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L00308 Bezüge Bürgermeisterentschädigung Vorarlberg;Norm
ASVG §273;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Verwaltungsausschusses des Pensionsfonds des Vorarlberger Landtages vom 22. März 1990, Zl. 301, betreffend begünstigte Bemessung des Ruhebezuges, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Pensionsfonds des Vorarlberger Landtages hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Grund des Beschwerdevorbringens und der (unvollständig) vorgelegten Verwaltungsakten geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem unbestrittenen Sachverhalt aus:
Der Beschwerdeführer war während der nn.
Gesetzgebungsperiode Mitglied des Vorarlberger Landtages und Klubobmann. Er hatte mündlich beim Präsidenten des Landtages, der nach dem Landes-Bezügegesetz kraft Gesetzes Obmann des Pensionsfonds des Vorarlberger Landtages - im folgenden Fonds - ist, am 9. Oktober 1989 bzw. am 3. November 1989 in der Landtagskanzlei (die nach dem Landes-Bezügegesetz die Geschäfte der Organe des Fonds zu besorgen hat) den Antrag auf begünstigte Bemessung des Ruhebezuges nach § 5 Abs. 3 der Satzungen des Pensionsfonds des Vorarlberger Landtages (im folgenden Satzungen genannt) gestellt.
In dem am 30. Oktober 1989 in der Kanzlei des Vorarlberger Landtages eingetroffenen Schreiben vom 25. Oktober 1989 teilte Primarius Dr. H unter Hinweis darauf, daß ihn der Beschwerdeführer von seiner ärztlichen Schweigepflicht entbunden habe, mit, der Beschwerdeführer befinde sich seit längerer Zeit bei ihm in nervenärztlicher Behandlung. Nach medizinischer Umschreibung des Leidenszustandes des Beschwerdeführers und der Darstellung der medizinischen Symptome, die sich beim Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Wahlkampf und dem Ausgang der (Landtags)Wahl
(8. Oktober 1989) verschlimmert hätten, führte Primarius Dr. H aus, seiner Einschätzung nach sei der Beschwerdeführer derzeit in seinem erlernten Beruf als Prokurist nicht arbeitsfähig; es sei ihm in seiner jetzigen Situation auch nicht möglich, sich auf einen gleichwertigen Beruf umschulen zu lassen. Eine länger dauernde Therapie werde von Nöten sein. In der Folge ergänzte Primarius Dr. H telefonisch diese Stellungnahme, worüber ein Aktenvermerk vom 3. November 1989 angelegt wurde.
Nach dem (unwidersprochen gebliebenen) Beschwerdevorbringen wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben der Geschäftsstelle des Fonds vom 20. November 1989 mitgeteilt, der Verwaltungsvorstand habe über seinen Antrag am 15. November 1989 folgenden Beschluß gefaßt:
"Sofern der frühere Klubobman und Alt-LAbg. N den Nachweis erbringt, daß ihm von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten eine Berufsunfähigkeitspension zuerkannt wurde, wird der Verwaltungsvorstand des Pensionsfonds diese Entscheidung und das dieser zugrundeliegende fachärztliche Gutachten zur Grundlage der Entscheidung des Pensionsfonds nehmen und den Ruhebezug begünstigt bemessen. Dies bedeutet, daß eine begünstigte Bemessung des Ruhebezuges bei Nachweis eines Anspruches auf eine Berufsunfähigkeitspension eines Sozialversicherungsträgers zuerkannt werden wird."
Nachdem in der Folge Pressemeldungen über diese Sitzung erschienen waren, in denen unter anderem angegeben wurde, Primarius Dr. H habe dem Beschwerdeführer Berufsunfähigkeit bestätigt, teilte Dr. H dem Fonds mit Schreiben vom 16. November 1989 im wesentlichen mit, die Ausstellung eines ärztlichen Attestes durch den behandelnden Arzt unterscheide sich wesentlich von einem von einem unabhängigen Experten erstellten Gutachten, das auch als solches deklariert werde, ganz anders schematisiert und wesentlich umfangreicher als ärztliche Mitteilungen seien. Aus seinem Schreiben vom 25. Oktober 1989 gingen sowohl jene Krankheitssymptome hervor, die er beim Beschwerdeführer beobachtet habe, als auch die diagnostischen Feststellungen, zu denen er selbstverständlich stehe. Der Fonds könne unschwer feststellen, inwieweit die angeführten Diagnosen mit den im ASVG genannten Krankheiten, deren Vorliegen Voraussetzung für die Erlangung der Berufungsunfähigkeitspension seien, übereinstimmten. Dazu habe er als behandelnder Arzt nicht Stellung zu nehmen.
