TE Vwgh Erkenntnis 1990/12/17 90/19/0105

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Veröffentlicht am 17.12.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

ASchG 1972 §31 Abs2 litp;
AÜG;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
VStG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Großmann und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 2. August 1989, Zl. 5-212 Le 35/8-89, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark (der belangten Behörde) vom 2. August 1989 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe als zur Vertretung nach außen Berufener der Firma S. Gesellschaft mbH am 24. November 1986 auf einer näher bezeichneten Baustelle nicht dafür gesorgt, daß die den Arbeitnehmern zur Verfügung gestellte Unterkunftsbaracke in drei in Hinsicht auf die Tatanlastung näher beschriebenen Punkten arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen entsprochen habe. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 88 Abs. 1 zweiter Satz der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl. Nr. 218/1983, diese zuletzt geändert mit BGBl. Nr. 593/1987, nach § 88 Abs. 3 erster Satz leg. cit. und nach § 84 Abs. 5 erster Satz leg. cit. begangen. Über den Beschwerdeführer wurden gemäß § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972, drei Geldstrafen von je S 5.000,-- (Ersatzarreststrafen von je fünf Tagen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bereits im Verwaltungsstrafverfahren hat der Beschwerdeführer - wie von der belangten Behörde zutreffend erkannt worden ist - nicht den ihm angelasteten objektiven Tatbestand bestritten, sondern nur behauptet, für die Verwaltungsübertretungen nicht strafrechtlich verantwortlich zu sein. Daran hält der Beschwerdeführer auch in seiner Beschwerde fest und beschränkt sich auf die Bekämpfung der von der belangten Behörde vertretenen gegenteiligen Rechtsansicht.

Im Verwaltungsstrafverfahren wurde vom Beschwerdeführer zu dieser strittigen Frage vorgebracht, daß die Baustelle, an der die Beanstandungen erfolgt seien, nicht von der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft betrieben worden sei. Die Baustelle sei allein von der Firma H. geführt worden. Der Beschwerdeführer habe daher keine Möglichkeit gehabt, an der genannten Baustelle Anordnungen oder Vorkehrungen zur Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften zu treffen. Die Tätigkeit der von ihm vertretenen Gesellschaft habe sich allein auf die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften an die Firma H. aus rein konzerninternen Erwägungen beschränkt. Im übrigen sei Direktor Otto B. als verantwortliches Organ der Firma H. wegen des dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Sachverhaltes rechtskräftig bestraft worden. Der Beschwerdeführer habe keine Kenntnis davon erhalten, daß die von ihm zur Verfügung gestellten Arbeiter nicht entsprechend untergebracht worden seien. Ihm sei auch nicht bekannt gewesen, daß die Firma H. an die von ihm zur Verfügung gestellten Leute Arbeiterunterkünfte zugewiesen habe. Die Form der Unterbringung sei auch nicht Gegenstand der Vereinbarung zwischen der von ihm vertretenen Gesellschaft und der Firma H. gewesen. Der Beschwerdeführer habe daher davon ausgehen können, daß die von ihm zur Verfügung gestellten Arbeitskräfte den Rechtsnormen entsprechend untergebracht worden seien. Von dem als Zeugen vernommenen Direktor Otto B. sei die Überlassung der Arbeitskräfte an die Firma H. und die Zurverfügungstellung der Quartiere durch dieses Unternehmen bestätigt worden.

Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid den Beschwerdeführer für die Übertretungen der Arbeitnehmerschutzbestimmungen dennoch voll verantwortlich erklärt. Zu dieser Rechtsmeinung kam die belangte Behörde - wie der Begründung des angefochtenen Bescheides entnommen werden kann - vor allem deshalb, weil es dem Beschwerdeführer ihrer Ansicht nach nicht gelungen sei, glaubhaft zu machen, daß von der von ihm vertretenen Baugesellschaft die Arbeitnehmer an die Baufirma H. zur Tatzeit "verliehen worden seien". Bei ihrer Beweiswürdigung stellte die belangte Behörde ins Kalkül, daß "keinerlei Leihverträge vorgelegt werden konnten", daß der Beschwerdeführer bei der Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat Graz nicht eingewendet habe, daß die Arbeitnehmer verliehen worden seien und weiters, daß der auf der Baustelle als Geschäftsführer der vom Beschwerdeführer vertretenen Baugesellschaft zur Tatzeit aufgetretene Dipl.-Ing. V. M. nur gebeten habe, das Strafausmaß möglichst gering zu halten.

