obersten Gerichtshofes - wird unter Heranziehung des § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 27. März 1990, Zl. 88/08/0237, hingewiesen.

Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet hat.

Der angefochtene Bescheid war daher spruchgemäß nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG, und zwar, da die strittige Rechtsfrage durch die Rechtsprechung klargestellt ist, in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat, aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der Ersatz für Stempelgebühren im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit nach § 110 Abs. 1 ASVG nicht zugesprochen werden kann.

Schlagworte

Entgelt Begriff Entschädigung Vergütung Kollektivvertrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1988080241.X00

Im RIS seit

24.04.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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