Mit Schreiben vom 1. Dezember 1989 gab der Beschwerdeführer eine umfassende Stellungnahme zur Sitzung des Verwaltungsvorstands vom 15. November und dem Pressevorgang ab. Im wesentlichen brachte er vor, daß der von ihm geltend gemachte Anspruch auf begünstigte Bemessung des Ruhebezuges als ehemaliges Mitglied des Landtages auf Grund der bestehenden Rechtslage nicht von der Entscheidung eines Versicherungsträgers abhängig gemacht werden könne, zumal jeweils unterschiedliche Kriterien hiefür maßgeblich seien. Die Tätigkeit eines Klubobmannes sei - anders als bei sonstigen Landtagabgeordneten - zu einer hauptberuflichen geworden, neben der ein nach dem ASVG versicherungspflichtiges Dienstverhältnis (das er bis zur Ausübung dieser Funktion innegehabt habe) nicht mehr weiter aufrecht erhalten werden könnte. In seinem Fall seien ab 1. November 1989 alle zum gemeinsamen Haushalt zählenden Familienmitglieder ohne Versicherungsschutz.
Nachdem am 7. Dezember 1989 der Verwaltungsvorstand in einer weiteren Sitzung den Beschluß gefaßt hatte, dem Beschwerdeführer einen Ruhebezug unter der Bedingung zuzuerkennen, daß das vom Primarius Dr. H verfaßte Schreiben vom 25. Oktober 1989 schriftlich um jene Feststellungen ergänzt werde, die er in einem Telefonat am 3. November 1989 dem Leiter der Landtagskanzlei gegenüber abgegeben habe, ersuchte Dr. H mit Schreiben vom 19. Dezember 1989, ihn wegen möglicher Voreingenommenheit (in seiner Rolle als Therapeut des zu Begutachtenden könnten Zweifel an seiner Objektivität entstehen) von dem an ihn ergangenen Gutachtensauftrag zu entbinden.
Mit Schreiben vom 28. Dezember 1989 ersuchte der Beschwerdeführer um eine schriftliche Ausfertigung des am 7. Dezember 1989 mündlich verkündeten Bescheides über die begünstigte Bemessung des Ruhebezugs.
Der Obmann des Fonds teilte hierauf mit Schreiben vom 5. Jänner 1990 dem Beschwerdeführer mit, der Verwaltungsvorstand habe zwar seine Angelegenheit am 7. Dezember 1989 neuerlich beraten, einen Bescheid aber weder schriftlich ausgefertigt noch mündlich verkündet. Der Verwaltungsvorstand werde am 10. Jänner 1990 seine Beratungen wieder aufnehmen. Es stehe zu erwarten, daß an Stelle des vorgelegten fachärztlichen Attestes Dris. H eine ärztliche Begutachtung durch einen Universitätsprofessor außerhalb des Landes verlangt werde.
Mit dem im Betreff als Verfahrensanordnung bezeichneten Schreiben vom 10. Jänner 1990 teilte der Obmann des Fonds die Ergebnisse der am selben Tag stattgefundenen Sitzung des Verwaltungsvorstandes dem Beschwerdeführer mit. Der Verwaltungsvorstand habe seinen Beschluß vom 7. Dezember 1989 wegen Nichterfüllung der Bedingung "seitens des Facharztes, der von seiner Gutachtertätigkeit in diesem Fall Abstand nahm" aufgehoben. Er forderte den Beschwerdeführer auf, bei seinem Sozialversicherungsträger (Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten) eine Berufsunfähigkeitspension zu beantragen:
Dieses Verfahren schließe gleichzeitig eine fachärztliche Überprüfung seines Gesundheitszustandes als Voraussetzung für eine Beurteilung gemäß § 5 Abs. 3 der Satzungen des Fonds mit ein. Nach Vorliegen der Ergebnisse des Verfahrens beim Sozialversicherungsträger des Beschwerdeführers werde der Verwaltungsvorstand das Verfahren über die Zuerkennung eines begünstigt bemessenen Ruhebezuges fortsetzen.