Das Beschwerdevorbringen läuft zur Gänze darauf hinaus, darzulegen, daß der von der belangten Behörde auf Grund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse gezogene Schluß, es habe die vom Beschwerdeführer behauptete Überlassung von Arbeitnehmern nicht stattgefunden, unrichtig sei. Hiezu wird von der Beschwerde als Mangel des Verfahrens gerügt, die belangte Behörde habe keine Feststellungen darüber getroffen, daß Direktor Otto B. wegen des gleichen Tatbestandes rechtskräftig bestraft worden sei. Daraus hätte die belangte Behörde erkennen müssen, daß den Organen des Arbeitsinspektorates Graz anläßlich ihrer Intervention sehr wohl mitgeteilt worden sei, daß die streitgegenständliche Baustelle von der Bauunternehmung H. betrieben werde. Wenn auch keine schriftlichen Leihverträge vorlägen, so hätte die belangte Behörde aus den vorgelegten Abrechnungen über Lohnkosten und Kosten für die Unterbringung der Arbeiter und der Aussage von Direktor Otto B. entnehmen können, daß die auf der genannten Baustelle tätigen Arbeitnehmer der vom Beschwerdeführer vertretenen Baugesellschaft an das Unternehmen H. überlassen und von diesem Unternehmen eingesetzt worden seien, und daß dieses Unternehmen auch für die Unterbringung dieser Arbeitnehmer verantwortlich gewesen sei.

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil es selbst dann, wenn man den Behauptungen des Beschwerdeführers folgend unterstellt, daß die Arbeitnehmer der vom Beschwerdeführer vertretenen Baugesellschaft auf Grund eines Leihvertrages zur Tatzeit für die Bauunternehmung H. tätig gewesen sind, die Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers für die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht anders gelöst werden könnte. Wenngleich die von der belangten Behörde vertretene Ansicht, es sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen, glaubhaft zu machen, daß von der von ihm vertretenen Baugesellschaft die Arbeitnehmer an die Baufirma H. zur Tatzeit "verliehen worden seien", da insbesondere "keinerlei Leihverträge vorgelegt werden konnten", schon deshalb nicht als schlüssig angesehen werden kann, weil Leihverträge nicht nur schriftlich, sondern auch mündlich zustande kommen können, kann dies nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, da die belangte Behörde die Frage, ob der Beschwerdeführer für die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen strafrechtlich verantwortlich ist, im Ergebnis richtig gelöst hat.

Gemäß § 31 Abs. 2 lit. p Arbeitnehmerschutzgesetz (ASchG) - der im gegenständlichen Fall anzuwendenden Strafnorm - begehen "Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte", die ..., eine Verwaltungsübertretung und sind ... zu bestrafen. Die Strafnorm richtet sich somit gegen den jeweiligen Arbeitgeber bzw. dessen Bevollmächtigten. Wer der Arbeitgeber im Einzelfall ist, ergibt sich aus dem abgeschlossenen privatrechtlichen Vertrag, mit dem das Arbeitsverhältnis zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer begründet wird.

Vom Beschwerdeführer wurde nie bestritten, daß die von ihm vertretene Baugesellschaft der Arbeitgeber jener Arbeiter sei, die auf der streitgegenständlichen Baustelle gearbeitet haben. Ebenso kann als feststehend angenommen werden, daß zwischen dem Bauunternehmen H. und diesen Arbeitnehmern kein privatrechtlicher Vertrag zwecks Begründung eines Arbeitsverhältnisses abgeschlossen worden ist. Die bloße Tatsache, daß die Arbeitnehmer auf einer nur von der Bauunternehmung H. betriebenen Baustelle eingesetzt waren und dieses Unternehmen über die Arbeitskraft der Arbeitnehmer der vom Beschwerdeführer vertretenen Baugesellschaft verfügen konnte, vermag für sich allein nichts daran zu ändern, daß auch während der Zeit ihrer Verwendung durch das Bauunternehmen H. das vom Beschwerdeführer vertretene Bauunternehmen Arbeitgeber der so eingesetzten Arbeiter war. Allein aus dem Vorliegen eines privatrechtlichen Überlassungsvertrages von Arbeitskräften, wie er vom Beschwerdeführer behauptet worden ist, kann somit kein Übergang der strafrechtlichen Verantwortung für die Übertretung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen vom Arbeitgeber auf den Beschäftiger der Arbeitskräfte abgeleitet werden. Auf das Bundesgesetz vom 23. März 1988, mit dem die Überlassung von Arbeitskräften geregelt wird (Arbeitskräfteüberlassungsgesetz - AÜG), BGBl. Nr. 196, kann sich die Beschwerde nicht berufen, da dieses Gesetz erst mit 1. Juli 1988 in Kraft getreten ist, somit auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar ist.

Da vom Beschwerdeführer selbst nie behauptet worden ist, es wäre ein Bevollmächtigter oder ein verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG 1950 bestellt worden und von ihm noch in der Beschwerde ausgeführt wird, daß die Form der Unterbringung der Arbeitnehmer nicht Gegenstand der Vereinbarung zwischen der S. Gesellschaft m.b.H. und H. betreffend die Überlassung der Arbeitskräfte gewesen sei, kann eine Erörterung der Frage, ob die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers allenfalls auf diese Weise auf eine andere Person übertragen worden sei, unterbleiben.

Zuletzt kann es auch dahingestellt bleiben, ob der Direktor des Bauunternehmens H. - wie vom Beschwerdeführer behauptet wird - wegen desselben Tatbestandes verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen worden ist, weil auch in diesem Fall der Beschwerdeführer nicht von seiner Verantwortlichkeit für die ihn angelasteten Übertretungen entbunden wäre.

Die Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht Arbeiterschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990190105.X00

Im RIS seit

01.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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