Mit Bescheid vom 1. Februar 1990 wies der Verwaltungsvorstand auf Grund seines Beschlusses vom 10. Jänner 1990 gemäß § 8 Abs. 1 und § 14 des Landes-Bezügegesetzes, LGBl. Nr. 2/1988, sowie gemäß §§ 1 bis 4 und 5 Abs. 3 der Satzung des Fonds den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung eines anläßlich seines Ausscheidens aus seiner Funktion als Klubobmann durch Zurechnung von 10 Jahren begünstigt bemessenen Ruhebezuges ab und machte seine Entscheidung "vom Nachweis der Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension durch die Pensionsversicherung der Angestellten, Wien, einschließlich des die Voraussetzung dazu bildenden Ergebnisses einer fachärztlichen Beurteilung abhängig". Nach kurzer Darstellung des bisherigen Sachverhaltes, insbesondere der Aufhebung des Beschlusses vom 7. Dezember 1989, führte die Behörde erster Instanz aus, sie halte das Vorliegen einer Berufsunfähigkeitspension nach dem ASVG der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten für eine Voraussetzung für die Zuerkennung eines begünstigt bemessenen Ruhebezuges an den Beschwerdeführer, insbesondere die "darauf gründende fachärztliche Untersuchung". Nach dem Vorliegen dieser Entscheidung werde sich der Verwaltungsvorstand mit der Angelegenheit neuerlich befassen.
In seiner innerhalb offener Frist erhobenen umfangreichen Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, er habe sich anläßlich der Sitzung des Verwaltungsvorstandes vom 7. Dezember 1989 im Vorraum zum Präsidentenzimmer zur allfälligen Auskunft bereitgehalten. Etwa zwei Stunden nach Sitzungsbeginn habe ihm der Vorsitzende eröffnet, daß seine Anwesenheit nicht mehr erforderlich sei. Eine Abstimmung habe ergeben, daß sich drei der fünf an der Sitzung teilnehmenden Vorstandsmitglieder für die Zuerkennung der Landtagspension ausgesprochen hätten. Der Beschwerdeführer habe dies nur als mündliche Bescheidverkündigung mit positiver Erledigung seines Antrages verstehen können. Dies werde auch durch die Nachrichtensendung von Radio Vorarlberg vom selben Tag von 17.15 Uhr bestätigt. In der Folge sei die Pensionszuerkennung Gegenstand von Diskussionen öffentlicher Landtagssitzungen vom
13. bis 15. Dezember 1989 gewesen, obwohl ein abgeschlossenes Verfahren mit rechtlich klarem Sachverhalt vorgelegen sei. Sowohl sein Gesundheitszustand als auch die Zumutbarkeit eines Erwerbes seien fachärztlich beurteilt worden. § 5 Abs. 3 der Satzungen sei Genüge getan worden. Neuerlich brachte der Beschwerdeführer vor, die Satzungen ließen es nicht zu, die Zuerkennung eines begünstigt bemessenen Ruhebezuges vom Nachweis der Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension durch einen anderen Versicherungsträger abhängig zu machen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde gemäß § 11 Abs. 3 lit. d des Landes-Bezügegesetzes sowie § 5 Abs. 3 der Satzungen des Fonds und der §§ 63 und 66 Abs. 4 AVG 1950 der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und wies den darin enthaltenen Antrag auf Zuerkennung eines begünstigt bemessenen Ruhebezuges ab.
Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid im wesentlichen damit, die in der Berufung behauptete mündliche Bescheidverkündung mit positiver Erledigung des ursprünglich eingebrachten Antrages auf begünstigte Bemessung habe nicht stattgefunden. Eine solche hätte gemäß § 62 Abs. 2 AVG 1950 zur Voraussetzung gehabt, daß der Bescheid dem Beschwerdeführer im Rahmen einer mündlichen Verhandlung verkündet worden wäre. Da der Beschwerdeführer keiner mündlichen Verhandlung, auch nicht der Sitzung des Verwaltungsvorstandes, beigewohnt habe, und entgegen der erwähnten Bestimmung auch die Beurkundung eines Bescheides in einer besonderen Niederschrift nicht erfolgt sei, sei der Beschwerdeführer nicht berechtigt, anzunehmen, daß ihm der Bescheid mündlich verkündet worden sei. In der Sache selbst vertrete der Verwaltungsausschuß die auch in der Begründung des Bescheides der Behörde erster Instanz zum Ausdruck kommende Auffassung, daß die Gewährung einer begünstigt bemessenen Pension nach § 5 Abs. 3 der Satzungen jedenfalls nur dann möglich sei, wenn der Pensionswerber um die Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension nach ASVG eingekommen und dieses Verfahren abgeschlossen sei. Da diese Voraussetzung im vorliegenden Fall nicht erfüllt worden sei, sei wie im Spruch zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Ruhe- und Versorgungsbezüge der Mitglieder des Vorarlberger Landtages sind im zweiten Abschnitt des Landes-Bezügegesetzes, LGBl. Nr. 2/1988, geregelt.
Zur Gewährung der Ruhe- und Versorgungsbezüge (§ 8) besteht ein Fonds. Er führt die Bezeichnung "Pensionsfonds des Vorarlberger Landtages" (§ 9 Abs. 1 leg. cit.). Der Fonds besitzt Rechtspersönlichkeit und hat seinen Sitz am Sitz des Landtages (§ 9 Abs. 2).
Nach § 10 Abs. 1 der genannten Bestimmung sind Organe des Fonds a) der Verwaltungsausschuß, b) der Verwaltungsvorstand,
c) der Obmann.
Gegen Bescheide des Verwaltungsvorstandes über Ruhe- oder Versorgungsbezüge ist die Berufung an den Verwaltungsausschuß zulässig. Im übrigen ist gegen Bescheide von Organen des Fonds ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig (§ 10 Abs. 3).
Dem Verwaltungsausschuß obliegt unter anderem gemäß § 11 Abs. 3 lit. a die Erlassung und Änderung der Satzungen und der Geschäftsordnung. Nach § 14 Abs. 1 haben die Satzungen insbesondere Bestimmungen zu enthalten über
a) die Mindestzeiten der Funktionsausübung als Mitglied des Landtages für einen Anspruch auf einen Ruhebezug und die darauf anrechenbaren Zeiten sowie das Ausmaß der Berücksichtigung der Amtszulage,
b) die in einem Hundertsatz des Bezuges (§§ 1 und 2) festzulegende Bemessungsgrundlage und das Ausmaß des Ruhebezuges,
c) den durch die Erreichung eines bestimmten Lebensalters, durch den Eintritt der Unfähigkeit zur weiteren Funktionsausübung und durch den Eintritt einer Berufsunfähigkeit bedingten Zeitpunkt des Anfalls eines Ruhebezuges,
d) die Anspruchsvoraussetzungen, das Ausmaß und den Anfallszeitpunkt von Versorgungsbezügen (Witwen- und Witwerversorgungsbezug, Waisenversorgungsbezug) des überlebenden Ehegatten (Witwe, Witwer) und der Waisen eines verstorbenen Mitgliedes des Landtages.
Die im Beschwerdefall anzuwendenden Satzungen des Pensionsfonds des Vorarlberger Landtages sind im Amtsblatt für das Land Vorarlberg Nr. 52/1988 kundgemacht.
Gemäß § 1 der Satzungen gebührt einem Mitglied des Landtages nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen ein monatlicher Ruhebezug, wenn die ruhebezugsfähige Gesamtzeit (§ 3 Abs. 2 richtig wohl: 4) mindestens 10 Jahre beträgt.
§ 5 der Satzungen lautet:
"Begünstigte Bemessung des Ruhebezuges
(1) Wird ein Mitglied des Landtages durch Krankheit oder Unfall zur weiteren Funktionsausübung unfähig und beträgt seine ruhebezugsfähige Gesamtzeit (§ 3 Abs. 4 bis 9) noch nicht zehn, jedoch mehr als fünf Jahre, dann gebührt ihm ein Ruhebezug in der Höhe von 60 v.H. der Bemessungsgrundlage.
(2) Ist die Unfähigkeit zur weiteren Funktionsausübung auf einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit zurückzuführen und gebührt dem Mitglied des Landtages aus diesem Grund die Versehrtenrente aus der Unfallversicherung, so besteht der Anspruch nach Abs. 1 ohne Rücksicht auf die Dauer der ruhebezugsfähigen Gesamtzeit.
(3) Wenn ein Mitglied des Landtages ohne sein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden infolge
a)
Blindheit oder praktischer Blindheit,
b)
Geisteskrankheit,
c)
einer anderen schweren Krankheit oder
d)
einer schweren körperlichen Beschädigung
zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden und dies durch ein fachärztliches Gutachten nachgewiesen ist, dann sind ihm aus Anlaß des Ausscheidens aus der Funktion zehn Jahre für die Ruhebezugsbemessung zuzurechnen. Eine Zurechnung findet jedoch nicht statt, wenn die Erwerbsunfähigkeit auf einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit zurückzuführen ist und dem Mitglied des Landtages aus diesem Grunde die Versehrtenrente aus der Unfallversicherung gebührt.
(4) Die begünstigte Bemessung des Ruhebezuges gemäß Abs. 3 ist rückgängig zu machen, wenn die Voraussetzungen, an die sie nach diesen Bestimmungen gebunden war, nachträglich wegfallen."
Soweit der Beschwerdeführer in seinem (Eventual)Antrag die bereits im Verwaltungsverfahren geäußerte Rechtsmeinung vertritt, am 7. Dezember 1989 sei ihm ein mündlicher Bescheid verkündet worden, ist ihm folgendes entgegenzuhalten: Im behördlichen Verfahren vor den Organen des Fonds ist das AVG auf Grund des Art. II Abs. 2 B Z. 31 des EGVG anzuwenden, da der Fonds nicht als Träger der Sozialversicherung angesehen werden kann, weil er keine Leistungen erbringt, die kompetenzrechtlich dem Sozialversicherungswesen (Art. 10 Abs. 1 Z. 11 B-VG) zuzurechnen sind, und auch die übrigen im EGVG angeführten Ausnahmetatbestände im Beschwerdefall nicht im Betracht kommen.
Gemäß § 62 Abs. 2 AVG ist der Inhalt und die Verkündung eines mündlichen Bescheides, wenn die Verkündung bei einer mündlichen Verhandlung erfolgt, am Schluß der Verhandlungsschrift, in anderen Fällen in einer besonderen Niederschrift zu beurkunden.
Der Beschwerdeführer hat weder in seiner Beschwerde noch in seiner Berufung im Verwaltungsverfahren behauptet, daß eine derartige Beurkundung der nach seiner Angabe erfolgten Mitteilung des Beschlusses des Verwaltungsvorstandes vom 7. Dezember 1989 vorgenommen wurde. Eine solche findet sich auch nicht in den vorgelegten Verwaltungsakten. Auf dem Boden dieser vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Sachlage ist aber, selbst wenn man den Angaben des Beschwerdeführers über die Mitteilung des Beschlusses des Verwaltungsvorstandes vom 7. Dezember 1989 folgt, kein Bescheid erlassen worden, weil nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Unterlassung der Beurkundung nach § 62 Abs. 2 AVG zur Folge hat, daß der Bescheid nicht existent wird (vgl. dazu z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1982, Zl. 06/3083/80, u.a.).
Der Beschwerdeführer bringt ferner vor, aus keiner Bestimmung der Satzungen des Fonds ergebe sich, daß die Organe des Fonds das Recht hätten, die Gewährung eines begünstigt bemessenen Ruhebezuges nach § 5 Abs. 2 der Satzungen vom Ausgang eines Verfahrens um Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension nach dem ASVG und damit von der Entscheidung eines anderen Versicherungsträgers abhängig zu machen.
Bereits mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht.
Im Beschwerdefall ist auf Grund der Textierung des angefochtenen Bescheides davon auszugehen, daß der Abweisung des Ansuchens als tragendes Argument die Rechtsauffassung der belangten Behörde zugrunde liegt, eine Gewährung einer begünstigt bemessenen Pension nach § 5 Abs. 3 der Satzungen sei nur möglich, wenn der Pensionswerber (Beschwerdeführer) um die Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension nach dem ASVG eingekommen und dieses Verfahren abgeschlossen sei. Für diese Rechtsauffassung läßt sich schon dem Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 1 der Satzungen nicht der geringste Anhaltspunkt entnehmen, fehlt es doch an jedem Hinweis, daß die Zuerkennung einer Berufungsunfähigkeitspension nach dem ASVG Tatbestandsvoraussetzung für den nach § 5 Abs. 3 Satz 1 der Satzungen geltend gemachten Anspruch ist. Vielmehr haben die zuständigen Organe des Fonds selbständig das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen nach der letztgenannten Bestimmung zu prüfen. Treffen diese zu, besteht ein Rechtsanspruch des Mitglieds des Landtages auf Zurechnung von 10 Jahren zu dem nach § 3 Abs. 4 ermittelten Teil der ruhebezugsfähigen Gesamtzeit. Auch bringt die durch die im Amtsblatt des Landes Vorarlberg Nr. 52/1987 verlautbarte Änderung der Satzungen, mit der die Wendung "und dies durch ein fachärztliches Gutachten nachgewiesen ist" im § 5 Abs. 3 Satz 1 der Satzungen eingefügt wurde, nicht zum Ausdruck, daß das geforderte Gutachten in einem sozialversicherungsrechtlichen Verfahren erstattet worden sein muß. In diesem Zusammenhang weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, daß sich aus dem Wortlaut dieser Wendung keine Beweislastregel zu Lasten des Mitgliedes des Landtages ableiten läßt, läßt doch die Bestimmung völlig offen, wer diesen Nachweis zu führen hat. Mangels einer hinreichend deutlichen Anordnung in Richtung einer Beweislastregel gilt der im § 39 Abs. 2 AVG festgelegte Grundsatz der Amtswegigkeit auch im vorliegenden Fall: Die Organe des Fonds haben daher im behördlichen Verfahren von Amts wegen zu prüfen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen für die begünstigte Bemessung gegeben sind oder nicht. Die Bedeutung der Wendung im § 5 Abs. 3 erster Satz der Satzungen besteht nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes trotz der mißverständlichen Formulierung ausschließlich darin, daß die zuständigen Behörden sich zwingend eines FACHarztes zu bedienen haben, um vom (spezialisierten) medizinischen Standpunkt aus jene Fragen zu beantworten, die für die Beurteilung der von der Behörde zu lösenden Rechtsfrage von Bedeutung sind. Das Gutachten des Facharztes ist in freier Beweiswürdigung zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes heranzuziehen. Eine Bindung der Behörden an das Gutachten besteht nicht. Im übrigen ist aus dem Wortlaut auch nicht zu erschließen, daß im Verfahren über die begünstigte Bemessung des Ruhebezuges nur EIN Facharzt von der Behörde bestimmt werden könnte, weil das Wort "im" in diesem Fall nicht als Zahlwort, sondern als unbestimmter Artikel zu verstehen ist. Es kann daher zur Begutachtung der für die Erwerbsunfähigkeit maßgeblichen fachärztlichen Fragen durchaus die Einholung mehrerer Sachverständigengutachten erforderlich werden.
Abgesehen davon, daß der angefochtene Bescheid schon im Hinblick auf seinen Spruch (Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers) in Verbindung mit seiner Begründung auch nicht als Aussetzung des Verfahrens im Sinn des § 38 AVG gedeutet werden kann, liegt zwischen den Voraussetzungen nach § 5 Abs. 3 Satz 1 der Satzungen und den Bestimmungen des ASVG für die Berufsunfähigkeitspension (hier: zum Begriff der Berufsunfähigkeit nach § 273 ASVG) schon im Hinblick auf die unterschiedlichen rechtlichen Voraussetzungen kein Vorfrageverhältnis vor.
Auch aus der Bestimmung des § 6 Abs. 3 der Satzungen, wonach ein Ruhebezug schon vor dem dem Eintritt der Berufsunfähigkeit folgenden Monatsersten an gebührt, wenn ein Mitglied des Landtages NACH dem Ausscheiden aus der Funktion, jedoch vor Vollendung des 60. Lebensjahres im Sinne des ASVG berufsunfähig wird, läßt sich nichts für die von der Behörde im Beschwerdefall vertretene Rechtsauffassung gewinnen. Abgesehen davon, daß die Textierung dieser Bestimmung deutlich von der Formulierung des § 5 Abs. 3 Satz 1 der Satzungen abweicht, kann schon im Hinblick auf die Verschiedenartigkeit der Regelungsgegenstände aus einer begünstigenden Bestimmung über den Anfall des Ruhebezuges kein Rückschluß auf die begünstigte Bemessung des Ruhebezuges gezogen werden.
Aus diesen Gründen hat die belangte Behörde ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen (Verletzung von Verfahrensvorschriften) einzugehen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990120166.X00Im RIS seit
22.02.1991